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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Berlin: Urteil vom 17.08.2004 – 5 K 5512/03

    Bei der Auslegung des Konzertbegriffs können selbst „Mischformen” von Theateraufführungen und Konzerten die Steuervergünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG in Anspruch nehmen.


    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Umsätze der Klägerin aus der Veranstaltung „xxxxxx” der Organgesellschaft xxxxxxxxx xxxxxxx in Höhe von 1 578 579,00 DM brutto dem Regelsteuersatz von 15 % nach § 12 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz –UStG- oder dem ermäßigten Steuersatz von 7 % nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG zu unterwerfen sind.

    Die Klägerin war im Streitjahr eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts –GbR-, welche unter anderem den Erwerb und die Vermarktung fremder Urheberrechte, die Musikproduktion, die Verschaffung von Auftrittsmöglichkeiten für unter Vertrag stehenden Künstler und die weltweite Organisation und Durchführung von Musik- und Tanzveranstaltungen zum Gegenstand hatte. Die xxxxxxxxxxx war umsatzsteuerliches Organ der Klägerin. Die Veranstaltung „xxxxxx” wurde von ihr bis xxxx zweimal im Jahr an verschiedenen Orten in Deutschland durchgeführt. Seit dem Jahr xxxx findet diese Veranstaltung, auf der jeweils die aktuellen Stars der internationalen Techno- und Housemusik-Szene auftreten, einmal jährlich um den xxxxxxxxxxxxxxxx in der xxxxxxxxxx statt, wobei drei Hallen genutzt werden. Die drei Hallen von unterschiedlicher Größe werden jeweils mit zwei Auftrittsmöglichkeiten für die Künstler versehen. Die Künstler – ca. 50 an der Zahl – treten verteilt über zwei Tage auf, wobei sich DJs (Disk-Jockeys) und Live-Auftritte von Bands abwechseln. Dabei wird die Musik teilweise parallel in den verschiedenen Hallen zu Gehör gebracht.

    In der Zeit vom 7. April 1999 bis 9. April 2001 führte der Beklagte eine Außenprüfung bei der Klägerin durch, die mit Bericht vom 29. Juni 2001 und Ergänzungsbericht vom 15. April 2002 zu dem Ergebnis gelangte, dass die Erlöse aus den Kartenverkäufen für die „xxxxxx”- Veranstaltungen dem vollen Umsatzsteuersatz gemäß § 12 Abs. 1 UStG zu unterwerfen seien, da die betreffenden Veranstaltungen weder nach der Intention der Veranstalter noch nach der tatsächlichen Abfolge zu den reinen Hörkonzerten gerechnet werden könnten, sondern vielmehr zu Tanzveranstaltungen mit Partycharakter im Bereich der Techno- und Housemusik. Im Anschluss hieran änderte der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzung für 1997 mit Bescheid vom 28. Mai 2002 dahingehend, dass er den Umsatz aus der Veranstaltung „xxxxxx” der xxxxxx GmbH in Höhe von 1 578 579,00 DM dem vollen Umsatzsteuersatz unterwarf. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

    Der hiergegen gerichtete Einspruch war insoweit erfolgreich, als der Beklagte den nicht korrekten Ansatz der Umsätze der xxxxxxxxxxx zu 7 % von 1 485 448,00 DM auf 1 475 308,00 DM verringerte, im Übrigen wurde der Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 5. Dezember 2003 als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte verwies darauf, dass die Veranstaltung „xxxxxx” nicht als „Konzert” im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG zu verstehen sei, da es sich bei den auf der Veranstaltung dargebrachten, weitaus überwiegenden Musikstücken im Bereich Techno und House nicht um solche handle, bei denen Instrumente und/oder die menschliche Stimme eingesetzt würden. Die Auftritte der DJs mit ausschließlichem Plattenmix überstiegen mengenmäßig bei weitem die anderen, bei denen zusätzlich auch ein Musikinstrument oder die menschliche Stimme eingesetzt werde, und stellten damit den Kernpunkt der Veranstaltung dar, d.h. gäben ihr insoweit den Charakter bzw. das Gepräge. Darüber hinaus seien auch die Musikvorführungen der DJs allein nicht der eigentliche Zweck der Veranstaltung „xxxxxx”. Die visuellen Vorführungen und das Tanzen sowie auch die Möglichkeiten zur Kommunikation stünden diesen mindestens gleichwertig gegenüber. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die ausführlichen Gründe der Einspruchsentscheidung Bezug genommen (Bl. 31- 35 Hilfs-UStA 1997).

    Die Klägerin hält der vom Beklagten vertretenen Auffassung entgegen, dass der ermäßigte Steuersatz auch bei Popkonzerten gelte, die hinsichtlich der sonstigen Umstände, also dem Verzehr von Speisen und Getränken und dem Bewegungsdrang von Konzertbesuchern, Technoveranstaltungen gleichzusetzen seien. Es sei nicht zu vermuten, dass die Besucher bei Eintrittspreisen zwischen 75,00 DM und über 100,00 DM lediglich der Kommunikation und des Essens wegen kämen. Bei Konzertveranstaltungen der heutigen Zeit sei es gerade im Bereich sog. „moderner Musikrichtungen” üblich, die Darbietungen in großen Hallen ohne Bestuhlung durchzuführen. In den angemieteten Hallen würden zwar Getränke und Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verkauft, dies geschehe aber nicht durch die Organgesellschaft, sondern über eine von der xxxxxxxxxxxxxx beauftragte Cateringfirma, auf welche die Organgesellschaft keinen Einfluss habe. Es entspreche auch den üblichen Gepflogenheiten, dass den Besuchern die Möglichkeit gegeben werde, Speisen und Getränke zu sich zu nehmen, und beschränke sich nicht nur auf Konzerte der modernen Richtung, sondern gelte auch für Klassikkonzerte. Da die „xxxxxx”-Veranstaltungen in einer weltweit einzigartigen Form über einen Zeitraum von mehreren Stunden den Besuchern eine Vielzahl von Künstlern präsentierten, würde es wirtschaftlich nicht vertretbar sein, den Besuchern nicht auch Nahrungsmittel zum Verkehr anzubieten.

