Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 08.01.2010

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 27.08.2003 – V 126/02

    Keine vorzeitige Zulassung zur Steuerberaterprüfung durch Vermischung der Voraussetzungen der Zulassung nach § 36 Abs. 1 (praktische Tätigkeit von zwei bzw. drei Jahren nach akademischer Ausbildung) und Abs. 2 StBerG (10 Jahre praktische Tätigkeit nach kaufmännischer oder gleichwertiger Ausbildung, bzw. 7 Jahre nach Ausbildung zum geprüften Bilanzbuchhalter, Steuerfachwirt oder 7 Jahre Tätigkeit als Sachbearbeiter im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung).


    Tatbestand

    Der Kläger begehrt von der Beklagten die vorzeitige Zulassung zur Steuerberaterprüfung.

    Der Kläger hat folgende Ausbildungsgänge durchlaufen oder Tätigkeiten ausgeübt: Nach Ablegung des Abiturs im Jahre 1992 und Ableistung des Zivildienstes bis 1994 wurde er bis ...1996 (Tag der Ablegung der Abschlussprüfung) zum Steuerfachgehilfen ausgebildet. Er übte den Beruf vom ...1996 bis ...1998 (2 Jahre, 3 Monate) aus. Vom ...1998 bis zum ...2001 (3 Jahre) war er Student der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Fachbereich Finanzen, und hat am ...2001 die staatliche Abschlussprüfung im Studiengang Finanzen als Diplomfinanzwirt (Fachhochschule) bestanden. Am gleichen Tag legte er die Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst in der Steuerverwaltung mit Erfolg ab. Zum ...2001 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Steuerinspektor zur Anstellung ernannt. In dieser Funktion ist er seither tätig. Er hat somit die folgenden Tätigkeitszeiten absolviert:

    .../93 bis .../94 Zivildienst 15 Mon.
    .../94 bis .../96 Ausbildung zum Steuerfachgehilfen 23 Mon.
    .../96 bis .../98 Tätigkeit als Steuerfachgehilfe 27 Mon.
    .../98 bis .../01 Studium an der FH für öff. Verwaltung 36 Mon.
    ab .../01 Steuerbeamter


    Mit Schreiben vom 24.01.2002 beantragte er zunächst bei der Beklagten die Erteilung einer verbindlichen Auskunft bezüglich der Zulassung zur Steuerberaterprüfung gemäß § 38 a Steuerberatungsgesetz. Die Beklagte erteilte die beantragte Auskunft mit Schreiben vom 03.07.2002 dahingehend, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung zur Steuerberaterprüfung frühestens mit Ablauf des 30.09.2004 erfüllt seien.

    Bereits davor hatte der Kläger einen Antrag auf Zulassung zur Steuerberaterprüfung 2002 gestellt. Diesen Antrag wies der Beklagte mit Schreiben vom 02.07.2002 zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Schreiben Bezug genommen.

    Am 18.07.2002 hat der Kläger gegen die Versagung der Zulassung zur Steuerberaterprüfung 2002 Klage erhoben.

    Er trägt vor: Ihm stehe die Verkürzung der erforderlichen praktischen Tätigkeit von 10 auf 7 Jahre gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 1 StBerG zu. Er erfülle die Voraussetzungen der Zulassung nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 StBerG, weil er die Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf bestanden habe und inzwischen im erforderlichen Umfang praktisch tätig gewesen sei. Zwar sei im Regelfall eine 10-Jahres-Praxiszeit erforderlich (1. Alternative). Für ihn komme jedoch die verkürzte Praxiszeit von 7 Jahren in Betracht (2. Alternative). Die Regelzeit von 10 Jahren verkürze sich nämlich, wenn die Prüfung zum Bilanzbuchhalter oder zum Steuerfachwirt abgelegt worden sei. Er habe zwar diese Prüfungen nicht abgelegt, jedoch sei die von ihm abgelegte Prüfung zum Diplomfinanzwirt bzw. die Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst in der Steuerverwaltung dem nicht nur gleichwertig, sondern deutlich mehr wert. Aus der gesamten gesetzlichen Regelung über die Zulassung zur Steuerberaterprüfung ergebe sich, dass höhere Qualifikationen mit einer Verkürzung der Praxiszeit belohnt würden. Deshalb müssten Überqualifikationen ebenfalls zu einer Verkürzung führen. Es könne nicht sein, dass ein geprüfter Bilanzbuchhalter mit 7-jähriger Praxis zugelassen würde, er als Diplomfinanzwirt jedoch nicht. Im Übrigen sei für Angehörige der Finanzverwaltung in Abs.2 Nr. 2 des § 36 StBerG ebenfalls eine praktische Tätigkeit von nur 7 Jahren vorgesehen. Eine andere Auslegung verstoße gegen Art. 3 und 12 GG. Unter Berücksichtigung seiner Studienzeit an der Fachhochschule und unter Anrechnung der Zivildienstzeit erfülle er die 7-jährige Praxiszeit.

    Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihn zur Steuerberaterprüfung 2002, hilfsweise zur Steuerberaterprüfung 2003, zuzulassen.

    Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

    Eine Verkürzung der praktischen Tätigkeit gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 1 StBerG komme für den Kläger nicht in Betracht. Das Gesetz unterscheide für die Zulassung zur Prüfung zwischen Hochschulabsolventen und Bewerbern aus kaufmännischen Berufen. Letztere könnten durch eine berufsbegleitende Fortbildungsprüfung zum Bilanzbuchhalter oder Steuerfachwirt die zur Zulassung erforderliche praktische Tätigkeit verkürzen. Abgesehen davon, dass diese gesetzliche Aufzählung abschließend sei, könne eine zwischenzeitlich abgelegte Hochschulprüfung dem nicht gleichgestellt werden, denn hierbei handele es sich um eine Berufseingangsausbildung, für die andere Überlegungen des Gesetzgebers gelten würden. Die für Hochschulabsolventen erforderliche praktische Tätigkeit müsse nach Abschluss der Prüfung liegen. Im Falle des Klägers betrage sie 3 Jahre. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG liege nicht vor, die Fortbildungsprüfungen zum Bilanzbuchhalter und die Ausbildungsprüfung zum Diplomfinanzwirt seien nicht vergleichbar. Auch Art. 12 GG sei nicht verletzt, denn die gesetzliche Regelung werde durch das herausragende Bedürfnis der Allgemeinheit an einer qualifizierten Beratung gerechtfertigt.

    Entgegen der Ansicht des Klägers könne nicht die gesamte Zeit des Fachhochschulstudiums (3 Jahre) als praktische Tätigkeit angerechnet werden. Das Fachhochschulstudium gliedere sich in berufstheoretische und berufspraktische Studienzeiten. Die berufspraktische Studienzeit betrage lediglich 18 Monate. In Betracht käme allenfalls eine Anrechnung dieses 18monatigen Berufspraktikums, obwohl auch hierbei die Ausbildung im Vordergrund stehe und nicht das Tätigwerden in der Praxis.

    Dem Senat liegt ein Schnellhefter (grün) mit Vorgängen betreffend die Zulassung des Klägers zur Steuerberaterprüfung vor. Der Rechtsstreit ist mit den Beteiligten erörtert worden. Auf die Niederschrift vom 4. Juli 2003 wird verwiesen. Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

    Gründe

    I. Die Klage ist zulässig. Zwar hat sich der Hauptantrag auf Zulassung zur Steuerberaterprüfung 2002 erledigt, weil eine Zulassung zur Prüfung 2002 wegen Zeitablaufs unmöglich geworden ist. Auch wäre der Hilfsantrag auf Zulassung zur Prüfung 2003 mit diesem Inhalt unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 FGO nicht erfüllt sind. Der Kläger hat bei der Beklagten einen Antrag auf Zulassung zur Prüfung 2003 nicht gestellt und die Beklagte einen solchen Antrag mithin nicht abgelehnt. Der Senat versteht den unzulässigen Antrag auf Zulassung zur Prüfung 2003 indes als - zulässigen - Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung der (vorzeitigen) Zulassung für 2002 nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO. Denn in dem Antrag des Klägers auf Zulassung zur Prüfung 2003 kommt unmissverständlich zum Ausdruck, dass der Kläger, obwohl er das ursprüngliche Klageziel der Zulassung zur Prüfung 2002 nicht mehr erreichen kann, an seinem Begehren, möglichst frühzeitig zur Prüfung zugelassen zu werden, weiterhin festhält. Dieses Prozessziel impliziert das Festhalten an der Rechtsbehauptung, dass die Zurückweisung des Zulassungsantrag 2002 rechtswidrig gewesen ist. Der Antrag nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ist auch zulässig. Das Verfahren betreffend die Zulassung 2002 hat sich auf andere Weise erledigt und der Kläger hat aufgrund der rechtstatsächlichen Wirkung auf künftige Zulassungsverfahren ein Rechtsschutzinteresse an der Feststellung einer Rechtswidrigkeit der Ablehnung des Zulassungsantrag 2002.

