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  • · Fachbeitrag · Vergütung

    Bleaching und PZR - was ist rechtlich zu beachten?

    von Rechtsanwalt Michael Lennartz, Kazemi & Lennartz, www.medi-ip.de 

    | Gewandelte Schönheitsideale haben dazu geführt, dass viele Menschen nicht nur auf Mundhygiene und Mundgesundheit Wert legen, sondern ihre Zähne über die Grenze der Natürlichkeit hinaus buchstäblich zum Strahlen bringen wollen. Das hierzu angewandte Bleaching enthält allerdings einerseits nicht unerhebliche Risiken, andererseits fehlt es in der Regel an einer zahnmedizinischen Indikation. Aus diesem Spannungsverhältnis folgen berufs- und vergütungsrechtliche Fragen, mit denen sich in den letzten Jahren auch die Rechtsprechung befasste. Dieser Beitrag gibt einen Überblick, worauf juristisch beim Bleaching und auch bei der PZR zu achten ist. |

     

    Erbringung und Delegation

    Das „In-Office-Bleaching“- also das Einfärben in der Zahnarztpraxis - ist Ausübung der Zahnheilkunde im Sinne des § 1 Abs. 3 Zahnheilkundegesetz (ZHG) und damit ausschließlich approbierten Zahnärzten vorbehalten. Die rein ästhetische Zielsetzung des Bleachings steht dem nicht entgegen, was die Rechtsprechung bereits früher generell klargestellt hatte (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25. Juni 2007, Az. 3 B 82.06, zur Faltenunterspritzung; generell zu kosmetischen Anwendungen im Bereich der Zähne: OVG Münster, Urteil vom 18. April 2013, Az. 13 A 1210/11).

     

    Nach dem Urteil des OLG Frankfurt zum Bleaching vom 1. März 2012 (Az. 6 U 264/10, Abruf-Nr. 121679 unter zwd.iww.de) spielt es keine Rolle, ob mit dem Bleaching einer natürlichen oder einer krankhaften Zahnverfärbung abgeholfen werden soll. Denn die vorangehende Feststellung des Krankheitswerts der Verfärbung ist zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung eben approbierten Zahnärzten vorbehalten. Im Übrigen ist das Bleaching eine Form des Einfärbens der Zähne, das nach § 1 Abs. 5 ZHG delegiert werden kann. Der Delegationsfähigkeit wiederum unterliegen aber nur originär zahnärztliche Tätigkeiten (OLG Frankfurt).

     

    Der Zahnarzt hat das Bleaching demnach wie jede zahnärztliche Maßnahme persönlich durchzuführen, eine Delegation ist nur eingeschränkt statthaft. Gemäß § 1 Abs. 5 ZHG muss der Delegationsempfänger über eine entsprechende Fortbildung (Zahnmedizinische Fachhelferin, weitergebildete Zahnarzthelferin, Prophylaxehelferin oder Dentalhygienikerin) verfügen und der Zahnarzt hat die delegierte Tätigkeit jederzeit eingriffsbereit zu überwachen.

     

    Ob entsprechend qualifizierte ZMF in einem von ihnen betriebenen, von einer zahnärztlichen Praxis räumlich getrennten zahnkosmetischen Studio nach vorheriger zahnmedizinischer Untersuchung das Bleaching ohne Aufsicht durchführen dürfen, hat das OLG Frankfurt zwar mangels Entscheidungserheblichkeit ausdrücklich offengelassen; dies ist nach Überzeugung des Unterzeichners aber aufgrund des geschilderten generellen Approbationsvorbehalts und des Kontrollerfordernisses im Falle der Delegation unzulässig.

     

    Das AG Nürtingen hat im Urteil vom 17. März 2011 (Az. 16 Cs 115 Js 93733/08, Abruf-Nr. 111503 unter zwd.iww.de) entschieden, dass die Durchführung von Bleaching und PZR in einem solchen Studio als Ausübung der Zahnheilkunde ohne Approbation gemäß § 18 ZHG selbst dann strafbar ist, wenn im Einzelfall vor den Anwendungen ein Zahnarzt konsultiert worden wäre, und hat die Betreiberin zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen verurteilt. Für das „Home-Bleaching“ gilt nichts anderes: Ab einer Konzentration von 0,1 % Wasserstoffperoxid ist die Anwendung approbierten Zahnärzten vorbehalten (vgl. auch Art. 14 i. V. m. Anl. III Ziff. 12 lit. d) der EU-Kosmetikrichtlinie). Laut VGH Mannheim (2. Januar 2008, Az. 9 S 2089/06) sind Gels mit einem diese Grenzwerte erreichenden Wasserstoffperoxidanteil als Medizinprodukte einzustufen.

     

    Aufklärung

    Mangels Indikation ist die Intensität der Pflicht zur Selbstbestimmungsaufklärung - auch „Risikoaufklärung“ genannt - besonders hoch. Nach haftungsrechtlicher Rechtsprechung ist über Risiken eines medizinischen Eingriffs umso ausführlicher zu informieren, je weniger dringlich der Eingriff ist. Dementsprechend ist über Risiken von Heileingriffen ohne medizinische Indikation besonders detailliert zu informieren, auch wenn die Gefahren des Bleachings vergleichsweise geringfügig erscheinen. Daneben ist der Patient auf seine Pflicht zur Selbstzahlung hinzuweisen (vgl. § 630c Abs. 3 BGB). Die Krankenkassen übernehmen die Kosten unabhängig von der Indikation im Einzelfall mangels Wirtschaftlichkeit nicht, aber auch die meisten PKV-Tarife schließen die Kosten des Bleachings aus dem Leistungsspektrum aus.

     

    Werbung

    Bei der Information der Patienten über Bleaching-Angebote ist Zurückhaltung zu üben. Insbesondere Rabatte und Lockangebote sind wegen des berufsrechtlichen Verbots reklamehafter Werbung untersagt. Daher sollte insbesondere auf Werbung mit Preisnachlässen generell verzichtet werden. Zahnärzten ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwar die Werbung mit Preisnachlässen nicht grundsätzlich verboten. Auch würde das Pauschalpreisverbot gemäß § 2 GOZ nicht entgegenstehen, weil das Bleaching gar nicht nach der GOZ abrechenbar ist. Eine aggressive Werbung mit erheblichen Preisnachlässen ist laut dem Landgericht Berlin (Urteil vom 28. Juni 2012, Az. 52 0 231/11, Abruf-Nr. 122292) aber reklamehaft und berufsrechtswidrig, weil sie Anreize zur Inanspruchnahme eines rein kosmetischen erheblichen Eingriffs setzt.

     

    Umsatzsteuerpflicht

    Das Bleaching ist in der Regel umsatzsteuerpflichtig. Der Bundesfinanzhof hat am 4. Dezember 2014 (Az. V R 16/12) erneut klargestellt, dass die Umsatzsteuerbefreiung von Heilbehandlungen nur dann gilt, wenn sie einem therapeutischen oder prophylaktischen Zweck dienen. Für die medizinische Indikation gelten aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht zwar verringerte Beweisanforderungen, der Behandelnde hat aber anonymisierte, detaillierte Angaben zur therapeutischen oder prophylaktischen Zielsetzung im Einzelfall zu machen. Dient das Bleaching kosmetischen Zwecken, sind die Umsätze umsatzsteuerpflichtig. Durch die prophylaktische Indikation sind die mit der PZR generierten Umsätze - anders als beim Bleaching - umsatzsteuerfrei.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2015 | Seite 15 | ID 43342573