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  • 24.02.2012 · IWW-Abrufnummer 120626

    Kammergericht Berlin: Beschluss vom 09.01.2012 – 25 W 57/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    25 W 57/11

    Tenor:
    Die Beschwerde des Beteiligten vom 20. Mai 2011 gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Charlottenburg vom 28. April 2011 wird zurückgewiesen.

    Gründe
    A. Der Beteiligte ist ein gemeinnütziger Verein, dessen Zweck es gemäß § 2 Abs. 2 der Satzung ist, seinen Mitgliedern und deren berechtigten Angehörigen soziale, gesundheitliche und kulturelle Betreuungsleistungen zu bieten, mit denen es die gesetzlichen Maßnahmen des Auswärtigen Amtes und der Sozialversicherungsträger ergänzt. In § 10 der Satzung ist u.a. Folgendes bestimmt:

    "(1) Der Vorstand besteht aus:

    (a) dem Vorsitzenden,

    (b) dem stellvertretenden Vorsitzenden,

    (c) dem Schriftführer,

    (d) dem Schatzmeister/stellvertretenden Schriftführer,

    (e) fünf Beisitzern.

    (2) Fünf Vorstandsmitglieder und fünf Ersatzmitglieder werden von der Mitgliederversammlung aus dem Kreis der Mitglieder für eine Amtszeit von jeweils drei Jahren gewählt; je zwei der fünf Beisitzer werden vom Auswärtigen Amt und vom Personalrat des Auswärtigen Amtes bestellt. (...)

    (4) Der Vorstand wählt aus dem Kreis der von der Mitgliederversammlung gewählten Vorstandsmitglieder den Vorsitzenden und die Vorstandsmitglieder gem. Abs. 1 Buchst. (b) bis (d).

    (...)

    (6) Bei Ausscheiden des Vorsitzenden wählt der Vorstand aus seiner Mitte den neuen Vorsitzenden. Bei Ausscheiden eines anderen Vorstandsmitglieds rückt ein Ersatzmitglied für dessen restliche Amtszeit in das Amt nach. Die Reihenfolge des Nachrückens bestimmt sich nach der bei Vorstandswahl erzielten Stimmenzahl; das Ersatzmitglied mit der höchsten Stimmenzahl kommt zuerst zum Zuge.

    (...)

    (8) Das Sozialwerk wird gerichtlich und außergerichtlich durch zwei Vorstandsmitglieder, darunter der Vorsitzende oder der stellvertretende Vorsitzende, vertreten (...)".

    In § 11 Abs. 6 der Satzung heisst es ferner:

    Die Mitgliederversammlung

    - wählt fünf Vorstandsmitglieder und fünf Ersatzmitglieder und

    - bestellt zwei Kassenprüfer".

    Der Beteiligte meldete durch Herrn #### G## (als Vorsitzendem) und Frau ## B### (als 5. Beisitzerin) - beglaubigt durch seinen Verfahrensbevollmächtigten - mit Schreiben vom 01. April 2011 den am 03. November 2010 erklärten Rücktritt des Vorsitzenden #### C## sowie das Nachrücken des mit den meisten Stimmen gewählten Ersatzmitgliedes ### G## und dessen am 13. Dezember 2010 erfolgte Wahl zum Vereinsvorsitzenden beim Amtsgericht Charlottenburg zur Eintragung in das Vereinsregister an.

    Mit Zwischenverfügung vom 28. April 2011 rügte das Amtsgericht Charlottenburg unter anderem, Herr ### G## sei bei Ausscheiden des Vorsitzenden C## nicht automatisch als Ersatzmitglied mit den meisten Stimmen als Vorsitzender nachgerückt. Der neue Vorsitzende sei gemäß der Satzung durch den Vorstand aus seiner Mitte zu wählen. Die Wahl eines Ersatzmitgliedes sei laut Satzung nicht möglich. Herr G## sei folglich nicht anmeldebefugt.

    Gegen diese nicht förmlich zugestellte Zwischenverfügung legte der Beteiligte mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 20. Mai 2011 Beschwerde ein. Er räumte zwar ein, dass bei Ausscheiden des Vorstandsvorsitzenden C## Herr G## nicht automatisch als Vorsitzender nachgerückt sei, wohl aber als dasjenige Ersatzmitglied, das bei der Vorstandswahl die höchste Stimmenzahl aller Ersatzmitglieder erhalten habe. Der Vorstand habe ihn aber in seiner Sitzung vom 13. Dezember 2010 aus seiner Mitte zum neuen Vorsitzenden gewählt. Zwar sei das Verfahren nach vorzeitigem Ausscheiden des Vorsitzenden nicht in der Satzung geregelt. Jedoch rechtfertige deren Auslegung nicht die Annahme, dass bei fehlender Kandidatur aus dem Vorstand nach § 10 Abs. 6 kein Nachrücken erlaubt sein solle. Sinn und Zweck der Vorschrift sei nämlich die Gewährleistung einer möglichst effektiven Fortführung der Vereinsarbeit. Die von der Mitgliederversammlung gewählten Vorstandsmitglieder dürften auch während der laufenden Amtszeit den zunächst gewählten Vorsitzenden gegen einen anderen Vorsitzenden austauschen. Es könne aber schwerlich angehen, dass der Vorstand aus seiner Mitte einen neuen Vorsitzenden wähle, für diesen dann ein Ersatzmitglied in den Vorstand nachrücke, und der Vorsitzende dann bestimmen könne, dass das nachgerückte Ersatzmitglied an die Stelle des gerade erst gewählten Vorsitzenden trete.

