Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 01.08.2007 | Arbeitsrecht

    Das qualifizierte Zeugnis für Mitarbeiter in der Zahnarztpraxis

    von Richter am Arbeitsgericht Dr. Guido Mareck, Iserlohn

    Einer der Hauptstreitpunkte bei der Trennung von Mitarbeitern ist die Frage der Zeugniserteilung, da sie für den ausgeschiedenen Mitarbeiter bei der Bewerbung um eine neue Stelle erhebliche Bedeutung hat. Der folgende Beitrag erläutert unter Berücksichtigung aktueller Rechtsprechung, was der Zahnarzt in diesem Zusammenhang wissen und beachten muss. Dazu erhalten Sie konkrete Anleitungen zur Gestaltung eines Zeugnisses – einschließlich eines Musterzeugnisses.  

    Der Anspruch auf Erteilung eines Abschlusszeugnisses

    Jeder Arbeitnehmer hat gegenüber dem Zahnarzt als Arbeitgeber und Vorgesetztem einen Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses. Dieser Anspruch kann vor Gericht eingeklagt und erzwungen werden. Auch Auszubildende können nach § 8 Berufsbildungsgesetz vom Zahnarzt als Ausbilder ein Zeugnis verlangen.  

     

    Der Anspruch auf Erteilung eines Abschlusszeugnisses entsteht spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist eines gekündigten Arbeitsverhältnisses. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) auch für den Fall, dass gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben wurde.  

     

    Wie andere Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verjährt der Anspruch auf Zeugniserteilung nach drei Jahren, wobei er aber bereits vorher verwirken kann. Er ist daher angemessene Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend zu machen.  

     

    Gleiches gilt für den Anspruch auf Berichtigung eines Zeugnisses, das der Mitarbeiter in dieser Form nicht akzeptieren will. Einwendungen gegen den Wortlaut des Zeugnisses sind deshalb alsbald nach Erteilung des Zeugnisses geltend zu machen. Regelmäßig wird ein Anspruch auf Zeugnisberichtigung nach einem Zeitraum von zehn Monaten oder mehr als verwirkt anzusehen sein.  

     

    Hinweis: Wenn der Zahnarzt mit seinen Mitarbeitern die Anwendbarkeit von Tarifverträgen vereinbart hat, beziehen sich die dort geregelten kürzeren Ausschluss- und Verfallfristen auch auf den Zeugniserteilungsanspruch.  

    Der Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses

    Vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Mitarbeiter bei Vorliegen eines triftigen Grundes einen Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses haben. Triftige Gründe sind zum Beispiel der beabsichtigte Wechsel des Arbeitgebers, ein Übergang der Praxis auf einen neuen Inhaber, eine erhebliche Veränderung des Tätigkeitsbildes oder das Ruhen des Arbeitsverhältnisses beispielsweise auf Grund von Elternzeit. Die für Form und Inhalt des Abschlusszeugnisses gültigen Grundsätze gelten auch für das Zwischenzeugnis.  

    Die äußere Form des Zeugnisses

    Ein qualifiziertes Abschluss- oder Zwischenzeugnis ist frei von Rechtschreibfehlern schriftlich und auf dem in dem im jeweiligen Praxisbetrieb gängigen Papier unter dem Briefkopf des Zahnarztes bzw. der Partner zu erteilen. Das Zeugnis ist vom Zahnarzt persönlich mit einem dokumentenechten Stift zu unterzeichnen und muss das Ausstellungsdatum erkennen lassen. Eine Ausstellung in elektronischer Form ist nicht zulässig.  

     

    Hinweis: Ein Anspruch auf Erteilung eines ungeknickten Zeugnisses besteht nach der Rechtsprechung nicht, wenn das Original kopierfähig ist und sich die Knicke nicht auf den Kopien abzeichnen. In einem solchen Zeugnis ist auch kein „negatives Geheimzeichen“ an den potenziellen Folgearbeitgeber zu sehen, das den Bewerber disqualifizieren soll. Es empfiehlt sich aber, diesen Streit durch Erteilung eines ungeknickten Arbeitszeugnisses zu vermeiden.  

    Der Inhalt des Zeugnisses

    Sinn des Anspruchs auf Zeugniserteilung ist es, dem Mitarbeiter die Bewerbung bei einem neuen Arbeitgeber zu ermöglichen. Aus diesem Grund sind Zeugnisse zwar wahrheitsgemäß, andererseits aber auch „wohlwollend“ zu formulieren. Bei einem Verstoß gegen diese Pflicht kann sich der Zahnarzt schadenersatzpflichtig machen, wenn der Mitarbeiter wegen des nicht erteilten oder unzureichenden Zeugnisses keine oder nur eine schlechtere Arbeitsstelle findet.  

     

    Hinsichtlich des Inhalts ist zwischen dem „einfachen Arbeitszeugnis“ und dem Regelfall des „qualifizierten Arbeitszeugnisses“ zu unterscheiden.  

