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  • 22.08.2025 · IWW-Abrufnummer 249791

    Finanzgericht Bremen: Urteil vom 14.05.2025 – 1 K 105/23

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

    Die Revision wird nicht zugelassen.
    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten über die Anerkennung des Klägers als gemeinnütziger Verein in den Jahren 2018 und 2019 (Streitjahre).

    Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit Sitz in A-Stadt. Er wurde Im Jahr xxx gegründet. Gemäß § 2 seiner Satzung verfolgte der Kläger in den Streitjahren die folgenden Zwecke: [...]. Die Satzungszwecke sollten u.a. durch die Einrichtung und Unterhaltung eines [...] verwirklicht werden.

    Der Kläger wird seit xxx fortlaufend in den Verfassungsschutzberichten des Senators für Inneres und Sport der Freien Hansestadt Bremen im Kapitel zum xxx namentlich genannt. Über den Kläger wird im Zuge der Berichterstattung über die xxx Organisation "xxx" (im Folgenden: xxx) berichtet. [...] Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verfassungsschutzberichte der Streitjahre Bezug genommen (abrufbar unter: https://www.transparenz.bremen.de/dokumente-1464 sowie https://www.verfassungsschutz.bremen.de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen-11554; letzter Aufruf am 14. Mai 2025).

    In seinen Körperschaftsteuererklärungen für die Streitjahre vom 05. Juli 2020 beantragte der Kläger die Steuerbefreiung wegen gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG. Als von ihm verfolgten gemeinnützigen Zweck gab der Kläger [...] an.

    Der Beklagte erließ am 23. Februar 2022 Körperschaftsteuerbescheide für die Streitjahre. Darin versagte er dem Kläger die beantragte Steuerbefreiung und setzte die Körperschaftsteuer - bedingt durch steuerliche Jahresfehlbeträge - jeweils auf Null fest. Zur Begründung nahm der Beklagte Bezug auf sein Schreiben an den Kläger vom 11. November 2021. Darin hatte er ausgeführt, dass der Kläger in den Streitjahren in den Verfassungsschutzberichten des Landes Bremen ausdrücklich genannt werde. Es sei daher gemäß § 51 Abs. 3 Satz 2 AO widerlegbar davon auszugehen, dass er die Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 Satz 1 AO nicht erfülle und die Steuervergünstigung deshalb zu versagen sei. Die Widerlegung der Vermutung erfordere den vollen Beweis des Gegenteils, eine Erschütterung sei nicht ausreichend.

    Dagegen wandte sich der Kläger mit fristgerecht eingelegten Einsprüchen vom 22. März 2022. Er machte im Wesentlichen geltend, dass er definitiv keine extremistischen Ziele verfolge. [...] Allein die Erwähnung in einem Verfassungsschutzbericht könne nicht dazu führen, dass er als extremistisch einzustufen sei. In den Verfassungsschutzberichten des Landes Bremen für die Streitjahre würden ihm jedoch mit keinem Satz etwaige Tätigkeiten nachgesagt, die als extremistisch einzustufen seien. Deshalb sei es für ihn unverständlich, wie er den vollen Beweis des Gegenteils erbringen solle. Neben einer Erwähnung in den Verfassungsschutzberichten müssten tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass extremistische Ziele verfolgt würden. Derartige Anhaltspunkte könnten den Verfassungsschutzberichten für die Streitjahre mit keinem Wort entnommen werden.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 17. Oktober 2023, laut aktenkundigem Vermerk am gleichen Tag zur Post gegeben, verband der Beklagte die Einsprüche zur gemeinsamen Entscheidung und wies sie als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, der Kläger werde in den Verfassungsschutzberichten des Landes Bremen für xxx als extremistisch eingestuft. Die Voraussetzungen der widerlegbaren Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO seien erfüllt. Die gesetzliche Vermutung habe eine Umkehr der objektiven Beweislast zur Folge. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass er im Rahmen seiner tatsächlichen Geschäftsführung keine extremistischen oder sonstigen verfassungsfeindlichen Bestrebungen fördere. [...]

