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  • 01.09.2006 | Kindergeld/Kinderfreibetrag

    „Fallbeilwirkung“ bei Verdienstgrenze für Kindergeld verfassungswidrig?

    Das Niedersächsische Finanzgericht gelangt in einem Urteil vom 23. Februar 2006 (Az: 1 K 76/04) zu dem Schluss, dass die so genannte Fallbeilwirkung bei der Verdienstgrenze für den Erhalt von Kindergeld verfassungswidrig ist, und befürwortet eine verfassungskonforme Auslegung (Urteil unter www.iww-onlineservice.de, Abruf-Nr. 062450).  

    Hintergrund

    Für Kinder über 18 Jahren erhalten Eltern derzeit ein monatliches Kindergeld von 154 Euro (1. bis 3. Kind) und 179 Euro (ab dem 4. Kind) oder alternativ bei zusammenveranlagten Ehegatten einen Kinderfreibetrag von 3.648 Euro und einen Betreuungsfreibetrag von 2.160 Euro, zusammen 5.808 Euro. Voraussetzung ist jedoch neben einer laufenden Schul- oder Berufsausbildung des Kindes, dass die eigenen Einkünfte und die zur Bestreitung des Unterhalts geeigneten Bezüge des Kindes 7.680 Euro im Jahr nicht übersteigen. Wird der Grenzbetrag überschritten, führt das zur völligen Versagung von Kindergeld oder Kinderfreibetrag (Fallbeilwirkung).  

    Das Urteil

    In seinem Urteil vertritt das Niedersächsische Finanzgericht nun die Auffassung, dass diese Fallbeilwirkung verfassungsrechtlich nicht überzeugt. Erforderlich sei vielmehr eine Übergangsregelung, die den Umständen Rechnung trägt, dass zwar mit steigenden Einkünften und Bezügen des Kindes die Unterhaltspflicht der Eltern abnehme, aber nicht sofort gänzlich entfallen dürfe und deshalb die Leistungsfähigkeit der Familien in diesem Fall nicht mit der Belastbarkeit von Kinderlosen vergleichbar sei.  

     

    Im ungünstigsten Fall führt nämlich die Erhöhung der Einkünfte um nur einen Euro zum Wegfall des Kindergeldes von 1.848 Euro jährlich oder des vollen Kinderfreibetrages in Höhe von 5.808 Euro. Nach Ansicht des Gerichts verbietet es sich, aus Gründen der Proportionalität oder aus unwesentlichen Unterschieden gravierende Rechtsfolgen abzuleiten. Das Finanzgericht hält deshalb folgende Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes noch für verfassungskonform: Der Kinderfreibetrag wird um den Betrag gekürzt, um den die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Grenzbetrag übersteigen. Entsprechendes soll auch für das Kindergeld gelten.