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  • 25.04.2022 · IWW-Abrufnummer 228807

    Finanzministerium Sachsen-Anhalt: Urteil vom 10.02.2022 – 42 - S 0186a - 5

    Diese Entscheidung enhält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    SteuerlicheBehandlung von Sportkursen, bei denen Teilnehmern die Kursgebühr von der Krankenkasse erstattet wird

     

     

    1.    Sachverhalt

    DieKrankenkassen sind nach § 20 SGB V verpflichtet, in ihrer SatzungLeistungen zur Primärprävention (Vorsorge) vorzusehen. Diese Leistungen sollenden allgemeinen Gesundheitszustand verbessern und zur Verminderung sozialbedingter Ungleichheiten von Gesundheitschancen beitragen.

    ZurUmsetzung der satzungsmäßigen Aufgaben (sportliche Aktivitäten, die derStärkung des Herz-Kreislauf-Systems, des Skelett-​Systems, wie z. B. derStabilisierung des Rückens oder auch der gezielten Stressbewältigung dienen)haben Vertreter der Angestellten-​Krankenkassen und Arbeiter-Ersatzkassen mitdem Landessportbund eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen. In der Vereinbarungverpflichtet sich der Landessportbund zur Vergabe des Qualitätssiegels „Sportpro Gesundheit“ an geeignete Vereine, die bestimmte Kriterien erfüllen, wie z.B. eine qualifizierte Kursleitung und eine ganzheitliche Betreuung derTeilnehmer; das heißt, der Kurs muss nicht nur die Bewegungsprogramme, sondernauch Entspannungs-, Informations- und Kommunikationselemente miteinschließen.

    ImGegenzug übernehmen die Krankenkassen von der Teilnehmergebühr densatzungsmäßig festgelegten Erstattungsbetrag. Dieser wird dem Versicherten beiVorliegen der Voraussetzungen (z. B. regelmäßige Teilnahme des Versicherten,Vorlage der vom Verein erstellten Teilnehmerbescheinigung und des vomVersicherten ausgefüllten Fragebogens bei der Krankenkasse) auf Antrag vonseiner Krankenkasse erstattet. Eventuelle Differenzbeträge sind durch denVersicherten selbst zu tragen.

     

     

    2.    Leistungsaustausch

    Durchdiese Vereinbarung wird lediglich sichergestellt, dass die von den Kassengeförderte Maßnahme der Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen dient. Einumsatzsteuerbarer Leistungsaustausch zwischen den Vertragsparteien findet nichtstatt.

    Dietatsächlich zu beurteilenden Leistungen erbringt der jeweilige Sportverein, derdie zeitlich begrenzten Kurse im eigenen Namen ausführt. Die von denTeilnehmern unmittelbar gezahlten Beträge stellen die Gegenleistung dar. Es istinsoweit unerheblich, dass Versicherte im Rahmen sozialrechtlicher Regelungeneinen Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber den Krankenkassen geltend machenkönnen.

     

     

    3.    Ertragsteuerliche Würdigung

    DieAusbildung und Fortbildung in sportlichen Fertigkeiten gehört zu den typischenund wesentlichen Tätigkeiten eines Sportvereins. Sportkurse und Sportlehrgängefür Mitglieder und Nichtmitglieder von Sportvereinen (Sportunterricht) sinddaher als sportliche Veranstaltung zu beurteilen.

    Diesesportlichen Veranstaltungen stellen einen Zweckbetrieb im Sinne des § 67aAO dar, wenn

     a)   beiUnterschreiten der Grenze des § 67a Abs. 1 Satz 1 AO in Höhe von45.000 €(Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer) nicht zum steuerpflichtigen wirtschaftlichenGeschäftsbetrieb gemäß § 67a Abs. 2 AO optiert wird bzw. bei einerOption keine bezahlten Sportler im Sinne des § 67a Abs. 3 AO an denSportkursen teilnehmen oder

     b)   beiÜberschreiten der Grenze des § 67a Abs. 1 Satz 1 AO in Höhe von 45.000 €und einer Option im Sinne des § 67a Abs. 2 AO zum Zweckbetrieb keinebezahlten Sportler im Sinne des § 67a Abs. 3 AO an den Sportkursenteilnehmen.

