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  • · Fachbeitrag · Steuergestaltung

    Praxis-Pkw: Neue Rechtsprechung und steuerliche Tipps zum Jahreswechsel

    von Steuerberater Björn Ziegler, Kanzlei LZS Steuerberater, Würzburg

    | Der Praxis-Pkw ist für fast jeden niedergelassenen Zahnarzt ein wichtiges Thema: Wie setze ich mein Fahrzeug richtig ein, was muss ich dokumentieren und welche umsatzsteuerlichen Stolperfallen sind zu beachten? Bleiben Sie mit Blick auf den Jahreswechsel auf dem aktuellen Stand! |

    Allgemeines zum Praxis-Pkw

    Aus steuerlicher Sicht gibt es zwei Varianten für den Praxis-Pkw: 1. Das Fahrzeug ist steuerliches Betriebsvermögen. Alle Kosten sind dann Praxisausgaben. 2. Das Fahrzeug ist steuerliches Privatvermögen. In diesem Fall sind nur anteilige Kosten Praxisausgaben. Sie haben Ihr Fahrzeug im Betriebsvermögen, wenn Sie es zu mehr als 50 Prozent der Jahresfahrleistung für die Praxis nutzen. Die Fahrten zwischen der Wohnung und der Praxis zählen zu den betrieblichen Fahrten. Liegt der betriebliche Nutzungsanteil unter 50 Prozent, befindet sich Ihr Fahrzeug im steuerlichen Privatvermögen.

     

    • Beispiel 1

    Dr. Bach und Dr. Tönnig sind in einer Gemeinschaftspraxis tätig. Beide sind im abgelaufenen Jahr je 15.000 km mit ihrem Pkw gefahren. Dr. Bach wohnt 20 km von der Praxis entfernt, Dr. Tönnig nur 3 km. Bei 230 Arbeitstagen ergibt sich folgende Berechnung:

     

    Dr. Bach: 230 Tage x 20 km x 2 (hin und zurück) = 9.200 km

    Dr. Tönnig: 230 Tage x 3 km x 2 = 1.380 km

     

    Lösung: Dr. Bachs Pkw ist schon allein durch die tägliche Fahrt zur Praxis steuerlich dem Betriebsvermögen zuzurechnen, während Dr. Tönnig offensichtlich viele andere Privatfahrten hatte.

     

    Die beiden Zahnärzte, Dr. Bach und Dr. Tönnig, müssen in ihrer Gewinnermittlung daher wie folgt vorgehen:

     

    Dr. Bach: Pkw im Betriebsvermögen

    Dr. Tönnig: Pkw im Privatvermögen

    Alle Kosten werden erfasst.

    Nur der Praxisteil der Kosten wird erfasst.

    Anschließend wird ein privater Anteil der Kosten gestrichen.

    Der private Kostenanteil bleibt von vornherein außen vor.

    Der Kostenabzug für die Strecke Wohnung - Praxis wird auf 30 Cent je Entfernungskilometer gedeckelt.

    Der Abzug für die Strecke Wohnung - Praxis ist ebenfalls auf 30 Cent je Entfernungskilometer gedeckelt.

    Ein Verkaufs-/Entnahmegewinn des Pkw ist einkommensteuerpflichtig.

    Ein Verkaufsgewinn ist einkommensteuerfrei.

     

     

    Auch wenn die arbeitstägliche Fahrstrecke zur Praxis und wieder nach Hause feststeht, gibt es Gestaltungsmöglichkeiten, um steuerlich im Betriebs- oder Privatbereich zu landen, wie das folgende Beispiel 1a zeigt:

     

    • Beispiel 1a

    Dr. Bach ist verheiratet. Seine Ehefrau fährt ebenfalls täglich zur 15 km entfernten Arbeit. Ab 2016 beschließen die Eheleute Bach, täglich oder zur Jahreshälfte das Fahrzeug zu wechseln. Lösung: Die Fahrten der Gattin zählen aus Sicht der zahnärztlichen Tätigkeit von Dr. Bach nicht zu den Praxisfahrten. Dr. Bach hat die Möglichkeit, mit beiden Fahrzeugen im steuerlichen Privatvermögen zu bleiben.

     

    Ob es besser ist, Ihr Fahrzeug im Betriebs- oder Privatvermögen zu führen, hängt von vielen Einzelfaktoren ab. Wichtige Kriterien sind dabei der Kaufpreis, das Alter des Fahrzeugs, eine mögliche Fremdfinanzierung oder Leasing, die Werthaltigkeit und die Bereitschaft, ein Fahrtenbuch zu führen. Ihr Steuerberater kann Ihnen eine Vergleichsberechnung erstellen und so eine Empfehlung aussprechen.

