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  • 31.03.2017 · IWW-Abrufnummer 192958

    Kammergericht Berlin: Urteil vom 27.08.2015 – 8 U 192/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    KG Berlin, 27.08.2015 - 8 U 192/14

    In dem Rechtsstreit

    der Frau A######,

    K################,

    Klägerin, Widerbeklagte und Berufungsklägerin,

    - Prozessbevollmächtigter:

    Rechtsanwalt S########,

    W###############,-

    g e g e n

    1. den M############################# e.V.,

    vertreten d. d. Vorsitzenden J#######,

    M##############,

    Beklagter, Widerkläger und Berufungsbeklagter,

    2. die Frau C######### ,

    R##################,

    Beklagte, Widerklägerin und Berufungsbeklagte,

    3. pp.

    4. pp.

    5. den Herrn D#####,

    6. den Herrn C#########,

    beide R################## ,

    Beklagte, Widerkläger und Berufungsbeklagte ,

    - Prozessbevollmächtigte zu 1):

    Rechtsanwälte F##########,

    M################,-

    - Prozessbevollmächtigte zu 2), 5) und 6)

    Rechtsanwälte H#######,

    M#################,-

    hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstraße 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 27.08.2015 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bulling, den Richter am Kammergericht Dittrich und die Richterin am Kammergericht Dr. Henkel

    für Recht erkannt:
    Tenor:

    Das Versäumnisurteil des 8. Zivilsenat des Kammergerichts vom 25. Juni 2015 - 8 U 192/14 - wird aufrechterhalten.

    Die Klägerin hat die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

    Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

    Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leisten.

    Die Revision wird nicht zugelassen.
    Gründe

    I.

    Die Berufung der Klägerin richtet sich gegen das am 15. Oktober 2014 verkündete Urteil der Zivilkammer 32 des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

    Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung vor:

    1.

    Bereits die Kündigung der Klägerin vom 17. August 2012 habe zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt. Der darlegungs- und beweisbelastete Beklagte zu 1) habe nicht schlüssig vorgetragen, dass mit der früheren Vermieterin und Eigentümerin, der im Mietvertrag genannten "Hauseigentümergemeinschaft S. - T.", vereinbart worden sei, dass auf das bestehende Mietverhältnis Wohnraummietrecht Anwendung finde. Die Ausführungen des Landgerichts, die Klägerin hätte eine entsprechende Individualvereinbarung aus dem Jahre 1984 nicht wirksam bestritten, seien nicht überzeugend. Unstreitig sei, dass sich auf der Rückseite der Hausordnung, die wie der Mietvertrag vom 17. September 1982 stamme, vier maschinengeschriebene Zusätze befänden und von den Vertragsparteien am 17. September 1982 unterzeichnet worden seien. Auf der Rückseite des vom Beklagten zu 1) vorgelegten Exemplars der Hausordnung gebe es eine weitere Regelung unter Ziffer 5 mit dem Wortlaut "Es gilt Wohnraummietrecht als vereinbart", welche unstreitig nicht unterzeichnet ist. Die Klägerin besitze kein Original des Vertrages, sondern habe vom Voreigentümer nur Kopien erhalten. Eine Hausordnung liege hier nicht vor. Hinsichtlich eines weiteren Mietvertragsverhältnisses im 2. Obergeschoss lägen der Klägerin ebenfalls nur Kopien vor. Auf der Rückseite dieser Hausordnung sei die streitige Regelung zu Ziffer 5 angebracht. Da der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 17. August 2012 für beide Mietverhältnisse die Kündigung erklärt habe, sei in beiden Kündigungsschreiben die Zusatzvereinbarung zu Ziffer 5 angesprochen worden.

    Der Beklagte zu 1) habe nicht substantiiert vorgetragen, wann und mit wem die angebliche Vereinbarung im Laufe des Jahres 1984 getroffen worden sei. Zwischenzeitlich habe die Klägerin mittels eines Detektivs die damaligen Eigentümer ermitteln lassen. Einen Herrn S. - T., mit dem der Beklagte zu 1) die Zusatzvereinbarung geschlossen haben will, gebe es nicht. Es gebe nur einen Herrn S## und einen Herrn T###, wobei sich Herr T### als Hausverwalter um das streitbefangene Mietobjekt gekümmert habe.

