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  • 24.02.2012 · IWW-Abrufnummer 120625

    Amtsgericht Göttingen: Beschluss vom 07.12.2011 – 74 IN 204/11

    1. Wer bei einem wirtschaftlichen Verein das operative Geschäft führt, kann jedenfalls nach Rücktritt der Vorstandsmitglieder faktischer Geschäftsführer sein.



    2. Unter Berücksichtigung des § 42 Abs. 2 BGB ist diese zur Stellung eines Insolvenzantrages berechtigt und verpflichtet.


    Amtsgericht Göttingen
    Insolvenzgericht
    Geschäfts-Nr.: 74 IN 204/11
    Göttingen, 07.12.2011
    B e s c h l u s s
    In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des XXX
    wird heute um 08:00 Uhr das Insolvenzverfahren gemäß §§ 2,3,11,16 ff InsO wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet.
    Zum Insolvenzverwalter wird bestellt :
    XXX
    G r ü n d e :
    Die Schuldnerin betrieb die ärztliche Notdienstversorgung in Stadt und Landkreis Göttingen in Form eines seit 2006 eingetragenen Vereins. Als allein vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder sind im Vereinsregister eingetragen als 1. Vorsitzender Dr. M und als 2. Vorsitzender Dr. Mi. Das operative Geschäft wurde immer durch einen angestellten Geschäftsführer erledigt, zuletzt durch T. Dieser stellte am 01.09.2011 namens des Vereins Insolvenzantrag. Zur Begründung führte er aus, dass der ehemalige Geschäftsführer A Forderungen geltend machte. Nach seinen Angaben waren die 50 auf 400€-Basis Beschäftigten vom Folgeträger, der Universitätsklinik Göttingen, übernommen und der Geschäftsbetrieb zum 30.06.2011 eingestellt worden. Hinsichtlich der Vorsitzenden gab er an, diese seien am 25.05.2011 zurückgetreten, die Einsetzung eines Notvorstandes sei vom AG Göttingen abgelehnt worden. Nach Einsetzung eines Sachverständigen am 01.09.2011 teilte der 15 ehemalige Arbeitnehmer der Schuldnerin vertretende Prozessbevollmächtigte mit, dass das Arbeitsgericht Göttingen mangels Vorstandes die gegen die Schuldnerin gerichtete Klage als unzulässig ansehe; ebenso sei auch der Insolvenzantrag unzulässig.
    Im Abschlussgutachten vom 22.11.2011 kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung sowie eine die Verfahrenskosten deckende Masse vorliegen.
    Das Insolvenzverfahren ist zu eröffnen. Insbesondere liegt ein zulässiger Insolvenzantrag vor.
    Ein eingetragener Verein wird § 26 BGB durch den Vorstand vertreten, den gem. § 42 Abs. 2 BGB im Falle von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zur Antragstellung verpflichtet ist. Die Vorstandsmitglieder haben ihr Amt niedergelegt, sind aber noch im Vereinsregister eingetragen. Ob ein Fall der Führungslosigkeit (§ 10 Abs. 2 Satz 2 InsO) vorliegt, kann dahinstehen. Zum einen regelt § 15a Abs. 3 InsO das Antragsrecht bei einem führungslosen Verein nicht, zum anderen wird ein bestehendes Antragsrecht erweitert, wie aus der Verwendung des Wortes „auch“ folgt.
    Im vorliegenden Fall ist ein bestehendes Antragsrecht wirksam ausgeübt worden. Den Antrag hat der „Geschäftsführer“ gestellt. Dieser hat die operativen Geschäfte der Schuldnerin geführt. Bei juristischen Personen ist anerkannt, dass faktischer Geschäftsführer ist, wer die Gesellschaft wie ein vertretungsberechtigtes Organ vertritt, ohne dazu förmlich bestellt worden zu sein; dieser ist zur Antragstellung berechtigt und verpflichtet (FK-InsO/Schmerbach § 15 Rz. 17, 18). Dies gilt auch im vorliegenden Fall eines Vereines, der wirtschaftlich tätig ist. Wie zu entscheiden ist,
    wenn der Vorstand nicht zurückgetreten und seine Tätigkeit eingestellt hätte, kann dahinstehen.