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  • 31.07.2013 · IWW-Abrufnummer 132406

    Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Beschluss vom 13.06.2013 – 26 SchH 6/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    26 SchH 6/13

    Tenor

    Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

    Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens, auch soweit sie die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Frankfurt am Main betreffen, zu tragen.

    Der Gegenstandswert für das Verfahren wird auf 130.000,- € festgesetzt.

    Gründe

    I.

    Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz im Hinblick auf einen Schiedsspruch des Ständigen Schiedsgerichts für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen.

    Am ….2012 kam es im Rahmen des DFB-Vereinspokalspiels zwischen den Vereinen A und der B zu massiven Ausschreitungen von Fans von B. Hunderte von Fans verschafften sich dabei gewaltsam Zutritt zum Stadion; im Stadion selbst kam es zum Zünden von Pyrotechnik, Becherwürfen, dem Zeigen von Bannern mit beleidigendem Inhalt und dem Eindringen von Gästefans in den Innenraum während und nach dem Spiel. Im Zusammenhang mit den Ausschreitungen erfolgten 21 Festnahmen; 41 Vorgänge wurden an die Staatsanwaltschaft O1 zur Einleitung von Ermittlungsverfahren abgegeben. Zahlreichen Personen, darunter Polizisten und Ordner wurden verletzt. Wegen der weiteren Einzelheiten des im Wesentlichen unstreitigen Sachverhaltes wird auf die Feststellungen des in Kopie vorgelegten Urteils des DFB-Bundesgerichts vom 17.03.2013 (Anlage AS 1) verwiesen.

    Aufgrund dieses Sachverhaltes schloss das Sportgericht des DFB nach mündlicher Verhandlung die Antragstellerin mit Urteil vom 17.01.2013 wegen fortgesetzten unsportlichen Verhaltens seiner Anhänger gemäß §§ 1 Nr. 4, 9 a) Nrn. 1. und 2. der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB in Verbindung mit § 44 Nr. 2 g) und h) der Satzung des DFB für die Spielzeit 2013/2014 von allen Vereinspokalspielen auf DFB-Ebene aus. Ein Verschulden der Antragstellerin an den Ausschreitungen wurde ausdrücklich nicht festgestellt. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Berufung der Antragstellerin wies das DFB-Bundesgericht mit Urteil vom 28.03.2013 zurück. Daraufhin rief die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 22.03.2013 auf der Grundlage eines Schiedsgerichtsvertrages, wegen dessen Einzelheiten auf die als Anlage AS 4 zur Akte gereichte Kopie verwiesen wird, das Ständige Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen an und begehrte die Aufhebung der Entscheidungen des Sportgericht und des Bundesgerichts. Diese Klage wies das Schiedsgericht mit Schiedsspruch vom 14.05.2013 ab; eine Begründung der Entscheidung liegt noch nicht vor.

    Die Antragstellerin hält die Entscheidung für ordre public-widrig und beabsichtigt, einen Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO zu stellen. Zur Absicherung ihres Aufhebungsinteresses begehrt sie den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der dem Antragsgegner aufgegeben werden soll, die Entscheidungen des DFB-Sportgerichts vom 10.12.2012, des DFB-Bundesgerichts vom 17.03.2013 und des Ständigen Schiedsgerichts vom 14.05.2013 nicht zu berücksichtigen und Antragstellerin zur Auslosung des DFB-Vereinspokals für die Saison 2013/2014 zuzulassen und ihr Teilnahme an diesem Wettbewerb zu gewähren. Zur Begründung ihres Antrages wird auf den Schriftsatz vom 07.06.2013 (Bl. 1 ff d. A.) Bezug genommen.

    Die Antragstellerin hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zunächst beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main gestellt, diesen Antrag auf entsprechenden Hinweis jedoch zurückgenommen und beim Landgericht Frankfurt am Main anhängig gemacht. Da das Landgericht sich seinerseits jedoch für unzuständig hielt, hat die Antragstellerin auf Hinweis die Verweisung der Sache an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main beantragt. Dem hat das Landgericht mit Beschluss vom 10.06.2013 entsprochen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung verwiesen (Bl. 30 ff d. A.).

    II.

    Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß §§ 935 ff ZPO ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

    Nach dem das Landgericht das Verfahren gemäß § 281 Abs. 1 ZPO an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main verwiesen hat, hat der Senat von seiner Zuständigkeit gemäß § 943 Abs. 1 ZPO auszugehen, da der Beschluss des Landgerichts gemäß § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO Bindungswirkung entfaltet. Diese Wirkung entfällt nur dann, wenn die Verweisung objektiv willkürlich ist; hierfür genügt es aber nicht, dass der Verweisungsbeschluss inhaltlich unrichtig oder sonst fehlerhaft ist. Willkür liegt nur vor, wenn dem Beschluss jede rechtliche Grundlage fehlt, was auch dann der Fall ist, wenn der Verweisungsbeschluss bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. nur BGH, NJW 2003, 3201). Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist der Verweisungsbeschluss des Landgerichts jedenfalls nicht willkürlich. Zwar ist der Senat in Übereinstimmung mit der überwiegenden Literatur der Auffassung, das Gericht der Hauptsache im Sinne des § 943 ZPO in den Fällen, in denen das Streitverfahren vor einem Schiedsgericht durchzuführen ist oder durchgeführt wird, das Amts- oder Landgericht ist, welches nach den allgemeinen Regelungen ohne die Schiedsvereinbarung zuständig wäre (vgl. nur Musielak-Huber, ZPO, 10. Aufl., § 943 Rz. 2; Müko-Münch, ZPO, 3. Aufl., § 1033 Rz. 19; Stein/Jonas-Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 1033 Rz. 3; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 71. Aufl., § 919 Rz. 5; Bandel, Einstweiliger Rechtsschutz im Schiedsverfahren, S. 282 ff). Indes gibt es insoweit weder eine eindeutige gesetzliche Regelung noch eine gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung, so dass die ausführlich begründete Entscheidung des Landgerichts nicht völlig unverständlich und im Ergebnis unhaltbar ist.

    In der Sache konnte dem Begehren der Antragstellerin indes nicht entsprochen werden, da ein Verfügungsanspruch nicht in dem von der Antragstellerin begehrten Umfang gemäß §§ 935, 940 ZPO im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens durchsetzbar ist.

    Einer Partei ist es grundsätzlich unbenommen, in einem Verfahren, für das in der Hauptsache ein Schiedsgericht zuständig ist, um einstweiligen Rechtsschutz vor einem staatlichen Gericht nachzusuchen (§ 1033 ZPO); das gilt auch dann, wenn in einer Schiedsvereinbarung ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen ist, eine einstweilige Anordnung des Schiedsgerichts erlangen zu können, denn in einer solchen Regelung wird keine Vereinbarung zu sehen sein, mit der der Weg zu den staatlichen Gerichten auch für das Eilverfahren ausgeschlossen wäre (vgl. Kreindler/Schäfer/Wolff, Schiedsgerichtsbarkeit – Kompendium für die Praxis, Rz. 899 m.w.N.; Bandel, a.a.O., S. 337). Allerdings besteht nach dem Wortlaut des § 1033 ZPO diese Möglichkeit nur vor oder nach Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens. Zwar kann nach Erlass eines Schiedsspruches und der damit eingetretenen Beendigung des Schiedsverfahrens (§ 1056 Abs. 1 ZPO) gleichwohl noch die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach den allgemeinen Grundsätzen in Betracht kommen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.12.2004 – 23 SchH 1/04 – zitiert nach juris; Kreindler/Schäfer/Wolff, Schiedsgerichtsbarkeit – Kompendium für die Praxis, Rz. 1117; Stein/Jonas-Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 1059 Rz. 14), allerdings nach Auffassung des Senates nur noch in einem durch die besondere Verfahrensart bedingten eingeschränkten Umfang. Insoweit gilt es zu berücksichtigen, dass eine einstweilige Verfügung der vorläufigen Sicherung eines Individualanspruchs bzw. der einstweiligen Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses dient. Zwar sind wegen der unterschiedlichen Rechtsschutzziele das einstweilige Verfügungsverfahren und das Hauptsacheverfahren nebeneinander zulässig. Jedoch ist eine einstweilige Verfügung in jedem Fall gemäß §§ 936, 927 ZPO aufzuheben, wenn der gesicherte Verfügungsanspruch in dem Hauptsacheverfahren rechtskräftig verneint wurde (vgl. BGHZ 122, 172). Daraus folgt zwingend, dass eine einstweilige Verfügung nicht erlassen werden kann, wenn bezüglich des zu sichernden Anspruch bzw. des zu regelnden streitigen Rechtsverhältnisses bereits eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt, die das Bestehen des Anspruchs bzw. eines Rechtsverhältnisses verneint.

