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  • 26.11.2012 · IWW-Abrufnummer 123552

    Sozialgericht Karlsruhe: Urteil vom 19.10.2012 – S 1 U 1137/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    S 1 U 1137/12

    Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird - endgültig - auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

    Tatbestand:

    Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob das verletzte Vereinsmitglied des Klägers am 22.04.2011 einen Arbeitsunfall erlitten hat.

    Die am 11.12.1964 geborene B. L. (Verletzte) ist seit 2007 Mitglied des Klägers und in diesem als Vorstandsmitglied tätig. Zweck und Ziel des Klägers sind nach § 2 seiner Satzung:

    "2.1: Unterrichtung der Mitglieder im Reiten, um einer möglichst großen Zahl der Bevölkerung eine reitsportliche Tätigkeit zu ermöglichen.

    2.2: Eine möglichst umfassende Ausbildung in der Pflege, der Erziehung und im Umgang mit Pferden.

    2.3: Die Durchführung von Leistungsprüfungen gem. der Leistungsprüfungsverordnung (LPO)."

    Am 22.04.2011, einem Sonntag, erlitt die Verletzte auf dem Vereinsgelände des Klägers einen Unfall: Beim Bewegen eines Schulpferdes gegen 08:30 Uhr sprang dieses in die Luft und traf die Verletzte mit einem Hinterhuf an der rechten Brustkorbseite. Hierdurch stürzte die Verletzte und fiel auf die linke Schulter. Dabei zog sie sich eine Schulterluxation zu. Gegenüber ihrer Krankenversicherung, der T.-Krankenkasse Sch., gab die Verletzte an, der Unfall habe sich beim Reitsport ereignet (vgl. Unfall-Schadenmeldung vom 05.05.2011).

    Der Kläger zeigte der Beklagten das Unfallereignis am 22.05.2011 als Arbeitsunfall an. Hierzu trug er ergänzend vor, üblicherweise bewegten erwachsene Vereinsmitglieder am Wochenende die Schulpferde. Am Unfalltag habe die Klägerin die Schulpferde etwa 20 Minuten lang bewegen wollen; bereits nach einer Minute dieser Tätigkeit, für die sie kein Entgelt erhalten habe, habe sich der Unfall ereignet. Seine Vorstandsmitglieder seien nicht zur Verrichtung von Arbeitsstunden verpflichtet.

    Durch - bindend gewordenen - Bescheid vom 09.11.2011 lehnte die Beklagte gegenüber der Verletzten die Anerkennung des Unfallereignisses als Arbeitsunfall ab. Entschädigungsleistungen aus der Gesetzlichen Unfallversicherung seien deshalb nicht zu erbringen. Bei ihrem Sturz habe die Verletzte in keinem Beschäftigungsverhältnis zum Kläger gestanden. Sie sei für diesen auch nicht wie ein Beschäftigter tätig gewesen, denn die zum Unfallzeitpunkt verrichtete Tätigkeit sei Ausfluss der Mitgliedschaft der Verletzten im Reitverein gewesen.

    Durch weiteren Bescheid vom 20.01.2012 lehnte die Beklagte auch gegenüber dem Kläger die Anerkennung des Unfallereignisses als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, das Bewegen von Schulpferden sei Ausfluss der Mitgliedschaft beim Kläger gewesen, weshalb die zum Unfallzeitpunkt verrichtete Tätigkeit nicht unter dem Versicherungsschutz der Gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe.

    Zur Begründung seines dagegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger im Wesentlichen vor, ihm gehörten 139 Mitglieder an, davon 20 erwachsene aktive Mitglieder. Von diesen seien nur 5-6 Personen aufgrund besonderer Eigenschaften damit betraut, Schulpferde am Wochenende zu bewegen. Die Verletzte sei eine dieser 5-6 Personen gewesen. Die Übungsleiterinnen seines Vereins entschieden nach Rücksprache mit der Kassenwartin, welche Erwachsenen die für das Bewegen von Schulpferden am Wochenende notwendige Eignung mitbrächten. In Bezug auf diese Tätigkeit bestehe kein Vorstandsbeschluss. Entsprechende Tätigkeiten wie zum Unfallzeitpunkt verrichte die Verletzte im Jahr über viele Stunden. Sie habe deshalb im Unfallzeitpunkt unter dem Schutz der Gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Ergänzend legte der Kläger einen gegenüber der privaten Haftpflichtversicherung erstellten Fragebogen vom 03.05.2011 vor, demzufolge es sich bei dem Unfallereignis um einen Sport- und nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Die von der Verletzten zum Unfallzeitpunkt verrichtete Tätigkeit habe nicht von bezahlten Arbeitnehmern durchgeführt werden können. Die Verletzte habe die Tätigkeit zusammen mit anderen Vereinsmitgliedern ausgeführt. Insgesamt seien am Unfalltag 10 Minuten Tätigkeit veranschlagt gewesen. Bereits nach einer halben Minute habe sich der Unfall ereignet.