    II. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Bekl. hat den Antrag auf (vorzeitige) Zulassung zur Prüfung 2002 zu Recht abgelehnt, weil weder die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 2 noch die des Abs. 2 Nr. 1 oder 2 StBerG für die Prüfung 2002 erfüllt waren. Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abweisung des Antrags auf Zulassung zur Prüfung 2002 kann deshalb keinen Erfolg haben.

    1. Die Zulassungsvoraussetzungen für die Steuerberaterprüfung sind in § 36 StBerG geregelt. Dabei setzt Absatz 1 als Regeltatbestand die Absolvierung eines wirtschafts- oder rechtswissenschaftlichen Hochschulstudiums sowie eine nachfolgende praktische Tätigkeit auf dem Gebiet der von den Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern (Abs. 3) voraus. Der Beruf des Steuerberaters ist danach im Grundsatz als akademischer Beruf ausgestaltet. Die Dauer der praktischen Tätigkeit nach Ablegung der akademischen Ausbildung beträgt in Abhängigkeit von der Regelstudienzeit zwei (Regelstudienzeit mindestens 8 Semester, Abs. 1 Nr. 1) bzw. drei Jahre (Regelstudienzeit weniger als 8 Semester, Abs. 1 Nr. 2). Nach Abs. 2 der Vorschrift können aber auch Bewerber ohne akademische Vorbildung zugelassen werden. Nr. 1 ermöglicht dies Bewerbern mit einer kaufmännischen oder einer gleichwertigen Ausbildung, wenn sie nachfolgend 10 Jahre berufspraktisch tätig waren; diese berufspraktische Zeit verkürzt sich auf 7 Jahre bei Bewerbern, die die Prüfung zum geprüften Bilanzbuchhalter oder zum Steuerfachwirt abgelegt haben. Nr. 2 betrifft Angehörige des gehobenen Dienstes der Finanzverwaltung und vergleichbare Angestellte, die mindestens 7 Jahre als Sachbearbeiter oder vergleichbar praktisch tätig waren.

    2. Die Voraussetzungen nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 StBerG erfüllt der Kläger erst mit Ablauf des September 2004. Er kann deshalb nach dieser Regelung frühestens zur Steuerberaterprüfung 2004 zugelassen werden. Denn er hat am ...2001 nach einem Studium mit einer Regelstudienzeit von weniger als 8 Semestern an der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung im Fachbereich Finanzen die Prüfung zum Diplomfinanzwirt abgelegt und ist seit dem 01.10.2001 in der nach § 36 Abs. 3 StBerG geforderten Weise und in dem erforderlichen Umfang praktisch tätig. Erst mit Ablauf des September 2004 wird er somit die in § 36 Abs. 1 Nr. 2 StBerG vorgesehene dreijährige praktische Tätigkeit nach dem Studium absolviert haben.

    3. Eine frühere Zulassung als zum 01.10.2004 kann der Kläger auch nach den in Abs. 2 des § 36 StBerG vorgesehenen Zulassungsmöglichkeiten nicht erreichen.

    3.1 Die Voraussetzungen einer Zulassung nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 als Angehöriger des gehobenen Dienstes der Finanzverwaltung setzt eine mindestens 7-jährige Tätigkeit als Sachbearbeiter voraus. Diese Voraussetzung wird der am 01.10.2001 eingestellte Kläger erst im Jahre 2008 erfüllt haben.

    3.2 Entgegen der Ansicht des Klägers wird auch eine Zulassung nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 StBerG nicht früher möglich sein.

    3.2.1 Dies gilt zunächst einmal unter der Voraussetzung, dass der Kläger eine praktische Tätigkeit von 10 Jahren nach Abschluss seiner Ausbildung zum Steuerfachgehilfen absolviert haben muss. Als praktische Tätigkeit hat der Kläger per 01.10.2002 unstreitig absolviert:

    beim Steuerberater als Steuerfachgehilfe 2 Jahre, 3 Monate
    als Steuerinspektor 1 Jahr
    als Praxisanteil im Studium 1 Jahr, 6 Monate.
    Dies ergibt insgesamt eine praktische Tätigkeit von 4 Jahren und 9 Monaten
    per 01.10.2002.


