· Fachbeitrag · Praxisführung
Motivieren Sie Ihre Mitarbeiter mit einer passgenauen betrieblichen Altersversorgung!
von Boris Rahming, Dipl.-Kfm. und Dipl.-Finw. (FH), Berlin
| Während die gesetzliche Rente immer weniger ausreicht, um einen sorglosen Lebensabend zu genießen, wird die betriebliche Altersversorgung (bAV) in den letzten Jahren immer attraktiver. Der Zahnarzt als Praxisinhaber kann die bAV zwar nicht für sich selbst nutzen, da er keine „arbeitnehmerähnliche“ Stellung hat. Doch seine Mitarbeiter wird es zusätzlich motivieren, wenn der Chef sie bei ihrer Vorsorge unterstützt. Dieser Beitrag zeigt die Vorteile der bAV in Form einer Direktversicherung. |
|
Ein 40-jähriger Zahnarzt hat eine Praxis mit vier Mitarbeiterinnen in Hamburg. Er bietet ihnen momentan noch keine betriebliche Altersversorgung an, allerdings haben sich jetzt zwei interessierte Mitarbeiterinnen bei ihm danach erkundigt. |
Arten der betrieblichen Altersversorgung
Die bAV kann als Direktversicherung, Pensionskasse, Unterstützungskasse, Pensionsfonds und als Direkt- bzw. Pensionszusage durchgeführt werden. Der Zahnarzt muss seinen Mitarbeitern einen Durchführungsweg anbieten, bei dem die Möglichkeit besteht, eine sogenannte Riester-Zulage in der bAV zu erhalten. Dies ist nur bei der Direktversicherung, der Pensionskasse und dem Pensionsfonds möglich.
Der Praxisinhaber sollte grundsätzlich darauf achten, eine betriebliche Versorgung allen Angestellten in gleicher Form anzubieten. Eine unterschiedliche Behandlung ist nur anhand objektiv nachprüfbarer Kriterien möglich - etwa bei unterschiedlich langer Praxiszugehörigkeit. Eine willkürliche Ungleichbehandlung ist arbeitsrechtlich verboten.
Was ist eine Direktversicherung?
Besonders verbreitet ist die Direktversicherung - sie eignet sich auch hervorragend für die Zahnarztpraxis. Bei ihr handelt es sich um eine kapitalbildende Rentenversicherung, die der Praxischef als Versicherungsnehmer zugunsten seiner Mitarbeiter als versicherte Personen abschließt. Die Auszahlung an die Mitarbeiter kann später wahlweise als einmalige Kapitalleistung oder in Form einer Rente erfolgen.
Die Versicherung wird mit einer Versicherungsgesellschaft abgeschlossen. Der Verwaltungsaufwand ist während der Laufzeit vergleichsweise gering. Auch ein Arbeitsplatzwechsel des Mitarbeiters stellt keinen größeren Verwaltungsaufwand dar - die Versicherung wird dann auf den neuen Arbeitgeber übertragen (siehe hierzu nächste Seite).
Welche Beiträge zur Direktversicherung sind möglich?
Bis zu einer bestimmten Höhe begünstigt der Staat die jährlichen Einzahlungen in eine bAV mit Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit. Derzeit liegt die Grenze bei vier Prozent der Beitragsbemessungsgrundlage zur Rentenversicherung (BMG West). Dies bedeutet, dass aktuell 2.784 Euro pro Jahr eingezahlt werden können, ohne dass Steuern oder Sozialabgaben fällig werden. Hinzu kommt ein Pauschalbetrag von bis zu 1.800 Euro pro Jahr, wenn keine pauschalbesteuerte Direktversicherung mit einem Vertragsabschluss vor dem 1. Januar 2005 vorhanden ist. Die monatlichen Entgeltumwandlungsbeträge in Zahnarztpraxen überschreiten erfahrungsgemäß selten 150 Euro pro Monat und Mitarbeiter. Die vom Arbeitgeber getragenen Aufwendungen kann dieser als Betriebsausgaben geltend machen.
Die bAV wird seit dem 1. Januar 2005 nachgelagert besteuert - Steuern fallen somit erst für die ausgezahlten Versicherungsleistungen an. Die Mitarbeiter können also heute aus ihrem unversteuerten Bruttoeinkommen Beiträge aufwenden; in der Auszahlungsphase sind die aus der bAV an den Mitarbeiter fließenden Renten hingegen voll steuerpflichtig sowie beitragspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung.