    Die Beklagte wies den Widerspruch zurück: Tätigkeiten von Vereinsmitgliedern, die dem Vereinszweck entsprächen, und die damit zusammenhängenden unmittelbaren Verrichtungen, ohne die dem Vereinszweck entsprechende Tätigkeiten nicht auszuüben seien, seien nicht in der Gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Das Bewegen von Pferden entspreche dem Vereinszweck und sei deshalb unversichert. Dabei sei nicht rechtsrelevant, wie umfangreich die Tätigkeit sei (Widerspruchsbescheid vom 23.02.2012).

    Deswegen hat der Kläger am 22.03.2012 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zu deren Begründung wiederholt und vertieft er sein Widerspruchsvorbringen. Ergänzend trägt er vor, die Verletzte sei zum Unfallzeitpunkt einer ihm als Verein gegenüber übernommenen Verpflichtung nachgekommen. Denn Schulpferde seien aus zwingenden pferdehalterischen Gründen auch am Wochenende zu bewegen. Hierzu habe sich eine bestimmte Anzahl von Vereinsmitgliedern verpflichtet. Diese trügen sich seit Jahren in eine wöchentlich aushängende Liste ein. Die Haltung der Pferde sei nicht unmittelbarer Vereinszweck. Vielmehr gehöre sie zu den Grundvoraussetzungen, um seinen Mitgliedern den Vereinszweck zu ermöglichen. Er selbst beschäftige keine angestellten Pferdewirte zur Sicherstellung des Bewegens der Pferde, weil die Vereinsmitglieder diese Tätigkeit verpflichtend übernähmen. Diese Verpflichtung habe indes nicht mitgliedschaftlichen Pflichten entsprochen. Zwar seien nach § 6.5 seiner Satzung die aktiven Vereinsmitglieder zur Mitwirkung an den vom Vorstand beschlossenen Arbeitseinsätzen verpflichtet. Der letzte diesbezügliche Beschluss datiere vom Juli 2009 und umfasse das Bewegen von Pferden nicht. Überdies sei der jährliche Arbeitseinsatz der Verletzten mit rund 80 Stunden zeitlich deutlich über die üblichen 30 Stunden Mitgliedschaftspflichten hinaus gegangen. Die Verletzte sei deshalb zum Unfallzeitpunkt für ihn wie ein Arbeitnehmer tätig geworden.

    Der Kläger beantragt,

    den Bescheid vom 20. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2012 aufzuheben und den Unfall der Verletzten vom 22. April 2011 als Arbeitsunfall festzustellen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.

    Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe:

    1) Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 Satz 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) zulässig. Denn in Fällen, in denen ein Unfallversicherungsträger jedwede Entschädigung ablehnt, weil kein Versicherungsfall eingetreten sei, kann der Kläger eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG erheben und das Vorliegen eines Arbeitsunfalls feststellen lassen (vgl. u.a. BSG SozR 4-2700 § 8 Nrn. 16 und 23 und BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 3). Insbesondere ist der Kläger klagebefugt. Nach §§ 108, 109 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) können Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist und gegen die Versicherte Schadensersatzforderungen erheben, statt der Berechtigten die Feststellung beantragen, ob ein Versicherungsfall vorliegt, oder das entsprechende Verwaltungs- und/oder Gerichtsverfahren nach dem Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) und/oder dem SGG betreiben. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Soweit die Klägerin geltend macht, die Verletzte sei zur Zeit ihres Unfalls vom 22.04.2011 wie eine Beschäftigte ihres Unternehmens im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII geworden, würde dies zu einer Haftungsbeschränkung des Klägers direkt aus § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII führen. Auch die weitere Voraussetzung in § 109 Satz 1 SGB VII, dass gegen den Kläger wegen dieses Unfallereignisses Schadenersatzansprüche erhoben werden, ist erfüllt. Denn das Antrags-/Feststellungsrecht besteht nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann, wenn - wie hier - ein Dritter - hier: die Krankenversicherung der Verletzten - auf ihn tatsächlich oder vermeintlich übergegangene Ansprüche des Verletzten gegenüber einer in der Haftung beschränkten Person geltend macht (vgl. BSG, USK 8366).

