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  • 30.04.2015 · IWW-Abrufnummer 144401

    Landgericht Düsseldorf: Urteil vom 12.08.2014 – 1 O 307/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Düsseldorf

    1 O 307/13

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

    Tatbestand

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    Der Beklagte ist ein Verein, welchem als Dachorganisation die einzelnen Landesverbände der Bestattungsbranche oder Innungen als Mitglieder angehören. Der Kläger gehört dem Beklagten an.

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    Am 24. Oktober 2013 fand in Freyburg eine Mitgliederversammlung des Beklagten statt. Mit mehr als 75% der Stimmen der Mitgliederversammlung wurde im Rahmen dieser Mitgliederversammlung eine Satzungsänderung (im Folgenden gekennzeichnet durch „Satzung n.F.“) beschlossen. Der Landesverband U und der Kläger stimmten gegen die Änderung. Der Landesverband N enthielt sich der Stimme. Die Stimmrechte der einzelnen Mitgliedsverbände richten sich nach der Anzahl ihrer Mitgliedsunternehmen. Diese Anzahl wird jeweils zu Beginn eines Kalenderjahres festgestellt.

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    Der Kläger ist der Ansicht, dass die Satzungsänderungen in einigen Punkten ungültig und damit nichtig sein. Im Einzelnen:

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    § 11 Abs. 2 b Satzung n.F. lasse eine Regelung für die Abberufung des Generalsekretärs vermissen. Die neue Fassung der Satzung sei insoweit unvollständig und/oder missverständlich. Im Gegensatz zu § 13 Abs. 2 lit. i. Satzung a.F., in welcher die Mitgliederversammlung für die „Zustimmung zum Abschluss und zur Beendigung des Anstellungsvertrages mit dem Generalsekretär“ zuständig war, sei sie nunmehr, nachdem der Generalsekretär Organ des Bundesverbandes ist, nur noch für die „Bestellung des Generalsekretärs“ zuständig. Dieser könne folglich – nicht einmal aus wichtigem Grund – nicht mehr abberufen werden. Da die Abberufung anderer Organe in § 21 Satzung n.F. ausdrücklich normiert sei, könne die Abberufung des Generalsekretärs auch nicht durch Auslegung als Annexkompetenz erreicht werden.

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    § 11 Abs. 4 Satzung n.F. greife unzulässigerweise in die Satzungsautonomie der einzelnen Mitgliedsverbände ein. Die Beschränkung des Teilnahmerechtes auf die organschaftlichen Vertreter des Mitgliedsverbandes sei zwar sachlich begründet und nicht zu beanstanden. Das Zustandekommen der Zusammensetzung des Vorstandes eines Mitgliedsverbandes obliege jedoch alleine den Landesverbänden. Der Kläger sehe satzungsgemäß die Möglichkeit vor, dass der (gewählte) Vorstand einen Geschäftsführer in den Vorstand beruft. Durch die Einführung des Erfordernisses der Vertretung in der Mitgliederversammlung durch ein gewähltes Vorstandsmitglied in § 11 Abs. 4 Satzung n.F. würde der Kläger genötigt, seine Satzung zu ändern, um die Teilnahme der von ihm gewünschten Vertreter in der Mitgliederversammlung zu ermöglichen. Dies widerspreche auch dem Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn Mitgliedsverbände nach dem Zustandekommen ihres legitimen Vorstandes unterschiedlich behandelt würden.

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    Die vollständig neu eingeführte Regelung des § 11 Abs. 5 S. 4 Satzung n.F. widerspreche dem Gleichbehandlungsgrundsatz der Mitglieder (§ 9 Abs. 1 Satzung n.F.). Das Gestatten der Teilnahme an der Mitgliederversammlung lediglich für hauptamtlichen Geschäftsführer, die in ihrer Verbandsgeschäftsstelle mehr als 600 Mitglieder betreuen, würde einzig den Landesverband O begünstigen. Dieser sei der einzige Landesverband, der die nötige Mitgliedergröße aufweise und der einen hauptamtlichen Geschäftsführer beschäftige. Der Kläger als zweitstärkster Mitgliederverband mit 397 Mitgliedsunternehmen und seit der Gründung im Jahr 1948 stets durchgehend nur über einen nebenberuflichen Geschäftsführer verfügend, könne sich nunmehr durch ihren Geschäftsführer, in aller Regel ein Angehöriger der rechtsberatenden Berufe, während einer Mitgliederversammlung nicht mehr beraten lassen. Durch die jahrelange Übung, nämlich dass der Kläger seit seiner Gründung einen Rechtsanwalt als (nebenberuflichen) Geschäftsführer führe und dieser an den Mitgliederversammlungen des Beklagten teilnehme, habe sich eine Observanz gebildet, welche eine verbandsinterne Bindungswirkung habe, die ohne sachlichen Grund nicht schlicht „gekippt“ werden könne. Schließlich seien die in den Mitgliederversammlungen zu diskutierenden und zu entscheidenden Fragen sehr häufig rechtlicher Art und deren Auswirkungen und Folgen seien für einen juristischen Laien häufig weder abzusehen noch zu beurteilen. Auch andere Landesverbände hätten in der Vergangenheit deshalb eigene, beratende Rechtsanwälte hinzugezogen. Da der Beklagte selbst die Stelle des Generalsekretärs durch einen Rechtsanwalt besetzt habe, hätten die Mitglieder im Sinne einer „Waffengleichheit“ ebenfalls das Recht interne rechtliche Beratung im Rahmen von Mitgliederversammlungen in Anspruch zu nehmen.

