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  • · Fachbeitrag · Praxisführung

    Erfolgreich Personal suchen und finden (Teil 2): Bewerbungen sichten und richtig auswählen

    von Andreas Fink, Idstein, www.coach.dental

    | Wer als Zahnarzt Personal sucht, sollte bereits vor der konkreten Stellenausschreibung einige Maßnahmen ergreifen, die eine erfolgreiche Suche nach qualifiziertem Personal begünstigen (siehe dazu ZP 09/2016, Seite 1 ff.). Danach kommt der Bewerbungsprozess in die Entscheidungsphase. Die Bewerbungen treffen ein. Was ist dann zu tun? |

    Maßnahmen nach Bewerbungseingang

    Kontrollieren Sie die Vollständigkeit der Unterlagen. Dann sollten Sie unverzüglich den Empfang der Unterlagen bestätigen. Nutzen Sie diese Mitteilung, um ggf. fehlende Unterlagen anzufordern. Eine Rückmeldung ist inzwischen Standard: Jeder ist es heute gewohnt, nach jeder Bestellung in einem Onlineshop eine Auftragsbestätigung zu erhalten. Kommt diese nicht, sind wir verunsichert. Teilen Sie dem Kandidaten in dieser Rückmeldung mit, dass Sie zunächst den Eingang aller Bewerbungen abwarten wollen und ihn dann erneut kontaktieren. Damit zeigen Sie Anerkennung und Wertschätzung. Oder Sie laden ihn gleich ein, wenn die Bewerbungsunterlagen besonders überzeugen.

     

    Auswahlprozess: So checken Sie die Unterlagen

    Generell gilt: Je anspruchsvoller die Position ist, die Sie besetzen wollen, umso sorgfältiger und ausführlicher sollte Ihr Auswahlprozess sein.

     

     
    Auf den ersten Blick
    • Lassen Sie ein Foto des Bewerbers zunächst von einer anderen Person abkleben, schauen Sie nur auf die Daten.Gibt es unerklärliche Lücken oder Brüche im Lebenslauf?
    • Wie oft hat der Bewerber bisher die Stelle gewechselt?
    • Sind bekannte Namen unter den bisherigen Arbeitgebern?
    • Hat der Bewerber Praktika absolviert?
    • Bei E-Mail-Bewerbungen: Ist die E-Mail-Adresse seriös, der Anhang im richtigen Format (meist PDF) und in einer Größe, die nicht Ihren Posteingang sprengt?
    Anschreiben
    • Stimmen Zeichensetzung, Rechtschreibung und Grammatik?
    • Ist es optisch ansprechend und strukturiert?
    • Bezieht sich der Bewerber auf die Stellenanzeige oder enthält das Schreiben nur Standardfloskeln?
    • Stellt der Bewerber Bezüge zwischen seinen Qualifikationen und allen Anforderungen aus der Anzeige her?
    • Wird deutlich, warum er gerade bei Ihnen arbeiten möchte?
    • Ist erkennbar, was ihn besonders auszeichnet?

    Lebenslauf

    • Enthält der Lebenslauf alle wichtigen Angaben (letzter Schulabschluss, Stationen der Ausbildung, Zusatzqualifikationen, Hobbys/Interessen)?
    • Ist ein roter Faden erkennbar?
    • Wenn jemand arbeitslos war: Hat er die Zeit sinnvoll genutzt?
    • Beschränken Sie sich nicht nur auf Berufliches: Wo hat der Bewerber großes Interesse oder Engagement gezeigt?
     

    Alle eingehenden Bewerbungen sollten Sie direkt nach der Durchsicht einer ersten Bewertung unterziehen. Teilen Sie diese ein in: Absage, weiter prüfen oder zum Gespräch einladen. Auch hierbei ist eine Checkliste - am besten mit Ankreuzkästchen - sehr hilfreich. Eine solche hat ZP auf zp.iww.de im Downloadbereich zum Ausdruck für Sie hinterlegt (Downloads/Checklisten).

     

    Bewerbungsgespräch vorbereiten und führen

    In einem strukturierten Interview sollten Sie selbst nur 20 Prozent der Zeit sprechen. Allerdings ist es u. a. Ihre Aufgabe, in diesen 20 Prozent der Zeit die Struktur des Interviews zu bestimmen und sich auch als guter Arbeitgeber zu präsentieren.

     

    Bereiten Sie sich schriftlich vor, planen Sie genug Zeit ein und schaffen Sie eine angenehme Gesprächsatmosphäre. Nehmen Sie möglichst eine zweite Person hinzu, die später eine wichtige Rolle für den Bewerber spielt - und klären Sie vorab genau ab, wer was fragt. Oder lassen Sie sich von einer neutralen Person (externer Berater) unterstützen.

     

    • Gestaltung eines Bewerbungsgesprächs
    Bestandteil
    Inhalt

    Eröffnung

    Sie stellen dem Bewerber sich und ggf. die weiteren anwesenden Personen vor.

    Vorstellung des Bewerbers

    Der Bewerber schildert seinen beruflichen Werdegang und seinen persönlichen Hintergrund.