    2) Von einer Beiladung der Verletzten zum vorliegenden Rechtsstreit gem. § 75 SGG hat das Gericht abgesehen. Die Voraussetzungen für eine einfache Beiladung (§ 75 Abs. 1 SGG), die im Ermessen der Kammer steht, liegen nicht vor. Denn die gerichtliche Entscheidung kann - wie erforderlich - die "berechtigten Interessen" der Verletzten nicht (mehr) beeinflussen, nachdem die Beklagte ihr gegenüber durch den - bindend gewordenen - Bescheid vom 09.11.2011 die Anerkennung des Unfallereignisses als Arbeitsunfall abgelehnt hat (vgl. insoweit Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 75, Rand-Nr. 8). Dies gilt nach Auffassung des erkennenden Gerichts auch mit Blick auf die Regelung in § 44 SGB X; denn einen Rücknahmeantrag im Sinne dieser Vorschrift hat die Verletzte nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens weder angekündigt noch gar bereits gestellt (im letzteren Fall wäre auch die Klage des Klägers unzulässig, weil dieser das Feststellungsverfahren nach dem Wortlaut von § 109 Satz 1 SGB VII nur "statt" der Berechtigten, nicht aber "neben" ihr betreiben kann; vgl. insoweit BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 27/10 R - (Juris)). Aus denselben Gründen hält die Kammer auch die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung nach § 75 Abs. 2 SGG hier - ausnahmsweise - nicht für erfüllt. Denn eine gegenüber den Beteiligten dieses Rechtsstreits (auch) im Verhältnis zur Verletzten einheitliche positive Sachentscheidung des Gerichts ist vorliegend nicht (mehr) möglich, nachdem der - ablehnende - Bescheid der Beklagten vom 09.11.2011 mangels Widerspruchs der Verletzten bereits bestandskräftig (§ 77 SGG) ist.

    3) Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zu Recht hat die Beklagte das streitige Unfallereignis nicht als Arbeitsunfall anerkannt, weil die Verletzte im Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der Gesetzlichen Unfallversicherung stand.

    Gem. § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit. Die Verletzte stand bei der Tätigkeit, die am 22.04.2011 zu dem Unfall führte, indes weder nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII noch nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII, die bei der vorliegenden Sachlage allein in Betracht kommenden Alternativen, unter dem Schutz der Gesetzlichen Unfallversicherung.

    a) Die Verletzte war bei ihrer Tätigkeit des Bewegens eines Schulpferdes nicht als Beschäftigte des Klägers im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII tätig. Nach § 7 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der die Kammer folgt, setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer seine Tätigkeit nicht frei gestalten kann und vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem nach Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. u.a. BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 1; BSG SozR 4-5420 § 2 Nr. 1 und BSG, UV-Recht Aktuell 2010, 185 ff). Ein solches Beschäftigungsverhältnis der Verletzten zum Kläger lag hier nicht vor, weil es an der dieses kennzeichnenden persönlichen Abhängigkeit der Verletzten im Unfallzeitpunkt fehlte. Gegenteiliges behauptet auch der Kläger nicht.