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    Schließlich führe die Kappungsgrenze hinsichtlich der Gesamtstimmenzahl eines einzelnen Mitgliedsverbandes in der Mitgliederversammlung bei 50% gemäß § 13 Abs. 3 Satzung n.F. dazu, dass ein Mitgliedsverband, der diese Stimmenanzahl erreicht, alle Entscheidungen, welche eine Mehrheit von 75% erfordern, alleine entscheiden könne. Dies verstoße, sofern ein einziger von 16 Mitgliedsverbänden entscheidungsbefugt sei, gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Eine Kappungsgrenze von 25% sei angemessen und ausreichend.

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    Soweit der Beklagte anführt, dass Hintergrund der Regelungen eine Einbindung und alleinige Bestimmung der Angehörigen des Berufsverbandes und eine Beschränkung der Mitspracherechte Externer sei, sei zu beachten, dass der Beklagte mittlerweile eher Konzernstrukturen aufweise als ein „reiner Berufsverband“ zu sein.

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    Wie sich aus TOP 5 des Protokolls zur Mitgliederversammlung (Anlage K9) ergebe, seien in § 11 Satzung n.F. noch zwei Änderungen aufgenommen worden, welches nicht angekündigt gewesen sei. Über die vorgenommenen Änderungen in der Satzung hätte im Übrigen einzeln abgestimmt werden müssen. Ein „Gesamtbeschluss“ sei rechtlich nicht haltbar.

    11

    Schließlich handele es sich bei dem Beklagten um einen „sozialmächtigen Verein“. Im Bereich der Bestattungsbranche handele es sich um einen monopolartigen Berufsverband. Eine vergleichbare, bundesweite berufsständische Organisation im Bereich des Bestattungswesens gebe es nicht. Der Beklagte unterhalte eine Vielzahl von Tochtergesellschaften, welche diverse Dienstleistungsbereiche abdecken und organisieren würde. Die bei dem Beklagten organisierten Landesverbände hätten die Möglichkeit, die Berechtigung zur Tragung des Markenzeichens zu erlangen, welches nach außen hin ein absolutes Qualitätsmerkmal sei und keine vergleichbaren Angebote auf dem Bestattungsmarkt habe. Der Beklagte verzeichne nach eigener Darstellung von den in Deutschland ca. 5.000 selbständigen Bestattungsunternehmen über 3.000 als Mitgliedsunternehmen.

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    Die Satzungsautonomie des Beklagten könne nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Diskriminierungsverbot schlicht ignorieren.

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    Der Kläger beantragt,

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    festzustellen, dass der von der Mitgliederversammlung des Beklagten vom 24.10.2013 zu TOP 5 „Änderung der Satzung des Bundesverbandes“ gefasste Beschluss hinsichtlich dessen Änderungen in § 11 Abs. 2 b, § 11 Abs. 4, § 11 Abs. 5 und § 13 Abs. 3 (neuer Fassung) nichtig ist.

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    Soweit mit dem Klageantrag die Nichtigkeit des Beschlusses zur Satzungsänderung geltend gemacht wird, beantragt der Kläger hinsichtlich § 11 Abs. 2 b (n.F.) hilfsweise,

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    festzustellen, dass § 11 Abs. 2 b (n.F.) auch die Abberufung des Generalsekretärs, insbesondere aus wichtigem Grund, umfasst.

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    Der Beklagte beantragt,

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    die Klage abzuweisen.

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    Der Beklagte trägt vor, dass der Antrag auf Feststellung einer teilweisen Nichtigkeit des in der Mitgliederversammlung gefassten Beschlusses grundsätzlich nicht möglich und daher unzulässig sei.

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    Darüber hinaus seien die Satzungsänderungen wirksam und von der Mitgliederversammlung mit der erforderlichen satzungsändernden Mehrheit beschlossen worden.

    21

    Sämtliche Beschlüsse seien verfahrensfehlerfrei durch das zuständige Gremium mit der notwendigen Mehrheit verabschiedet worden. Rechtsverstöße seien nicht ersichtlich.

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    Der „Gleichbehandlungsgrundsatz“, auf welchen der Kläger sich beruft, sei in der vorliegenden Konstellation überhaupt nicht anwendbar.