    Die danach zur Erfüllung der 10-jährigen Praxiszeit noch erforderliche praktische Tätigkeit von 5 Jahren und 3 Monaten (per 01.10.2002) verkürzt sich zwar noch unter Anwendung von § 78 Abs. 1 Nr. 1 Zivildienstgesetz (i.d.F. der Bekanntmachung vom 28.9.1994 BGBl. I S. 2811) in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Arbeitsplatzschutzgesetz (i.d.F. der Bekanntmachung vom 14.2.2001, BGBl. I S. 253) um die vom Kläger geleistete Zivildienstzeit von 15 Monaten auf 4 Jahre. Aber auch unter dieser Voraussetzung erfüllt der Kläger unter den genannten Umständen erst zum 1.10 2006 die Voraussetzungen für eine Zulassung nach der genannten Vorschrift. Auch eine Vollanrechnung der Studienzeit würde lediglich eine weitere Verkürzung um 18 Monate mit sich bringen.

    3.2.2 Eine Zulassung zur Steuerberaterprüfung 2002, wie vom Kläger ursprünglich verfolgt, wäre somit - rechnerisch - nur in Betracht gekommen, wenn nicht nur der Fachhochschulabschluss als Diplomfinanzwirt der Qualifikation als geprüfter Bilanzbuchhalter oder Steuerfachwirt im Sinne der 2. Alternative der Vorschrift des § 36 Abs. 2 Nr. 1 StBerG gleich zu stellen wäre oder eine analoge Anwendung dieser Vorschrift in Betracht käme, sondern darüber hinaus auch das 3-jährige Studium an der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung nicht nur zur Hälfte mit 1 Jahr und 6 Monaten, sondern in einem Umfang von mindestens 2 Jahren und 6 Monaten - also fast vollen Umfangs - als praktische Tätigkeit anzurechnen wäre. Denn nur unter diesen Voraussetzungen hätte der Kläger nach Ablegung der Abschlussprüfung als Steuerfachgehilfe die dann nur erforderliche 7-jährige praktische Tätigkeit abzüglich der Zivildienstzeit von 15 Monaten, also 5 Jahre und 9 Monate mit Ablauf des September 2002 absolviert gehabt, nämlich:

    als Steuerfachgehilfe 2 Jahre 3 Monate
    als Steuerinspektor 1 Jahr
    Studium 2 Jahre 6 Monate
    insgesamt: 5 Jahre 9 Monate.


    3.2.3 Bei seiner negativen Entscheidung über den Zulassungsantrag des Klägers für 2002 ist die Beklagte indes zu Recht davon ausgegangen, dass für den Kläger weder die Verkürzung der praktischen Tätigkeit auf 7 Jahre, noch eine 18 Monate übersteigende Anrechnung der Studienzeit in Betracht kommt.

    3.2.3.1 Durch den Fachhochschulabschluss des Klägers tritt eine Verkürzung der praktischen Tätigkeit auf 7 Jahre nicht ein.

    Die Verkürzung auf 7 Jahre ist nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. StBerG nur vorgesehen „im Falle der erfolgreich abgelegten Prüfung zum geprüften Bilanzbuchhalter oder Steuerfachwirt”. Der Kläger hat weder die eine noch die andere Prüfung abgelegt. Eine Verkürzung für den Fall der Ablegung der Prüfung zum Diplom-Finanzwirt oder der Laufbahnprüfung zum gehobenen Dienst in der Finanzverwaltung ist nach dem Wortlauf der Vorschrift nicht vorgesehen. Für eine erweiternde Auslegung der Vorschrift besteht kein Anlass, weil nicht erkennbar ist, dass eine Regelungslücke vorliegt. Die Verkürzungsregelung ist erkennbar auf Weiterbildungsmaßnahmen ausgerichtet. Dies ergibt sich aus der Gesetzesbegründung (BR-Drs. 759/99 S. 57 unten). Ein Hochschulstudium ist keine Weiterbildungsmaßnahme sondern ein eigener Ausbildungsgang. Der Kläger hat sich deshalb mit der Studienaufnahme nicht für eine Weiterbildungsmaßnahme entschieden, sondern er hat eine neuen, anderen Ausbildungsgang, nämlich die (Hochschul-)Ausbildung zum Diplomfinanzwirt begonnen. Für Hochschulabsolventen gelten indes nach § 36 Abs. 1 StBerG eigene und deutlich kürzere Tätigkeitszeiten.