    b) Aber auch Versicherungsschutz als Wie-Beschäftigter im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VII liegt nicht vor. Nach dieser Bestimmung sind Personen versichert, die wie Beschäftigte tätig werden. § 2 Abs. 2 SGB VII will aus sozialpolitischen und rechtssystematischen Gründen den Versicherungsschutz auf Tätigkeiten erstrecken, die zwar nicht sämtliche Merkmale eines Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses aufweisen, in ihrer Grundstruktur aber einer abhängigen Beschäftigung ähneln, in dem eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem wirtschaftlichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BSG SozR 4-2700 § 2 Nr.6 ). Sie muss unter Umständen geleistet werden, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist (vgl. BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 25 mit weiteren Nachweisen, ferner BSG SozR 4-2700 § 2 Nrn. 5, 6, 7 und 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2012, 837). Nicht erforderlich ist, dass die Verletzte von dem Unternehmer persönlich oder wirtschaftlich abhängig ist (vgl. BSG SozR 3-2200 § 539 Nrn. 15 und 16). Von entscheidender Bedeutung ist die mit dem - objektiv arbeitnehmerähnlichen - Verhalten einhergehende Handlungstendenz (vgl. BSG vom 05.03.2002 - B 2 U 9/01 R - sowie LSG Nordrhein-Westfalen vom 09.04.2008 - L 17 U 52/07 - (jeweils Juris)). Damit wird nicht jede Tätigkeit, die einem fremden Unternehmen objektiv nützlich und ihrer Art nach sonst üblicherweise dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich ist, beschäftigungsähnlich verrichtet. Verfolgt eine Person mit einem Verhalten, das ansonsten einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnelt, in Wirklichkeit wesentlich allein eigene Angelegenheiten, ist sie nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung und damit nicht wie im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses tätig (vgl. Bay. LSG vom 11.12.2007 - L 3 U 299/06 - sowie Sächs. LSG vom 09.12.2010 - L 2 U 219/09 - und vom 10.02.2011 - L 2 U 68/09 - (jeweils Juris)).

    aa) Die hier zu beurteilende Tätigkeit des Bewegens eines Schulpferdes am Wochenende durch die Verletzte stellt zwar eine ernsthafte, dem Willen ihres Vereins - des Klägers - entsprechende Arbeitsleistung dar. Diese stand jedoch nicht unter dem Schutz der Gesetzlichen Unfallversicherung, denn die Verletzte handelte aufgrund ihrer Pflichten als Vereinsmitglied.

    bb) Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG schließt zwar die Mitgliedschaft in einem Verein die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII nicht von vornherein und damit auch nicht schlechthin eine versicherte Tätigkeit wie eine Beschäftigte im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII aus ( vgl. u.a. BSG SozR 2200 § 539 Nr. 123; BSG vom 24.02.2000 - B 2 U 4/99 R - und vom 13.08.2002 - B 2 U 29/01 R - (jeweils Juris) sowie LSG Baden-Württemberg, UV-Recht Aktuell 2007, 539 ff.). Es ist dabei aber zu unterscheiden zwischen Arbeitsleistungen, die nur auf Mitgliedschaftspflichten beruhen, und Arbeitsleistungen, die außerhalb dieses Rahmens verrichtet werden. Letztes setzt voraus, dass die Verrichtung entweder hinsichtlich ihres Umfangs oder ihrer Art über das hinausgeht, was Vereinssatzung, Beschlüsse der Vereinsorgane oder allgemeine Vereinsübung an Arbeitsverpflichtungen der Vereinsmitglieder festlegen. Daran fehlt es bei Tätigkeiten, die z.B. auf gesellschaftlichen oder mitgliedschaftlichen Verpflichtungen beruhen. Zu den auf allgemeiner Vereinsübung beruhenden Mitgliedspflichten zählen im Allgemeinen Tätigkeiten, die ein Verein von jedem seiner Mitglieder erwarten kann und die von den Mitgliedern dieser Erwartung entsprechend auch tatsächlich verrichtet werden (vgl. BSGE 52, 11, 14; BSG SozR 3-2200 § 539 Nrn. 18 und 41 sowie BSG vom 24.02.2000 - B 2 U 4/99 R - (Juris)). Dabei handelt es sich regelmäßig um geringfügige Tätigkeiten, die im Allgemeinen dadurch gekennzeichnet sind, dass sie nach Art und Umfang nur wenig zeitlichen oder sachlichen Aufwand erfordern. Nach der Rechtsprechung des BSG gehören zur Vereinsübung jedenfalls noch Arbeiten in einem Umfang von 3 bis 4 Stunden (vgl. BSG SozR 2200 § 539 Nr. 123 und vom 22.09.1988 - 2/9 b RU 78/87 - (Juris)). Die Geringfügigkeit der Tätigkeit kann bei jedem Verein verschieden sein. Wenn die Bereitschaft der Vereinsmitglieder, Arbeiten für ihren Verein zu verrichten, größer ist, wird auch die Grenze, von der an der Verein diese Arbeiten allgemein aufgrund dieser sich so entwickelnden Vereinsübung von seinen Mitgliedern erwarten kann und die von den Mitgliedern entsprechend dieser Erwartung auch verrichtet werden, höher liegen. Grundsätzlich darf der Verein von seinen Mitgliedern ein entsprechendes Mitwirken bei der Durchsetzung der Vereinsziele erwarten (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O.).