     

    Das einfache Arbeitszeugnis

    Das einfache Arbeitszeugnis ist nur bei sehr kurzer Beschäftigungszeit des Mitarbeiters oder auf dessen ausdrücklichen Wunsch hin zu erteilen und gibt lediglich über Art und Dauer der Beschäftigung Aufschluss. Es muss die Personalien des Mitarbeiters wie Name, Vorname, genaue Berufsbezeichnung, Anschrift und Geburtsdatum enthalten. Der genaue Einsatzbereich und das ausgeübte Tätigkeitsfeld des Mitarbeiters in der Zahnarztpraxis sind zu beschreiben. Auch die Dauer des Arbeitsverhältnisses ist anzugeben. Dabei müssen kürzere Unterbrechungen wegen Urlaub oder Krankheit außer Betracht bleiben.  

     

    Nur auf Verlangen des Mitarbeiters hat der Zahnarzt den Beendigungsgrund in das Zeugnis aufzunehmen. Als praktische Lösung bietet sich in diesen Fällen folgende Formulierung an, die sich in der Zeugnissprache durchgesetzt hat: „Herr/Frau ... verlässt unsere Praxis auf eigenen Wunsch.“  

     

    Das qualifizierte Arbeitszeugnis

    Das im Regelfall eingeforderte qualifizierte Arbeitszeugnis erstreckt sich neben Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses auch auf Führung (Verhalten) und Leistung des Mitarbeiters. Es müssen daher neben den genannten Angaben des einfachen Zeugnisses auch Tatsachen zur Beurteilung des Verhaltens und der Leistung des Mitarbeiters angegeben werden. Folgende Punkte zu hierbei beachten:  

     

    • Die Wortwahl hinsichtlich der Formulierung dieser Bewertungskriterien steht grundsätzlich im Ermessen des Arbeitgebers. Arbeitszeugnisse sind jedoch nach Form und Stil objektiv abzufassen und es ist der jeweiligen Anschauung Rechnung zu tragen, die mit bestimmten Formulierungen bestimmte Bewertungen verbindet (siehe hierzu auch die Checklisten und Musterformulierung unten).

     

    • Die Formulierungen müssen einerseits dem Gebot der Objektivität und der Zeugniswahrheit entsprechen. Andererseits muss die vorgenommene Würdigung des Mitarbeiters diejenige eines wohlwollenden und verständigen Arbeitgebers sein. So gehören beispielsweise keine Vorfälle in das Zeugnis, die für den Mitarbeiter einmalig und nicht charakteristisch sind.

     

    • Dasselbe gilt für verschlüsselte Formulierungen oder Codierungen, durch die der Zahnarzt seine tatsächliche Meinung über die – insbesondere persönlichen – Qualitäten des Mitarbeiters quasi durch die Hintertür doch noch in das Zeugnis einfließen lassen will. Zu Formulierungen dieser Art gibt es mittlerweile eine mehr als umfangreiche Rechtsprechung.

     

    Der Arbeitgeber sollte daher auf Formulierungen wie „äußerst kontaktfreudig/gesellig“ oder „extrem durchsetzungsstark/wusste ihre Interessen stets durchzusetzen“ von vornherein verzichten.

     

    • Von „Geheimzeichen“ wie bewusst links oder rechts stehende Striche neben der Unterschrift, die auf die politische Gesinnung des Mitarbeiters hinweisen sollen, ist ebenfalls abzusehen.

     

    • Eine abschließende Schlussformel, die den Dank für die Zusammenarbeit und gute Wünsche für die berufliche Zukunft enthält, ist üblicher, aber nicht notwendiger Bestandteil eines qualifizierten Arbeitszeugnisses.

     

    Checklisten und Musterformulierung

    Die folgenden beiden Checklisten zur Notenskala und zum Zeugnisaufbau sowie ein abschließendes Musterzeugnis sollen Ihnen dabei helfen, ein gutes qualifiziertes Abschlusszeugnis zu erstellen, das keine Auseinandersetzungen nach sich zieht. Die Dokumente stehen Ihnen auch unter www.iww-onlineservice.de im Online-Service für Zahnärzte in der Rubrik „Praxishilfen“, Unterrubrik „Musterschreiben“ zur Verfügung.  