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    Hinsichtlich § 11 Abs. 2 b Satzung n.F. falle neben der Bestellung auch die Abberufung des Generalsekretärs in die Kompetenz der Mitgliederversammlung. Dies sei als actus contrarius im Wege der Auslegung ermittelbar. Ein Wille der Mitglieder, den Generalsekretär auf Lebenszeit zu bestellen, sei nicht erkennbar. Darüber hinaus sei eine Abberufung aus wichtigem Grund jederzeit ohne entsprechende Satzungsänderung möglich, da eine Einschränkung dieses Rechts nicht möglich sei. Es fehle daher bereits an einem Feststellungsinteresse für den Hilfsantrag.

    24

    Hintergrund der Regelung des § 11 Abs. 4 Satzung n.F. – die Vertretung nur durch gewählte Vorstandsmitglieder – sei die Absicht der Beteiligten gewesen, die Interessen der Mitgliedsverbände auf Ebene des Beklagten nur durch gewählte Vertreter und damit nach Möglichkeit durch Angehörige des Berufsstandes „Bestatter“ wahrnehmen zu lassen. Auf Grund der Erfahrungen in der Vergangenheit solle gerade vermieden werden, dass hier Berater, welche dem Berufsstand nicht angehören und damit die Voraussetzungen eines gewählten Vertreters nicht erfüllen, die Willensbildung in der Mitgliederversammlung des Vereins übernehmen.

    25

    Dies gelte auch für die neue Regelung des § 11 Abs. 5 S. 4 Satzung n.F. Auch hier solle vermieden werden, dass die Meinungsbildung in der Versammlung durch externe Gäste, insbesondere Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer beeinflusst werde. Lediglich in den Fällen, in denen eine besonders große Anzahl von Mitgliedern überschritten werde, solle die Möglichkeit bestehen, dass ein hauptamtlicher Geschäftsführer als Gast ohne Stimm- und Rederecht teilnehme. Eine sogenannte Vereinsobservanz, wie der Kläger diese anführt, habe beim eingetragenen Verein keine unmittelbare Satzungskraft, sondern sei lediglich dazu geeignet, lückenhafte Sitzungen auszufüllen. Sie sei indes nicht geeignet, abweichende Beschlussfassungen der Mitgliederversammlung zu blockieren.

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    Hinsichtlich der Kappungsgrenze nach § 13 Abs. 3 Satzung n. F. sei nicht nachvollziehbar, wie diese Regelung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen solle. Durch diese Regelung solle gerade sichergestellt werden, dass ein Mitgliederverband in der Mitgliederversammlung keinen beherrschenden Einfluss ausüben könne.

    27

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

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    Entscheidungsgründe

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    Die zulässige Klage ist unbegründet.

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    Weder die alte noch die neue Fassung der Satzung des Beklagten enthält eine Schiedsgerichtsvereinbarung, sodass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist.

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    Das Verfahren zur Änderung der Satzung des Beklagten verstößt nicht gegen §§ 32, 33 BGB i.V.m. der Satzung in der alten Fassung. Weiterhin ist die geänderte Satzung im Rahmen einer materiell-rechtlichen Kontrolle nach den §§ 134, 138, 242, 826 BGB nicht zu beanstanden.

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    I. Verfahren der Satzungsänderung

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    Der Kläger selbst trägt keine verfahrensrechtlichen Verletzungen vor, die den §§ 32, 33 BGB i.V.m. der Satzung in der alten Fassung entgegenstehen. Er führt insoweit vielmehr selbst aus, dass es sich um eine ordentliche Mitgliederversammlung gehandelt hat, zu welcher fristgerecht eingeladen worden ist.

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    Soweit der Kläger ausführt, dass sich aus dem Protokoll zur Mitgliederversammlung, dort TOP 5, ergebe, dass es zu kurzfristigen Änderungen gekommen sei, die in der Tagesordnung nicht vorgesehen waren, verfängt dies nicht. Aus der Tagesordnung ergibt sich, dass diese Änderungen auf Grund einer zuvor stattgefundenen Erläuterung und Diskussion der neuen Satzung zustande gekommen sind. Eine Information hinsichtlich dieser Anträge konnte somit vorab nicht erfolgen. Diese Änderungsvorschläge sind einer Diskussion über Anträge jedoch immanent und müssen folglich innerhalb der Mitgliederversammlung berücksichtigungsfähig sein. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass sich der Kläger gegen die Änderung in § 11 Abs. 5 S. 1 Satzung n.F., welche ohnehin nur den Wortlaut zur Klarstellung ändert, im Rahmen der Klage nicht wendet. Hinsichtlich der Änderung in § 11 Abs. 5 S. 4 Satzung n.F. wurde die erforderliche Mitgliederzahl von 800 auf 600 Mitglieder reduziert, welches dem Begehren des Klägers eher entgegenkommt, als die angegebene Benachteiligung zu verstärken. Insoweit ist der Kläger nicht beschwert, sodass es diesbezüglich bereits am Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