    Freies Gespräch

    Sie klären Fragen, die sich Ihnen bei der Sichtung der Bewerberunterlagen gestellt haben.

    Biografieorientiertes Fragen

    Sie gehen auf verschiedene Situationen in der bisherigen Berufslaufbahn des Bewerbers ein.

    Informationen zum zukünftigen Aufgabengebiet

    Sie stellen Ihre Praxis vor und nennen kurz zentrale Prinzipien und Werte.

    Situative Frage

    Der Bewerber beantwortet eine Praxisfrage.

    Abschluss

    Sie danken dem Bewerber und klären Formalitäten. Zuletzt fragen Sie bitte nach Auslagen und ersetzen Sie diese (Fahrtkosten, Parkgebühren).

     

    Wichtig | Stellen Sie sich zu jedem Bewerber diese Fragen:

    • Was macht ihm besonders viel Spaß? (Motivation)
    • Was kann er besonders gut? (Fachkompetenz)
    • Was kann ich davon in meiner Praxis gebrauchen? (Anforderungsprofil)

     

    Wollen Sie einen potenziellen Kandidaten noch besser kennenlernen, vereinbaren Sie einen Probearbeitstag. Das hat für beide Seiten Vorteile. Der Kandidat bekommt einen Einblick in seinen zukünftigen Arbeitsplatz und lernt Kollegen kennen. Sie lernen ihn „live“ kennen. Honorieren Sie diesen Einsatz finanziell, wenn sich der Bewerber dafür einen Tag Urlaub bei seinem jetzigen Arbeitgeber nimmt.

     

    Finale Entscheidung

    Vor Ihrer Entscheidung für oder gegen einen Bewerber sollten Sie folgende Punkte noch einmal durchgehen:

     

    • Hören Sie sich - sofern beteiligt - die Meinung der zweiten Person an.
    • Gehen Sie Ihre Notizen noch einmal durch.
    • Vergleichen Sie Bewerber mit Mitarbeitern aus Ihrer Praxis, weniger mit anderen Bewerbern.
    • Was sagt Ihr Bauchgefühl und was sagen die Fakten?
    • Sind noch Fragen an den Bewerber offen?

     

    Fühlen Sie sich sicher? Dann erstellen Sie ein klares, faires und detailliertes Angebot. Legen Sie einen schriftlichen Arbeitsvertrag als Angebot vor. Dieser sollte schon von Ihnen unterschrieben sein. Informieren Sie den Bewerber über Ihre positive Entscheidung. Behalten Sie dabei im Hinterkopf, dass dieser eventuell noch andere Eisen im Feuer hat. Zögert der Bewerber, fragen Sie, was ihm noch fehlt, um ihn für sich zu gewinnen. Überzeugen Sie und bessern Sie nach.

    Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beachten

    In Deutschland ist das AGG - auch Antidiskriminierungsgesetz genannt - zu beachten. Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen aus Gründen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Dieses Gesetz hat direkte Auswirkung auf Bewerbungsprozesse. Wenn es zu einem Streitfall kommt, der vor Gericht behandelt wird, müssen Sie u. U. Unterlagen einreichen, die beweisen, dass Sie nicht gegen Regelungen des AGG verstoßen haben.

     

    Welche Dinge können in diesem Fall untersucht werden?

    • Notizen, die Sie auf die Bewerbungsunterlagen gekritzelt haben.
    • Ein Feedback, das Sie nach dem Bewerbungsgespräch schriftlich festgehalten haben.
    • Übersichtstabellen, die Sie erstellt haben, um die Kandidaten miteinander zu vergleichen.
    • Die Aussagen, die Sie während des Bewerbungsgesprächs getroffen haben.

     

    Was sollten Sie deshalb in und nach Bewerbungsgesprächen unbedingt vermeiden?

    • Interne, vertrauliche Informationen offenzulegen.
    • Fragen nach der religiösen Orientierung des Kandidaten.
    • Fragen zum Familienstand und zur weiteren Familienplanung.
    • Fragen zum Gesundheitszustand, soweit nicht für die Stelle relevant.
    • Gründe, warum Sie sich für einen anderen Bewerber entschieden haben.

     

    FAZIT | Personalsuche ist ein elementarer Bestandteil der Führungsaufgabe. Das funktioniert nicht nebenbei, sondern erfordert Einsatz und neue Ideen. Und bleiben Sie ehrlich: Unehrlichkeit bei der Beschreibung der Praxis oder des Arbeitsplatzes ist für sehr viele ein Grund für die Ablehnung und damit noch entscheidender als das Gehaltsangebot. Sie kennen sicher die Aussage: „A-Chefs finden A-Mitarbeiter und B-Chefs finden C-Mitarbeiter“. Mit C-Mitarbeitern werden Sie Ihre Praxis nicht in eine erfolgreiche Zukunft führen können. „A-Chefs“ zeigen ihre Kompetenz bereits im Bewerbungsprozess!

     
    Quelle: Ausgabe 10 / 2016 | Seite 12 | ID 44240079