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  • 04.12.2015 · IWW-Abrufnummer 145926

    Kammergericht Berlin: Urteil vom 22.09.2008 – 26 U 47/08

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Kammergericht

    Im Namen des Volkes

    Geschäftsnummer: 26 U 47/08
    verkündet am : 22.09.2008

    36 O 449/07 Landgericht Berlin

    In dem Rechtsstreit

    xxx

    hat der 26. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Hennemann und die Richter am Kammergericht von Gélieu und Crass

    für Recht erkannt:

    Auf die Berufung des Beklagten wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 18. Januar 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin
    - 36 O 449/07 - geändert und wie folgt neu gefasst:

    Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 33.745,31 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz seit dem
    2. Oktober 2007 zu zahlen.

    Die weitergehende Klage und die Widerklage werden abgewiesen.

    Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 17 % und der Beklagte 83 %
    zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des jeweiligen Gegners
    gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages
    abzuwenden, wenn nicht dieser Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser
    Höhe leistet.

    Die Beschwer des Beklagten übersteigt 20.000,-- EUR, die Beschwer des Klägers
    übersteigt 20.000,-- EUR nicht.

    Gründe

    I.

    Der Kläger nimmt den Beklagten auf Rückzahlung von Mitgliedsbeiträgen in Anspruch. Er zahlte an den Beklagten Anfang des Jahres 2007 den Mitgliedsbeitrag für das gesamte Jahr 2007 in Höhe von 113.000,-- EUR. Am 23. August 2007 wurde der Kläger aus dem Beklagten ausgeschlossen. Dieser Ausschluss wurde dadurch wirksam, dass der Kläger den Antrag auf Entscheidung durch die Mitgliederversammlung zurückgenommen hat; die Rücknahmeerklärung ist spätestens am 13. September 2007 dem Beklagten zugegangen.

    Das Landgericht hat gemäß dem angefochtenen Urteil den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Rückzahlung des Beitrages für 131 Tage (23.08. bis 31.12.2007) verurteilt. Die Widerklage des Beklagten hat es zurückgewiesen.

    Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
    Gegen dieses Urteil, das ihm am 25. März 2008 zugestellt worden ist, hat der Beklagte am 1. April 2008 Berufung eingelegt. Seine Berufungsbegründung ist am 25. April 2008 bei dem Kammergericht eingegangen.

    Der Beklagte rügt, das Landgericht habe die mangels vorangehende, satzungsrechtliche, Regelung anzuwendenden gesetzlichen Grundsätze unzutreffend angewandt. Abzustellen sei auf § 39 BGB. Danach bestehe kein Anspruch auf Rückzahlung bereits geleisteter Mitgliedsbeiträge. Dies folge auch daraus, dass Beitragsleistungen mit der Zahlung uneingeschränkt dem Vereinsvermögen zuflössen. Die Leistung des Klägers sei auch nicht ohne rechtlichen Grund erfolgt, da er, obwohl die Satzung eine Fälligkeitsbestimmung nicht enthält, auf eine fällige Beitragsforderung geleistet habe.

    Der Beklagte beantragt,
    unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 18.01.2008 (36 O 449/07) die Klage abzuweisen und im Wege der Widerklage den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten 1.286,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Dezember 2007 zu zahlen.

    Der Kläger beantragt,
    die Berufung zurückzuweisen.

    Er verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Im Übrigen erwidert er, dass der Beklagte übersehe, dass es nicht um eine Vermögensauseinandersetzung gehe, sondern um die Rückzahlung „frustrierter“ Beiträge, da sie nämlich die Zeit nach dem Ausschluss aus dem Beklagten betreffen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

    II.

    1. Die Berufung ist zulässig, da sie statthaft ist und form- und fristgerecht eingelegt und begründet wurde (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO). Sie erweist sich jedoch im Ergebnis als weithin unbegründet.