    Es unterliegt der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen er eine Verkürzung der für erforderlich angesehenen praktischen Tätigkeit für angemessen erachtet. Im Rahmen dieses weiten gesetzgeberischen Ermessens besteht nicht nur kein sachlicher Anlass, es liegt vielmehr noch nicht einmal nahe, einen Hochschulabschluss in die Verkürzungsregelung des Absatzes 2 Nr. 1 einzubeziehen. Denn eine solche Einbeziehung, wie vom Kläger begehrt, hätte nicht nur zur Folge, dass die „Überqualifikation” durch den Hochschulabschluss den in der Vorschrift genannten Weiterbildungsmaßnahmen gleich geachtet würden (was von der Sache her noch verständlich wäre). Die Einbeziehung würde vielmehr Hochschulabsolventen, die vor dem Studium bereits eine Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf abgelegt oder eine andere gleichwertige Vorbildung erworben hätten, gegenüber Hochschulabsolventen ohne eine solche Vorqualifikation besser stellen. Denn dann könnte im Extremfall ein Hochschulabsolvent mit Vorqualifikation unmittelbar nach Ablegen der Hochschulprüfung zur Steuerberaterprüfung zugelassen werden. Dies würde bedeuten, dass die Regelung des Absatzes 2 des § 36 StBerG, die - wie oben dargelegt - eine Ausnahmeregelung zu Abs. 1 darstellt, die in der grundlegenden Vorschrift des Absatzes 1 für Hochschulabsolventen vorgesehene Regelung einer 2- bzw. 3-jährigen praktischen Tätigkeit nach Abschluss des Studiums verdrängen könnte.

    3.2.3.2 Eine Anrechnung des Studiums an der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung in einem größeren Umfang als der im Studiengang vorgesehenen 18-monatigen praktischen Ausbildung beim Finanzamt kommt ebenfalls nicht in Betracht. Dabei kann offen bleiben, ob die 18-monatige Ausbildungszeit beim Finanzamt im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 1 StBerG eine „praktische Tätigkeit” ist. Zweifel daran könnten bestehen, weil nach der Vorschrift die praktische Tätigkeit „nach Abschluss der Ausbildung” in dem kaufmännischen (oder gleichgestellten) Ausbildungsberuf geleistet sein muss. Diese Formulierung könnte darauf schließen lassen, dass praktische Tätigkeit eine solche sein muss, bei der die in dem Ausbildungsberuf erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten in der Praxis” angewandt und geübt werden. Ob die „praktische Ausbildung” im Rahmen eines Studiums diese Voraussetzungen erfüllt, ist fraglich. Auf jeden Fall ist die im eigentlichen Sinne „studierende” Tätigkeit des Hochschulstudenten im Bereich seiner theoretischen Ausbildung keine „praktische” Tätigkeit. Praktische Tätigkeit bedeutet Anwendung der Fähigkeiten und Kenntnisse auf Falllösungen in der Praxis, also quasi im „Ernstfall”. Dazu gehören Vorlesungen und auch Übungen oder Seminare im Rahmen eines Studiums nicht. Diese Tätigkeiten dienen dem Erwerb von Fähigkeiten und Kenntnissen und nicht (bereits) ihrer Anwendung.

    3.2.4 Entgegen der Ansicht des Klägers folgt etwas anderes nicht aus Art. 12 GG. Zwar soll durch die gesetzliche Neuregelung der Prüfungszulassung durch das 7. StBerÄndG ”...die für den Zugang zum Steuerberaterberuf erforderliche Zeit auf dem Hintergrund des Art. 12 GG auf das unbedingt erforderliche Maß gesenkt werden...” (BR-Drs. aaO). Das aus seiner Sicht „unbedingt erforderliche” Maß einer praktischen Tätigkeit nach Ablegung der jeweiligen Prüfungen hat der Gesetzgeber im Gesetz beziffert. Dies ist - auch auf dem Hintergrund des Art. 12 GG - nicht zu beanstanden.

    Auch Art. 3 GG wird durch die Zulassungsregelung des § 36 StBerG in dieser Auslegung nicht berührt. Die Ausbildungs- bzw.- Weiterbildungsgänge, deren Gleichbehandlung der Kläger verletzt sieht, stellen unterschiedliche Sachverhalte dar und können deshalb unterschiedliche Rechtsfolgen auslösen.

    III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 135 Abs. 1, 115 Abs. 2 FGO.

    VorschriftenStBerG § 36