    Das Registergericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

    B. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

    I) Die Beschwerde ist zulässig. Zwar handelt es sich bei der hier angegriffenen Zwischenverfügung um keine Endentscheidung gemäß § 58 Abs. 1 FamFG, so dass dagegen nur dann eine Beschwerde möglich ist, wenn diese gesetzlich zugelassen ist. Diese Zulassung ist für das Vereinsregisterverfahren in § 382 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 374 Nr. 4 FamFG vorgesehen. Die Beschwerde ist nach § 382 Abs. 4 S. 2 FamFG statthaft und gemäß §§ 63, 64 FamFG form- und fristgemäß eingereicht.

    Der Beteiligte ist nach § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdebefugt. Zwar hat der die Beschwerde einreichende Notar nicht mitgeteilt, ob er das Rechtsmittel namens des Beteiligten oder im eigenen Namen als beurkundender Notar einlegt. Wird aber im Rahmen eines Antragsverfahrens in einem mit notariellem Schreiben eingeleiteten Beschwerdeverfahren der Name des Beschwerdeführers nicht angegeben, so gilt die Beschwerde im Zweifel als im Namen aller beschwerdebefugten Antragsberechtigten bzw. -verpflichteten eingelegt, für die der Notar tätig geworden ist (OLG Nürnberg, Beschluss vom 18.04.2011, 12 W 631/11), hier also auch für den Beteiligten.

    Richtet sich die Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung des Registergerichts gemäß § 382 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 374 Nr. 4 FamFG hinsichtlich eines Eintragungsantrages eines Vereins, so ist dieser beschwerdeberechtigt, mangels Verletzung eigener Rechte aber nicht der die Beschwerde einlegende Notar (vgl. auch OLG Nürnberg, aaO.). Letzterer wird lediglich als Bevollmächtigter (§ 10 Abs. 2 S. 2 Nr. 3, § 378 Abs. 2 FamFG) tätig (OLG Nürnberg aaO.).

    Hier ist zu Gunsten des Beteiligten davon auszugehen, dass der Notar die Beschwerde in seinem Namen einlegen wollte.

    II) Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

    Zu Recht hat das Amtsgericht den Eintragungsantrag des Beteiligten zurückgewiesen. Der zusammen mit der 5. Beisitzerin Anne Büning die Vorstandsveränderung anmeldende Stefan Graf ist nicht anmeldebefugt.

    Gemäß § 10 Abs. 8 der Satzung in der Form vom 18. Oktober 2005 wird der Beteiligte gerichtlich und außergerichtlich durch zwei Vorstandsmitglieder, darunter der Vorsitzende oder der stellvertretende Vorsitzende, vertreten. ### G## ist jedoch - entgegen der Ansicht des Beteiligten - am 13. Dezember 2010 nicht wirksam zu dessen Vorsitzendem gewählt worden.

    Für den Fall, dass aus einem mehrgliedrigen Vorstand Mitglieder durch Amtsniederlegung ausscheiden, kann die Satzung eine bestimmte Regelung für die weitere Wahrnehmung der Vorstandsaufgaben treffen (vgl. Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 9. Auflage 2004, Rn. 271a). Vorliegend ist für das Ausscheiden des Vorsitzenden während der fortdauernden Amtsperiode in § 10 Abs. 6 S. 1 der Satzung bestimmt, dass der Vorstand aus seiner Mitte (Unterstreichung durch den Senat) den neuen Vorsitzenden wählt. Die Satzungsregelung über die Vorstandsbesetzung muss klar und bestimmt sein (Krafka/Willer/Kühn, Registerrecht, 8. Auflage 2010, Rn. 2139). Das ist bei der vorstehenden Regelung der Fall. Nach deren klarem Wortlaut ist der neu zu wählende Vorsitzende aus dem Kreis der nach dem Rücktritt des bisherigen Vorsitzenden verbliebenen acht weiteren Vorstandsmitglieder (stellvertretender Vorsitzender, Schatzmeister, Schriftführer, fünf Beisitzer) zu wählen, wie das Registergericht bereits zutreffend festgestellt hat. Dafür spricht auch, dass in § 10 Abs. 6 S. 2 ganz ausdrücklich für den Fall des Ausscheidens eines anderen (Unterstreichung durch den Senat) Vorstandsmitgliedes das Nachrücken eines Ersatzmitgliedes für dessen restliche Amtszeit vorsieht. Nur für die "einfachen" Vorstandsmitglieder sollen demnach Ersatzmitglieder nachrücken dürfen, nicht aber für den Vorsitzenden, wofür z.B. der Gedanke einer Kontinuität in der Vorstandsarbeit sprechen kann.

