Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 21.11.2018 · IWW-Abrufnummer 205654

    Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 12.09.2018 – 4 U 234/17

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    Urt. v. 12.09.2018


    Tenor:

    Die Berufung der Beklagten gegen das am 08.11.2017 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 23. Zivilkammer - wird zurückgewiesen.

    Das Urteil des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

    Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

    Das Berufungsurteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Gründe

    I.

    Der Kläger begehrt die Feststellung, dass der Beschluss des geschäftsführenden Vorstands der Beklagten vom 15.07.2015, mit dem er als Mitglied der Beklagten ausgeschlossen worden ist, unwirksam ist.

    Der Kläger war seit dem 01.09.1990 Mitglied in der beklagten Gewerkschaft und seit Mai 2012 einer ihrer zwei stellvertretenden Bundesvorsitzenden. Die Beklagte beschloss zunächst auf einer außerordentlichen Sitzung des Hauptvorstandes vom 15.04.2013 und im Folgenden nochmals auf einer Sondersitzung des Hauptvorstandes vom 24.06.2013 eine Enthebung des Klägers von seinem Amt als stellvertretender Bundesvorsitzender.

    Mit Schreiben vom 30.08.2015, das dem Kläger am 01.09.2015 zugestellt wurde, unterrichtete die Beklagte den Kläger unter Beifügung eines Auszuges aus der Niederschrift der Sitzung des geschäftsführenden Vorstands vom 14. bis 15.07.2015 darüber, dass er durch einen in der Sitzung gefassten Beschluss des geschäftsführenden Vorstandes mit Wirkung zum 31.08.2015 aus der Beklagten ausgeschlossen worden sei. Nach dem dem Kläger übermittelten Auszug des Sitzungsprotokolls, auf den anstelle einer Darstellung der Einzelheiten Bezug genommen wird (Anlage B1), stützt der Beschluss den Ausschluss auf den Vorwurf eines die Beklagte nachhaltig und schwerwiegend schädigenden Verhaltens des Klägers. In der Begründung des Beschlusses sind im Rahmen einer Gesamtbewertung des Verhaltens des Klägers verschiedene Vorwürfe aufgeführt, die u.a. die Verletzung einer Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von Sonderbeiträgen und Mitgliedsbeiträgen, die trotz Aufforderung seit 2013 unterbliebene Niederlegung eines vom Kläger als stellvertretender Bundesvorsitzender der Beklagten übernommenen Mandats als Mitglied des Datenschutzbeirats der C, eine im Jahr 2014 erfolgte Kandidatur und Wahl des Klägers als Kandidat einer sogenannten "freien Liste" bei Betriebsratswahlen sowie in der Zeitung "A" (online) am 06.03.2015 wiedergegebene Äußerungen des Klägers im Zusammenhang mit einem Tarifkonflikt der Beklagten mit der C betreffen.

    Nachdem der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 16.09.2015 zu dem seinen Ausschluss betreffenden Beschluss Stellung genommen hatte, stimmte der Hauptvorstand der Beklagten dem Ausschluss des Klägers mit einem in seiner Sitzung vom 21.09. bis 24.09.2015 gefassten Beschluss (vgl. Anlagen B 2 und B 8) zu.

    Der Kläger ist zwischenzeitlich aufgrund einer von ihm mit Schreiben vom 28.09.2017 zum 31.12.2017 ausgesprochenen Kündigung als Mitglied der Beklagten ausgeschieden.

    Anstelle einer Darstellung weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlichen Klageanträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

    Das Landgericht hat der Klage des Klägers auf Feststellung, dass der Beschluss des geschäftsführenden Vorstands der Beklagten vom 15.07.2015 zu Ziff. 19.3 unwirksam ist, mit dem angefochtenen Urteil stattgegeben und dies u.a. wie folgt begründet:

    Das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Feststellungsinteresse sei zum einen daraus herzuleiten, dass der Ausschluss des Klägers auf Umstände gestützt worden sei, die geeignet seien, das Ansehen des Klägers zu berühren, und zum anderen auch deshalb gegeben, weil mit der Mitgliedschaft Rechte des Klägers gegenüber der Beklagten verbunden seien bzw. seien könnten. Der Klageantrag begegne keinen Zulässigkeitsbedenken, da es sich lediglich um eine präzisierende Neufassung des ursprünglichen Klageantrags ohne Änderung des Klagegrundes handele.

    In der Sache sei die Klage begründet, weil der Beschluss über den Ausschluss des Klägers unwirksam sei. Es liege kein "besonderer Fall" im Sinne des § 5 Abs. 6 der Satzung der Beklagten vor. Der Begriff des "besonderen Falles" sei unter Rückgriff auf den Rechtsbegriff des "wichtigen Grundes" zu konkretisieren. Die Regelung des § 5 Abs. 6 der Satzung beinhalte daneben eine zeitliche Komponente, so dass bei dem Verständnis der Regelung der Rechtsgedanke des § 314 Abs. 3 BGB zu berücksichtigen sei, nach dem die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach Kenntnis des Kündigungsgrundes zu erfolgen habe. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze könne der Verzug des Klägers mit Beitragszahlungen als Ausschlussgrund schon deshalb nicht herangezogen werden, weil die Satzung der Beklagten für den Fall des Zahlungsverzugs als Sanktion lediglich den Verlust der satzungsmäßigen Rechte vorsehe. Darüber hinaus sei die Geltendmachung der Beitragsforderungen als Ausschlussgrund im Juli 2015 verfristet gewesen, da die streitigen Beitragsforderungen den Zeitraum von 2012 bis Mitte 2014 beträfen. Gleiches gelte für die Heranziehung der Kandidatur des Klägers für eine "freie Liste" bei den Betriebsratswahlen, die Tätigkeit des Klägers als Wahlvorstand im März 2015 und die seit 2013 fortbestehende Wahrnehmung des Mandats des Klägers als Mitglied des Datenschutzbeirats. Darüber hinaus bestünden gegen eine Berücksichtigung der Kandidatur des Klägers bei den Betriebsratswahlen als Ausschlussgrund auch deshalb Bedenken, weil die Beklagte die Kandidatur anderer Mitglieder in "freien Listen" nicht mit einem Ausschluss sanktioniert habe. Hinsichtlich der öffentlichen Äußerungen des Klägers während des Arbeitskampfes sei fraglich, ob die Äußerungen als solche geeignet seien, den Ausschluss zu rechtfertigen und ob sich der Kläger in Wahrnehmung berechtigter Interessen in dieser Art habe äußern dürfen.

    Jedenfalls spreche es gegen die Erheblichkeit einer Pflichtverletzung des Klägers, dass die Äußerungen erst mehr als vier Monate nach deren Veröffentlichung zum Gegenstand des Beschlusses über den Ausschluss des Klägers gemacht worden seien. Die von der Beklagten angeführten Gründe rechtfertigten den Ausschluss des Klägers auch nicht in ihrer Gesamtheit, da die Sachlage, auf die die Beklagte den Ausschluss stütze, spätestens im März 2015 vorgelegen habe und ein Abwarten von vier Monaten nicht gerechtfertigt sei.