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    Soweit der Kläger ausführt, dass über die einzelnen Änderungen der Satzung nicht einzeln, sondern vielmehr im Ganzen abgestimmt worden ist, verfängt auch dieser Einwand nicht. Dies folgt zunächst einmal daraus, dass der Kläger diese angeblichen Verfahrensfehler in der Mitgliederversammlung nicht gerügt und eine getrennte Abstimmung beantragt hat. Zum anderen und insbesondere folgt dies aus dem Umstand, dass die geänderte Satzung als einheitliches Regelungswerk zu sehen ist. Es kann keinen Unterschied machen, ob über eine neue Satzung als Ganzes abgestimmt wird oder über Änderungsanträge hinsichtlich einer zu überarbeitenden Satzung, sodass im Ergebnis eine neue Satzung entsteht. Da auch bei der Verabschiedung einer neuen Satzung nicht über jede Norm einzeln abgestimmt werden muss, ist es auch möglich mehrere Änderungen derselben Satzung gemeinsam nach entsprechender Diskussion zu beschließen.

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    II. Materiell-rechtliche Überprüfung der neuen Satzung

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    Die Änderungen der Satzung sind materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Die geänderten Vorschriften sind nicht unbillig im Sinne des § 242 BGB. Das Fehlen der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB, eines Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB sowie einer vorsätzlichen sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB braucht nicht weiter vertieft zu werden. Dies ist weder erkennbar noch durch den Kläger vorgetragen.

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    Bei der Prüfung der materiellen Rechtslage ist als steter Ausgangspunkt zu beachten, dass der Verein gemäß § 25 BGB in seiner Satzungsgestaltung weitestgehend frei ist. Die Befugnis zur Selbstordnung seiner Angelegenheiten ist in Art. 9 Abs.1 GG verfassungsrechtlich verankert und deshalb von besonderem Gewicht. Nach ganz herrschender Auffassung findet diese autonome Ordnungsgewalt ihre Grenzen in den allgemeinen für die Rechtsausübung im Privatrecht geltenden Grenzen, insbesondere in den §§ 134, 138, 242, 826 BGB (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 18.10.1994, 20 W 20/94, Rn. 5, zitiert nach juris, mwN; Staudinger-Weick, BGB, 2005, § 25 Rn. 20). Abhängig davon, ob es sich um einen sogenannten „sozialmächtigen“ Verein handelt, differiert der Maßstab von Treu und Glauben. Bei den „sozialmächtigen“ Vereinen ist eine Billigkeitskontrolle durchzuführen. Auf alle anderen Vereine ist eine Kontrolle von Satzungsbestimmungen auf grobe Unbilligkeit anwendbar (vgl. BGH, Urteil v. 28.11.1994, II ZR 11/94, Rn. 31, zitiert nach juris; Staudinger-Weick, aaO). Ferner findet eine Kontrolle nach den Vorschriften des AGB-Rechts keine Anwendung, da § 310 Abs. 4 BGB grundsätzlich auch das Vereinsrecht erfasst (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil v. 19.06.2007, 23 U 36/07, zitiert nach juris). Nach der Rechtsprechung des BGH, der sich das erkennende Gericht anschließt, liegt die Nichtanwendbarkeit der AGB-Kontrollen darin begründet, dass bei der Satzung eines Vereins im Gegensatz zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Geschäftsverkehr in aller Regel gleichlaufende und keine konträren Interessenlagen bestehen (vgl. BGH, Urteil v. 28.11.1994, II ZR 11/94, Rn. 17, zitiert nach juris; Staudinger-Weick, aaO).

    39

    Im vorliegenden Fall bestehen bereits Bedenken dahingehend, ob es sich um einen „sozialmächtigen“ Verein handelt. Hierbei handelt es sich um Vereine, die entweder eine Monopolstellung haben oder die jedenfalls im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich eine überragende Machtstellung besitzen und auf deren Mitgliedschaft das einzelne Mitglied angewiesen ist (vgl. Staudinger-Weick, aaO mwN). Der Kläger trägt selbst vor, dass der Beklagte von ca. 5.000 selbständigen Bestattungsunternehmen über 3.000 als Mitgliedsunternehmen zu verzeichnen hat, ohne diese Zahl näher zu bestimmen. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass ca. 40 % der selbständigen Bestattungsunternehmen nicht Mitglied des Beklagten sind. Bereits vor diesem Hintergrund und dem offensichtlich fehlenden Angewiesensein auf eine Mitgliedschaft bei dem Beklagten ist äußert zweifelhaft, ob es sich bei dem Beklagten um einen „sozialmächtigen“ Verein handelt. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da auch der strengere Wertungsmaßstab der Billigkeit im Gegensatz zum Maßstab der groben Unbilligkeit nicht zu einem materiell-rechtlichen Verstoß der Satzungsänderungen führt.