    Ferner habe sie, die Klägerin, bestritten, dass Frau O####, die kein Vorstand des Beklagten zu 1) gewesen sei, Vollmacht zum Abschluss der behaupteten Zusatzvereinbarung gehabt habe.

    Die Unterschriften auf der Hausordnung würden die Zusatzvereinbarung zu Ziffer 5 nicht abdecken. Herr #### T###, der bis heute eine Hausverwaltung führe, habe erklärt, dass die Zusatzvereinbarung ohne Unterschrift nicht gelte und dass er einen solchen Zusatz nicht ohne Unterschrift zugelassen hätte. Für die Behauptung, dass es 1984 keine entsprechende Vereinbarung gegeben habe, werde Beweis durch Zeugnis T### angeboten. Der Beweisantritt sei nicht verspätet, weil erst nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils durch einen Detektiv ermittelt worden sei, dass S## und T### - entgegen dem Vortrag des Beklagten zu 1) - zwei natürliche Personen seien. Erst Ende September 2014 hätte mit Herrn T### telefonisch Kontakt aufgenommen werden können.

    In dem weiteren Rechtsstreit vor dem Landgericht Berlin - AZ: 25 O 383/14 - habe eine Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen S## und T#### stattgefunden. Die Zeugen hätten den Vortrag des Beklagten zu 1) nicht bestätigt (vgl. Sitzungsprotokoll vom 09.07.2015, Anlage K 8). Die Klägerin bezieht sich auch für dieses Verfahren auf das Zeugnis S## und T###.

    Soweit das Landgericht das Bestreiten der Zusatzvereinbarung durch die Klägerin für unzureichend angesehen habe, sei dem nicht zu folgen. Die Klägerin habe hierzu keine eigenen Wahrnehmungen. Die frühere Eigentümergemeinschaft sei nicht Vertragspartnerin der Klägerin gewesen, denn die Klägerin habe das Grundstück von Dr. J## erworben. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Beklagte zu 1) nicht in der Lage gewesen sei, seinen damaligen Vertragspartner zutreffend zu bezeichnen.

    Die Argumentation des Landgerichts, wonach der Mietvertrag seit knapp 30 Jahren gelebt werde, überzeuge nicht. Keine der Prozessparteien habe im hiesigen Verfahren behauptet, dass die Zusatzvereinbarung während der bisherigen Mietzeit eine Rolle gespielt habe.

    2.

    Selbst wenn von einer Vereinbarung über die Geltung des Wohnungsmietrechts auszugehen sei, so würde der vorliegende Gewerberaummietvertrag nicht der Schriftform des § 550 BGB entsprechen. Denn die behauptete Zusatzvereinbarung in Ziffer 5 sei nicht unterschrieben.

    Vorsorglich erklärt die Klägerin nochmals die Kündigung des Mietverhältnisses.

    Gegen die im Termin der mündlichen Verhandlung vom 25. Juni 2015 säumige Klägerin hat der Senat antragsgemäß Versäumnisurteil erlassen, mit dem die Berufung der Klägerin zurückgewiesen worden ist.

    Die Klägerin beantragt nunmehr,

    unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 25.06.2015 unter Abänderung des am 19.09.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin - 32 O 42/13 - die Beklagten zu 1),2), 5) und 6) zu verurteilen, die Gewerberäume im Hause R###### Straße ## in ### B###, Quergebäude, 3. OG rechts, bestehend aus 4 Zimmern, 1 Küche, 1 Korridor, 1 Toilette mit Bad zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

    Die Beklagten zu 1), 2), 5) und 6) beantragen,

    das Versäumnisurteil des Senats vom 25.06.2015 aufrechtzuerhalten.