    Mit seiner am 20. November 2023, einem Montag, erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung nimmt er Bezug auf sein Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Zur Widerlegung der Behauptungen in den Verfassungsschutzberichten bliebe ihm einzig die Möglichkeit, sämtliche Vorstandsmitglieder sowie sämtliche Mitglieder im Rahmen der mündlichen Verhandlung hierzu vernehmen zu lasen.

    Der Kläger beantragt,

    den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide über die Körperschaftssteuer für die Jahre 2018 und 2019 vom 23. Februar 2022, jeweils in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Oktober 2023, zu verpflichten, dem Kläger hinsichtlich der Körperschaftssteuer für die Jahre 2018 und 2019 Freistellungsbescheide zu erteilen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, hinsichtlich der notwendigen ausdrücklichen Bezeichnung als extremistisch lasse der BFH im Urteil vom 14. März 2018 - V R 36/16 - (BFHE 260, 420, BStBl II 2018, Rn. 29 f.) die explizite Erwähnung im Anhang des Verfassungsschutzberichtes des Bundes aus dem Jahr 2009 ausreichen. Denn darin seien nur Gruppierungen aufgeführt, bei denen die vorliegenden tatsächlichen Anhaltspunkte in ihrer Gesamtschau zu der Bewertung geführt hätten, dass es sich um eine extremistische Gruppierung handele. Umgekehrt könne aus einer fehlenden ausdrücklichen Bezeichnung in einem Registeranhang nicht gefolgert werden, dass über die Gruppierung nur als Verdachtsfall berichtet werde. Denn die Berichterstattung beziehe sich nur ausnahmsweise auf Verdachtsfälle, die dann im Text ausdrücklich als Verdachtsfall kenntlich gemacht würden. Der BFH differenziere lediglich zwischen einer expliziten Erwähnung einerseits und einem bloßen Verdachtsfall oder einer sonstigen beiläufigen Erwähnung andererseits. Eine weitere Differenzierung zwischen "extremistisch" und "extremistisch beeinflusst" finde hingegen nicht statt. Der Beklagte verweist zudem ergänzend auf eine Erkenntnismitteilung des Landesamtes für Verfassungsschutz betreffend den Kläger vom 22. Mai 2024 (Bl. 63 ff. der GA), die er im Verfahren eingereicht hat. [...]

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Rechtsbehelfsakte des Beklagten verwiesen.
    Entscheidungsgründe

    Die Klage hat keinen Erfolg.

    Die zulässige Klage ist unbegründet.

    Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erlass der begehrten Freistellungsbescheide für die Körperschaftsteuer der Jahre 2018 und 2019. Die Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2018 und 2019 vom 23. Februar 2022, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Oktober 2023, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 101 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zu Recht entschieden, dass der Kläger die Voraussetzungen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit in den Streitjahren nicht erfüllte.

    Der Kläger fördert nach seiner Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung zwar u.a. [...]. Im Streitfall greift jedoch die Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO. Der Kläger hat nicht vermocht, diese Vermutung zu widerlegen. Im Übrigen sind Leistungen des Klägers für das Gemeinwohl nicht im Wege einer Gesamtschau gegen Anhaltspunkte für eine in Teilen verfassungsfeindliche tatsächliche Geschäftsführung abzuwägen.

    1. Gewährt das Gesetz eine Steuervergünstigung, weil eine Körperschaft ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke (steuerbegünstigte Zwecke) verfolgt, so gelten gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 AO die §§ 51 ff. AO. Unter Körperschaften im Sinne der Norm sind gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 AO die Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes zu verstehen.

    Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sind Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen von der Körperschaftsteuer befreit, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 AO).

    Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 Satz 1 AO). Unter diesen Voraussetzungen ist als Förderung der Allgemeinheit u.a. [...] anzuerkennen (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO).

    Die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft muss auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung über die Voraussetzungen für Steuervergünstigungen enthält (§ 63 Abs. 1 AO).

    Ein Handeln für das Gemeinwohl durch Förderung eines gemeinnützigen Zweckes i.S.v. § 52 Abs. 2 AO ist zwar eine notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. § 51 Abs. 3 Satz 1 AO erfordert zusätzlich ("zudem"), dass die Körperschaft nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine Bestrebungen i.S.d. § 4 BVerfSchG fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung nicht zuwiderhandelt. Verwirklicht eine Körperschaft schon ihre satzungsmäßig festgelegten gemeinnützigen Ziele nicht, scheitert die Anerkennung bereits an der fehlenden Übereinstimmung von Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung (§ 63 Abs. 1 AO) und kommt es auf die weitere Voraussetzung des § 51 Abs. 3 Satz 1 AO nicht an (vgl. BFH, Urteil vom 14. März 2018 - V R 36/16 -, juris Rn. 40).

    2. Der Kläger betrieb in den Streitjahren nach seiner Satzung und nach seiner tatsächlichen Geschäftsführung die Förderung [...] i.S. von § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO und verfolgte damit zwar grundsätzlich einen gemeinnützigen Zweck. Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit scheitert im Streitfall jedoch an § 51 Abs. 3 Satz 1 AO. Danach setzt die Steuervergünstigung u.a. voraus, dass die Körperschaft nach ihrer Satzung und bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine Bestrebungen i.S. des § 4 BVerfSchG fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung nicht zuwiderhandelt. Bei Körperschaften, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisation aufgeführt sind, ist widerlegbar davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des Satz 1 nicht erfüllt sind (§ 51 Abs. 3 Satz 2 AO).

    Entgegen dem Dafürhalten des Klägers liegen die Voraussetzungen für das Eingreifen der widerlegbaren Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO in den Streitjahren vor.

    a) Der Tatbestand setzt lediglich voraus, dass die betreffende Körperschaft in einem Verfassungsschutzbericht als extremistische Organisation aufgeführt ist. Allein das "Aufführen" ist Tatbestandsmerkmal. Nach der Rechtsprechung des BFH ist dies nur dann der Fall, wenn sie dort ausdrücklich als extremistisch bezeichnet wird, nicht aber, wenn die Körperschaft nur als Verdachtsfall oder sonst beiläufig Erwähnung findet (BFH, Urteile vom 5. September 2024 - V R 36/21 -, juris Rn. 16; vom 14. März 2018 - V R 36/16 -, juris Rn. 28 und vom 11. April 2012 - I R 11/11 -, juris Rn. 21).

    aa) Ein Verfassungsschutzbericht ist kein beliebiges Erzeugnis staatlicher Öffentlichkeitsarbeit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 -, juris Rn. 54). Es handelt sich um das zentrale Element nachrichtendienstlicher Öffentlichkeitsarbeit (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 23. Januar 2018 - 1 B 238/17 -, juris Rn. 12). Der Verfassungsschutzbericht zielt auf die Abwehr besonderer Gefahren (vgl. § 3 BremVerfSchG) und geht zurück auf die Tätigkeit einer darauf spezialisierten und mit besonderen Befugnissen (vgl. §§ 6 ff. BremVerfSchG) arbeitenden Stelle - hier: dem Landesamt für Verfassungsschutz.