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    § 242 BGB muss als Generalklausel grundsätzlich in den einzelnen Funktionskreisen konkretisiert werden. Treue bedeutet nach dem Wortsinn eine auf Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit und Rücksichtnahme beruhende äußere und innere Haltung gegenüber einem anderen. Glauben ist das Vertrauen auf eine solche Haltung (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 242 Rn. 6). Dabei erfordert § 242 in allen Anwendungsfällen eine umfassende Interessenabwägung.

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    Im Vereinsrecht gehört zu den durch das Regelungsgefüge der §§ 25, 32, 33, 35 BGB geprägten Grundsätzen

    42

    (1.) die Gleichbehandlung der Mitglieder,

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    (2.) das Verbot der Willkür sowie

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    (3.) die Kompetenzverteilung innerhalb der Vereinsorgane, auf deren Grundlage der Verein jedenfalls vornehmlich von der Willensbildung seiner Mitglieder getragen wird (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 18.10.1994, 20 W 20/94, Rn. 6, zitiert nach juris, mwN).

    45

    Dabei steht dem Verein ein weiter Spielraum bei der Ausgestaltung dieser Grundsätze zu und unterschiedliche Regelungen der Mitgliedschaftsrechte, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt werden, sind nicht ausgeschlossen (vgl. OLG Celle, aaO).

    46

    Die Grenze der zulässigen Gestaltung ist folglich erst dann überschritten, wenn die Geschicke des Vereins nicht mehr durch die Willensbildung seiner Mitglieder und damit grundsätzlich aller Mitglieder gleichermaßen gestaltet werden oder die getroffenen Regelungen willkürlich sind. Diesen Grad des Ausschlusses einzelner Mitglieder von der Entscheidungsfindung ist durch die Satzungsänderungen nicht erreicht, sodass die vorgenommenen Änderungen als billig im Sinne des § 242 BGB anzusehen sind. Die Beschränkung hinsichtlich der Teilnahme einzelner Mitglieder an der Entscheidungsfindung ist nicht von einem solchen Gewicht, dass diese als unbillig anzusehen wären und es dem Gericht ermöglichen würde in die verfassungsrechtlich geschützte Satzungsautonomie des Beklagten einzugreifen. Im Einzelnen:

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    1. § 11 Abs. 2 b Satzung n.F. – Abberufung des Generalsekretärs

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    In der fehlenden Regelung hinsichtlich der Zuständigkeit der Abberufung des Generalsekretärs ist eine unbillige Satzungsänderung nicht zu erkennen.

    49

    Die Stellung des Generalsekretärs unterscheidet sich in Anbetracht des § 22 Satzung n.F. hinsichtlich derjenigen Organe, deren Abberufung in § 21 Satzung n.F. geregelt ist, dahingehend, dass diese ihre Tätigkeit im Ehrenamt unentgeltlich erbringen, wohingegen der Generalsekretär ausweislich § 22 Abs. 4 Satzung n.F. „angestellt“ wird. Es handelt sich folglich um einen Dienstvertrag. Die Regelungen über den Dienstvertrag im BGB sehen jedoch Kündigungsmöglichkeiten, insbesondere aus wichtigem Grund, vor. Eine direkte Abberufung durch die Mitgliederversammlung, wie der Kläger diese begehrt, ist folglich von Gesetzes wegen bereits nicht möglich. Darüber hinaus findet die von dem Kläger begehrte Regelung ihren Niederschlag im BGB und musste folglich in der Satzung nicht berücksichtigt werden.

    50

    Hinsichtlich der Zuständigkeit für die Beendigung des Dienstverhältnisses des Generalsekretärs findet sich in § 11 Satzung n.F. und in § 22 Satzung n.F. keine Regelung. Nach § 32 Abs. 1 BGB greift in diesem Fall, da eine explizite Regelung nicht besteht, die Generalklausel, wonach die Mitgliederversammlung durch Beschluss die Angelegenheiten des Vereins ordnet. Die Zuständigkeit der Mitgliederversammlung hat der Beklagte darüber hinaus selbst anerkannt.

    51

    Auf Grund der vorstehenden Ausführungen hat auch der Hilfsantrag des Klägers keinen Erfolg, da sich die Befugnis der Mitgliederversammlung zur Beendigung des Dienstverhältnisses aus den gesetzlichen Vorschriften ergibt.

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    2. § 11 Abs. 4 Satzung n.F. – Vertretung des Vorsitzenden eines Landesverbandes durch ein „gewähltes Vorstandsmitglied“

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    Die Beschränkung auf die Vertretung des Klägers in der Mitgliederversammlung durch ein gewähltes Vorstandsmitglied im Falle der Verhinderung des Vorsitzenden oder stellvertretenden Vorsitzenden ist billig im Sinne des § 242 BGB, da sie weder die Teilhabe des Klägers an der Mitbestimmung der Geschicke des Beklagten ausschließt noch willkürlich ist. Angesichts des durch den Beklagten genannten sachlichen Grundes ist eine Ungleichbehandlung der Mitglieder hinsichtlich der Teilnahme an der Mitgliederversammlung jedenfalls gerechtfertigt und daher zulässig.