    Es istunschädlich für die Zweckbetriebseigenschaft, dass der Verein mit demSportunterricht in Konkurrenz zu gewerblichen Sportlehrern (z. B. Reitlehrer,Skilehrer, Tennislehrer oder Schwimmlehrer) tritt, weil § 67a AO als diespeziellere Vorschrift dem § 65 AO vorgeht. Die Beurteilung desSportunterrichts als sportliche Veranstaltung hängt nicht davon ab, ob derUnterricht durch Beiträge, Sonderbeiträge oder Sonderentgelte abgegolten wird(vgl. auch AEAO zu § 67a - Allgemeines -, Nr. 5).

    Hinweis:

    Indiesem Zusammenhang sind jedoch Sachverhalte bekannt geworden, bei denen u. U.die Selbstlosigkeit und damit die Steuerbegünstigung des Vereins in Fragegestellt werden kann.

    Sowerden Sport- und Gesundheitsvereine zur Durchführung von Sportkursen, welchevon den Krankenkassen finanziert werden, gegründet. Diese Vereine bestehenzumeist nur aus 7 Mitgliedern, zu denen in der Regel Betreiber von Fitness-bzw. Sportstudios, Physiotherapeuten und oftmals ein Arzt gehören. Sie sindgrundsätzlich nicht darauf ausgerichtet, neben den Gründungsmitgliedern weitereMitglieder aufzunehmen. Bei einer derartigen Konstellation stellt sich dieFrage, inwieweit diese Vereine die eigenen wirtschaftlichen Interessen derVereinsmitglieder fördern. Wenn die eigenwirtschaftlichen Interessen imVordergrund des Handelns stehen, diese letztlich überwiegend den Antrieb fürdas Wirken der Körperschaft sind, liegt keine Selbstlosigkeit im Sinne des§ 55 AO vor. Die Steuerbegünstigung im Sinne der § 51 AO bis§ 68 AO kann in diesen Fällen nicht gewährt werden, so dass dann auch keinZweckbetrieb vorliegt.

     

     

    4.    Umsatzsteuerliche Würdigung

    Leistungen,die im Rahmen eines Zweckbetriebes erbracht werden, können steuerfrei sein odermit dem ermäßigten Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. aUStG der Besteuerung unterliegen.

    DiePrüfung von Steuerbefreiungsvorschriften hat Vorrang vor der Prüfung derAnwendung des ermäßigten Steuersatzes, weil mit der Steuerbefreiung derAusschluss vom Vorsteuerabzug verbunden ist (BFH-​Urteil vom 25.07.1996, V R7/95, BStBl II 1997 S. 154).

    Sportvereinesind regelmäßig Körperschaften, die gemeinnützigen Zwecken dienen.

    Sind diezu beurteilenden Leistungen als sportliche Veranstaltungen im Sinne des§ 67a AO anzusehen, wird der Verein im Rahmen dieses Zweckbetriebesunternehmerisch tätig.

    Gemäߧ 4 Nr. 22 Buchst. b UStG sind sportliche Veranstaltungen, zu denenauch Sportkurse gehören können, die von gemeinnützigen Zwecken dienendenEinrichtungen durchgeführt werden, steuerfrei, soweit das Entgelt hierfür inTeilnehmergebühren besteht.

    Einesportliche Veranstaltung im Sinne des § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG liegtvor, wenn ein Verein mehrere Maßnahmen als Teil einer Gesamtorganisationerbringt (z. B. Zurverfügungstellung von Parkplätzen, Umkleidekabinen undToilettenanlagen, Betreuung, Unfallverhütung u. a.), die den aktiven Sportlern- auch Nichtmitgliedern - die Sportausübung ermöglicht.

    Auch diegezahlten Entgelte sind Teilnehmergebühren, da sie von den aktiven Sportlern (Versicherten)für ihre Teilnahme an den sportlichen Veranstaltungen gezahlt und allgemein fürdie Teilnahme erhoben werden.

    DieUmsätze des Sportvereins sind unter diesen Voraussetzungen nach § 4Nr. 22 Buchst. b UStG steuerfrei.

     

    Rechtsgebiete§ 68 AO 1977, § 4 UStG 1980, § 5 KStG 1977, § 51 AO 1977, § 65 AO 1977