    Orientiert an dieser Rechtsprechung hat die Verletzte am 22.04.2011 beim Bewegen des Schulpferdes lediglich Pflichten eines Vereinsmitglieds erfüllt. Auch wenn das Bewegen von Schulpferden nicht ausdrücklich als Vereinszweck des Klägers in dessen Vereinssatzung vorgesehen ist, ist diese Tätigkeit jedoch nach dem eigenen Vorbringen des Klägers unmittelbar und untrennbar mit den in der Satzung beschriebenen Vereinszwecken verbunden. Denn nach dem Inhalt der Klagebegründung müssen die Schulpferde aus zwingenden pferdehalterischen Gründen auch am Wochenende bewegt werden, weil es andernfalls zu Beeinträchtigungen der Tiere kommen kann und diese dann unter Umständen nicht mehr für die reitsportliche Betätigung der Mitglieder des Klägers oder bei der Durchführung von Leistungsprüfungen eingesetzt werden können. In diesem Fall wären mehrere satzungsmäßige Vereinszwecke des Klägers nicht (mehr) erreichbar.

    Auch in formeller Hinsicht lag die Tätigkeit der Verletzten zum Unfallzeitpunkt im Rahmen der Mitgliedschaftspflichten für ihren Verein, den Kläger. Zwar gab es nach dessen glaubhaftem Vorbringen keinen - jedenfalls keinen schriftlichen (vgl. insoweit die E-Mail-Auskunft des Klägers vom 02.01.2012 gegenüber dem Versicherungsbüro des B. Sportbunds Nord e.V.) - Beschluss des Vereinsorgane oder eine satzungsmäßig bestehende Pflicht, aufgrund derer die Verletzte verpflichtet gewesen wäre, an der Pferdehaltung - hier konkret: dem Bewegen eines Schulpferdes am Wochenende - mitzuwirken. Vorliegend ist indes zu beachten, dass die Verletzte im Unfallzeitpunkt Mitglied des Vorstands des Klägers war und sie zudem über die für das Bewegen von Schulpferden erforderliche Sachkunde verfügte. Außerdem hängt der Kläger - ebenfalls eigenen Angaben zufolge - seit Jahren eine wöchentliche Liste aus, in die sich Vereinsmitglieder verpflichtend eintragen, das Bewegen der Schulpferde am Wochenende durchzuführen. Durch das Aushängen der wöchentlichen Listen gab und gibt der Kläger gegenüber seinen Vereinsmitgliedern aber gerade zum Ausdruck, dass er eine entsprechende Tätigkeit von hierfür geeigneten Mitgliedern erwartet(e), wobei hier zusätzlich ins Gewicht fällt, dass die Verletzte Mitglied des Vorstands des Klägers war und sie damit an der Schaffung oder zumindest der Aufrechterhaltung einer entsprechenden Erwartungshaltung auf Seiten des Klägers mit beteiligt war. Mit ihrer zum Unfall führenden Tätigkeit hat sie deshalb erkennbar eine solche Tätigkeit aufgrund ihrer Mitgliedschaftspflichten gegenüber dem Kläger ausgeführt, die dieser auch von hierfür geeigneten Personen erwartete. Es handelte sich für sie um eine typische und sich wiederholende und nicht um eine außergewöhnliche oder nur ausnahmsweise vorkommende Aufgabe (vgl. insoweit Bay. LSG vom 30.06.2010 - L 2 U 278/09 - (Juris)). Aufgrund ihrer Stellung als Mitglied des Vorstands des Klägers hatte die Verletzte zudem eine hervorgehobene Stellung inne, die ihr - auch aufgrund ihrer fachlichen Eignung - qualitativ und quantitativ weitergehende und andere Mitgliedschaftspflichten auferlegte als "einfachen" Mitgliedern oder solchen, die nicht über die fachliche Eignung zum Bewegen von Schulpferden verfügten (vgl. insoweit BSG, USK 9971 und vom 