    54

    Hintergrund der Regelung ist nach den Ausführungen des Beklagten, dass der Beklagte beabsichtigt an den Mitgliederversammlungen weitestgehend Berufsangehörige und keine externen Berater der Landesverbände teilnehmen zu lassen. Diese Ausführungen hat der Kläger nicht bestritten und durch seine Ausführungen zur fehlenden Einordnung als „reinen Berufsverbandes“ und der hieraus resultierenden Notwendigkeit Juristen in den Mitgliederversammlungen hinzuziehen im Ergebnis auch zugestanden. Bei einem gewählten Vorstandsmitglied der Landesverbände ist es weitaus wahrscheinlicher, dass diese Berufsangehörige sind, da Externe in aller Regel durch den Vorstand bestellt bzw. berufen werden und gewählte Vorstandsmitglieder aus den Reihen der Mitglieder des Vereines stammen.

    55

    Eine willkürliche Regelung ist angesichts der ausgeführten Gründe nicht erkennbar.

    56

    Auch ist der Kläger durch die getroffene Regelung nicht in seinem Recht auf Mitbestimmung hinsichtlich der Geschicke des Beklagten in unbilliger Weise betroffen, da dies entsprechend zu den eingangs genannten Ausführungen nur bei einem faktischen Ausschluss dieser Mitbestimmungsmöglichkeit anzunehmen ist.

    57

    Der Kläger wird durch diese Regelung zwar in der Wahl seiner Vertretung in den Mitgliederversammlungen des Beklagten eingeschränkt. Die Einschränkung als solche ist jedoch nicht unbillig im Sinne des § 242 BGB. Dem Kläger wird durch diese Einschränkung die Teilnahme an den Mitgliederversammlungen nicht erheblich erschwert. Die Einschränkung in der Wahl der den Kläger vertretenden Person in der Mitgliederversammlung ist angesichts der getroffenen Vertretungsregelung, gegen die sich der Kläger nicht wendet, als so gering einzuschätzen, dass eine Unbilligkeit, die einen Eingriff in die Satzungsautonomie rechtfertigt, nicht gegeben ist. Die weiteren Vorstandsmitglieder dürfen den Kläger in der Mitgliederversammlung nur dann vertreten, wenn der Vorsitzende und ein stellvertretender Vorsitzender verhindert sein sollten. In diesem Fall verfügt der Kläger jedoch wie er selbst ausführt über weitere gewählte Vorstandsmitglieder, da seine Satzung vorsehe, dass der gewählte Vorstand einen Geschäftsführer in den Vorstand berufen könne. Diese können den Kläger in der Mitgliederversammlung vertreten.

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    Letztlich ist die Ausgestaltung des Grundsatzes des Vereinsrechts – die Mitbestimmung durch die Mitglieder – dem Verein selbst überlassen. Diesem kommt hierbei ein weiter Entscheidungsspielraum zu. Diesen Entscheidungsspielraum hat der Beklagte auf Grund der vorstehenden Ausführungen in materiell-rechtlich zulässiger Weise ausgefüllt.

    59

    Auch ist eine Ungleichbehandlung der Mitgliedsvereine, die lediglich über gewählte Vorstandsmitglieder verfügen, und der Mitgliedsvereine, die neben gewählten Vorstandsmitgliedern auch über berufene Vorstandsmitglieder verfügen, angesichts des ausgeführten sachlichen Grundes gerechtfertigt. Die Teilnahme von Berufsangehörigen ist bei einem Berufsverband ein legitimer und sachlicher Grund. Diese haben einerseits spezielle Fachkenntnisse in dieser Materie und können die Konsequenzen für die Praxis überblicken und sind andererseits durch die Entscheidungen unmittelbar betroffen.

    60

    Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger ausführt, dass der Beklagte bereits vielmehr eine Konzernstruktur aufweise als ein „reiner Berufsverband“ zu sein. Die Art der Strukturierung und Gestaltung ändert nichts an der Kernaufgabe, die der Kläger im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zu dem „sozialmächtigen“ Verein selbst darlegt. Diese ist als „berufsständische Organisation“ gerichtet auf die Erbringung diverser Dienstleistungen. Genannt werden durch den Kläger in diesem Zusammenhang das Betreiben einer Akademie für die Ausbildungsberufe sowie die Vergabe eines Markenzeichens. Beides sind klassische Elemente eines Berufsverbandes.