    Die Beklagte hat gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 21.11.2017 zugestellte Urteil mit am 13.12.2017 bei dem Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 21.02.2018 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit einem am 16.02.2018 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten begründet.

    Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter und nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug.

    Die Beklagte beruft sich darauf, dass sie der vom Kläger erstinstanzlich vorgenommenen Antragsänderung und Klageerweiterung entgegengetreten sei. Die ohne ihre Zustimmung vorgenommene Antragsänderung erscheine auch nicht als sachdienlich. Obwohl das Landgericht nicht über den auch auf den Zustimmungsbeschluss des Hauptvorstandes bezogenen Hilfsantrag des Klägers entschieden habe, habe es in der angefochtenen Entscheidung auch ausgeführt, dass der Zustimmungsbeschluss für sich genommen den Ausschluss des Klägers nicht tragen könne.

    Das Landgericht habe damit ihren Einwand unbeachtet gelassen, dass der Kläger nicht nur den Beschluss des geschäftsführenden Vorstands hätte angreifen müssen, sondern auch die nachträgliche Zustimmung des Hauptvorstandes, der seine Entscheidung unter Berücksichtigung des dem Kläger gewährten rechtlichen Gehörs getroffen habe. Dem Beschluss des Hauptvorstandes komme in diesem Zusammenhang Vorrang und "konstitutive Wirkung" zu. Das Landgericht gehe auch zu Unrecht davon aus, dass ein Feststellungsinteresse für den Hauptantrag gegeben sei.

    Einem Feststellungsinteresse des Klägers stehe schon entgegen, dass der für den Ausschluss konstitutive Beschluss des Hauptvorstandes von dem Hauptantrag des Klägers nicht erfasst werde. Nicht nachvollziehbar sei auch, dass das Landgericht das Feststellungsinteresse damit begründet habe, dass der Ausschluss auf Umstände gestützt worden sei, die geeignet seien, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit bzw. der Gewerkschaftsöffentlichkeit zu berühren. Der Ausschluss des Klägers aus der Beklagten habe dessen Ansehen nicht mehr verschlechtern können, nachdem der Ruf des Klägers bereits durch dessen Absetzung als stellvertretender Bundesvorsitzender und die Kündigung seines Anstellungsvertrages ruiniert gewesen sei. Das Feststellungsinteresse ergebe sich auch nicht im Hinblick auf den vom Kläger wegen seiner Vergütungsansprüche aus dem Dienstverhältnis geführten Parallelprozess. Zwar sei schwerlich vorstellbar, dass ein Nichtmitglied geschäftsführender Vorstand sein könne. Gegenstand des Vergütungsrechtsstreits sei aber ein von der Mitgliedschaft des Klägers unabhängiger vertraglicher Anspruch. Ein Feststellungsinteresse des Klägers sei überdies spätestens damit entfallen, dass der Kläger seinen Austritt aus der Beklagten zum 31.12.2017 erklärt habe. Es sei ferner auch nicht nachvollziehbar, welches Interesse des Klägers an der Feststellung seiner Mitgliedschaft für den Zeitraum zwischen Oktober 2015 und dem 31.12.2017 bestehe.

    In der Sache verkenne das Landgericht die Systematik des in § 5 der Satzung geregelten Ausschlussverfahrens. Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts seien an einen groben Verstoß gegen Beschlüsse der Gewerkschaftsorgane im Sinne des § 5 Abs. 5 der Satzung höhere Anforderungen zu stellen als an einen "besonderen Fall" im Sinne des § 5 Abs. 6 der Satzung. Ein Beschluss nach § 5 Abs. 6 der Satzung habe anders als ein Beschluss nach § 5 Abs. 5 der Satzung nicht die Wirkung einer erstinstanzlichen Entscheidung, sondern sei bis zur nachträglichen Zustimmung des Hauptvorstandes schwebend unwirksam. Es lasse sich auch weder aus dem Wortlaut noch aus der Systematik der Satzung ableiten, dass an einen besonderen Fall auch nur annähernd solche Anforderungen zu stellen seien wie an einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB. Entgegen der Annahme des Landgerichts müsse über einen Ausschluss nach § 5 Abs. 6 der Satzung auch keine zeitnahe Entscheidung getroffen werden. Dies sei von der Satzung "schlichtweg" nicht vorgeschrieben. Das Landgericht habe insoweit einen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Gewerkschaftsautonomie vorgenommen und ohne eine Auseinandersetzung mit der verfassungsrechtlichen Problematik zu Unrecht gemeint, einfaches Vereinsrecht anwenden zu können. Das Landgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass der Verzug mit Beitragszahlungen als Ausschlussgrund nicht geregelt sei. Der in § 5 Abs. 4 der Satzung für den Fall eines Zahlungsverzugs geregelte Verlust von Mitgliedsrechten beziehe sich lediglich auf die regelmäßigen Mitgliedsbeiträge und stelle auch keine abschließende Regelung dar. Dies gelte insbesondere für den Fall, dass ein Verzug über längere Zeiträume hinweg oder in Bezug auf höhere Beiträge eintrete. Der Kläger habe darüber hinaus die Zahlung satzungsmäßiger Sonderbeiträge aufgrund der ihm über die Gewerkschaft vermittelten Beirats- und Aufsichtsratsfunktionen verweigert und nach Wiederaufnahme seiner Tätigkeit bei der C1 AG über einen längeren Zeitraum nur den niedrigeren (Arbeitslosen-) Beitragssatz gezahlt. Es könne bei einer beharrlichen Verweigerung der Beitragszahlung durch einen exponierten Spitzenfunktionär der Gewerkschaft, der Mitglied des geschäftsführenden Vorstands war, ein besonderer Fall für einen Ausschluss angenommen werden. In Bezug auf die zu einer Liste der Beklagten konkurrierende Kandidatur des Klägers zu Betriebsratswahlen und die zumindest sympathisierende Mitwirkung des Klägers in der konkurrierenden Gewerkschaft B habe das Landgericht den Ausschluss des Klägers unter Verkennung des satzungsmäßigen Zwecks einer Gewerkschaft für nicht gerechtfertigt erachtet. Wesensmerkmal der Gewerkschaft sei der solidarische und geschlossene Auftritt in den Betrieben, insbesondere im Konzern der C AG. Das Verhalten des Klägers, der für eine konkurrierende sogenannte "freie Liste" Wahlkampf gegen die Beklagte geführt und das Betriebsratsamt auch in Abgrenzung zur Beklagten in Unterstützung der Konkurrenzgewerkschaft B ausgeübt habe, verstoße in kaum noch steigerungsfähiger Weise gegen diese Grundsätze. Das Landgericht habe überdies zu Unrecht angenommen, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Kandidatur des Klägers auf der von ihm initiierten Liste freie, konkurrierende Listen toleriert habe, und dabei den abweichenden erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten übergangen. Im Übrigen lasse sich auch die vom Landgericht aufgebrachte "Toleranz" gegenüber Auftritten des Klägers in Medien und Presse mit scharfer Kritik an der Politik der Beklagten während eines überaus harten Arbeitskampfes nicht mit der gewerkschaftlichen Zielsetzung und der aufzubringenden Solidarität in Einklang bringen. Es zeuge von Besonnenheit auf Seiten der Beklagten, dass der Ausschluss des Klägers nicht ad hoc und spontan noch während des Arbeitskampfes erfolgt sei. Die Erheblichkeit der Pflichtverletzung des Klägers nehme entgegen der Annahme des Landgerichts auch keineswegs innerhalb von nur vier Monaten ab. Im Übrigen müsse jedenfalls das Gesamtverhalten des Klägers als gewerkschaftsschädigend und den Ausschluss rechtfertigend angesehen werden.

    Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Er beruft sich darauf, dass die Einwände der Beklagten gegen den erstinstanzlichen Klageantrag nicht begründet seien. Es sei nach den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts gerade keine Klageänderung erfolgt. Es fehle auch nicht an einem Feststellungsinteresse des Klägers. Das Landgericht habe zutreffend erkannt, dass der Ausschluss dazu geeignet gewesen sei, das Ansehen des Klägers zumindest in der Gewerkschaftsöffentlichkeit herabzusetzen. Der vorangegangene Ausschluss des Klägers aus dem Vorstand könne das Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des davon unabhängigen Eingriffs, der mit dem Ausschluss des Klägers aus der Beklagten verbunden sei, nicht berühren. Das Feststellungsinteresse entfalle auch nicht wegen des von ihm zum 31.12.2017 selbst erklärten Austritts aus der Beklagten. Die Beeinträchtigung zur Reputation des Klägers durch den unberechtigten Ausschluss ende nicht dadurch, dass er sich selbst zum Austritt entschließe.

    Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten erfasse § 5 Absatz 4 der Satzung nicht allein die monatlichen erhobenen regelmäßigen Beiträge, sondern auch die zwischen den Parteien streitigen Sonderbeiträge. Im Übrigen habe der Kläger die von der Beklagten geforderten Sonderbeiträge für die Jahre 2012, 2013 und 2014 nach den bislang ergangenen Entscheidungen des Amtsgerichts Stadt1 und des Landgerichts Stadt2 nicht zu zahlen, wobei in Bezug auf das Urteil des Landgerichts Stadt2 vom 13.03.2015 von der Beklagten allerdings mittlerweile Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt worden sei. Die Beklagte halte ferner auch in der Berufung immer noch keinen substantiierten Sachvortrag zur Höhe der von ihr behaupteten Zahlungsrückstände.

    In Bezug auf die Kandidatur des Klägers für eine mit der Beklagten konkurrierende Liste zur Betriebsratswahl habe das Landgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beklagte auch die Kandidatur anderer Mitglieder in freien Listen nicht mit einem Ausschluss sanktioniert habe. Der entsprechende erstinstanzliche Vortrag des Klägers sei unwidersprochen geblieben und werde auch durch die Berufung nicht infrage gestellt. Ein Ausschluss des Klägers als vereinsrechtliche Sanktion sei daher insoweit vom Landgericht zu Recht als grob unbillig angesehen worden. Im Übrigen erweise sich jedenfalls die Erwägung des Landgerichts als zutreffend, dass ein Zuwarten mit dem Ausschluss nach Bekanntwerden der jüngsten vermeintlichen Ausschlussgründe Anfang März 2015 bis zur Übersendung des Ausschlussbeschlusses mit Einschreiben vom 24.09.2015 den Anforderungen an eine angemessene Frist zur Rechtsausübung nicht mehr genüge. Es handele sich insoweit nicht um einen Zeitraum von vier Monaten, sondern um einen Zeitraum von über sechs Monaten.

    II.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main ist statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

    Die für die Zulässigkeit der Berufung erforderliche Beschwer der Beklagten ergibt sich in formeller Hinsicht daraus, dass das Landgericht der Klage entgegen der auf Klageabweisung gerichteten erstinstanzlichen Antragstellung der Beklagten stattgegeben hat. Soweit die Auffassung vertreten wird, dass auf Seiten des Beklagten auch eine materielle Beschwer erforderlich ist (vgl. Zöller/Heßler, ZPO 32. Aufl., vor § 511 Rn. 19 m.w.N.), ergibt sich diese spiegelbildlich zu dem für die Zulässigkeit der Klage erforderlichen Feststellungsinteresse des Klägers und unabhängig von dem zum 31.12.2017 wirksam gewordenen eigenen Austritt des Klägers aus der Beklagten daraus, dass die Klärung der Wirksamkeit des Ausschlusses des Klägers für das Ansehen der Beklagten gleichermaßen bedeutsam ist wie für das Ansehen des Klägers. In diesem Zusammenhang übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes auch die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO für die Zulässigkeit der Berufung maßgebende Wertgrenze von 600,00 €. Bei der Bemessung der Beschwer des Rechtsmittelklägers ist zu berücksichtigen, dass die Feststellung der Unwirksamkeit des Ausschlusses aus einem Idealverein in der Regel in erster Linie als nichtvermögensrechtliche Streitigkeit anzusehen ist, für die sich die Bemessung des Streitwertes im Rahmen des dem Berufungsgericht gemäß § 3 ZPO eingeräumten Ermessens nach den aus § 23 Abs. 3 S. 2 RVG zu entnehmenden Vorgaben des Gesetzgebers an einem deutlich über 600,00 € liegenden Wert zu orientieren hat (BGH, Beschluss vom 17.11.2015, II ZB 8/14, Rn. 9 ff., zit. nach juris). Es kommt dabei auch nicht allein auf die den Fortbestand der Mitgliedschaft betreffenden immateriellen Interessen, sondern gegebenenfalls auch auf einen mit dem Ausschluss als solchem verbundenen Ansehensverlust an (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 13, 15). Nach diesen auf die Mitgliedschaft des Klägers in der beklagten Gewerkschaft übertragbaren Maßstäben rechtfertigt es der Umstand, dass die Mitgliedschaft des Klägers in der Beklagten aufgrund des vom Kläger selbst erklärten Austritts unstreitig zum 31.12.2017 endete und das die Mitgliedschaft in der Beklagten als solche betreffende Interesse des Klägers damit weggefallen ist, unter Berücksichtigung des in § 23 Abs. 3 S. 2 RVG für nicht vermögensrechtliche Streitigkeiten vorgegebenen regelmäßigen Gegenstandswertes von 5.000,00 € nicht, den Wert der Beschwer der Beklagten durch das angefochtene Urteil gemäß § 3 ZPO auf einen die Wertgrenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO von 600,00 € nicht übersteigenden Betrag zu reduzieren.

    In der Sache hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg.

    Die von dem Kläger mit seinem Hauptantrag erhobene Klage ist zulässig.