PRAXISHINWEIS | Nutzen Ihre Mitarbeiter eine Entgeltumwandlung in Form einer Direktversicherung, so besteht Sozialversicherungsfreiheit auf die umgewandelten Beträge. Sie als Arbeitgeber sparen auf die umgewandelten Lohnbestandteile die Sozialversicherungsbeiträge ein. Stellen Sie Ihren Mitarbeitern diese Ersparnis als zusätzliche Motivation wieder zur Verfügung! |
Was tun bei Arbeitsplatzwechsel und Arbeitslosigkeit?
Eine wichtige Frage ist, wie mit der Direktversicherung im Fall eines Arbeitsplatzwechsels verfahren werden kann, sodass zum Beispiel die eingezahlten Beiträge nicht verloren gehen. Hierbei bestehen verschiedene Optionen:
- Der Mitarbeiter kann seine Direktversicherung als privaten Vertrag mit veränderter steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Behandlung weiterführen - etwa, wenn er oder sie sich in Elternzeit befindet.
- Bei nach dem 1. Januar 2005 abgeschlossenen Direktversicherungen besteht ein Recht, das aufgebaute eigene Altersvorsorgevermögen in einen neuen Vertrag beim neuen Arbeitgeber zu übertragen (Portabilität).
- Eine Übertragung ist hingegen nur erforderlich, wenn der neue Arbeitgeber einen anderen Anbieter oder Durchführungsweg in der bAV nutzt. Ist dies nicht der Fall, tritt der neue Arbeitgeber lediglich in den bereits bestehenden Vertrag ein und führt diesen für den Mitarbeiter fort.
Bei Arbeitslosigkeit hilft die Übertragungsmöglichkeit zwar nicht, der Arbeitnehmer kann die bAV jedoch als privaten Rentenversicherungsvertrag etwa mit vermindertem Beitrag fortführen oder sie ganz beitragsfrei stellen.
So funktioniert die Direktversicherung in der Praxis
Nachdem sich der Zahnarzt in unserem Musterfall informiert hat, bietet er seinen Mitarbeiterinnen als bAV den Weg der Direktversicherung an.
Zwei der vier Mitarbeiterinnen wollen das Angebot nutzen. Sie möchten gerne 75 Euro ihres Nettogehalts zugunsten einer Direktversicherung verwenden, aber auch wissen, wie sich dies finanziell für sie auswirkt. Der Zahnarzt bittet daher den Versicherungsbetreuer der Praxis, eine entsprechende Berechnung vorzunehmen. Zu diesem Zweck teilt er ihm folgende Daten mit:
|
Die beiden 28-jährigen, an der bAV interessierten Mitarbeiterinnen erhalten ein Bruttogehalt von monatlich 1.600 Euro sowie ein dreizehntes hälftiges Monatsgehalt. Somit verfügen beide über ein Jahresbruttoeinkommen von 20.000 Euro. |
Zahnarzt gibt seinen Vorteil weiter
Der Hamburger Zahnarzt beschließt, seinen realisierten Sozialversicherungsvorteil von rund 20 Prozent den beiden Mitarbeiterinnen als Motivationsspritze für eine Erhöhung ihrer Einzahlungen zur Verfügung zu stellen.
Hoher Fördergrad wirkt sich aus
Der Versicherungsexperte rechnet daraufhin Folgendes aus: Geht man von dem Wunsch der beiden Mitarbeiterinnen aus, dass sie monatlich 75 Euro ihres Nettogehalts für die bAV aufwenden wollen, können beide bei einem leistungsstarken Versicherer jeweils 172,23 Euro monatlich (2.066,76 Euro jährlich) in eine bAV einsparen. Dies folgt aus dem hohen Fördergrad in Form der Steuer- und Sozialabgabenersparnis und dem Arbeitgeber-Zuschuss, wie aus der nachfolgenden Berechnung ersichtlich wird.
| |
Jährlicher Beitrag zur bAV | 2.066.76 Euro |
./. Minderung durch AG-Zuschuss von 20 % | ./. 336,00 Euro |
Entgeltumwandlungsbetrag | 1.730,76 Euro |
./. Minderung durch Lohn-und Kirchensteuerersparnis | ./. 477,24 Euro |
./. Minderung durch Sozialversicherungsersparnis | ./. 353,52 Euro |
Jährlicher Netto-Eigenaufwand des jeweiligen AN | 900,00 Euro |
Ein so günstiges Verhältnis zwischen Gesamtversicherungsbeitrag und eigenem Aufwand von 229,7 Prozent ist mit privaten Verträgen nicht erreichbar!