    Der Beklagte zu 1) erwidert:

    Der Beklagte zu 1) habe die Zusatzvereinbarung in Ziffer 5 durch Vorlage des Originalmietvertrages mit Anlage B 1 schlüssig dargelegt. Die Behauptung der Klägerin, dass ihr ein Originalmietvertrag nicht vorliege, werde mit Nichtwissen bestritten. Die Klägerin habe dem Beklagten zu 1) mit Schriftsatz vom 07.03.2013 eine Kopie des von ihr als Anlage K 1 mit der Klageschrift eingereichten Mietvertrages übersandt, wobei die letzte Seite auch die Hausordnung enthalte. Auch in dem Kündigungsschreiben werde auf Ziffer 5 der Zusatzvereinbarung hingewiesen.

    Frau O#### sei bereits im Jahre 1984 Geschäftsführerin des Beklagten zu 1) gewesen.

    Der Beklagte zu 1) bestreitet mit Nichtwissen, dass es sich bei dem nunmehr benannten Zeugen T#### um diejenige Person handelt, mit der seinerzeit die Vereinbarung abgeschlossen worden ist. Nach Erinnerung der Zeugin O#### sei die Person bereits seinerzeit 50 Jahre alt gewesen und müsse nunmehr hochbetagt sein. Der Beweisantritt der Klägerin sei auch verspätet. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, dass der Beklagte zu 1) fälschlicherweise den Namen S## - T#### ins Spiel gebracht habe. Denn die Klägerin selbst habe bereits in der Klageschrift diesen Doppelnamen in den Prozess eingeführt.

    Die Parteien hätten die Geltung des Wohnraummietrechts von Anbeginn des Mietverhältnisses gelebt. Wie sich aus dem Protokoll der Vorstandssitzung vom 02. Juli 1986 ergebe, habe sich der Beklagte zu 1) in der Vergangenheit hierauf immer berufen.

    Die weiteren Kündigungen seien ebenfalls unwirksam. Die Klägerin habe sich in den Berufungsgründen hiermit auch nicht auseinander gesetzt.

    Die Beklagten zu 2),5) und 6) tragen vor:

    Der Vortrag der Klägerin zum Hausverwalter T#### sei verspätet und auch nicht genügend entschuldigt. Auskünfte von den Voreigentümern hätte sich die Klägerin über die Kaufvertragskette verschaffen können. Es werde bestritten, dass Herr T#### erklärt habe, er hätte die Klausel nicht akzeptiert. Die Beweisaufnahme in dem anderen Verfahren vor dem Landgericht Berlin - AZ: 25 O 383/24 - habe im Übrigen nur ergeben, dass sich der Zeuge S## nicht mehr habe erinnern können wie es zu dem Aufbringen der Zusätze auf den Mietverträgen gekommen sei.

    Es möge sein, dass die Parteien bei Vertragsschluss vorsorglich auch beide Seiten der Hausordnung unterzeichnet hätten; dies sei aber nicht notwendig gewesen. Denn durch den Verweis "Siehe Rückseite" sei der komplette Text auf der Rückseite durch die Unterschrift abgedeckt.

    Schließlich übersehe die Klägerin die jahrelange Übung des Mietverhältnisses als Wohnraummietverhältnis. So habe die Klägerin selbst zuletzt die Zustimmung zur Mieterhöhung nach §§ 558 ff. BGB verlangt und in diversen Modernisierungsankündigungen eine Erhöhung der Miete gemäß §§ 559 ff. BGB in Aussicht gestellt. Der Vertragstext stelle auch ohne den späteren streitgegenständlichen Zusatz mehrmals ausdrücklich klar, dass zwischen den Parteien Wohnraummietrecht gelten solle.

    II.

    Der gemäß §§ 339, 340 ZPO zulässige Einspruch gegen das die Berufung der Klägerin zurückweisende Versäumnisurteil des Senats ist zulässig; er hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

    Die Klägerin hat gegen die Beklagten zu 1), 2), 5) und 6) keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der im 3. Obergeschoss gelegenen Räume in der R####### Straße ## in B###. Denn das Mietverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) ist weder durch die fristgemäße Kündigung der Klägerin gemäß Schreiben vom 07. August 2012 noch durch die fristlosen Kündigungen vom 20. Januar 2014 sowie vom 07. und 21. Juli 2014 wirksam beendet worden. Auch die in der Berufungsinstanz ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

    1.