    Letztendlich kann aber die Motivationslage der Satzungsregelung im Hinblick auf die Eindeutigkeit des Regelungswortlautes dahinstehen. Sollte sich aus den nach dem Rücktritt des Vorsitzenden verbliebenen acht Vorstandsmitgliedern keines zur Übernahme der Vorsitzendenposition bereit finden, müsste die Wahl eines neuen Vorsitzenden durch die Mitgliederversammlung erfolgen. Dem steht die vom Beteiligten angeführte am objektiven Vereinszweck orientierte Auslegung nicht entgegen. Nach gefestigter Rechtsprechung sind Satzungen von Körperschaften - unabhängig von ihrer Rechtsform - grundsätzlich objektiv auszulegen (BGHZ 106, 67, zitiert nach juris, Rn. 11 m.w.N.). Maßgebend ist dabei die Überlegung, dass die Verfassung eines Verbandes wegen der wechselnden Mitglieder aus dem Empfängerhorizont verstanden werden muss; Satzungen von Körperschaften sind deshalb "aus sich heraus" auszulegen (vgl. BGH aaO. m.w.N.). Dementsprechend spielt der Wortlaut vor allem in seiner eventuell typischen Bedeutung eine erhöhte Rolle, während die Umstände nur eingeschränkt für die Auslegung zu berücksichtigen sind; eine teleologische Auslegung hat sich an objektiv bekannten Umständen zu orientieren (BGH aaO.).

    Wie bereits dargelegt, ist der Wortlaut der in § 10 Abs. 6 der Satzung getroffenen Regelung eindeutig. Aber auch die Umstände sprechen - worauf der Senat bereits am 14. Juli 2011 den Beteiligten hingewiesen hatte - für diese Auslegung. So ist z.B. in der Niederschrift vom 09. Oktober 2007 über die Wahl des Vorsitzenden vom Beteiligten formuliert worden: "Am 9. Oktober 2007 wählten die fünf Vorstandsmitglieder aus ihrer Mitte den Vorstandsvorsitzenden...", obwohl sich der Vorstand nach § 10 Abs. 1 der Satzung aus acht Mitgliedern und dem Vorsitzenden zusammensetzt.

    All diese Gründe sprechen auch gegen die Ansicht des Beteiligten, es liege eine planwidrige Lücke vor. Gegen eine solche Lücke ist insbesondere die hohe Zahl von fünf Ersatzmitgliedern anzuführen. Mit der Wahl von fünf Vorstandsmitgliedern und fünf Ersatzmitgliedern gemäß § 10 Abs. 2 der Satzung bestimmt die Mitgliederversammlung zehn Personen für von ihr zu besetzende fünf Positionen. Gemäß § 10 Abs. 2 der Satzung sind von den fünf Beisitzern nämlich je zwei vom Auswärtigen Amt und vom Personalrat zu benennen. Damit ist eine Wahlperiode von drei Jahren von der Mitgliederversammlung durch die Wahl von fünf Vorstandsmitgliedern und fünf Ersatzmitgliedern abzudecken. Unter diesen Umständen einer Vorstandsreserve von 100 % für einen überschaubaren Zeitraum von drei Jahren kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Satzungsgeber planwidrig darauf verzichtet hätte, auch bei vorzeitigem Ausscheiden des Vorsitzenden ein Ersatzmitglied nachrücken zu lassen. Das Problem der hohen beruflichen Standortfluktuation im Auswärtigen Dienst war stets bekannt. Dennoch hat sich der Satzungsgeber mit einer hohen "Vorstandsreserve" von 100 % für drei Jahre zufrieden gegeben und für das Ausscheiden des Vorsitzenden auf das Nachrücken eines Ersatzmitgliedes verzichtet.

    Da Herr G## somit nicht wirksam zum Vorstandsvorsitzenden gewählt worden ist, war er nicht zur gesetzlichen Vertretung des Beteiligten und damit auch nicht zur Anmeldung - der zudem falschen Mitteilung seiner Wahl zum Vorstandsvorsitzenden - berechtigt.

    C. Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 KostO.