    Neues Urteil zu Praxisfahrten

    Unabhängig davon, ob Sie Ihr Fahrzeug im Betriebs- oder Privatvermögen halten, können Sie die Kosten für Fahrten zwischen Ihrer Wohnung und Ihrer Praxis nur eingeschränkt steuerlich geltend machen. Abzugsfähig ist die Entfernungspauschale von 30 Cent pro Entfernungskilometer.

     

    Bislang gab es hier die Gestaltungsmöglichkeit, auf dem Hinweg zur oder auf dem Rückweg von der Praxis noch einen geschäftlichen Zwischenstopp einzulegen. Dadurch wurde die Fahrt aus der Entfernungspauschale herausgenommen und zu einer „Dienstreise“ umqualifiziert. Die Kostenbeschränkung wurde so umgangen und es konnten entweder 30 Cent je gefahrenem Kilometer oder die tatsächlichen Kosten geltend gemacht werden.

     

    • Beispiel 2

    Dr. Bach ist auf dem Rückweg von der Praxis noch bei einem Möbelhaus vorbeigefahren, um einen Beistelltisch für das Wartezimmer zu kaufen, den seine Ehefrau zuvor mit ihm zusammen im Internet ausgesucht hat. Insgesamt fährt er daher auf dem Rückweg 30 km. Lösung: Steuerlich angesetzt werden konnte bisher an diesem Arbeitstag für die Hinfahrt die halbe Entfernungspauschale (20 km x 15 Cent = 3 Euro) und für den Rückweg anstelle der anderen Hälfte der Entfernungspauschale der Reisekostenbetrag (30 km x 30 Cent = 9 Euro).

     

    Der Bundesfinanzhof hat die Ausweichgestaltung ausgehebelt

    Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 19. Mai 2015 entschieden, dass die Entfernungspauschale Vorrang hat, weil das letztliche Ziel der Fahrt (Praxis oder Wohnung) bestehen bleibt (Az. VIII R 12/13, Abruf-Nr. 180737). Künftig gibt es für solche Arbeitstage daher die reguläre Entfernungspauschale und nur für Mehrkilometer noch Reisekosten. Das sind im Beispiel 2 dann 20 km x 30 Cent = 6 Euro zuzüglich 10 km x 30 Cent = 3 Euro (zusammen 9 Euro).

    Praxis-Pkw und Umsatzsteuer

    Steuerlich besonders interessant wird es in Sachen Praxis-Pkw, wenn Sie beispielsweise wegen eines Eigenlabors jährlich Umsatzsteuererklärungen abgeben müssen. Dann haben Sie nicht nur ein einkommensteuerliches „Betriebsvermögen“, sondern für die Umsatzsteuer auch ein „unternehmerisches Vermögen“. In der Praxis wird beides meist synchron gehandhabt, das heißt ein Privat-Pkw wird für alle Steuerarten privat behandelt und ein betrieblicher Pkw wird auch umsatzsteuerlich beachtlich.

     

    Dann stellt sich zum Beispiel die Frage, ob Sie sich beim Autokauf einen Teil der gezahlten Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückholen können und wie die anschließende Privatnutzung umsatzsteuerlich zu Buche schlägt. Die OFD Niedersachsen hat sich am 2. September 2015 mit einer Verfügung zu diesem Thema geäußert. In der beschriebenen Fallkonstellation kann man sich mit Abgabe der Umsatzsteuererklärung immer auch die Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückholen, die man auf Praxiseinkäufe gezahlt hat (Vorsteuer).

     

    Bei Labormaterial ist der direkte Zusammenhang zu einer umsatzsteuerpflichtigen Leistung offensichtlich. Sie bekommen daher die volle Vorsteuer aus dem Einkauf vom Finanzamt erstattet. Die Zuordnung zur Zahnarztpraxis ist auch beim Kauf eines Behandlungsstuhls oder beim Praxis-Pkw im Allgemeinen möglich; nicht hingegen gelingt eine Zuordnung nur zu Laborumsätzen oder nur zu umsatzsteuerfreien Zahnbehandlungen. Aus solchen Käufen können Sie sich entsprechend nur einen Teil der gezahlten Vorsteuer zurückholen. Als Aufteilungsmaßstab dient hier in der Regel das Verhältnis der steuerpflichtigen zu den steuerfreien Umsätzen.

     

    PRAXISHINWEIS | Der Praxis-Pkw hat gegenüber anderen Praxiseinkäufen die Besonderheit, dass er nennenswert privat mitgenutzt wird. Sie sollten daher unbedingt darauf achten, dass aus der Anschaffung und den laufenden Kosten eine höhere Vorsteuerquote geltend gemacht wird als beispielsweise aus den Energiekosten.