    Zunächst ist davon auszugehen, dass mit der Vermietung von Wohnraum an eine GmbH kein Wohnraummietverhältnis begründet wird. Bei der Frage, ob ein Mietverhältnis über Wohnraum vorliegt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Zweck abzustellen, den der Mieter mit der Anmietung des Mietobjekts vertragsgemäß verfolgt. Geht der Zweck des Vertrages dahin, dass der Mieter die Räume weitervermietet oder sonst Dritten - auch zu Wohnzwecken - überlässt, sind die Vorschriften des Wohnraummietrechts auf das (Haupt-) Mietverhältnis nicht anwendbar (vgl. BGH Urteil vom 16.07.2008 - VIII ZR 282/07, NJW 2008, 3361, Tz. 11; BGH Urteil vom 23.04.1997 - VIII ZR 212/96, GE 1997, 796 jeweils m.w.N.). Eine juristische Person kann schon begrifflich nicht zu (eigenen) Wohnzwecken anmieten (vgl. BGH Urteil vom 23.05.2007 - VIII ZR 122/06, NJW-RR 2007, 1460 und - VIII ZR 113/06, NJW-RR 2007, 1516).

    Die Geltung der Mieterschutzvorschriften der §§ 573 ff. BGB kann aber ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten der Parteien vereinbart werden, so dass der gesetzliche Kündigungsschutz für den Vertrag maßgebend sein soll (vgl. BGH Urteil vom 13.02.1985 - VIII ZR 36/84, aaO., Tz. 14; vgl. OLG Hamburg Urteil vom 29.10.1997 - 4 U 61/97, NJW-RR 1998, 1382; OLG Naumburg Beschluss vom 22.07.1993 - 2 RE- Miet 1/92, WuM 1995, 142, [OLG Naumburg 22.07.1993 - 2 RE Miet 1/92] Tz. 18f.). Maßgebend ist hierbei, ob der Vertrag inhaltliche Regelungen enthält, die (nur) das Wohnraummietrecht betreffen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ein Formular verwendet wird, das die hierfür maßgebenden Schutzvorschriften wiedergibt (Schmidt- Futterer/Blank, Mietrecht, 12. Auflage, vor § 535 BGB, Rdnr. 103; vgl. LG Berlin Urteil vom 09.09.2011 - 63 S 605/10, GE 2011, 1484 und vorgenannte Rechtsprechungsnachweise; vgl. Hinweisbeschluss des Senats vom 30. März 2015 - 8 U 205/15; Senatsurteil vom 08.12.2014 - 8 U 117/14: hier verneint).

    Diese Voraussetzungen liegen hier bereits aufgrund des (ursprünglichen) Mietvertrages vom 17. September 1982 vor, ohne dass es darauf ankäme, ob die Vertragsparteien im Jahre 1984 die streitgegenständliche Zusatzvereinbarung unter Ziffer 5 abgeschlossen haben.

    a)