    Für die Einordnung einer Veranstaltung als Konzert könne es daher nicht maßgebend sein, ob dieses in einem bestuhlten Raum – ohne die Möglichkeit der Bewegungsfreiheit – stattfinde oder ob die Möglichkeit des Verzehrs von Speisen und Getränken bestehe.

    Es sei außerdem auf den großen kulturellen Stellenwert des Konzerts hinzuweisen. Abgesehen davon, dass die Besucher der „xxxxxx” zum Teil aus aller Welt anreisten, hätten auch verschiedene Fernsehanstalten regelmäßig Berichterstatter vor Ort. Dazu gehörten u.a. ARD, RTL, Sat1, MTV, das Schweizer Fernsehen und das belgische Fernsehen. Der xxxxxxxx Musiksender xxxx übertrage die Veranstaltung „live” und sende Interviews mit den auftretenden Künstlern. Die xxx-Rundfunkprogramme übertrügen ebenfalls die ganze Nacht live. Ein solches Medieninteresse dürfe wohl kaum bei einer vom Beklagten angenommenen Tanzveranstaltung gegeben sein.

    Soweit das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht mit Urteil vom 30. Juli 2001 (II 38/99) entschieden habe, dass die Umsätze aus sog. „Rave-Veranstaltungen” mit Live-Darbietungen dem Regelsteuersatz unterlägen, sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den auf den „xxxxxx”-Veranstaltungen auftretenden Künstlern im Unterschied dazu nicht um DJs allgemeiner Art handle. Im Bereich der Techno-Veranstaltungen sei es die Aufgabe des DJs, Musik zu kreieren und der jeweiligen Veranstaltungssituation anzupassen. Die von dem DJ benutzten „Instrumente” zur Erzeugung seiner speziellen Musik seien verschiedene Laufwerke/Plattenteller, das Mischpult und andere elektronische Geräte. Bei seinem Auftritt, der in der Regel 1 Stunden dauere, bediene er sich verschiedener Quellen für seine Darbietung. Es würden fremde und eigene Tonträger gespielt und dabei laufend ineinander gemixt. Zudem würden im Tonstudio vorbereitete Sequenzen und Effekte eingespielt. So arbeite ein DJ mitunter gleichzeitig an bis zu vier Laufwerken. Mit speziellen Mehrkanal-Mischpulten würden diese Elemente ineinander gefügt. So sei jeder Auftritt eine einmalige, nicht wiederholbare und unverwechselbare Performance. Eine weitere Form des Auftritts sei der sog. Live-Act, der in der Regel ca. 30 Minuten dauere. Dabei werde diese elektronische Musik von einer bis vier Personen mittels Synthesizer, Keyboard, Drums, Elektroeffekte etc. direkt live gespielt. Diese Instrumente kämen heutzutage auch bei Konzerten von Rock- und Popgruppen zum Einsatz. Auch gehörten Gesangsdarbietungen zu diesen Live-Acts.

    Die auf der Veranstaltung der Organgesellschaft auftretenden Künstler aus verschiedenen Nationen und von internationalem Ruf böten von ihnen selbst geschaffene Werke der Musikstilrichtung „Techno” und „House” dar. Die Akzeptanz der von diesen Künstlern geschaffenen Musikstücke spiegle sich wesentlich in hohen Verkaufszahlen und Chartplatzierungen ihrer Werke dar. Die Veranstaltung erhalte daher ihr Gepräge von den auf ihr auftretenden Künstlern und der dargebotenen Musik, was sich insbesondere auch in dem Medieninteresse spiegle. Der Begriff „Rave-Party” sei von der Veranstalterin ausschließlich deshalb gewählt worden, weil sich dieser für Veranstaltungen im Bereich der Techno-Musik durchgesetzt habe, und nicht, weil es um eine Tanzveranstaltung gehe.