    bb) Die Nennung eines Vereins im Verfassungsschutzbericht greift in dessen durch Art. 9 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützte Freiheit ein. Es handelt sich um eine mittelbar belastende Sanktion, die ihm gegenüber eine Warnfunktion hat und zugleich seine Wirkungsmöglichkeiten beeinträchtigt (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 31. Mai 2022 - 1 BvR 564/19 -, juris Rn. 11). Aufgrund des Grundrechtseingriffs müssen die im Verfassungsschutzbericht verbreiteten Werturteile nachvollziehbar und in einer für die Öffentlichkeit verständlichen Art und Weise erläutert werden. Sie müssen im Streitfall über die Rechtmäßigkeit der Berichterstattung zudem belegbar sein. Das bedeutet indes nicht, dass eine Verpflichtung bestünde, die tatsächlichen Anhaltspunkte (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 3 BremVerfSchG) bzw. Auswertungsergebnisse (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 BremVerfSchG), die zu der Erwähnung der jeweiligen Person oder Organisation geführt haben, bereits im Verfassungsschutzbericht zu nennen (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 23. Januar 2018 - 1 B 238/17 -, juris Rn. 13 m.w.N.).

    cc) Rechtsschutz gegen die Aufnahme in einen Verfassungsschutzbericht ist als öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch im Wege der allgemeinen Leistungsklage vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu suchen (vgl. BFH, Urteil vom 14. März 2018 - V R 36/16 -, juris Rn. 29; BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2013 - 6 C 4/12 -, juris; OVG Bremen, Beschluss vom 23. Januar 2018 - 1 B 238/17 -, juris). Wird die Aufnahme nicht vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit angegriffen oder bleibt der Rechtsschutz ohne Erfolg, so muss die Steuerfestsetzung vom "Tatbestand" der Eintragung ausgehen und darf diesen Umstand nicht in Frage stellen (vgl. BFH, a.a.O., juris Rn. 28 ff.; FG München, Urteil vom 27. September 2021 - 7 K 3347/18 -, juris Rn. 76; Anm. Prof. Heuermann zu BFH, Urteil vom 14. März 2018 - V R 36/16 -, DStR 2018, 955 (960)).

    dd) Bis zur Schaffung einer Rechtsgrundlage für die sog. Verdachtsberichterstattung in § 4 Abs. 1 BremVerfSchG zum 01. Januar 2014 für das Bundesland Bremen und in § 16 Abs. 2 Satz 1 BVerfSchG zum 21. November 2015 für den Bund war die Berichterstattung über Verdachtsfälle in den Verfassungsschutzberichten der Freien Hansestadt Bremen und des Bundes unzulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2013 - 6 C 4/12 -, juris; OVG Bremen, Urteil vom 19. April 2016 - 1 LB 25/14 -, juris). Seitdem ist sie zwar zulässig, wenn es für die Bewertung des Zusammenhangs dienlich ist und entsprechende Anhaltspunkte vorliegen (§ 4 Abs. 1 Satz 3 BremVerfSchG). Verdachtsfälle müssen jedoch entsprechend kenntlich gemacht werden. Für die hier maßgeblichen Verfassungsschutzberichte des Senators für Inneres und Sport folgt das unmittelbar aus § 4 Abs. 1 Satz 4 BremVerfSchG.

    Daraus resultiert im Umkehrschluss, dass eine in einem Verfassungsschutzbericht der Freien Hansestadt Bremen aufgeführte Körperschaft als erwiesen verfassungsfeindlich feststeht, wenn sie nicht - ausnahmsweise - im Text ausdrücklich als Verdachtsfall gekennzeichnet ist (vgl. für die Verfassungsschutzberichte des Bundes: BFH, Urteil vom 14. März 2018 - V R 36/16 -, juris Rn. 31). Liegt keine ausdrückliche Verdachtsberichterstattung vor, ist folglich der Tatbestand des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO erfüllt, weil die Körperschaft in einem Verfassungsschutzbericht als extremistische Organisation aufgeführt wird (vgl. für die Verfassungsschutzberichte des Bundes: BFH, a.a.O.; anders noch für die Jahre vor 2009: BFH, Urteil vom 11. April 2012 - I R 11/11 -, juris Rn. 21).

    b) Der Kläger wird in den Verfassungsschutzberichten des Landes Bremen für die Streitjahre (2018 und 2019) ausdrücklich als extremistisch bezeichnet, ohne dass er dagegen verwaltungsgerichtlich vorgegangen ist.