    Der Vertrag ist überschrieben mit "Mietvertrag für Wohnräume" und ist offenbar auch ein Formularmietvertrag, der für Wohnraummietverhältnisse gefertigt ist, und enthält maßgebliche wohnungsmietrechtliche Vereinbarungen. Durch die Zugrundelegung dieses Formulars haben die Parteien zu erkennen gegeben, dass sie den Vertrag im Rahmen der Formularklauseln dem Wohnraummietrecht unterstellen wollen (vgl. OLG Hamburg Urteil vom 29.10.1997 - 4 U 61/97, aaO.). Maßgebliche Vorschriften des verwendeten Formularmietvertrages orientieren sich an dem für Wohnraummietverhältnisse geltenden Recht. Dies gilt insbesondere für die Ausgestaltung der ordentlichen Kündigung (§ 2 Ziffer 2 des Vertrages). So werden in § 2 Ziffer 2 die Kündigungsfristen für den Mieter und den Vermieter vereinbart, wie sie sich aus § 573 c BGB a.F. ergeben. Danach verlängert sich die Kündigungsfrist für den Vermieter in Abhängigkeit von der Zeit der Überlassung des Wohnraums. Zwar würde die Überschrift "Mietvertrag für Wohnräume" und die Aufnahme von Kündigungsfristen entsprechend § 573 c BGB allein nicht ausreichen (vgl. Senatsbeschluss vom 12. März 2015 - 8 U 214/14). Vorliegend ist aber weiter geregelt, dass die Kündigung schriftlich erfolgen muss unter Angabe sämtlicher Kündigungsgründe und unter Hinweis auf das Widerspruchsrecht (Hervorhebbg. d.d. Senat). Eine solche Regelung findet sich nur im Wohnraummietrecht, wonach für die ordentliche Kündigung - anders als im Gewerberaummietrecht - dem Mieter mitzuteilende Kündigungsgründe vorliegen müssen. Das angesprochene Widerrufsrecht ergibt sich aus § 574 BGB, der nur im Wohnraummietrecht gilt.

    Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Vertrag von dem Vertrag, der dem Hinweisbeschluss des Senats vom 12. März 2015 - 8 U 214/14 - zugrunde lag. Jener Vertrag enthielt keine Regelung, die für die Kündigung ausdrücklich das Vorliegen von Kündigungsgründen verlangte. Vielmehr war in jenem Vertrag (nur) vorgesehen, dass der Vertrag "von jedem Vertragsteil" mit den dort geregelten Fristen, die den § 565 Abs. 2 BGB a,F. nachgebildet waren, gekündigt werden kann; ein Wille die Kündigungsmöglichkeit des Vermieters - etwa nur bei bestimmten Gründen - einzuschränken, war hierin nicht geregelt.

    Entsprechendes gilt für die Entscheidung des Senats vom 08.12.2014 - 8 U 117/14 -. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt war ein Vertrag zu beurteilen, in dem ebenfalls Kündigungsgründe nicht angesprochen worden sind.

    Darüber hinaus deuten weitere Regelungen im Mietvertrag auf das Wohnraummietrecht hin und sind daher als ergänzende Indizien mit heranzuziehen.

    So wird in § 3 Ziffer 6 des Mietvertrages auf die gesetzlichen oder behördlichen Regelungen zur Mieterhöhung abgestellt und ausdrücklich geregelt, dass es einer fristgerechte Mitteilung gemäß § 18 I.BMG (d.h. Bundesmietengesetz) nicht bedürfe. Das Bundesmietengesetz galt nur für Wohnraummietverhältnisse im Rahmen des Mietpreisbindungsrechts für Altbauten in Berlin.

    Darüber hinaus wird in der Zusatzvereinbarung vom 17.09.1982 auf preisrechtlich zulässige Mieterhöhungen Bezug genommen. Unstreitig ist die Zusatzvereinbarung zu den Ziffer 1 bis 4 auf der Rückseite der Hausordnung angebracht und von beiden Vertragsparteien unterzeichnet. Sie ist damit im vorgenannten Umfange wirksam vereinbart, wovon auch die Klägerin ausgeht. In Ziffer 2 ist geregelt, dass bei einem späteren Einbau einer Zentralheizung die Umlage der Kosten nach der AMV (z.Zt. 11 %) erfolgen soll. Auch in Ziffer 3 wird darauf hingewiesen, dass modernisierungsbedingte Kosten nach der AMV umgelegt werden. Die Verordnung über den Mietpreis für den bis zum 31. Dezember 1949 bezugsfertig gewordenen Wohnraum in Berlin, Altbaumietenverordnung Berlin (gültig bis 31.12.1987), galt nur für preisgebundenen Wohnraum.

    b)