    Bei der Auslegung des Begriffes „Konzert” im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG könne nicht allein auf die mögliche Definition aus Lexika abgestellt werden. Maßgebend sei vielmehr eine rechtliche Auslegung, wonach Konzert eine musikalische Aufführung bedeute. Aufführung heiße in diesem Zusammenhang, dass die Musik auf individuelle Art und Weise dargeboten werde. Solche musikalischen Aufführungen würden bei den „xxxxxx”- Veranstaltungen dargeboten, da der Musik durch die Künstler ein eigenes Gepräge gegeben werde. Das Abstellen allein auf physikalisch-technische Grundlagen entspreche nicht der gesetzgeberischen Wertung. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Begriff des Konzerts nicht statisch zu verstehen sei. Vielmehr müsse auch diesbezüglich beachtet werden, dass die Musikwelt im Hinblick auf die Neuerungen der benutzten Instrumente und Geräte einer fortlaufenden Entwicklung unterliege. Zwar würden im Bereich des Techno und House überwiegend nicht klassische Instrumente verwendet. Der Begriff des Instruments dürfe jedoch für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Konzert” nicht zu eng gefasst werden. Ein Musikinstrument sei ein Gerät, mit dem die Abfolge von Tönen erzeugt werde, wobei der das Gerät Bedienende dieser Klangfolge ein eigenes Gepräge gebe. Eine solche Erzeugung einer Klangfolge mit eigener Prägung liege auch bei der vom Beklagten angeführten Darbietung fremder und/oder eigener Tonträger unter laufender Veränderung der Abspielgeschwindigkeiten (scratchen) sowie der Vermischung verschiedener Tonträger und Medien (mixen) vor. Die visuellen Formen bei den „xxxxxx”-Veranstaltungen stellten demgegenüber nur Beiwerk dar, das der Veranstaltung nicht die Eigenart eines Konzerts nehme.

    Nach Informationen der Klägerin sei bei Konkurrenten, die ähnliche Veranstaltungen wie die der „xxxxxx” durchführten, auch nach einer Betriebsprüfung ein Umsatzsteuersatz von 7 % für diese Veranstaltungen anerkannt worden. Sollte im Gegensatz dazu bei den xxxxxx- Veranstaltungen eine Besteuerung mit 16 % Umsatzsteuer erfolgen, würde die Klägerin hierdurch einen Wettbewerbsnachteil erleiden, da sie – um eine entsprechende Marge aus dem Kartenverkauf zu erreichen – einen höheren Eintrittspreis würde verlangen müssen.

    Die Klägerin berufe sich außerdem auf eine europarechtskonforme Auslegung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG. Gemäß Artikel 12 Abs.3 Buchstabe a Unterabsatz 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche Bemessungsgrundlage – (im Folgenden: 6. Richtlinie) könnten die Mitgliedstaaten der EU (außerdem) einen oder zwei ermäßigte Umsatzsteuersätze anwenden. Diese ermäßigten Sätze dürften sich nur auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen der in Anhang H der 6. Richtlinie genannten Kategorien beziehen. Nach Kategorie 7 des Anhangs H der 6. Richtlinie fielen hierunter die Eintrittsberechtigungen für Veranstaltungen, für Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen. Hiervon ausgehend stimme die nationale Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG nicht wörtlich mit Kategorie 7 des Anhangs H der 6. Richtlinie überein.

    Zwar falle die Entscheidung über die Ausübung des Rechts nach Artikel 12 Abs. 3 Buchstabe a Unterabsatz 3 der 6. Richtlinie in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Bei der Ausübung dieser Zuständigkeit müssten die Mitgliedstaaten jedoch den Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachten. Wie aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs -EuGH- hervorgehe, verbiete es dieser Grundsatz insbesondere, gleichartige und deshalb miteinander im Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln. Auf solche Waren oder Dienstleistungen sei daher ein einheitlicher Steuersatz anzuwenden. § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG sei daher dahingehend richtlinienkonform auszulegen, dass auch auf Veranstaltungen der Art, wie sie die Organgesellschaft veranstalte, der ermäßigte Steuersatz anzuwenden sei. Die Veranstaltungen der xxxxxxxxxxx stünden in Konkurrenz zu Popkonzerten und ähnlichen künstlerischen Veranstaltungen. Bei solchen Veranstaltungen sei jedoch die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG gemeinhin anerkannt. Solche Konzerte seien mit den xxxxxx-Veranstaltungen nicht nur vergleichbar, sondern zielten auf das gleiche Publikum. Somit bestehe eine Konkurrenzsituation, die nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität umsatzsteuerlich gleich zu behandeln sei. Darüber hinaus sei § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG richtlinienkonform weit auszulegen. Der Richtliniengeber habe sich in Kategorie 7 des Anhangs H zu Artikel 12 Abs. 2 Buchstabe a Unterabsatz 3 der 6. Richtlinie nicht auf eine bestimmte Kunstform bzw. Kunstrichtung oder Gestaltungshöhe festgelegt. Vielmehr lege die Voranstellung des Begriffs „Veranstaltungen” nahe, dass die Auslegung weit zu erfolgen habe. Diese Auslegung sei somit auch auf die nationale Norm anzuwenden.

    Die Klägerin reichte mit Schriftsatz vom 15. Juli 2004 außerdem ein Videoband mit einem Mitschnitt der Übertragung der „xxxxxx”-Veranstaltung 2004 im Programm des Fernsehsenders xxxx ein. Sie verweist darauf, dass sich aus den Beiträgen ersehen lasse, dass das Publikum der „xxxxxx”-Veranstaltungen sich insbesondere nach vorn, dem Platz des jeweiligen DJ, orientiere. Somit finde ein für ein Konzert typischer Informationsaustausch direkt zwischen dem Künstler und dem Publikum statt. Einem Artikel aus der Zeitung „xxxxxxxxxxxx” vom xxxxxxxxxxxxx lasse sich unter anderem entnehmen, dass die Techno-Musik eine eigene Musikrichtung mit eigenen Idolen, Subspezies und Problemen, wie sie auch bei anderen Musikrichtungen aufträten, sei.