    Der erstinstanzliche Hauptantrag des Klägers, der den Gegenstand der von dem Landgericht in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellung bildet, stellt sich nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht als Klageänderung dar, deren Zulässigkeit gemäß § 263 ZPO von der Einwilligung der Beklagten oder einer Feststellung der Sachdienlichkeit durch das Landgericht abhängig gewesen wäre. Denn der Kläger hat seine Antragstellung, die ursprünglich auf die Feststellung gerichtet war, "dass der von der Beklagten mit dem Datum "14./15. Juli 2015" versehene gefasste Beschluss, den Kläger aus der Beklagten auszuschließen, unwirksam ist", im Rahmen seiner letzten erstinstanzlichen Antragstellung auf der Grundlage des bereits zuvor zum Gegenstand der Klage gemachten Lebenssachverhalts lediglich dahingehend präzisiert, dass es sich um einen Beschluss des geschäftsführenden Vorstandes der Beklagten handelt, der unter dem Tagesordnungspunkt Ziff. 19.3 gefasst worden ist und vom 15. Juli 2015 datiert. Die nämlichen Angaben zur Beschlussfassung ergaben sich bei Klageerhebung bereits aus dem vom Kläger mit der Klageschrift als Anlage K 9 vorgelegten Auszug aus der Niederschrift der Sitzung des geschäftsführenden Vorstandes.

    Die von dem Kläger begehrte Feststellung der Unwirksamkeit des seinen Ausschluss aus der Beklagten betreffenden Beschlusses des geschäftsführenden Vorstands genügt den Zulässigkeitsanforderungen des § 256 Abs. 1 ZPO für eine Feststellungsklage. Die begehrte Feststellung bezieht sich auf das Nichtbestehen eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses, da die Feststellung der Wirksamkeit bzw. Nichtigkeit von vereins- oder gesellschaftsrechtlichen Beschlüssen im Hinblick auf das betroffene Mitgliedschaftsverhältnis anerkanntermaßen Gegenstand einer Feststellungsklage des Mitglieds sein kann (Zöller/Greger, a.a.O., § 256 Rn. 4, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BGH). Das für eine Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse, das grundsätzlich auch im Berufungsverfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen muss (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 256 Rn. 7c m.w.N.), kann sich allerdings nach der zum 31.12.2017 eingetretenen Beendigung der Mitgliedschaft des Klägers nicht mehr aus einem fortbestehenden immateriellen Interesse des Klägers an der Mitgliedschaft als solcher ergeben. Es ist für das erforderliche Feststellungsinteresse des Klägers aber ausreichend, dass im Hinblick auf die der Beschlussfassung des Hauptvorstandes der Beklagten zugrunde gelegten Gründe für einen Ausschluss des Klägers ein ideelles Interesse des Klägers daran besteht, die Unwirksamkeit des Ausschlusses feststellen zu lassen. Eine abweichende Würdigung wäre nicht damit vereinbar, dass der durch einen Ausschluss aus einem Idealverein erlittene Ansehensverlust nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, a.a.O., Rn. 15) bei der Bemessung der Beschwer eines mit der Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Vereinsausschlusses unterlegenen Klägers zu berücksichtigen ist.

    Ein Feststellungsinteresse des Klägers fehlt entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten auch nicht deshalb, weil sich der dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Hauptantrag des Klägers nicht auf die von dem Hauptvorstand der Beklagten gemäß § 5 Abs. 6 S. 2 der Satzung nachträglich erklärte Zustimmung zu dem gemäß § 5 Abs. 6 S. 1 der Satzung gefassten Beschluss des geschäftsführenden Vorstandes über den Ausschluss des Klägers bezieht. Denn das Feststellungsinteresse des Klägers wird nach der vorstehenden Würdigung schon allein dadurch begründet, dass sich im Falle der Wirksamkeit des Beschlusses des geschäftsführenden Vorstandes über den Ausschluss des Klägers im Hinblick auf die Gründe dieses Beschlusses ein Ansehensverlust des Klägers ergäbe. Die nachträgliche Zustimmung des Hauptvorstandes zu dem Beschluss des geschäftsführenden Vorstandes betrifft im Übrigen nach der Satzung der Beklagten nach Wortlaut und Zwecksetzung lediglich ein auf den vorangegangenen Beschluss des geschäftsführenden Vorstandes bezogenes Wirksamkeitserfordernis, das im Falle seines Fehlens zur Begründetheit der von dem Kläger erhobenen Feststellungsklage führen würde, aber nicht seinerseits konstitutiv einen - erneuten - Ausschluss des Klägers begründen kann. Mit ihrer abweichende Rechtsansicht verkennt die Beklagte, dass eine vom Hauptvorstand im Zusammenhang mit seinem Zustimmungsbeschluss in materieller Hinsicht nach Gewährung rechtlichen Gehörs vorgenommene vollständige Überprüfung des Beschlusses des geschäftsführenden Vorstandes nichts daran ändert, dass der Beschluss des Hauptvorstandes in verfahrensrechtlicher Hinsicht nur ein internes Zustimmungserfordernis betrifft und keine darüber hinausgehende Außenwirkung gegenüber dem Kläger entfaltet.

    Der mit dem Ausschluss des Klägers aus der Beklagten verbundene Ansehensverlust des Klägers entfällt entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten auch nicht deshalb, weil anderweitige Maßnahmen der Beklagten gegenüber dem Kläger - wie dessen Absetzung als stellvertretender Bundesvorsitzender und die Kündigung seines Anstellungsvertrages - ebenfalls einen Ansehensverlust des Klägers bewirkt haben können. Denn es handelt sich bei dem die Mitgliedschaft des Klägers in der Beklagten betreffenden Beschluss über den Ausschluss des Klägers um eine eigenständige und andersartige Beeinträchtigung der Rechtsposition des Klägers innerhalb der beklagten Gewerkschaft.

    Die auf Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses des geschäftsführenden Vorstandes über den Ausschluss des Klägers aus der Beklagten gerichtete Klage ist begründet.

    Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Beschluss des geschäftsführenden Vorstands der Beklagten über den Ausschluss des Klägers aus der Beklagten unwirksam ist.

    Die Beklagte unterliegt als Gewerkschaft den für nicht rechtsfähige Vereine geltenden Regelungen (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB 77. Aufl., § 54 Rn. 5 m.w.N.). Es finden dabei die Vorschriften über den rechtsfähigen Verein entsprechende Anwendung, soweit diese die Rechtsfähigkeit nicht voraussetzen (Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 54 Rn. 1).

    In Bezug auf den Maßstab der gerichtlichen Überprüfung eines Beschlusses über einen Vereinsausschluss wird danach differenziert, ob der Ausschluss auf Grundlage einer entsprechenden Satzungsbestimmung als Strafe verhängt worden ist oder auf der Befugnis der Beklagten beruht, Mitglieder aus wichtigem Grund auszuschließen (vgl. Palandt/ Ellenberger, a.a.O., § 25 Rn. 25 ff.; Otto, Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 11. Aufl., IX. Rn. 285). Während sich die gerichtliche Kontrolle eines strafweise verhängten Ausschlusses inhaltlich grundsätzlich auf die Prüfung der Gesetzwidrigkeit, groben Unbilligkeit oder Willkür des auf die Satzung gestützten Ausschlussbeschlusses beschränkt (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O., Rn. 25; Otto, a.a.O., XIX. Rn. 1014 ff.), unterliegt der Ausschluss aus wichtigem Grund der vollständigen gerichtlichen Überprüfung (Palandt/Ellenberger, a.a.O., Rn. 28; Otto, a.a.O., XIX. Rn. 1028). Darüber hinaus kann der Ausschluss aus einem Verein, der als Monopolverband oder Vereinigung mit einer überragenden Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich einem Aufnahmezwang unterliegt, auch in Bezug auf die Subsumtion unter eine Strafnorm der Satzung gerichtlich in vollem Umfang überprüft werden, da bei der gerichtlichen Überprüfung für die Nichtaufnahme eines Mitglieds und für dessen Ausschluss keine unterschiedlichen Grundsätze gelten können (Palandt/Ellenberger, a.a.O., Rn. 25; Otto a.a.O., XIX. Rn. 1016; BGH, Urteil vom 19.10.1987, II ZR 43/87, Rn. 15, zit. nach juris, zu Gewerkschaften).