24.02.2000 - B 2 U 4/99 R - (Juris)). Dem Vorliegen einer Vereinsübung widerspricht es nach der Rechtsprechung des BSG nicht, wenn nicht alle Vereinsmitglieder, sondern nur ein Teil hiervon, der die für bestimmte Tätigkeiten erforderliche persönliche oder fachliche Eignung besitzt, entsprechenden Vereinspflichten nachkommt. Denn wesentlich ist allein, ob der Verein - wie hier der Kläger - erwarten kann, dass bestimmte Aufgaben von geeigneten Vereinsmitgliedern wahrgenommen werden und sonach Geeignete - wie hier die Verletzte - regelmäßig der Erwartung des Vereins auch nachkommen (vgl. BSG SozR 2200 § 539 Nrn. 41, 101 und 123; BSG vom 24.02.2000 - B 2 U 4/99 R - m.w.N. und vom 13.08.2002 - B 2 U 29/01 R -; ferner Bay. LSG vom 30.06.2010 - L 2 U 278/09 - (jeweils Juris)). Dahinter steht das einfache, praktisch jeden lokalen Verein prägende Prinzip, dass jedes Mitglied, insbesondere aber ein Mitglied des Vereinsvorstands, sich derart in das Vereinsleben einbringt, wie es seinen jeweiligen Fähigkeiten entspricht. Wer also als Vereinsmitglied, zumal als Mitglied des Vorstands, mitgliedschaftlich tätig wird und dabei seine besondere fachliche Qualifikation einbringt, kann daraus nicht herleiten, dass er anders als andere Mitglieder in besonderer Rechtsstellung tätig wird und der mitgliedschaftliche Charakter seines Handelns hinter der qualifizierten Tätigkeit zurücktritt.

    cc) Schließlich ist auch weder vorgetragen noch aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens sonst ersichtlich, dass sich die zum Unfallzeitpunkt konkret verrichtete Tätigkeit der Verletzten wesentlich von den Aktivitäten der übrigen, wenn auch nur geringen Anzahl der Vereinsmitglieder abhob, die geeignet war, Schulpferde am Wochenende zu bewegen.

    dd) Die konkrete zum Unfall führende Tätigkeit der Verletzten hielt sich auch in den für die Ausführung von Mitgliedschaftspflichten üblichen zeitlichen Grenzen. Denn ohne den Unfall hätte das Bewegen des Schulpferdes nur etwa 10 Minuten (vgl. die Antwort zur Frage 4 im "Fragebogen Arbeitsunfall" des Klägers gegenüber dem privaten Haftpflichtversicherer) oder allenfalls 20 Minuten (vgl. die Antwort des Klägers zu Frage 3 im Fragebogen vom 31.08.2011 gegenüber der Beklagten) gedauert. Damit handelte es sich um eine nur geringfügige Tätigkeit, die der Kläger üblicherweise von hierzu geeigneten Vereinsmitgliedern erwartete und die entsprechend geeignete Vereinsmitglieder üblicherweise für ihn auch aufgewendet haben.

    3) Aus eben diesen Gründen stand die Klägerin zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der Gesetzlichen Unfallversicherung.

    Da Versicherungsschutz nach anderen Vorschriften als § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB VII nicht in Betracht kommt, hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide deshalb die Anerkennung des Unfallereignisses als Arbeitsunfall zu Recht versagt.

    4) Aus eben diesen Gründen musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung. Danach trägt derjenige nicht kostenprivilegierte (§ 183 SGG) Beteiligte die Kosten des Verfahrens, der unterliegt.

    Die - endgültige - Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtkostengesetzes.

    RechtsgebietUnfallversicherung