    Die Klägerin beantragt,

    die Umsatzsteuer 1997 abweichend von dem Bescheid vom 28. Mai 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Dezember 2003 dahingehend geändert festzusetzen, dass die Umsätze aus der Veranstaltung „xxxxxx” in Höhe von 1 578 579,00 DM dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterworfen werden, sowie die Zinsen zur Umsatzsteuer 1997 auf 0,00 € festzusetzen,

    hilfsweise,

    die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    hilfsweise,

    die Revision zuzulassen.

    Er hält an der bereits im Einspruchsverfahren vertretenen Auffassung fest, dass die Umsätze aus der Veranstaltung „xxxxxx” dem Regelsteuersatz zu unterwerfen seien.

    Es werde seitens des Beklagten nicht bestritten, dass der jeweilige Discjokkey mit Hilfe von speziellen Mehrkanal-Mischpulten beim Abspielen fremder und/oder eigener Tonträger der aufgeführten Musik ein eigenes Gepräge gebe, das jeweilige Mischen von bereits vorhandener Musik zumindest teilweise einmalig und nicht wiederholbar sei und es sich insoweit bei den DJs um Künstler auf dem Gebiet des Mischens von Tonträgern mit Hilfe technischer Geräte handle.

    Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei jedoch feststehend, dass unter Konzert die Aufführung von Musikstücken zu verstehen sei, bei denen Instrumente und/oder die menschliche Stimme eingesetzt würden. Bei den hier streitbefangenen Aufführungen handle es sich zwar um musikalische Aufführungen, d.h. es würden von den DJs Musikstücke vorgespielt, jedoch würden bei den weitaus überwiegenden Musikstücken nicht Instrumente und/oder die menschliche Stimme eingesetzt. Zu Musikinstrumenten gehörten weder Abspielgeräte für Tonträger noch Mischpulte oder ähnliche technische Geräte. Die sog. Live-Acts, bei denen teilweise neben den Abspielgeräten auch Synthesizer, Keyboard u.ä. (= elektronische Musikinstrumente, denn mit ihnen werde musikalisch verwendbarer Schall erzeugt) oder eine menschliche Stimme eingesetzt würden, bildeten im Rahmen der Veranstaltung nur die Ausnahme und gäben ihr insoweit nicht das Gepräge als Konzert im genannten Sinne.

    Als Instrumente im Sinne der Rechtsprechung seien unzweifelhaft nur Geräte zum Erzeugen musikalisch verwendbaren Schalls zu verstehen. Töne oder Schall seien Schwingungen der Luft, d.h. zur Tonerzeugung müsse also irgendwie Luft zum Schwingen gebracht werden. Es werde dabei unterschieden zwischen Tonerzeugung durch Saiten, Luftstrom, schwingendes Fell und durch Klingen des gesamten Instruments. Darüber hinaus würden bei einem elektronischen Musikinstrument Klänge durch elektronische Signale erzeugt. Entgegen der Meinung der Klägerin handle es sich bei den weitaus überwiegend verwendeten Geräten der auf der „xxxxxx” auftretenden DJs weder um klassische noch um moderne – z.B. elektronische Musikinstrumente -, denn mit ihnen könne musikalisch verwendbarer Schall und in Folge davon ein Musikstück nicht erzeugt werden. Es würden von den DJs nämlich Wiedergabegeräte verwendet, mit denen lediglich unter Zuhilfenahme von Tonträgern Abfolgen von Tönen gespielt bzw. wiedergegeben werden könnten, die Erzeugung von Tönen sei aber selbständig weder in Form von Luftschwingungen noch in Form elektronischer Signale damit möglich. Es sei auch unerheblich, dass die DJs auf der Veranstaltung der Klägerin ihrer Abfolge von Tönen durch Manipulationen, wie u.a. Veränderung der Abspielgeschwindigkeiten (scratchen) und/oder Vermischung verschiedener Tonträger und Medien (mixen), ein eigenes Gepräge gäben. Ein Erzeugen von Tönen oder Schall liege hierdurch jedenfalls nicht vor, lediglich ggf. ein Verändern schon vorhandener Töne. Die von den DJs verwendeten Wiedergabegeräte würden auch nicht bei Unterstellung eines schnellen Wandels in der Musik zu Musikinstrumenten.

    In der Einspruchsentscheidung werde auch nicht behauptet, dass der Hauptinhalt der Veranstaltung der Tanz sei und es sich deshalb um eine Tanzveranstaltung handle, sondern dass den Musikvorführungen die visuellen Vorführungen, das Tanzen und die Kommunikation mindestens gleichwertig gegenüberstünden. Darüber hinaus sei der Tanz hier nicht – wie von der Klägerin behauptet – eine spontan auftretende Begleiterscheinung der musikalischen Aufführungen, vielmehr animierten die Veranstalter das Publikum sehr wohl auch zum Tanzen, nämlich bereits im Vorfeld durch entsprechende Werbung wie „echter Dancefloor” u.ä.

    Auch die von der Klägerin behaupteten „ähnlichen” Veranstaltungen von Konkurrenten könnten nicht die Entscheidung beeinflussen, ob ein Konzert vorliege oder nicht, denn der Sachverhalt sei nach der Lebenserfahrung in jedem Fall zumindest geringfügig abweichend. Auch ein möglicher Wettbewerbsnachteil durch die Anwendung des Regelsteuersatzes könne nicht entscheidungserheblich sein.