    Nach diesen Grundsätzen unterliegt der Beschluss der Beklagten über den Ausschluss des Klägers der vollständigen gerichtlichen Überprüfung. Die Beklagte nahm und nimmt als Gewerkschaft in Bezug auf eine Vertretung der Interessen von Lokführern, zu denen der Kläger gehört, nach Kenntnis des Senats eine so bedeutsame Stellung ein, dass im Hinblick auf einen bei Erfüllung der satzungsrechtlichen Vorgaben bestehenden Aufnahmezwang für Mitglieder auch eine vollständige gerichtliche Kontrolle der Wirksamkeit eines Ausschlusses von Mitgliedern geboten ist, ohne dass es darauf ankommt, ob dem Ausschluss der Charakter einer in der Satzung vorgesehenen Sanktion zukommt oder sich der Ausschluss lediglich auf die allgemeine Befugnis der Beklagten stützt, Mitglieder aus wichtigem Grund auszuschließen. Es liegt allerdings der Sache nach mit dem auf die Satzungsbestimmung des § 5 Abs. 6 gestützten Ausschluss des Klägers ein Ausschluss aus wichtigem Grund vor, der ohnehin der vollständigen gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Maßgebend ist, dass die Bestimmung des § 5 Abs. 6 S. 1 der Satzung keine nähere inhaltliche Beschreibung eines konkreten Ausschlussgrundes enthält, wie es für eine Satzungsnorm mit Sanktionscharakter erforderlich wäre. Vielmehr geht die satzungsrechtliche Bestimmung mit der alleinigen inhaltlichen Anknüpfung an "besondere Fälle" in ihrem Konkretisierungsgrad nicht über eine entsprechend § 314 BGB schon nach allgemeinen Grundsätzen gegebene Berechtigung zum Ausschluss von Mitgliedern aus wichtigem Grund hinaus. Der Hinweis auf "besondere Fälle" kann seinem Wortlaut nach nur dahin verstanden werden, dass sich ein "besonderer Fall" von sonstigen "allgemeinen Fällen" durch das Gewicht des einen Ausschluss rechtfertigenden Grundes unterscheidet. Die Satzungsbestimmung verweist damit auf den - mit oder ohne Bezugnahme in der Satzung - auch im Vereinsrecht geltenden allgemeinen Grundsatz, dass eine Lösung von Dauerrechtsverhältnissen zulässig ist, wenn in der Person des Betroffenen ein wichtiger Grund gegeben ist, der die weitere Fortsetzung des Rechtsverhältnisses nach Treu und Glauben unzumutbar macht (vgl. BGH, Urteil vom 10.07.1989, II ZR 30/89, Rn. 15, zit. nach juris). Der Ausschluss unterliegt insoweit den Anforderungen der zumindest entsprechend anwendbaren Regelung des § 314 BGB für die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen (auf § 314 BGB verweisen: Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 25 Rn. 28; Otto, a.a.O., IX. Rn. 299), die sich lediglich als Kodifikation des in der Rechtsprechung bereits zuvor anerkannten und insbesondere unter Heranziehung des Grundsatzes von Treu und Glauben begründeten allgemeinen außerordentlichen Kündigungsrechts darstellt (vgl. Böttcher, Erman BGB 15. Aufl., § 314 Rn. 2). Der Senat verkennt nicht, dass in einer Satzung Ausschluss- oder Kündigungsgründe definiert werden können, die nicht die Qualität eines wichtigen Grundes im Sinne des § 314 BGB erreichen müssen und gegebenenfalls auch generalklauselartig formuliert sein können. Es bedarf aber insoweit einer hinreichend klaren Bestimmung des Ausschlussgrundes in der Satzung (vgl. zum Ganzen: Otto a.a.O., IX. Rn. 299). In diesem Sinne beinhaltet die dem geschäftsführenden Vorstand in § 5 Abs. 6 der Satzung der Beklagten eingeräumte Möglichkeit zum Ausschluss eines Mitglieds "in besonderen Fällen" keine hinreichend konkretisierte Regelung eines hinter den Anforderungen an einen wichtigen Grund im Sinne des § 314 BGB zurückbleibenden Ausschlusstatbestandes, da kein inhaltlich zumindest generalklauselartig konkretisierter Ausschlussgrund bezeichnet wird.

    Nach der vorstehenden Würdigung setzt die Feststellung eines den Ausschluss eines Mitglieds der Beklagten rechtfertigenden besonderen Falls nach § 5 Abs. 6 der Satzung der Beklagten der Sache nach voraus, dass im Sinne der Anforderungen des § 314 Abs. 1 S. 2 BGB ein wichtiger Grund für den Ausschluss des Klägers vorlag, weil der Beklagten unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen eine Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft des Klägers unzumutbar war. Insoweit ist bei der Würdigung der Interessen der Beklagten die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Koalitionsfreiheit einer Gewerkschaft gemäß Art. 9 Abs. 3 GG zu beachten, die auch Maßnahmen zur Aufrechterhaltung ihrer Geschlossenheit nach innen und außen umfasst und es der Gewerkschaft grundsätzlich auch ermöglicht, Verstöße gegen die Solidaritätspflicht mit verbandsinternen Sanktionen bis hin zum Ausschluss des Mitglieds zu ahnden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.02.1999, 1 BvR 123/93, Rn. 24 ff., zit. nach juris).

    Neben der Würdigung, ob ein den Anforderungen an einen wichtigen Grund im Sinne des § 314 Abs. 1 BGB entsprechender "besonderer Fall" gemäß § 5 Abs. 6 der Satzung der Beklagten vorliegt, ist auch der Rechtsgedanke des § 314 Abs. 3 BGB zu berücksichtigen, nach dem eine Kündigung aus wichtigem Grund nur innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen kann, nachdem der Berechtigte von dem Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat. Maßgebend für eine Anwendung dieses Rechtsgedankens ist die Erwägung, dass die Vorschrift des § 314 BGB lediglich die von Rechtsprechung und Wissenschaft entwickelten allgemeinen Grundsätze der Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund kodifiziert und den Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB konkretisiert, unter den das außerordentliche Kündigungsrecht bereits vor der Schuldrechtsreform subsumiert wurde (Böttcher, Erman BGB 15. Aufl., § 314 Rn. 1). Insbesondere galt die der Vorschrift des § 314 Abs. 3 BGB zugrunde liegende Erwägung, dass ein Kündigungsberechtigter mit einem längeren Abwarten zu erkennen gibt, dass für ihn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses trotz des Vorliegens eines Grundes zur fristlosen Kündigung nicht unzumutbar ist, bereits für die frühere Rechtslage, bei der es an einer allgemeinen gesetzlichen Festlegung einer Frist für die Erklärung der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund fehlte (BGH, Urteil vom 23.04.2010, Lw ZR 20/09, Rn. 13 m.w.N., zit. nach juris). Im Ergebnis darf die einzuhaltende Frist damit die Zeit nicht wesentlich überschreiten, die zur Abklärung der Kündigungsmöglichkeit und zur Vorbereitung der Entscheidung über die Beendigung des Schuldverhältnisses durch die Kündigung erforderlich ist (Böttcher, a.a.O., § 314 Rn. 10).