    Ferner ist die Klägerin im Laufe des Mietverhältnisses selbst von der Anwendbarkeit des Wohnungsmietrechts ausgegangen. Zwar ist für die Auslegung des Vertrages auf den Willen des ursprünglichen Vermieters, der den Mietvertrag abgeschlossen hat (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Auflage, § 133 BGB, Rdnr. 17) abzustellen. Jedoch hat die Klägerin, die in den Mietvertrag auf Vermieterseite eingetreten ist, diesen offenbar auch als Wohnraummietvertrag aufgefasst. So hat die Klägerin mit Schreiben vom 28.02.2008 (eingereicht als Anlage zur Berufungserwiderung der Beklagten zu 2), 5) und 6) vom 18.12.2014) Modernisierungsmaßnahmen nach § 554 Abs. 3 BGB angekündigt und unter Angabe der voraussichtlichen Kosten die zu erwartende Mieterhöhung mit 137,08 €/ p.M. angegeben. Ferner hat die Klägerin am 30. April 2013 (Bd. I, Bl. 115) ein "Ankündigungsschreiben über Modernisierungsmaßnahmen gem. § 554 Abs. 2 BGB ..." abgegeben und unter Bezugnahme auf § 559 Abs. 1 BGB die Erhöhung der jährlichen Miete um 11 % der für die "Wohnung" aufgewendeten Kosten mit ca. 190,25 € errechnet. Zwar galt die Regelung des § 554 BGB a.F. über § 578 Abs. 2 BGB a.F. auch im Gewerberaummietrecht, nicht hingegen die Vorschrift des § 559 BGB a.F., weil dort das System der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht gilt und der Verweis in § 578 BGB fehlt (vgl. Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Auflage, 2004, § 559 BGB, Rdnr. 4). Darüber hinaus hat die Klägerin mit Schreiben der Hausverwaltung L########### GmbH vom 18.09.2010 (Bd. I, Bl. 118) ein Mieterhöhungsverlangen gemäß § 558 BGB gegenüber der Beklagten zu 1) abgegeben und unter Hinweis auf die maßgeblichen Vorschriften der §§ 558, 558 a BGB unter Bezugnahme auf den Berliner Mietspiegel 2009 (als Begründungsmittel) sowie der Kappungsgrenze den erhöhten Mietzins berechnet und um Zustimmung zur Mieterhöhung ersucht.

    Dies sind weitere Indizien für die Vereinbarung von Wohnungsmietrecht, denn die Regelungen über die Miethöhe bilden im Wohnraummietrecht zusammen mit den Kündigungsschutzvorschriften einen sich gegenseitig bedingenden Schutzmechanismus (vgl. OLG Naumburg Beschluss vom 22.07.1993 - 2 RE- Miet 1/92, aaO., Tz. 19).

    c)

    Da die Mietvertragsparteien die Anwendbarkeit von Wohnraummietrecht vereinbart haben, kann dahin gestellt bleiben, ob die damalige Vermieterin und der Beklagte zu 1) im Jahre 1984 eine ausdrückliche Vereinbarung mit dem Inhalt, wie er sich aus Ziffer 5 der vom Beklagten zu 1) vorgelegten Zusatzvereinbarung (Anlage B 1 vorgelegt) ergibt, getroffen haben.

    d)

    Der Vertrag ist auch nicht ordentlich kündbar, weil ein Formmangel - etwa in Bezug auf die Geltung von Wohnraummietrecht - vorliegt (§ 580 a Abs. 2 BGB i.V.m. § 550 BGB).

    Formbedürftige Vertragsklauseln sind der Auslegung zugänglich; die Form ist gewahrt, wenn die Einigung über den vertragswesentlichen Punkt beurkundet ist und sich hinreichend bestimmbar aus der Urkunde ergibt (vgl. BGH Urteil vom 29.04.2009 - XII ZR 142/07, NJW 2009, 2195, Tz. 22; BGH Urteil vom 02.11.2005 - XII ZR 212/03, NJW 2006, 139). Aus den unter Abschnitt 1. a) dargelegten Gründen kommt in der Vertragsurkunde die Geltung von Wohnraumschutzvorschriften hinreichend deutlich zum Ausdruck. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob die Schriftform eingehalten ist, obwohl die Unterschriften nicht unter der behaupteten Zusatzvereinbarung zu Ziffer 5 angebracht sind. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass Nachträge grundsätzlich unterschrieben werden müssen (vgl. BGH NJW-RR 1990, 518 [BGH 24.01.1990 - VIII ZR 296/88]). Die Unterschrift muss hierbei den Urkundentext in der Regel räumlich abschließen, eine "Oberschrift" ist nicht ausreichend (BGHZ 113, 48; Palandt/Ellenberger, aaO., § 126 BGB, Rdnr. 6).