    Im vorliegenden Fall lag im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein endgültiger Schiedsspruch im Sinne der §§ 1054 ff ZPO vor, mit dem das Begehren der Antragstellerin auf Aufhebung der Entscheidungen des Sport- und des Bundesgerichts des DFB und Zulassung zum DFB-Vereinspokal für die Spielzeit 2013/2014 zurückgewiesen wurde. Dass es sich bei dem Ständigen Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen um ein echtes Schiedsgericht im Sinne des Zehnten Buches der ZPO handelt, steht nicht in Zweifel, da es aufgrund der vertraglichen Regelungen verbindlich unter Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit entscheidet, als unabhängige und unparteiliche Stelle organisiert ist, nach geltendem Recht und aufgrund einer rechtsstaatlichen Anforderungen gerecht werdenden Verfahrensordnung tätig ist (vgl. zu den Anforderungen bei einem Verbandsschiedsgericht: OLG München, SpuRt 2012, 22 ff für das Schiedsgericht der Deutschen Eishockeyliga). Dieser Schiedsspruch hat unter den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils (§ 1055 ZPO). Einem solchen Schiedsspruch fehlt lediglich die Vollstreckbarkeit, jedoch tritt auch die Gestaltungswirkung des (aufhebbaren) Schiedsspruches ohne vorherige Vollstreckbarerklärung ein (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 1055 Rz. 1 ff).

    Schon vor diesem Hintergrund erachtet es der Senat für nicht zulässig, in einem nach Abschluss des Schiedsverfahrens eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahren den zugrunde liegenden materiellen Anspruch bzw. das streitige Rechtsverhältnis einer nochmaligen uneingeschränkten Prüfung durch das staatliche Gericht zu unterziehen, denn in einem durchzuführenden Aufhebungsverfahren nach §§ 1062 Abs. 1 Nr. 4, 1059 ZPO, also dem Hauptsacheverfahren im Sinne des § 943 ZPO, könnte die Entscheidung des Schiedsgerichts nur in dem nach § 1059 Abs. 2 ZPO vorgesehenen Rahmen überprüft werden. Eine sachliche Nachprüfung des Schiedsspruches auf die Richtigkeit der Streitentscheidung findet nicht statt; es gilt vielmehr das Verbot der révision au fond (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 1059 Rz. 74).

    Darüber hinaus gilt es zu berücksichtigen, dass eine einstweilige Verfügung grundsätzlich die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht vorwegnehmen darf und jedenfalls dem Antragsteller in der Sache nicht mehr zugesprochen werden kann, als er in der Hauptsache erlangen könnte (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 938 Rz. 3). Wenn aber das Hauptsacheverfahren in diesem Sinne das Verfahren nach §§ 1062 Abs. 1 Nr. 4, 1059 ZPO ist, würde selbst bei einem Obsiegen der Antragstellerin lediglich eine Aufhebung der Entscheidung des Schiedsgerichts erfolgen. Die Entscheidung des staatlichen Gerichts hat dabei allein kassatorische Wirkung, so dass in Bezug auf den streitgegenständlichen Anspruch bzw. das streitgegenständliche Rechtsverhältnis der Zustand eintritt, der vor Anrufung des Schiedsgerichts bestanden hat; im Hinblick auf das weitere Verfahren würde § 1059 Abs. 5 ZPO gelten. Mithin würden selbst bei Aufhebung des Schiedsspruches die für die Antragstellerin verbindlichen Entscheidungen des Sport- und des Bundesgerichts des DFB Bestand haben; deren Aufhebung fällt weder in die Entscheidungsbefugnis des staatlichen Gerichts noch würde deren Wirkung auf das Rechtsverhältnis der Parteien automatisch mit einer positiven Bescheidung eines Aufhebungsantrages entfallen. Nach diesen Entscheidungen bliebe die Antragstellerin aber vom Pokalwettbewerb für die Saison 2013/2014 ausgeschlossen, so dass die Antragstellerin bei Erlass der von ihr begehrten einstweiligen Verfügung besser gestellt würde als bei einem Obsiegen im Aufhebungsverfahren.

    Nach alldem war schon deshalb der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der Kostenfolge des §§ 91, 281 Abs. 3 ZPO zurückzuweisen; einer Bewertung der Erfolgsaussichten des angekündigten Aufhebungsverfahrens bedurfte es daher nicht.

    Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO.

    Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss ist nicht statthaft (§§ 574 Abs. 1 S. 2, 542 Abs. 2 ZPO).

    RechtsgebietZPOVorschriften§ 281 ZPO, § 927 ZPO, § 936 ZPO, § 943 ZPO, § 953 ZPO, § 1033 ZPO, § 1055 ZPO, § 1059 ZPO, § 1062 ZPO