    In beiden Streitjahren wird der Kläger in den Kapiteln [...] ausdrücklich namentlich genannt (Verfassungsschutzbericht 2018, S... und Verfassungsschutzbericht 2019, S...). In den einschlägigen Textpassagen wird der Kläger als [...].

    Über den Kläger wird weder als Verdachtsfall berichtet, noch wird er lediglich beiläufig erwähnt. Die Berichterstattung bezieht sich nur ausnahmsweise auf Verdachtsfälle, die dann - wie bereits ausgeführt - gemäß § 4 Abs. 1 Sätze 3 und 4 BremVerfSchG im Text ausdrücklich als solche kenntlich zu machen sind. Daran fehlt es bei der Berichterstattung über den Kläger. Es liegt auch keine lediglich beiläufige Erwähnung des Klägers in den Verfassungsschutzberichten vor (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 5. September 2024 - V R 15/22 -, juris Rn. 33). Vor dem Hintergrund der Ausführungen zur Kennzeichnungspflicht der Verdachtsberichterstattung ist die Annahme einer beiläufigen Erwähnung engen Ausnahmefällen vorbehalten. Denkbar sind z.B. Fälle, in denen ohne die namentliche Bezeichnung einer nicht extremistischen Körperschaft anlässlich der Berichterstattung über eine extremistische Körperschaft, diese Berichterstattung nicht aus sich heraus verständlich und nachvollziehbar wäre. Der Kläger wird in den Verfassungsschutzberichten des Senators für Inneres und Sport demgegenüber explizit als [...] bezeichnet. Diese Berichterstattung über den Kläger findet sich zudem fortlaufend in allen Verfassungsschutzberichten des Senators für Inneres und Sport seit [...]. Von einer beiläufigen Erwähnung kann daher keine Rede sein.

    3. Die Nennung des Klägers in den Verfassungsschutzberichten begründet die widerlegbare gesetzliche Vermutung, dass er extremistische Bestrebungen gefördert und dem Gedanken der Völkerverständigung zuwidergehandelt hat. Der Kläger hat nicht vermocht, die Vermutung zur Überzeugung des Senats zu widerlegen.

    a) Die gesetzliche Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO hat eine Umkehr der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zur Folge. Wegen der ausdrücklichen Widerlegbarkeit der Vermutung ist der Beweis des Gegenteils möglich, d.h. der Beweis, dass die vom Gesetz vermutete Tatsache in Wirklichkeit nicht gegeben ist (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 292 Satz 1 ZPO). Erforderlich ist der volle Beweis des Gegenteils. Die Vermutung ist widerlegt, wenn sich das Gericht im Wege des vollen Beweises die Überzeugung verschafft, dass die vermutete Tatsache nicht vorliegt. Der Nachweis von Umständen, die die vermutete Tatsache lediglich als unwahrscheinlich erscheinen lassen, reicht nicht aus.

    b) Hiervon ausgehend ist die gesetzliche Vermutung nicht widerlegt. Wegen der Umkehr der Feststellungslast obliegt es der die Steuervergünstigung begehrenden Körperschaft, nachzuweisen, dass sie keine extremistischen Ziele fördert und damit gemeinnützig ist (vgl. BFH, Urteil vom 14. März 2018 - V R 36/16 -, juris Rn. 33). Der Kläger hat mithin den vollen Beweis des Gegenteils zu erbringen im Hinblick auf die in den Verfassungsschutzberichten genannten Tatsachen, die für eine Förderung verfassungsfeindlicher Bestrebungen sprechen (vgl. BFH, Urteil vom 5. September 2024 - V R 36/21 -,juris Rn. 17). Diesen Beweis ist der Kläger schuldig geblieben.