     

    Checkliste: Die Notenskalen im Arbeitszeugnis

    Die Beurteilung der Leistung 

    Hinsichtlich der Beurteilung der Leistung geht die Praxis heutzutage im Wesentlichen von einer sechsstufigen Notenskala aus, die wie folgt aufgebaut ist:  

     

    • „stets (jederzeit, immer) zu unserer vollsten Zufriedenheit“ = sehr gute Leistung
    • „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ = gute Leistung
    • „stets zu unserer Zufriedenheit“ oder „zu unserer vollen Zufriedenheit“ = befriedigende bzw. gute durchschnittliche Leistung
    • „zu unserer Zufriedenheit“ = unterdurchschnittliche, aber ausreichende Leistung
    • „insgesamt (im Großen und Ganzen) zu unserer Zufriedenheit“ = mangelhafte Leistung
    • „er hat sich bemüht“ = unzureichende bzw. ungenügende Leistung

     

    Die Beurteilung der Arbeitsweise  

    Arbeitserfolg und Arbeitsweise werden im Allgemeinen dahingehend formuliert, dass eine „Erledigung der Aufgaben mit äußerster Sorgfalt und großer Genauigkeit“ sehr gut, „mit großer Sorgfalt und Genauigkeit“ gut und das Weglassen des „groß“ als befriedigend anzusehen ist. Formulierungen unterhalb dieser Normen sind als ausreichend bis mangelhaft anzusehen.  

     

    Die Beurteilung des Verhaltens  

    Auch die Bewertung des Verhaltens des Mitarbeiters gegenüber dem Praxisinhaber, Mitarbeitern und Kunden wird heute im Wesentlichen standardisiert vorgenommen. Es haben sich folgende Formulierungen herausgebildet:  

     

    • „sein Verhalten gegenüber Inhaber und Mitarbeitern war stets einwandfrei/vorbildlich“ = sehr gut
    • „sein Verhalten gegenüber Inhaber und Mitarbeitern war einwandfrei/vorbildlich“ = gut
    • „sein Verhalten war gut“ = befriedigend
    • „stets befriedigend“ = ausreichend

     

    Hinweis: Die Bewertung des Verhaltens des Mitarbeiters hat sich dabei nicht auf ein sozial-ethisches Verhalten, sondern auf das Sozialverhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Dritten, sowie die Verantwortungsbereitschaft, die Beachtung der betrieblichen Ordnung und das Führungsverhalten gegenüber den unterstellten Mitarbeitern zu beziehen.  

     

    Checkliste: Der Aufbau eines Arbeitszeugnisses

    Zeugnis 

    • Praxis-Briefbogen (Briefkopf/Angaben zum Arbeitgeber)
    • Überschrift (Schluss- oder Zwischenzeugnis)
    • Eingangsformel (Personalien des Mitarbeiters)
    • Dauer des Arbeitsverhältnisses (Ausbildungszeiten/ggf. Dauer von Unterbrechungen)
    • Aufgabenbeschreibung (Aufgabengebiet/Art der Tätigkeit/Berufsbild und berufliche Entwicklung)
    • Leistungsbeurteilung (Arbeitsbefähigung/Arbeitsbereitschaft/Erfolg bzw. Erwartungen des Arbeitgebers; herausragende Erfolge oder Ergebnisse, Zusammenfassung)
    • Verhaltensbeurteilung
    • Beendigungsmodalitäten (Schlusszeugnis)/Zeugnisvergabegrund (Zwischenzeugnis)
    • Schlussformel
    • Ort, Datum
    • Aussteller (Unterschrift)
     

    Beispiel: Muster eines Arbeitszeugnisses für eine ZFA

    Zeugnis 

     

    Frau ..., geboren am ..., war vom ... bis zum ... in meiner Praxis ... als ZFA tätig. Ihr Aufgabenbereich umfasste im Wesentlichen:  

     

    • Stuhlassistenz
    • Herstellung provisorischer Kronen und Brücken
    • Herstellung von Situationsabdrücken
    • Pflege und Wartung der technischen Geräte
    • Erstellen von Röntgenaufnahmen von Patienten sowie die regelmäßige Durchführung der Röntgenkonstanzprüfungen
    • Zahntechnische Arbeiten im Praxislabor (zum Beispiel die Modellherstellung, Herstellung von Bissregistrierungshilfen und die Herstellung individueller Abformlöffel)
    • Im Bereich der Praxisorganisation die Terminplanung
    • ...

     

    Frau ... ist eine außergewöhnlich belastbare Mitarbeiterin, die durch ihre freundliche und zielbewusste Art den Arbeitsablauf auch bei starkem Arbeitsanfall optimal organisierte. Sie besitzt ein umfassendes Fachwissen und arbeitete mit großer Sorgfalt und Genauigkeit. Sie beherrscht ... und sie versteht es gut, ... Ihren Aufgabenbereich bewältigte Frau ... stets zu meiner vollen Zufriedenheit.  

     

    Ihr persönliches Verhalten war jederzeit einwandfrei. (Frau ... ist hilfsbereit, zuvorkommend und aufgeschlossen und allseits anerkannt und geschätzt.)  

     

    Frau ... verlässt meine Praxis auf eigenen Wunsch. Ich bedauere ihr Ausscheiden, danke für ihre Tätigkeit und wünsche ihr weiterhin viel Erfolg und persönlich alles Gute.  

     

    ..., den ...  

    gez. ...  

     

    Quelle: Ausgabe 08 / 2007 | Seite 18 | ID 110176