    Die Angemessenheit der Frist ist in Bezug auf den Ausschluss des Klägers aus der Beklagten nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlussbeschlusses gegenüber dem Kläger zu bestimmen. Die Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts entspricht nicht nur dem Rechtsgedanken des an die Erklärung der Kündigung anknüpfenden § 314 Abs. 3 BGB, sondern auch dem Grundsatz, dass ein Beschluss über den Ausschluss eines Vereinsmitglieds mangels abweichender Regelung in der Satzung gemäß § 130 Abs. 1 BGB erst mit Bekanntgabe an den Betroffenen wirksam wird (zu letzterem: Otto, a.a.O., IX. Rn. 296). Die Satzung der Beklagten trifft in Bezug auf die Wirksamkeit eines von dem geschäftsführenden Vorstand gemäß § 5 Abs. 6 der Satzung gefassten Beschlusses über den Ausschluss eines Mitglieds keine Bestimmung, aus der die Wirksamkeit des Beschlusses vor dessen Bekanntgabe gegenüber dem Mitglied hergeleitet werden könnte. Allenfalls ergibt sich entsprechend der von der Beklagten selbst vertretenen Rechtsauffassung aus dem in § 5 Abs. 6 S. 2 der Satzung vorgesehenen Erfordernis einer nachträglichen Zustimmung des Hauptvorstandes zu dem Beschluss über den Ausschluss, dass die endgültige Wirksamkeit des Ausschlusses sogar erst mit der nachträglichen Zustimmung des Hauptvorstandes eintritt (vgl. Otto, a.a.O., IX. Rn. 296 zur aufschiebenden Wirkung eines vereinsinternen Rechtsbehelfs).

    Nach diesen Maßstäben ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die dem Beschluss des geschäftsführenden Vorstands der Beklagten über den Ausschluss des Klägers zugrunde gelegten Gründe den Ausschluss des Klägers mangels Wahrung einer angemessenen Frist nicht (mehr) rechtfertigen können. Der Beklagten war es zum Zeitpunkt der gemäß § 5 Abs. 7 der Satzung der Beklagten vorgenommenen Zustellung des Ausschlussbeschlusses an den Kläger am 01.09.2015 nicht (mehr) unzumutbar, einen Fortbestand der Mitgliedschaft des Klägers hinzunehmen, da die dem Beschluss über den Ausschluss zugrunde gelegten Sachverhalte jeweils schon geraume Zeit zurücklagen und der Beklagten jeweils auch bereits seit längerem bekannt waren.

    Entsprechendes gilt zunächst für die dem Ausschlussbeschluss unter 1.1 und 1.2 zugrunde gelegten Verstöße des Klägers gegen die ihm gegenüber der Beklagten obliegende Verpflichtungen zur Zahlung von Sonderbeiträgen sowie die unter 2. aufgeführte Verletzung der allgemeinen Verpflichtung zur Zahlung von Mitgliedsbeiträgen. Die dem Ausschluss zugrunde gelegten Sonderbeitragszahlungspflichten betreffen nach der Begründung des Beschlusses die Jahre 2012 und 2013 und sind nach dem Erlass entsprechender Sonderbeitragsbescheide von der Beklagten gegenüber dem Kläger jeweils durch Zahlungsaufforderungen bereits im Jahre 2014 erfolglos geltend gemacht worden. Da der Kläger danach bei Unterstellung einer Sonderbeitragspflicht bereits im Jahre 2014 mit den Sonderbeiträgen für die Jahre 2012 und 2013 in Verzug geraten war, war eine angemessene Frist für einen auf die Verletzung dieser Beitragszahlungsverpflichtung gestützten Ausschluss des Klägers bei Zustellung des Ausschlussbeschlusses am 01.09.2015 jedenfalls abgelaufen. Es kommt damit nicht entscheidend darauf an, dass eine unterstellte Verletzung der Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von Sonderbeitragspflichten auch keinen wichtigen Grund für einen Ausschluss des Klägers aus der Beklagten bilden würde, da die Sonderbeitragspflicht des Klägers zwischen den Parteien in Streit stand und die vom Kläger eingenommene Rechtsposition, nicht zur Zahlung der Sonderbeiträge verpflichtet zu sein, im Hinblick auf die zwischenzeitlich zugunsten des Klägers ergangenen gerichtlichen Entscheidungen nicht als unvertretbar gewürdigt werden kann.

    Es kann danach offen bleiben, ob die Verletzung einer unterstellten Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von Sonderbeiträgen auch deshalb nicht als wichtiger Grund für einen Ausschluss des Klägers aus der Beklagten herangezogen werden könnte, weil die Satzung der Beklagten für den Fall des Zahlungsverzuges mit "zwei aufeinanderfolgenden Beiträgen" in § 5 Abs. 4 S. 1 der Satzung einen Verlust sämtlicher dem Mitglied durch die Satzung der Beklagten gewährten Rechte vorsieht. Unabhängig von der Frage, ob die betreffende satzungsrechtliche Bestimmung mit der Anknüpfung an "aufeinanderfolgende Beiträge" nicht allein auf eine Zahlung der allgemeinen Mitgliedsbeiträge zugeschnitten ist, ergibt sich aus dem Sinngehalt der Bestimmung allerdings jedenfalls, dass ein Verzug mit Beitragszahlungsverpflichtungen nur in besonders gravierenden Fällen zur Begründung des Ausschlusses eines Mitglieds herangezogen werden kann. Ein solcher gravierender Fall dürfte im Hinblick auf die Rechtsstreitigkeiten zwischen der Beklagten und dem Kläger über das Bestehen einer Sonderbeitragspflicht und die dort von dem Kläger eingenommene vertretbare Rechtsposition nicht vorliegen.