    Die nationale (deutsche) Regelung zum ermäßigten Steuersatz im § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG befinde sich auch im Einklang mit dem Art. 12 Abs. 3 Buchstabe a Unterabs. 3 i.V.m. der Kategorie 7 in der Anlage H der 6. Richtlinie. Im Anhang H seien diejenigen Gegenstände und Dienstleistungen abschließend verzeichnet, die einem ermäßigten Steuersatz unterworfen werden dürften, aber nicht müssten. Es handle sich um eine „Kann”-Vorschrift. Die EUMitgliedstaaten seien nicht gezwungen, sie anzuwenden, sondern könnten von der Begünstigung ganz oder teilweise absehen oder sogar bestehende Ermäßigungen abbauen, wenn sie dies z.B. aus Haushaltsgründen für erforderlich hielten. Im Übrigen enthalte die 6. Richtlinie weder in Art. 12 noch im Anhang H Definitionen, was z.B. unter Theater oder Konzert zu verstehen sei. Es bleibe daher den EU-Mitgliedstaaten überlassen, die Begriffe nach nationalem Verständnis zu interpretieren.

    Die übermittelte Videokassette enthalte Aufnahmen von vier Auftritten auf der diesjährigen „xxxxxx”-Veranstaltung, die am xxxxxxxxxxxxxx unter dem Motto „xxxxxxxxxxxx” auch wieder in den xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx stattgefunden habe. Es handle sich hierbei um Teile der Auftritte des DJ xxxxxxxxxxxxxxxxxx, der Gruppe xxxxxxxxxxxxxxxx (2 DJs mit Sängerin) sowie der DJs xxxxxxxxxxxx und xxxxxxx. Diese Video-Aufnahmen brächten keinerlei neue oder anderweitige Erkenntnisse gegenüber den bisherigen Ausführungen des Beklagten, die unter Berücksichtigung von Video-Aufzeichnungen über die Veranstaltung „xxxxxxxx”03 (vom Beklagten mit Schriftsatz vom 12. Februar 2004 übersandt) erfolgt seien. Ebenso sage der Artikel aus dem „xxxxxxxxxxxx” nichts zur Definition des Begriffs „Konzert” aus. Es gehe darin um „Party” und „Tanzmusik”, die sich im Techno vereinten, und darum, dass Techno von verschiedenen Tanzmusik-Vorläufern die Funktion übernommen habe, so wie auch der DJ xxxxxxx bei Techno von „Dance-Kultur” spreche. Techno-Musik sei nach dem Artikel „ein gesellschaftliches Programm, das von subjektzentrierter Kunst wie Rock-Musik zu asubjektiven Prozessen und Verkettungen schreite als Bestandteil einer digitalen Kultur”. Diese Ausführungen seien nicht geeignet, zu einer anderen als der bisher vertretenen Auffassung zu führen.

    Dem Gericht haben bei seiner Entscheidung je ein Band Hilfs-Umsatzsteuerakten betreffend 1997 und Betriebsprüfungsberichte zur Steuernummer xxxxxxxxx vorgelegen. Die Verfahrensakten zu 5 K 5358/01, 1 B 1534/02 und 1 B 1532/02 sind beigezogen worden.

    Gründe

    Die Klage ist begründet. Die der Klägerin zuzurechnenden Umsätze der xxxxxxxxxxx aus der Veranstaltung „xxxxxx” sind dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 7 a UStG zu unterwerfen. Der Beklagte ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei der Veranstaltung nicht um ein „Konzert” im Sinne dieser Vorschrift handele.

    Gemäß § 12 Abs. 1 UStG betrug die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz im Streitjahr 15 % der Bemessungsgrundlage. Der Regelsteuersatz findet jedoch nur dann Anwendung, wenn keine der Ausnahmeregelungen des § 12 Abs. 2 UStG vorliegt. Dieser zählt die Tatbestände, welche dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegen, abschließend auf. Danach ermäßigt sich die Steuer nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG auf 7 % für „die Leistungen der Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre und Museen sowie die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer”.

    § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG begünstigt kulturelle Leistungen. Unter Konzerten im Sinne dieser Vorschrift sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Aufführungen von Musikstücken zu verstehen, bei denen Instrumente und/oder die menschliche Stimme eingesetzt werden. Auch die Veranstaltung von Mischformen, die zwischen Theateraufführung und Konzert liegen, ist begünstigt. Weitere Voraussetzung für die Begünstigung ist, dass das Konzert den eigentlichen Zweck der Veranstaltung bildet (BFH-Urteil vom 26. April 1995 XI R 20/94, Sammlung der Entscheidungen des BFH –BFHE- 177, 548, Bundessteuerblatt –BStBl- II 1995, 519).

    Da unter Konzerten alle musikalischen und gesanglichen Aufführungen durch einzelne oder mehrere Personen zu verstehen sind, beschränkt sich die Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG nicht nur auf Orchesterkonzerte. Entgegen dem eigentlichen Wortsinn wird der Begriff nach dem Sprachgebrauch in einem sehr viel weiteren Sinn verstanden. Außer den Orchesterkonzerten sind daher auch Kammermusik- und Solistenkonzerte begünstigt. Das gleiche gilt für die Aufführungen von Chorwerken oder für Liederabende. Begünstigt sind außerdem Darbietungen von volkstümlicher Musik, Jazzkonzerte oder Veranstaltungen von Pop- und Rockgruppen (vgl. Klezath in Hartmann/Metzenmacher, UStG E § 12 Abs. Nr. 7 Tz. 31; Klenk in Sölch/Ringleb, UStG § 12 Rdnr. 260).