Der Versicherungsbetreuer rechnet weiter aus, dass die Mitarbeiterinnen zum Renteneintritt mit 67 Jahren bei gleichbleibenden Überschusssätzen wie derzeit aus der neuen bAV jeweils eine zusätzliche Rente von etwa 743 Euro im Monat erhalten könnten. Hiervon sind 342,28 Euro garantiert - wobei die nachfolgenden Bedingungen zugrunde gelegt werden: Vertragsbeginn ist der 1. Februar 2013, 10 Jahre Rentengarantiezeit, Laufzeit bis zum 67. Lebensjahr.
Exkurs: Niedrige Kapitalmarktzinsen
Momentan herrscht eine Phase extrem niedriger Kapitalmarktzinsen. Deutsche Versicherer müssen schwerpunktmäßig in diesem Segment anlegen; ein weiteres Absenken der Überschüsse, die maßgeblich von den Zins- und generellen Anlageergebnissen der Versicherer abhängen, ist daher möglich. Würden die Versicherer während der gesamten Vertragslaufzeit zum Beispiel um 1 Prozent niedrigere Überschüsse erzielen, fiele die anfängliche Rente für die Mitarbeiterinnen auf rund 540 Euro statt der avisierten 743 Euro.
Abschließende Hinweise zur Direktversicherung
Abschließend noch einige allgemeine Hinweise zur Einführung und optimalen Ausgestaltung einer bAV:
- Für viele Arbeitnehmer empfiehlt es sich nicht, die sogenannte Riester-Förderung bei der bAV zu nutzen. Denn diese Förderung mittels Zulagen- und Steuerersparnissen ist regelmäßig nachteiliger als die Förderung mittels Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit, zumal auch auf privater Ebene ohnehin zusätzlich ein Riester-Vertrag genutzt werden könnte.
- Die Verwaltung eines Riester-Vertrags im Betrieb kann sehr arbeitsaufwendig für den Arbeitgeber sein.
- Die Umwandlung von vermögenswirksamen Leistungen in eine bAV kann zusätzliche Vorteile bringen. Praxisinhaber sollten unter Umständen dazu übergehen, in ihren Arbeitsverträgen von der Zahlung von vermögenswirksamen Leistungen auf bAV umzustellen.
- Die Mitarbeiter sollten über die mit den bAV-Verträgen verbundenen Kosten und sonstigen wichtigen Punkte informiert sein. Die gesamten Antragunterlagen und Bedingungen muss der Arbeitgeber nach den gesetzlichen Regeln vor Vertragsschluss vollständig erhalten. Diese sollte er auch seinen Arbeitnehmern zur Kenntnis geben. Akzeptanz und Transparenz werden hierdurch aus Sicht der Mitarbeiter deutlich erhöht.
- Die Vertragsguthaben werden in den Anfangsjahren oft durch Kosten und Provisionen erkennbar geschmälert. Hier muss der Arbeitgeber seiner Sorgfaltspflicht genügen und darüber informieren, da er sich ansonsten in einem etwaigen späteren arbeitsgerichtlichen Prozess angreifbar macht.
FAZIT | Es ist kein großer Aufwand, eine betriebliche Altersversorgung in der eigenen Zahnarztpraxis anzubieten. Der Praxisinhaber sollte sich jedoch zuvor ausführlich über die derzeitigen Versicherungsprodukte informieren, damit er seinen Mitarbeitern das für sie am besten geeignete Angebot vorstellen kann. |
Weiterführender Hinweis:
- Wie der Zahnarzt seine eigene Altersvorsorge steuerlich am besten gestalten kann, lesen Sie in Zahnärzte Wirtschaftsdienst 9/2012, Seiten 3-7.