    Die dem Ausschlussbeschluss zugrunde gelegte Verletzung der Verpflichtung des Klägers zur Zahlung allgemeiner Mitgliedsbeiträge konnte den Ausschluss des Klägers mangels Wahrung einer angemessenen Frist für den Ausschluss ebenfalls nicht (mehr) rechtfertigen. Der Ausschlussbeschluss beruht insoweit auf der Beanstandung, dass der Kläger in dem Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 30.06.2014 trotz einer Beschäftigung als Beruf1 nur den beitragsbegünstigten Tarif für Arbeitslose gezahlt hat. Der für den Ausschluss maßgebende Sachverhalt betraf damit das erste Halbjahr 2014, während der Kläger im Folgenden einer schriftlichen Aufforderung der Beklagten aus dem Juni 2014 nachgekommen ist und ab dem 01.07.2014 die für ihn geltenden Beiträge bezahlt hat. Die unterbliebene Nachzahlung der für das erste Halbjahr 2014 ausstehenden Differenzbeträge dauerte daher zum Zeitpunkt der am 01.09.2015 erfolgten Zustellung des Ausschlussbeschlusses an den Kläger bereits so lange an, dass ein daraus möglicherweise abzuleitender Ausschlussgrund den Ausschluss des Klägers zu diesem Zeitpunkt nicht mehr rechtfertigen konnte. Es kommt danach nicht entscheidend darauf an, dass die Verpflichtung zur Nachzahlung der Beiträge zwar als solche zwischen den Parteien nicht streitig ist, der Kläger dem Anspruch der Beklagten aber eine Aufrechnung mit dem Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit als stellvertretender Bundesvorsitzender der Beklagten entgegenhält. Es kann allerdings diesbezüglich mangels entsprechenden Sachvortrages der Beklagten im vorliegenden Verfahren nicht festgestellt werden, dass die von dem Kläger erklärte Aufrechnung nicht erfolgversprechend ist. Darüber hinaus hat die Beklagte eine Erheblichkeit der Verletzung der Verpflichtung des Klägers zur Zahlung allgemeiner Mitgliedsbeiträge im Hinblick auf die Höhe des insgesamt ausstehenden Betrages nicht dargelegt. Es ist daher unter Berücksichtigung des wegen der Verletzung der Beitragszahlungsverpflichtung nach § 5 Abs. 4 S. 1 der Satzung der Beklagten gegebenenfalls eingetretenen Verlustes der Mitgliedsrechte des Klägers auch nicht feststellbar, dass die Pflichtverletzung des Klägers durch diese satzungsrechtlich vorgesehene Sanktion nicht angemessen geahndet wird, sondern ein so großes Gewicht hat, dass sie einen wichtigen Grund für einen Ausschluss des Klägers bilden kann.

    Der dem Kläger am 01.09.2015 zugestellte Ausschlussbeschluss kann wegen Ablaufs einer angemessenen Frist für einen Ausschluss des Klägers auch nicht darauf gestützt werden, dass der Kläger nach dem von der Beklagten unter 3. des Ausschlussbeschlusses geltend gemachten Sachverhalt einer von der Beklagten bereits im Jahre 2013 erklärten Aufforderung, sein Mandat im Datenschutzbeirat des C Konzerns nach Beendigung seines Amtes als stellvertretender Bundesvorsitzender aufzugeben, nicht Folge geleistet hat. Es handelt sich insoweit um einen Sachverhalt, der bereits seit dem Jahr 2013 vorliegt, der Beklagten bekannt ist und den Hintergrund der gerichtlichen Auseinandersetzung der Parteien über die auf die Wahrnehmung des betreffenden Mandats bezogene Sonderbeitragspflicht des Klägers bildet. Es kann im Übrigen auch insoweit nicht festgestellt werden, dass die Rechtsposition des Klägers, zur Wahrnehmung des Amtes berechtigt zu sein, unvertretbar ist und - ohne die vorliegende Verfristung - einen wichtigen Grund für einen Ausschluss des Klägers bilden könnte.

    Soweit die Beklagte den Ausschluss des Klägers in Ziff. 4. des Beschlusses darauf gestützt hat, dass der Kläger bei den Betriebsratswahlen für eine mit der Liste der Beklagten konkurrierende "freie Liste" kandidiert hat, handelt es sich um einen Sachverhalt, der bei Zustellung des Ausschlussbeschlusses am 01.09.2015 bereits rund 1 1/2 Jahre zurücklag, und deshalb dem Ausschlussbeschluss unter Berücksichtigung einer angemessenen Frist für eine Reaktion der Beklagten auf das Verhalten des KIägers nicht mehr zugrunde gelegt werden konnte. Die Kandidatur des Klägers für eine "freie Liste" kann darüber hinaus auch nicht als wichtiger Grund für eine Kündigung angesehen werden, weil die Beklagte die Kandidatur anderer Mitglieder der Beklagten in "freien Listen" nach den vom Landgericht in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils getroffenen tatbestandlichen Feststellungen nicht mit einem Ausschluss sanktioniert hat, ohne dass hierfür ein konkreter Grund im Einzelfall vorgetragen wurde. Der unterbliebene Ausschluss anderer Mitglieder der Beklagten wegen ihrer Kandidatur in "freien Listen" hindert die Beklagte schon im Hinblick auf den von ihr zu beachtenden Grundsatz der Gleichbehandlung ihrer Mitglieder (vgl. Westermann, Erman BGB, 15. Aufl., § 25 Rn. 4; Otto, a.a.O., IX. Rn. 299) daran, einen Ausschluss des Klägers auf dessen Kandidatur für eine "freie Liste" zu stützen. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass das Landgericht ihren Vortrag, sie habe eine Kandidatur von Mitgliedern für "freie Listen" nicht toleriert, unberücksichtigt gelassen habe, ergibt sich aus dem erstinstanzlichem Vorbringen der Beklagten nicht, dass die Beklagte dem erstinstanzlichen Vortrag des Klägers, dass von ihm namentlich bezeichnete Mitglieder der Beklagten im Jahr 2014 ebenfalls für die "freie Liste" kandidiert haben, entgegengetreten ist. Die Beklagte hat im Übrigen die Feststellung des Landgerichts zum Unterbleiben einer Sanktionierung der Kandidatur anderer Mitglieder der Beklagten in "freien Listen" auch nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffen, so dass die von dem Landgericht getroffene Feststellung gemäß § 314 ZPO für den Senat bindend ist. Es kommt ferner nicht darauf an, ob und inwieweit die Beklagte nach einem Beschluss ihres Hauptvorstandes in der Sitzung vom 24. bis 26.06.2013 davon abgerückt ist, eine Unterstützung von "freien Listen" zu tolerieren, da die Beklagte jedenfalls nicht konkret dargelegt hat, dass eine Kandidatur von Mitgliedern für "freie Listen" nach dieser Beschlussfassung von ihr mit einem Ausschluss sanktioniert worden ist. Es können für den Kläger als einfaches Mitglied der Beklagten vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes auch nicht wegen seiner Prominenz andere Maßstäbe gelten als für andere Mitglieder der Beklagten.

    Soweit die Beklagte den Ausschlussbeschluss auch auf die im März 2015 erfolgte Wahl des Klägers zum Wahlvorstand bei einer notwendig gewordenen Wiederholung der JAV-Wahlen stützt, kommt diesem Sachverhalt keine über die Kandidatur und Wahl des Klägers zum Betriebsrat hinausgehende Bedeutung zu, die die Annahme eines wichtigen Grundes rechtfertigen könnte. Darüber hinaus liegt auch insoweit zwischen der Wahl des Klägers im März 2015 und der Zustellung des Ausschlussbeschlusses an den Kläger am 01.09.2015 ein Zeitraum von mehr als fünf Monaten, so dass eine angemessene Frist für die Geltendmachung dieses Sachverhaltes als Ausschlussgrund abgelaufen war.

    Ebenfalls nicht innerhalb einer angemessenen Frist geltend gemacht ist mit dem dem Kläger am 01.09.2015 zugestellten Ausschlussbeschluss schließlich der unter Ziff. 5. des Beschlusses dargestellte Sachverhalt, der an die Aussagen des Klägers anknüpft, die in der Zeitung "A" (online) vom 06.03.2015 wiedergegeben worden sind.