    Der Kläger hat weder dargelegt noch nachgewiesen, dass bei ihm [...]. Das klägerische Vorbringen beschränkt sich im Wesentlichen auf die nicht weiter substantiierte Behauptung, dass er keine extremistischen Ziele verfolge [...]. Im Übrigen macht der Kläger sinngemäß geltend, die ihn betreffende Berichterstattung in den Verfassungsschutzberichten der Streitjahre enthalte keine Ausführungen zu konkreten verfassungsfeindlicher Bestrebungen oder Tätigkeiten. Das genügt nicht für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO. Die den Kläger betreffende Berichterstattung in den Verfassungsschutzberichten der Streitjahre ist verständlich und nachvollziehbar: Danach handelt es sich beim dem Kläger um [...].

    Zwar muss die Berichterstattung in den Verfassungsschutzberichten im Streitfall belegbar sein. Zu einem Rechtsstreit vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist es hingegen nicht gekommen, weil der Kläger gegen seine jahrelange Erwähnung in den Verfassungsschutzberichten nicht den Verwaltungsrechtsweg bestritten hat. Es besteht keine Verpflichtung, die tatsächlichen Anhaltspunkte (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 3 BremVerfSchG) bzw. Auswertungsergebnisse (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 BremVerfSchG), die zu der Erwähnung der jeweiligen Person oder Organisation geführt haben, bereits im Verfassungsschutzbericht zu nennen. Schließlich hat der Kläger zu der ihn betreffenden Berichterstattung auch dann nicht inhaltlich vorgetragen, nachdem der Beklagte eine umfassendere Erkenntnismitteilung des Landesamtes für Verfassungsschutz betreffend den Kläger vom 22. Mai 2024 vorgelegt hat.

    4. Ist die einschlägige gesetzliche Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO nicht widerlegt, sind die Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 Satz 1 AO nicht erfüllt. Es ist somit davon auszugehen, dass der Kläger bei seiner tatsächlichen Geschäftsführung (auch) verfassungsfeindliche Bestrebungen fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderhandelt. Aus diesem Grund liegt keine "Förderung der Allgemeinheit" i.S.d. § 52 Abs. 1 Satz 1 AO vor und die Annahme der Gemeinnützigkeit scheidet aus. Denn die Allgemeinheit wird nicht gefördert, wenn (zugleich) Bestrebungen verfolgt werden, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten (vgl. BFH, Urteil vom 14. März 2018 - V R 36/16 -, juris Rn. 42). Auf die sonstigen Leistungen des Klägers für das Gemeinwohl kommt es nicht an. Eine Abwägung dieser Leistungen gegen Anhaltspunkte für eine - in Teilen - verfassungsfeindliche tatsächliche Geschäftsführung erfolgt nicht. Es ist keine Gesamtwürdigung mit der Folge einer Anerkennung (auch) extremistischer Körperschaften als gemeinnützig vorzunehmen (vgl. BFH, Urteil vom 5. September 2024 - V R 15/22 -, juris Rn. 20).

    5. Im Übrigen wird der Kläger durch eine Ablehnung der Gemeinnützigkeit nicht im Hinblick auf Art. 4 Abs. 1 GG in seiner Weltanschauung oder seiner politischen Überzeugung beeinträchtigt. Die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit gewährleistet weder Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen noch auf Teilhabe an bestimmten steuerlichen Privilegien wie der Steuerfreiheit und des Spendenabzugs. Weiter liegt keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG vor, da die Einschränkung der Gemeinnützigkeit für extremistische Organisationen in § 51 Abs. 3 AO geregelt ist und gleichermaßen für alle Körperschaften gilt, die steuerbegünstigte Zwecke verfolgen (vgl. zum Ganzen BFH, Urteil vom 5. September 2024 - V R 36/21 -, juris Rn. 30).

    6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    7. Die Revision ist nicht zuzulassen, die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.