    Voraussetzung für die Steuervergünstigung ist jedoch, dass das „Konzert” den Charakter der gesamten Veranstaltung bestimmt. Wird das Konzert demgegenüber gewissermaßen nur als Einlage im Rahmen einer anderen nicht begünstigten Veranstaltung bewirkt, geht die Steuervergünstigung verloren (Klezath in Hartmann/Metzenmacher, E § 12 Abs. 2 Nr. 7 UStG Tz. 32). Leistungen anderer Art, die in Verbindung mit diesen Veranstaltungen erbracht werden, müssen von so untergeordneter Bedeutung sein, dass dadurch der Charakter der Veranstaltung als Konzert nicht beeinträchtigt wird. Nicht begünstigt sind daher zum Beispiel gesangliche, kabarettistische oder tänzerische Darbietungen im Rahmen einer Tanzbelustigung, einer sportlichen Veranstaltung oder zur Unterhaltung der Besucher einer Gaststätte (so Abschnitt 166 Abs. 2 S. 6 Umsatzsteuer-Richtlinien –UStR-; aber auch Klezath in Hartmann/Metzenmacher, E § 12 Abs. 2 Nr. 7 UStG Tz. 32; Waza in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, Kommentar, § 12 Abs. 2 Nr. 7 a Rdnr. 57).

    Hiervon ausgehend hat das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht in dem auch vom Beklagten herangezogenen Urteil vom 30. Juli 2001 (II 38/99 (V), Juris-Dokument-Nr. STRE200171194) entschieden, dass bei einer Rave-Veranstaltung, d.h. einer partyähnlichen Veranstaltung, bei der besonders nach Techno-Musik getanzt werde, bzw. einer Großveranstaltung mit Techno-Musik, der „Rave” bzw. die Party der Veranstaltung das Gepräge gebe, da die Auftritte der Live-Musiker die Rave-Veranstaltungen nicht in Konzerte verwandeln würden. Zur Begründung verwies das FG darauf, es seien nicht konzertante Darbietungen durch andere Leistungen untergeordneter Art unterbrochen worden wie etwa verbindende Worte oder Hinweise über Komponist, Werk und Interpret, sondern die dem Normalsteuersatz unterliegenden Rave-Veranstaltungen seien durch Live-Musik angereichert worden. Damit hat das FG letztlich aber vorausgesetzt, dass es sich bei „Rave-Veranstaltungen” grundsätzlich um Veranstaltungen handelt, die dem Regelsteuersatz unterliegen, ohne näher darzulegen, was die beurteilte Rave-Veranstaltung im Kern ausmachte. Das Urteil enthält auch keine Feststellungen dazu, welche Leistungen von den DJs erbracht wurden, d.h. ob diese lediglich Techno-Musik abgespielt haben oder – wie im Streitfall – darüber hinaus eigene künstlerische Leistungen erbracht haben. Eine Übertragung dieser Entscheidung auf die von der xxxxxxxxxxx durchgeführte Veranstaltung in xxxxxxxx ist daher entgegen der Auffassung des Beklagten nicht ohne Weiteres möglich.

    Nach den Angaben der Klägerin, die vom Beklagten auch nicht bestritten werden, findet die „xxxxxx” seit xxxx jährlich einmal in drei Hallen unterschiedlicher Größe mit jeweils zwei Auftrittsmöglichkeiten für Künstler in der xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx statt, wobei über zwei Tage verteilt ca. 50 aktuelle Künstler verschiedener Nationen und von internationalem Ruf auf dem Gebiet von Techno- und Housemusik auftreten. Bei den Künstlern handelt es sich zum größten Teil um DJs, welche – so bereits die Feststellungen des Beklagten in der Einspruchsentscheidung - mittels ihrer Turntables (Plattenteller/-spieler) und teilweise auch von DJ-CD-Playern so genannte Tracks (Musikstücke) von mehreren bereits vorhandenen Tonträgern, wie Schallplatten oder CDs, einspielen und mit Hilfe von Mischpulten die von ihnen ausgewählten Tracks individuell unter anderem in Tonhöhe, Geschwindigkeit, durch Ineinanderreihung, Ein- und Ausblenden oder Beifügen von verschiedenen Effekten, z. B. Hall, Echo, etc. mixen. Die Auftritte der DJs dauern jeweils ca. 1 Stunden. Daneben finden noch so genannte Live-Acts statt, bei denen eine oder mehrere Personen auftreten und mittels Synthesizer, Keyboard, Drums, Elektroeffekten und weiteren Instrumenten live spielen und ggf. auch singen. Diese Auftritte dauern jeweils ca. 30 Minuten. Die „xxxxxx”- Veranstaltungen werden vom Fernsehsender xxxx auch live übertragen, wobei – ausgehend von den vorliegenden Videos der „xxxxxx” für die Jahre 2003 und 2004 – das Hauptgewicht auf der Übertragung der Auftritte der DJs und Live-Acts liegt und daneben insbesondere noch Interviews mit den Künstlern (zu denen auch die DJs gehören) und Besuchern der „xxxxxx” gebracht werden.