    Die nach dem Inhalt der in der Zeitung wiedergegebenen Aussagen des Klägers von diesem an dem Verhalten der Beklagten im Tarifkonflikt mit der C geäußerte Kritik, nach der der Kläger die mehrfachen massiven Streiks der Lokführer als "falsch und schädlich für Deutschlands älteste Gewerkschaft" bezeichnet und unterstellt hat, dass es dem Vorsitzenden der Beklagten nur darum gehe, den Einfluss im Bereich der C auszuweiten, kann allerdings im Hinblick darauf, dass die Solidarität der Mitglieder einer Gewerkschaft und ein geschlossenes Auftreten nach außen für eine Gewerkschaft nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen der verfassungsrechtlich gewährleisteten Koalitionsfreiheit von besonderer Bedeutung sind und von einer Gewerkschaft auch mit einem Ausschluss des Mitglieds sanktioniert werden dürfen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 24 ff.) auch in Abwägung mit dem verfassungsrechtlich gemäß Art. 5 Abs. 1 S . 1 GG geschützten Recht des Beklagten auf freie Meinungsäußerung grundsätzlich als wichtiger Grund für einen Ausschluss in Betracht gezogen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der öffentlichen Äußerung des Klägers deshalb ein besonderes Gewicht zukommt, weil es sich bei dem Kläger um den vormaligen stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Beklagten handelt. Der Kläger hat erstinstanzlich auch nicht bestritten, dass seine Äußerungen in dem Zeitungsartikel zumindest im Wesentlichen zutreffend wiedergegeben worden sind. Das Vorbringen des Klägers, dass er weder die Forderung der Beklagten im Arbeitskampf noch deren Streikmaßnahmen grundsätzlich als "falsch" bezeichnet, sondern die Ansicht vertreten habe, dass Streiks zunächst den Güterverkehr und gegebenenfalls erst nachrangig den Personenfernverkehr bzw. den Regionalverkehr treffen sollten, stellt den wiedergegebenen Inhalt der Äußerung des Klägers nicht grundsätzlich in Frage.

    Ein sich aus der öffentlichen Äußerung des Klägers möglicherweise ergebender wichtiger Grund konnte von der Beklagten mit ihrem dem Kläger am 01.09.2015 zugestellten Ausschlussbeschluss allerdings nicht mehr wirksam geltend gemacht werden, da eine angemessene Frist für einen Ausschluss als Reaktion auf die öffentliche Äußerung des Klägers am 01.09.2015 abgelaufen war. Der Umstand, dass sich die öffentliche Äußerung des Klägers auf einen konkreten Arbeitskampf der Beklagten bezog und geeignet war, das gerade in einem Arbeitskampf besonders bedeutsame verfassungsrechtlich geschützte Interesse der Beklagten an einem geschlossenen Auftreten nach außen zu beeinträchtigen, ließ es nach der Interessenlage der Beklagten zur Vermeidung weiterer Beeinträchtigungen und eines Ansehensverlustes gerade angezeigt erscheinen, auf die öffentliche Äußerung möglichst umgehend mit einem Ausschluss des Klägers zu reagieren. Demgegenüber führt das nahezu sechsmonatige Abwarten der Beklagten bis zum Ausschluss des Klägers dazu, dass eine weitere Hinnahme der Mitgliedschaft des Klägers in der Beklagten für diese nicht mehr unzumutbar ist, weil die Bedeutung des den aktuellen Arbeitskampf betreffenden Zeitungsartikels für die Außendarstellung der Beklagten mit zunehmendem Zeitablauf immer geringer wurde.

    Es sind auch keine Umstände vorgetragen oder sonst ersichtlich, die den Ablauf eines Zeitraums von nahezu einem halben Jahr im Hinblick auf ein von der Beklagten zu beachtendes Verfahren auch nur annähernd als erforderlich erscheinen lassen könnten. Der als Ausschlussgrund in Betracht kommende Sachverhalt war mit der Veröffentlichung des Zeitungsartikels für die Beklagte offenkundig und bedurfte keiner weiteren Ermittlungen.

    Soweit sich aus einer vor einem Ausschlussbeschluss grundsätzlich gebotenen Anhörung des Betroffenen eine Verzögerung der Entscheidung über den Ausschluss ergeben kann, bestand ein entsprechender Zeitbedarf für die Beklagte nicht, da der geschäftsführende Vorstand der Beklagten den Beschluss über den Ausschluss des Klägers ohne dessen Anhörung gefasst hat, bevor dem Kläger dann gemäß den Vorgaben der Satzung der Beklagten nachträglich - vor dem Zustimmungsbeschluss des Hauptvorstandes - Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden ist. Es ist ferner auch weder dargetan noch ersichtlich, dass für ein Zusammentreten des geschäftsführenden Vorstandes der Beklagten zur Entscheidung über einen an die öffentlichen Äußerungen des Klägers anknüpfenden Ausschluss ein Zeitbedarf bestand, der den Zeitablauf bis zur Zustellung des Ausschlussbeschlusses an den Kläger auch nur im Ansatz rechtfertigen könnte. Die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hervorgehobene Befürchtung, dass es bei einem noch während des Arbeitskampfes erfolgten Ausschluss des Klägers zu einem "Aufschrei der Öffentlichkeit" gekommen wäre, mag als "politische" Erwägung für ein Zurückstellen des Ausschlusses des Klägers maßgebend gewesen sein, stellt aber nicht in Frage, dass die Beklagte mit der an die Äußerung des Klägers anschließenden Hinnahme einer noch über einen Zeitraum von rund einem halben Jahr fortbestehenden Mitgliedschaft des Klägers zu erkennen gegeben hat, dass die Äußerung des Klägers auch unter Berücksichtigung ihrer öffentlichen Wirkung kein dringendes Bedürfnis für einen Ausschluss des Klägers begründete.

    Soweit sich die Beklagte auf Ausschlussgründe beruft, die nicht Gegenstand der Beschlussfassung des geschäftsführenden Vorstandes waren, vermögen diese die Wirksamkeit des Beschlusses nicht zu begründen. Die auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Ausschlussbeschlusses gerichtete Klage hat allein den Inhalt des betreffenden Beschlusses zum Gegenstand, während neue Ausschlussgründe nicht nachgeschoben werden können (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 25 Rn. 26 m.w.N.; Otto, a.a.O., XIX. Rn. 1011). Es kommt damit insbesondere nicht auf die erstinstanzliche Behauptung der Beklagten zu einer Mitgliedschaft des Klägers in der mit der Beklagten konkurrierenden Gewerkschaft B an.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 ZPO. Eine Abwendungsbefugnis gemäß § 711 ZPO ist nach § 713 ZPO nicht anzuordnen, weil ein Rechtsmittel gegen das Urteil wegen der durch das Ausscheiden des Klägers bedingten Verminderung der Beschwer der Beklagten unzweifelhaft nicht statthaft ist.

    Ein Grund, der gemäß § 543 ZPO die Zulassung der Revision gebieten könnte, liegt nicht vor.