    2.

    Ein für die Beendigung des Mietverhältnisses erforderliches berechtigtes Interesse gemäß § 573 BGB bzw. aus besonderem Grund nach §§ 543, 569 BGB hat die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Klägerin nicht dargelegt. Insoweit nimmt der Senat zunächst auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung (Seite 8 - 9) Bezug, mit denen sich die Klägerin in den Berufungsgründe nicht auseinander gesetzt hat.

    a)

    Die Klägerin hat mit den Schriftsätzen vom 20. Januar 2014, 07. Juli 2014 und 21. Juli 2014 jeweils eine außerordentliche Kündigung erklärt und damit begründet, dass der Beklagte zu 1) nicht bereit gewesen sei, angekündigte Modernisierungsmaßnahmen zu dulden.

    Gemäß § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund von jeder Vertragspartei fristlos gekündigt werden. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 543 Abs. 1 Satz 2 BGB). Zwar kann eine fristlose Kündigung nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen auch schon vor Erhebung einer Klage auf Duldung von Modernisierungsmaßnahmen und Erwirkung des Titels gerechtfertigt sein, wenn der Mieter seine Pflicht gemäß § 554 BGB a.F. (vgl. jetzt §§ 555 a bis 555 d BGB) verletzt, die Instandsetzung oder Modernisierung der Mietsache zu dulden (vgl. BGH Urteil vom 15.04.2015 - VIII ZR 281/13, GE 2015, 536, Tz. 20 m.w.N).

    Die Klägerin hat aber nicht schlüssig behauptet, dass ihr unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar wäre.

    Die Klägerin hat die Modernisierungsankündigung vom 16.06.2011 schon nicht vollständig eingereicht (Anlage K 4, Bd. I, Bl. 91). Es liegt nur die erste Seite des Ankündigungsschreibens vor. Die Modernisierungsankündigung vom 27.06.2012 (Anlage K 5, Bd. I, Bl. 92) betrifft - worauf die Beklagten hingewiesen haben - eine andere Wohnung, nämlich eine Wohnung im 2. Obergeschoss. Daher ist schon nicht ersichtlich, dass die Klägerin berechtigt wäre, Modernisierungsmaßnahmen in der Wohnung auszuführen. Der (unsubstantiierte) Vortrag der Klägerin ist nicht geeignet, eine Interessenabwägung vornehmen zu können, so dass ein wichtiger Grund für die Kündigung nicht feststellbar ist.

    b)

    Die Klägerin stützt die Kündigungen weiter darauf, dass der Beklagte zu 1) eine Besichtigung der Wohnung durch die Klägerin nicht zugelassen habe.

    Die behauptete einmalige Besichtigungsverweigerung, die die Klägerin zudem nicht unter Beweis gestellt hat, ist nicht geeignet, eine erhebliche kündigungsrelevante Pflichtverletzung zu begründen.

    Die Klägerin hat auch nichts zu einem konkreten Besichtigungsgrund vorgetragen.

    Nach der Rechtsprechung des BGH steht dem Vermieter ein Recht, die Mietsache auch ohne besonderen Anlass in einem regelmäßigen zeitlichen Abstand zu besichtigen, nicht zu. Vielmehr besteht eine vertragliche, aus § 242 BGB herzuleitende Nebenpflicht des Mieters, dem Vermieter - nach entsprechender Vorankündigung - den Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren, nur dann, wenn es hierfür einen konkreten sachlichen Grund gibt, der sich zum Beispiel aus der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Objekts ergeben kann (vgl. BGH Urteil vom. 04.06.2014 - VIII ZR 289/13, GE 2014, 1053, Tz. 19, 20 m.w.N). Solche sachlichen Gründe sind mangels Vortrag der Klägerin hier nicht ersichtlich.