    61

    Letztlich ist hierin auch kein Eingriff in die Satzungsautonomie des Klägers durch den Beklagten zu erkennen. Der Beklagte lässt dem Kläger durch diese Vorschrift freie Hand, inwieweit er seinen Vorstand zusammensetzen lässt. Er trifft lediglich eine Regelung, wer für den Kläger vertretungsbefugt in der Mitgliederversammlung des Beklagten auftreten darf. Wie dies gewährleistet wird, ist die Angelegenheit des jeweiligen Mitgliedsverbandes. Auch ein mittelbarer Eingriff ist hierin nicht zu erkennen.

    62

    3. § 11 Abs. 5 S. 4 Satzung n.F. – Teilnahme eines hauptamtlichen Geschäftsführers

    63

    Die Regelung in § 11 Abs. 5 S. 4 Satzung n.F. wonach hauptamtliche Geschäftsführer, die in ihrer Verbandsgeschäftsstelle mehr als 600 Mitglieder betreuen, mit Zustimmung der Mitglieder als Gäste an der Mitgliederversammlung ohne Stimm- und Rederecht teilnehmen können, ist nicht unbillig im Sinne des § 242 BGB, da sie weder die Teilhabe des Klägers an der Mitbestimmung der Geschicke des Beklagten ausschließt noch willkürlich ist. Angesichts des durch den Beklagten genannten sachlichen Grundes ist eine Ungleichbehandlung der Mitglieder hinsichtlich der Teilnahme an der Mitgliederversammlung jedenfalls gerechtfertigt und daher zulässig.

    64

    In den eingangs aufgeführten Grundsätzen des Vereinsrechts ist festgehalten, dass die Satzung des Beklagten ein tatsächliches Mitspracherecht enthalten muss, um dafür Sorge zu tragen, dass der Verein vornehmlich von der Willensbildung seiner Mitglieder getragen wird. Die Art und Weise der Willensbildung eines jeden einzelnen Mitgliedes ist jedoch naturgemäß Sache des Vereinsmitglieds. Lediglich hierin könnte der Kläger in unbilliger Weise beschnitten worden sein. Auch die hauptamtlichen Geschäftsführer, die nach § 11 Abs. 5 S. 4 Satzung n.F. an der Mitgliederversammlung teilnehmen dürfen, sind ohne Stimm- und Rederecht. Deren Aufgabe kann sich also allenfalls darin erschöpfen den Vertreter des jeweiligen Mitgliedes zu beraten.

    65

    Eine Einschränkung in der Art und Weise der Willensbildung kann jedoch nur dann unbillig sein, wenn es dem Kläger faktisch verwehrt wird, seinen Willen in ausreichender Weise zu bilden, auf dessen Grundlage er an den Geschicken des Vereins mitwirkt. Dies ist jedoch nicht ersichtlich. § 12 Satzung n.F. sieht vor, dass unter Angabe der Tagesordnung mit einer Frist von vier Wochen zu ordentlichen Mitgliederversammlungen eingeladen werden muss. Sämtliche Anträge müssen acht Wochen vor dem beschlossenen Versammlungstermin dem Vorstand zugehen und finden dementsprechend in der Tagesordnung ihren Niederschlag. Vor diesem Hintergrund ist die Willensbildung in Vorbereitung zur Mitgliederversammlung in ausreichender Weise ermöglicht. In diesem Zusammenhang ist es dem Kläger bzw. dessen Vertreter möglich auch unter Hinzuziehung externer Berater mit juristischem Sachverstand sich einen Willen und eine Meinung zu bilden, welche im Rahmen der Mitgliederversammlung durch Wortbeiträge und das Abstimmungsverhalten geäußert werden kann.

    66

    Weiterhin ist eine Ungleichbehandlung der Mitglieder hinsichtlich der Anzahl ihrer Mitglieder durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt. Der grundsätzliche Ausschluss eines Geschäftsführers eines Mitgliedsverbandes liegt darin begründet, dass der Beklagte – wie bereits dargelegt – die Einbindung externer Berater in seine Entscheidungsfindung weitestgehend unterbinden möchte. Dies wird durch den grundsätzlichen Ausschluss der Geschäftsführer der Mitgliedsverbände, bei denen es sich nach dem Vortrag des Klägers weitestgehend um Angehörige der rechtsberatenden Berufe handelt, erreicht. Die bevorzugte Einbeziehung Berufsangehöriger in die Mitgliederversammlung eines Berufsverbandes stellt einen ausreichenden sachlichen Grund dar. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die bisherigen Ausführungen verwiesen.