    2. Anspruchsgrundlage für den Kläger ist § 812 Abs. 1 S. 1 1. Altern. BGB (Leistungskondiktion), da der erfolgten Beitragszahlung für die Zeit nach Wirksamwerden des Ausschlusses eine Gegenleistung in Form der Vereinsmitgliedschaft nicht mehr gegenüber steht. Der Senat verkennt nicht, dass in Rechtsprechung und Literatur ein klarer Lösungsweg für den hier vorliegenden Fall nicht angeboten wird. Entgegen der Auffassung des Beklagten erscheint es aber unrichtig, eine Beitragsverpflichtung des Klägers für das Gesamtjahr als bereits vor seinem Ausscheiden begründete fällige Verpflichtung anzusehen. Allerdings ist anerkannt, dass nach einem Austritt, dem der Ausschluss gleichzusetzen ist, dem ausscheidenden Mitglied weder ein Abfindungsanspruch zusteht (Lettl AcP 2003, 149/179) noch ein Anspruch auf Erstattung des Aufnahmebeitrags (OLG Brandenburg OLG-NL 2005, 177). Vor dem Ausscheiden entstandene vermögensrechtliche Ansprüche bleiben bestehen. Beiträge, die die Zeit vor dem Ausscheiden betreffen, aber erst danach fällig werden, braucht der Ausgeschiedene nicht zu bezahlen. Demgegenüber müssen vor seinem Ausscheiden wirksam entstandene Verpflichtungen noch erfüllt werden (Bundesverfassungsgericht NJW 1991, 2626; AG Grevenbroich NJW 1991, 2646).
    Hier ist entgegen der Auffassung des Beklagten jedoch nicht festzustellen, dass der Jahresbeitrag für das Jahr 2007 bereits Anfang des Jahres 2007 insgesamt fällig geworden ist. Allerdings hat der Kläger seinen Beitrag wohl unstreitig stets frühzeitig gezahlt. Dazu war er jedoch nicht verpflichtet. Denn eine entsprechende Klausel findet sich in der Satzung nicht (vgl. zur Bedeutung satzungsmäßiger Festlegungen für Zahlungspflichten zuletzt BGH ZIP 2008, 1423). Auch aus Punkt 7.6. des Protokolls vom 29. September 2006 ergibt sich nicht, dass die Beiträge für das Jahr 2007 bereits Anfang des Jahres - an einem genauen Datum fehlt es ohnehin - fällig sein sollten. Nach alledem erscheint die Auffassung des Beklagten, nach dem Rechtsgedanken des § 39 BGB (vgl. dazu auch § 4 Abs. 4 der Satzung), dass der gezahlte Beitrag auch, soweit es um die Zeit nach dem Ausschluss geht, als ununterscheidbarer Teil des Vereinsvermögens angesehen werden kann, als unrichtig. Es geht insoweit nicht um eine Abfindung, sondern darum, dass Mitgliedsbeiträge nur bis zum Ende der Mitgliedschaft geschuldet sind (vgl. Reichert, Vereins- und VerbandsR , 11. Aufl., Rn 1069; Stöber, Handbuch des Vereinsrechts, 9. Aufl., Rn 219). Der im Voraus - ohne dass in der Satzung ein Fälligkeitszeitpunkt festgelegt ist - gezahlte Beitrag steht dem Verein nur bis zum Ende der Mitgliedschaft zu, da sich der Verein den Beitrag durch seine Leistung im gesamten Beitragszeitraum - hier das gesamte Jahr 2007 - verdienen muss. Im Sinne des Beklagten wäre dann anders zu entscheiden, wenn in der Satzung oder auf anderem Wege ein Fälligkeitstermin für den gesamten Jahresbeitrag festgelegt worden wäre. Hinzu kommt noch, dass das Ausscheiden des Klägers von dem Beklagten selbst herbeigeführt worden ist und es nicht etwa durch Austritt erfolgt ist.

    3. Der Höhe nach besteht der Rückforderungsanspruch des Klägers jedoch nicht in Bezug auf 131 Tage (vom 23.08. bis 31.12.2007), sondern nur für 109 Tage (vom 14.09. bis 31.12.2007). Denn erst mit dem unstreitig spätestens am 13. September 2007 erfolgten Zugang des Schreibens des Klägers, in dem dieser den Antrag auf Entscheidung der Mitgliederversammlung zurückgenommen hat, ist der Ausschluss wirksam geworden. Damit endet der Zeitraum, für den der Beitrag geschuldet war, mit dem 13. September 2007, während die Leistung für die Zeit ab dem 14. September 2007 rechtsgrundlos erfolgt ist. Die Klageforderung reduziert sich deshalb von 40.556,29 EUR auf 33.745,31 EUR.

    4. Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB.

    5. Die Widerklage des Beklagten ist unbegründet, ihm steht ein Anspruch aus § 286 BGB nicht zu, da die Mahnung des Klägers zu Recht erfolgt ist. Die Forderung des Klägers bestand und war bereits fällig. Eine Pflichtverletzung des Klägers liegt nicht vor.

    6. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.

    Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, da der Fall weder eine Rechtssache von grundlegender Bedeutung betrifft noch erkennbar die Entscheidung von ober- oder höchstgerichtlicher Rechtsprechung abweicht.