    Unter Berücksichtigung dieser Umstände vermag das Gericht der Argumentation des Beklagten, dass es sich bei der „xxxxxx” nicht um ein Konzert handle, weil bei den weitaus überwiegenden Musikstücken nicht Instrumente und/oder die menschliche Stimme eingesetzt würden, nicht zu folgen. Diese Auslegung des Konzertbegriffs bzw. des Begriffs des „Instruments” greift zu kurz, weil sie die sich rasant entwickelnden technischen Möglichkeiten gerade auch auf dem Gebiet der Musik vernachlässigt. So hat bereits der 1. Senat des Finanzgerichts Berlin in seinem Beschluss vom 2. April 2003 betreffend die Aussetzung der Vollziehung u.a. der Umsatzsteuer 1997 (1 B 1534/02, n.v.) darauf hingewiesen, dass sich die Tätigkeit eines DJ in den letzten Jahren insofern erheblich verändert habe, als sich ganz neue Musikrichtungen entwickelt hätten.

    Bei den Auftritten der DJs auf der „xxxxxx” handelt es sich gerade nicht um das bloße „Abspielen von Tonträgern”, wie der Begriff des „Disc-Jockeys” nach älterem Verständnis nahe legt, sondern es werden durch eigene künstlerische Leistung der DJs neue Musikstücke geschaffen. Die Klägerin hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass die Erzeugung einer Klangfolge mit eigener Prägung auch bei der von den DJs erbrachten Darbietung fremder und/oder eigener Tonträger unter laufender Veränderung der Abspielgeschwindigkeiten (scratchen) sowie der Vermischung verschiedener Tonträger und Medien (mixen) vorliegt. Als Instrumente, die bei den Musikstücken eingesetzt werden, können daher auch die benutzten Laufwerke/Plattenteller, das Mischpult sowie andere elektronische Geräte angesehen werden.

    Bei den auf der „xxxxxx” auftretenden DJs handelt es sich auch um international anerkannte Künstler auf dem Gebiet der Techno- und Housemusik, die eine Fangemeinde wie Pop- und Rockstars haben. Dies bezeugt das erhebliche Medieninteresse an den Veranstaltungen, das nicht nur die Fernsehberichterstattung, sondern nach den Angaben der Klägerin auch Rundfunkübertragungen umfasst. Viele der DJs (so zum Beispiel auch xxxxxxx alias xxxxxxxxxxxxxxx, der Beteiligter an der ehemaligen GbR war) veröffentlichen ihre selbst geschaffenen Werke auch auf CD und haben hohe Verkaufszahlen sowie Chartplatzierungen vorzuweisen. So wird insbesondere auch jedes Jahr eine „xxxxxx”-CD veröffentlicht, wie der Internetseite der xxxxxx (www.xxxxxx.de) zu entnehmen ist. Dies spricht aber gerade auch dafür, dass die Auftritte der DJs und die Live-Acts der „xxxxxx”-Veranstaltung das Gepräge geben, sodass die musikalischen Darbietungen im Vordergrund stehen und demgegenüber die sonstigen Begleitumstände – Lichtgewitter, Lasershow, Projektionen und Videoanimationen, Tanzmöglichkeit, Werbung mit „Indoor-Rave” und „Rave-Party” – zurücktreten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten die Formen der Darstellung von Pop- und Rockstars sehr stark in Richtung „Show” entwickelt haben. Eine Reihe von Künstlern macht zur Untermalung und Anreicherung der musikalischen Darbietung Gebrauch von Elementen wie Lichtgewittern, Lasershows und Videoanimationen. Diese mögen die Veranstaltung abrunden, geben ihr aber nicht das Gepräge.

    Der Eindruck, dass die Auftritte der einzelnen Künstler im Vordergrund stehen, wird bestätigt durch die dem Gericht vorliegenden Videos der „xxxxxx” 2003 und 2004. Daraus ist zu ersehen, dass sich auch bei der „xxxxxx” – wie bei Pop- oder Rockkonzerten üblich – das Publikum jeweils vor der Bühne mit Ausrichtung auf die Bühne versammelt, um eine bestimmte Darbietung mitzuerleben. Dass das Publikum dabei mit dem Rhythmus der Musik mitgeht, erscheint angesichts der Art der dargebotenen, sehr rhythmischen Musik selbstverständlich, ein „Tanzen” vermag das Gericht darin jedoch nicht zu erkennen. Selbst der Umstand, dass für die „xxxxxx” ausdrücklich mit der Möglichkeit zum Tanzen geworben wird, macht die Veranstaltung noch nicht zu einer Tanzparty, da die auftretenden Künstler eindeutig im Mittelpunkt stehen. Darüber hinaus ist auch bei anderen Rock- bzw. Popkonzerten regelmäßig zu beobachten, dass die Gäste tanzen (vgl. zur Umsatzsteuerbegünstigung von Rock- und Popkonzerten auch die Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Mai 2003 6 K 1712/01, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG- 2003, 1275).

    Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Veranstaltung in der Werbung außerdem mit „Party” oder „Event” bezeichnet wird. Die „xxxxxx” ist dadurch gekennzeichnet, dass eine große Zahl internationaler Künstler in verschiedenen Räumen ununterbrochen parallel nebeneinander oder nacheinander auftreten. Allein dieser Umstand kann bereits als besonderes „Ereignis” angesehen werden und ist daher im Popjargon durchaus als „Event” zu bezeichnen. Dies ist allerdings heutzutage auch der Fall bei Solo-Auftritten bekannter Künstler, wie zum Beispiel Madonna. Da bei der „xxxxxx” durch die verschiedenen Bühnen außerdem die Möglichkeit eröffnet ist, umher zu schlendern, und zudem – wie auch bei Rock- und Pop-Konzerten üblich – Speisen und Getränke angeboten werden, erscheint es auch verständlich, wenn die Veranstalter von einer „Party” sprechen, da diese Bezeichnung dem Zeitgeist und dem vorwiegend angesprochenen jungen Publikum eher entsprechen dürfte als „Konzert”.