    Im Übrigen haben die Beklagten zu 2),5) und 6) mit Schriftsatz vom 25.03.3015 (Bd. II, Bl 78/79) unbestritten vorgetragen, dass die Klägerin die Wohnung am 04. Mai 2012 in Begleitung von zwei Personen besichtigt hat.

    c)

    Die behauptete Nichtausführung von Schönheitsreparaturen berechtigt die Klägerin ebenfalls nicht, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen.

    Unterlässt es der Mieter, während der Mietzeit laufende Schönheitsreparaturen, die er vertraglich übernommen hat, auszuführen, so kann der Vermieter jedenfalls bei Wohnraummietverhältnissen deswegen nur dann fristlos kündigen, wenn hierdurch das Mietobjekt gefährdet würde bzw. eine Substanzverletzung des Mietobjektes vorliegt (vgl. LG Itzehoe WuM 1989, 76, [LG Itzehoe 16.08.1988 - 1 S 25/88] LG Münster WuM 1991, 33; vgl. Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Auflage, XII, Rdnr. 52, XII, Rdnr. 107). Dies gilt auch für das vorliegende Gewerberaummietverhältnis. Die Klägerin hat aber nichts dazu vorgetragen, dass eine solche Substanzgefährdung droht.

    Ungeachtet dessen besteht ein Recht zur Kündigung nur, wenn der Mieter sich beharrlich weigert, seine Pflicht zur Ausführung von Schönheitsreparaturen zu erfüllen (vgl. Landgericht Berlin GE 1999, 1052). Hierzu hat die Klägerin nichts Substantielles vorgetragen. Dagegen spricht im Übrigen, dass der Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 20.02.2014 an die Prozessbevollmächtigten der Untermieter (Bd. I, Bl. 135), die Untermieter zur Ausführung von Schönheitsreparaturen aufgefordert hat.

    Es mag daher dahin gestellt bleiben, ob der Beklagte zu 1) zur Ausführung von Schönheitsreparaturen überhaupt verpflichtet ist oder ob - wie die Beklagten zu 2),5) und 6) geltend machen - die mietvertraglichen Klauseln in § 3 in Verbindung mit Ziffer 1 der Zusatzvereinbarung unwirksam sind. Es handelt sich bei der Zusatzvereinbarung um allgemeine Geschäftsbedingungen. Denn die Klägerin hat diese Zusatzvereinbarung auch bei weiteren Mietverträgen gestellt (vgl. Mietverträge Anlage B 2 bis B 4 betreffend andere Wohnungen). Die formularmäßige Übertragung ist dann unwirksam, wenn die üblichen Pflichteninhalte überzogen werden oder die Verpflichtung des Mieters mit anderen Pflichten zu einem einheitlichen Komplex verbunden wird (Summierungseffekt); vgl. Sternel, aaO., Rdnr. IX 37). Jedenfalls in Wohnraummietverhältnissen sind Klauseln, wonach das Streichen der Fenster und Türen nicht nur von innen, sondern auch von außen verlangt wird, unwirksam (vgl. KG Beschluss vom 17.09.2007 - 8 U 77/08, GE 2008, 987; BGH Urteil vom 13.01.2010 - VIII ZR 48/09, WuM 2010, 85 jeweils für Wohnraummietverhältnis; Langenberg/ Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückgabe, 5. Auflage, Teil I, Rdnr. 19 für Gewerberaummietverhältnis).

    3.

    Soweit die Klägerin ihr Räumungsbegehren ferner auf die Kündigung im Berufungsschriftsatz vom 15.10.2014 stützt, ist auch diese Kündigung aus den obigen Gründen unwirksam und hat nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

    Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO).

    Vorschriften§ 573c BGB