     

    Dahinter steht die Überlegung, dass der Praxis-Pkw Betriebs- und Unternehmensvermögen wird, weil Sie ihn zu mehr als 50 Prozent beruflich nutzen. Im Umkehrschluss fallen weniger als 50 Prozent der Kfz-Kosten für die private Mitbenutzung an. Die Privatnutzung wird als Eigenverbrauch gesondert mit Umsatzsteuer belegt, sodass - ähnlich dem Laborbedarf - in Höhe der Privatnutzung auch ein umsatzsteuerpflichtiger Vorgang gegenübersteht. Mit dieser Argumentation steigt der Vorsteuerabzug deutlich.

     

    • Beispiel 3

    Dr. Gaß hat seinen Pkw für monatlich 500 Euro inkl. Umsatzsteuer geleast. Für Treibstoff fallen 2.000 Euro brutto an, Steuern und Versicherung belaufen sich auf 800 Euro. Letztere enthalten keine Umsatzsteuer, auch wenn die Versicherungssteuer zufällig gleichfalls 19 Prozent beträgt. Dr. Gaß erzielt im Jahr 80.000 Euro umsatzsteuerpflichtige und 420.000 Euro umsatzsteuerfreie Umsätze, was einem Verhältnis von 16 Prozent steuerpflichtig zu 84 Prozent steuerfrei entspricht.

    Lösung: In den jährlichen Kfz-Kosten von Dr. Gaß stecken insgesamt rund 1.277 Euro Umsatzsteuer. Würde sein Berater die Vorsteuer nur nach dem Verhältnis der Umsätze geltend machen, würde Dr. Gaß 16 Prozent von 1.277 Euro = 204 Euro erhalten. Sachgerecht wäre es jedoch, von den Kfz-Kosten vorweg beispielsweise 40 Prozent der privaten Kfz-Nutzung zuzuordnen und nur den Rest nach dem Umsatzverhältnis aufzuteilen. Der Erstattungsanspruch von Dr. Gaß errechnet sich dann wie folgt:

     

    • 40 Prozent von 1.277 Euro = 511 Euro
    • Aufzuteilender Restbetrag: 1.277 Euro - 511 Euro = 766 Euro
    • 16 Prozent von 766 Euro = 123 Euro.
    • Dr. Gaß macht somit 634 Euro Vorsteuer geltend und damit 430 Euro mehr bei gleicher Sachlage.
     

    Beachten Sie | Haben Sie in diesem Jahr einen Praxis-Pkw gekauft und möchten Sie hieraus anteilige Vorsteuer vom Finanzamt, muss dem Finanzamt gegenüber die Zuordnung zum Unternehmensvermögen bis spätestens zum 31. Mai 2016 aktiv erklärt werden. Eine nach Mai eingereichte Steuererklärung 2015 genügt hierfür nicht.

    Tipps zum Jahreswechsel

    Mit Blick auf den bevorstehenden Jahreswechsel gibt es zum Praxis-Pkw schließlich noch ein paar Punkte zu beachten, durch die Sie sparen oder die Ihnen bei den späteren Zuarbeiten zum Jahresabschluss hilfreich sein werden. An Folgendes sollten Sie denken:

     

    • Möchten Sie ein neues Fahrzeug leasen, können Sie eine Leasingsonderzahlung vereinbaren. Diese wird in voller Höhe steuerlich relevante Betriebsausgabe, wenn Sie das Fahrzeug kurz vor Jahresende übernehmen, dann nur geschäftliche Fahrten tätigen und hierüber ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch führen.

     

    • Prognostizieren Sie jetzt Ihren betrieblichen Nutzungsanteil für das kommende Jahr. Ergibt sich ein Wechsel in das Betriebsvermögen oder in das Privatvermögen, lassen Sie zeitnah den Fahrzeugwert schätzen. Beim Wechsel ins Privatvermögen ist ein niedriger Wert gut (Entnahmegewinn), beim Wechsel ins Betriebsvermögen dagegen ein hoher Wert (Abschreibungsvolumen).

     

    • Ist Ihr Fahrzeug im Betriebsvermögen, besprechen Sie mit Ihrem Steuerberater, ob sich für Sie ein Fahrtenbuch lohnt. Falls ja, kaufen Sie es zeitnah und führen es fortlaufend. Nachträglich erstellte Fahrtenbücher haben im Prüfungsfall selten Bestand. Auf den Fahrtenbüchern steht in der Regel auch ein Druckdatum, das einen späteren Kauf verraten kann.

     

    • Zeichnen Sie zum Jahreswechsel auf jeden Fall den Kilometerstand Ihrer Fahrzeuge auf oder schießen Sie Fotos vom Tacho. Eine Tageszeitung im Bild dokumentiert unkompliziert den Tag der Aufnahme für das Finanzamt. So können Sie nach Ablauf des kommenden Jahres die Jahresfahrleistung zweifelsfrei nachweisen und Ihre 50-Prozent-Grenze exakt ermitteln.
    Quelle: Ausgabe 12 / 2015 | Seite 1 | ID 43756809