    67

    Ein sachlicher Grund für die Einführung einer Mitgliedergrenze, ab deren Erreichen ein hauptamtlicher Geschäftsführer als Gast an der Mitgliederversammlung teilnehmen darf, liegt darin begründet, dass ab einer gewissen Verbandsstärke die Einführung eines hauptamtlichen Geschäftsführers zur Organisation notwendig wird. Mit steigender Mitgliederzahl steigt automatisch der organisatorische Aufwand, sodass ab einer bestimmten Mitgliedergröße die Tätigkeit eines Geschäftsführers im Ehren- oder Nebenamt nicht mehr möglich ist. Die generelle Einbeziehung eines hauptamtlichen Geschäftsführers im Gegensatz zu einem solchen Geschäftsführer, der die Tätigkeit im Neben- oder Ehrenamt ausführt und die hieraus resultierende Ungleichbehandlung der jeweiligen Mitgliedsverbände ist sachlich durch die Überlegung gerechtfertigt, dass der Grundsatz des Ausschlusses externer Berater dort unterbrochen werden soll, soweit ein Geschäftsführer im Hauptamt und daher mit seiner gesamten Arbeitskraft die Geschäfte eines Mitgliedsverbandes leitet. Dieser ist in seiner hauptamtlichen Tätigkeit stärker betroffen als die Geschäftsführer, die ihre Tätigkeit im Neben- oder Ehrenamt ausführen, sodass er ein gesteigertes Interesse an der Teilnahme an der Mitgliederversammlung – ohne Stimm- und Rederecht – hat, welches die Einbeziehung rechtfertigt. Letztlich ist auch zu beachten, dass über die Teilnahme als Gast die Mitglieder zuzustimmen haben, sodass für jede Mitgliederversammlung erneut der manifestierte Wille der Mehrheit der Mitglieder erforderlich ist.

    68

    Schließlich ist die Festlegung auf 600 Mitglieder nicht willkürlich. Diese wurde ausweislich des Protokolls zur Mitgliederversammlung in dieser nach entsprechender Erläuterung und Diskussion durch die Mitglieder beschlossen, wobei die vorher vorgesehene Grenze von 800 Mitgliedern herabgesenkt worden ist. Eine Herabsenkung angesichts einer zuvor stattgefundenen Aussprache schließt eine willkürliche Festsetzung aus.

    69

    Letztlich kann sich der Kläger auch nicht auf eine Observanz berufen. Eine Observanz kann sich als Vereinsgewohnheitsrecht auf Grund jahrelanger Praxis bilden und hat in diesem Fall verbindliche Wirkung (MüKo-Reuter, BGB, 6. Aufl., § 25 Rn. 2). Eine Abänderung einer geschriebenen Satzung ist durch Vereinsgewohnheitsrecht jedoch nicht möglich (Beck´scher Online-Kommentar BGB-Schöpflin, 2014, § 25 Rn. 26). Die geschrieben Satzung geht dem Vereinsgewohnheitsrecht stets vor, sodass durch eine neu erlassene geschrieben Satzung Vereinsgewohnheitsrecht auch abgeändert werden kann.

    70

    4. § 13 Abs. 3 Satzung n.F. – Kappungsgrenze von unter 50%

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    Die Einführung einer Kappungsgrenze hinsichtlich der Stimmrechte des stärksten Mitgliedsverbandes bei unter 50% ist materiell-rechtlich zulässig. Eine Ungleichbehandlung der Mitglieder ist hierin nicht erkennbar, da eine Stimmenverteilung nach Mitgliedern der Mitgliedsverbände gerade der Gleichbehandlung der Mitgliedsverbände dient. Die Festsetzung der Grenze bei unter 50% ist auch offensichtlich nicht willkürlich, da das Erlangen der absoluten Mehrheit auf diese Weise verhindert werden soll.

    72

    Letztlich ist die Festsetzung dieser Grenze auch nicht unbillig im Sinne des § 242 BGB. Dem Gericht erschließt sich nicht warum eine Kappungsgrenze von unter 50%, wie der Kläger meint, dazu führt, dass der stärkste Mitgliedsverband alle Entscheidungen, welche eine Mehrheit von 75% erfordern, alleine entscheiden kann. Gerade dieses Ergebnis wird durch die Regelung ebenso wie das Erreichen der absoluten Mehrheit eines Verbandes alleine, soweit diese ausreicht, ausgeschlossen.

    73

    Die Frage der Angemessenheit ist durch das Gericht nicht zu beantworten. Dies obliegt den Mitgliedern des Vereins. Das Gericht kann lediglich überprüfen, ob der Wille der Mehrheit faktisch unterlaufen wird. Dies ist bei einer Kappung der Stimmen bei unter 50% jedoch nicht der Fall, da einem einzelnen Mitglied auf diese Weise nicht die Möglichkeit der absoluten Mehrheit gewährt wird.

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    III. Nebenentscheidungen

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    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

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    Der Streitwert wird auf 22.000,00 EUR festgesetzt.

    RechtsgebieteBGB, GGVorschriften§ 32 BGB; § 33 BGB; § 134 BGB; § 138 BGB; § 242 BGB; § 826 BGB; Art. 9 Abs. 1 GG; § 11 Abs. 5 S. 4 Satzung n.F.