    Bei der Auslegung des Konzertbegriffs ist auch zu berücksichtigen, dass selbst „Mischformen” von Theateraufführungen und Konzerten die Steuervergünstigung in Anspruch nehmen können. Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG sind bereits erfüllt, wenn eine Vorführung entweder als theaterähnlich oder als konzertähnlich einzustufen ist (vgl. Urteil des FG Berlin vom 12. Oktober 1993 V 142/92 n.v., siehe jedoch Juris-Nr. DVRE000127380). Dabei spielt auch die künstlerische Leistung eine Rolle. So hat beispielsweise der BFH mit Urteil vom 9. Oktober 2003 (V R 86/01, Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH –BFH/NV- 2004, 984) für den Fall der Veranstaltung sog. „Budo-Galas” (d.h. Veranstaltungen, bei denen fernöstliche Kampfkünste von internationalen Meistern oder Großmeistern unter Mitwirkung eines aus Actionfilmen bekannten Schauspielers dargeboten wurden) in Sport- und Festhallen entschieden, dass auch eine „Unterhaltungsshow” eine nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG begünstigte Theateraufführung sein könne. Dabei hat der BFH auch auf die vorhergehende Begründung des FG abgestellt, dass die Budo-Gala ein pantomimisches Werk darstelle, bei dem der geistige Gehalt durch das Ausdrucksmittel der Körpersprache, d.h. durch Bewegungen, Gebärden und Mimik wiedergegeben werde. Die Budo-Gala sei eine persönlich geistige Schöpfung durch choreographische Formgestaltung in der durch den Urheberrechtsschutz geforderten geistigen Höhe. Die persönliche Leistung sei in der Gesamtkonzeption der Budo-Gala, durch die Auswahl und der Zusammenstellung der einzelnen Darbietungen, ihrer choreographischen und lichttechnischen Untermalung vorhanden. Der BFH hielt hieran anschließend die trotz dieser Feststellungen gezogene Schlussfolgerung des FG, die Klägerin habe eine „Unterhaltungsshow” und keine Theateraufführung veranstaltet, mit § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG unvereinbar.

    Hiervon ausgehend hindert nach dem Dafürhalten des Gerichts auch der teilweise „Showcharakter” einer Veranstaltung wie der „xxxxxx” nicht die Annahme der Voraussetzungen für die Steuervergünstigung, sofern die dargebotenen Leistungen von künstlerischer Bedeutung sind und sich unter den Begriff des „Konzerts” fassen lassen.

    Der Klage ist daher stattzugeben. Auf die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen zur europarechtskonformen Auslegung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG kommt es im Ergebnis nicht an. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass es nicht ausschließlich den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, in welcher Weise sie die Steuervergünstigung gewähren. Zwar fällt die Entscheidung über die Ausübung des Rechts, auf bestimmte in Anhang H der 6. Richtlinie aufgeführte Waren und Dienstleistungen einen ermäßigten Steuersatz anzuwenden, in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Die Klägerin hat jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Mitgliedstaaten bei der Ausübung dieser Zuständigkeit den Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachten müssen. Wie aus der Rechtsprechung des EuGH hervorgeht, verbietet es dieser Grundsatz insbesondere, gleichartige und deshalb im Wettbewerb miteinander stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln. Auf solche Waren oder Dienstleistungen ist daher ein einheitlicher Steuersatz anzuwenden (vgl. Urteil des EuGH vom 23. Oktober 2003, Rechtssache C-109/02, Beilage zur BFH/NV 2004, 37, m.w.N.). Es stellt sich daher durchaus die Frage, ob eine Veranstaltung wie die „xxxxxx”, die als kulturelles Ereignis gewertet werden kann, nicht auch aus diesem Grund wie ein Pop- oder Rockkonzert (bei denen es vergleichbare Großveranstaltungen gibt, wo zum Teil über mehrere Tage eine Vielzahl von Gruppen auftritt) eingestuft werden müsste, obgleich Bestimmungen, die Ausnahmen von einem allgemeinen Grundsatz darstellen, eng auszulegen sind, und dies auch für Bestimmungen gilt, die eine ermäßigte Besteuerung zulassen (vgl. BFH in BFH/NV 2004, 984).

    Da die Klage im Hinblick auf den Umsatzsteuerbescheid 1997 Erfolg hat, ist auch die ebenfalls angefochtene Zinsfestsetzung entsprechend zu ändern. Die mit Bescheid vom 5. Dezember 2003 festgesetzten Zinsen zur Umsatzsteuer 1997 in Höhe von 9 965,00 € beziehen sich allein auf die Umsatzsteuer, die aus der Versagung der Steuerermäßigung resultiert.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf § 155 FGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung –ZPO-.

    Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären.

    Das Gericht hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da es der vorliegend streitigen Auslegung des Begriffs „Konzert” im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG im Hinblick auf die Entwicklung neuer Musikrichtungen und die Besonderheiten bei der Aufführung von Techno- und Housemusik durch DJs grundsätzliche Bedeutung beimisst.

    VorschriftenUStG § 12 Abs. 1, UStG § 12 Abs. 2 Nr. 7a, Richtlinie 77/388/EWG Art. 12