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  • 29.04.2005 · IWW-Abrufnummer 051238

    Europäischer Gerichtshof: Urteil vom 21.03.2002 – C-174/00

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    URTEIL DES GERICHTSHOFES (Fünfte Kammer)

    21. März 2002(1)

    Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie - Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m - Steuerbefreite Tätigkeiten - Leistungen im Zusammenhang mit Sport - Einrichtung ohne Gewinnstreben

    In der Rechtssache C-174/00

    betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

    Kennemer Golf & Country Club

    gegen

    Staatssecretaris van Financiën

    vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1)

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann (Berichterstatter) sowie der Richter S. von Bahr und C. W. A. Timmermans,

    Generalanwalt: F. G. Jacobs

    Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin

    unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

    - der niederländischen Regierung, vertreten durch M. A. Fierstra als Bevollmächtigten,

    - der finnischen Regierung, vertreten durch E. Bygglin als Bevollmächtigte,

    - der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch G. Amodeo als Bevollmächtigte im Beistand von A. Robertson, Barrister,

    - der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. M. H. Speyart und K. Gross als Bevollmächtigte,

    aufgrund des Sitzungsberichts,

    nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch R. Magrill als Bevollmächtigte im Beistand von A. Robertson, und der Kommission, vertreten durch H. van Vliet als Bevollmächtigten, in der Sitzung vom 26. September 2001,

    nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. Dezember 2001,

    folgendes

    Urteil

    Der Hoge Raad der Nederlanden hat mit Urteil vom 3. Mai 2000, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Mai 2000, gemäß Artikel 234 EG drei Fragen nach der Auslegung von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

    Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Kennemer Golf & Country Club (im Folgenden: Kennemer Golf) und dem Staatssecretaris van Financiën (Staatssekretär für Finanzen) über die Mehrwertsteuer, die von Kennemer Golf aufgrund bestimmter im Zusammenhang mit dem Golfsport erbrachter Leistungen erhoben wurde.

    Rechtlicher Rahmen

    Gemeinschaftsrecht

    Artikel 2 der Sechsten Richtlinie bestimmt:

    Der Mehrwertsteuer unterliegen:

    1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;

    2. die Einfuhr von Gegenständen.

    Artikel 4 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie lautet:

    Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.

    Artikel 13 Teil A Absatz 1 der Sechsten Richtlinie sieht vor:

    (1) Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

    ...

    m) bestimmte in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben;

    ...

    Absatz 2 dieser Vorschrift lautet:

    a) Die Mitgliedstaaten können die Gewährung der unter Absatz 1 Buchstaben b), g), h), i), l), m) und n) vorgesehenen Befreiungen für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, von Fall zu Fall von der Erfüllung einer oder mehrerer der folgenden Bedingungen abhängig machen:

    - Die betreffenden Einrichtungen dürfen keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der erbrachten Leistungen verwendet werden.

    ...

    Nationales Recht

    Artikel 11 Absatz 1 der Wet op de omzetbelasting (Umsatzsteuergesetz) 1968 (Staatsblad 1968, Nr. 329) vom 28. Juni 1968 bestimmt:

    Unter den durch Verordnung festzulegenden Voraussetzungen sind von der Steuer befreit:

    ...

    e) Dienstleistungen, die Einrichtungen, deren Zweck es ist, Sport zu treiben oder zu fördern, ihren Mitgliedern erbringen, mit Ausnahme ...

    f) die durch Verordnung festzulegenden Lieferungen von Waren und Dienstleistungen sozialer oder kultureller Art, sofern der Unternehmer keinen Gewinn anstrebt und keine schwerwiegende Störung des Wettbewerbs im Verhältnis zu Unternehmern auftritt, die Gewinn anstreben.

    Die Verordnung, die in Artikel 11 Absatz 1 des in vorstehender Randnummer genannten Gesetzes erwähnt wird, ist der Uitvoeringsbesluit omzetbelasting 1968 (Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung) (Staatsblad 1968, Nr. 423) vom 12. August 1968. Nach Artikel 7 Absatz 1 dieser Verordnung und ihrem Anhang B sind als steuerbefreite Lieferungen von Waren und Dienstleistungen u. a. anzusehen

    b) die Lieferungen von Waren und die Dienstleistungen [sozialer oder kultureller Art], die als solche von folgenden Einrichtungen erbracht werden, sofern diese nicht nach Gewinn streben:

    ...

    Einrichtungen, die sich mit der Verschaffung der Gelegenheit zur Sportausübung befassen, nur für diese Leistung.

    Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    Kennemer Golf ist ein Verein niederländischen Rechts mit ungefähr 800 Mitgliedern. Sein satzungsmäßiger Zweck besteht in der Ausübung und Förderung von Sport und Spiel, insbesondere des Golfsports. Hierfür besitzt er im Gebiet der Gemeinde Zandvoort (Niederlande) Einrichtungen, zu denen u. a. ein Golfplatz und ein Klubhaus gehören.

    Die Mitglieder von Kennemer Golf haben Jahresbeiträge sowie Eintrittsgebühren zu entrichten und sind verpflichtet, sich an einer von Kennemer Golf ausgegebenen zinslosen Obligationsanleihe zu beteiligen.

    Neben der Nutzung der Einrichtungen durch die Mitglieder von Kennemer Golf können der Golfplatz und die dazu gehörenden Einrichtungen auch von Personen, die nicht Mitglieder sind, durch Zahlung einer Tagesgebühr genutzt werden. Aus den Akten ergibt sich, dass Kennemer Golf auf diese Weise relativ hohe Summen erhält, die ungefähr einem Drittel der Beträge entsprechen, die von den Mitgliedern als Jahresbeiträge gezahlt werden.

    In den Jahren vor dem Steuerjahr 1994 schloss Kennemer Golf die Gewinn- und Verlustrechnung mit einem positiven Saldo ab, der anschließend buchmäßig als Rücklage zur Deckung anderer als jährlich wiederkehrender Ausgaben erfasst wurde. Dies war auch im Steuerjahr 1994 der Fall, um das es im Ausgangsverfahren geht.

    Da Kennemer Golf der Ansicht war, dass die Leistungen, die er Nichtmitgliedern erbracht hatte, nach Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe f der Wet op de omzetbelasting 1968 und Artikel 7 Absatz 1 sowie Anhang B Buchstabe b Nummer 21 des Uitvoeringsbesluit omzetbelasting 1968 von der Mehrwertsteuer befreit seien, entrichtete er für das Steuerjahr 1994 keine Mehrwertsteuer für diese Leistungen. Die Finanzverwaltung vertrat jedoch die Auffassung, dass Kennemer Golf in Wirklichkeit Gewinn anstrebe, und erließ einen Nacherhebungsbescheid über die Mehrwertsteuer für diese Leistungen.

    Da der von Kennemer Golf gegen diese Entscheidung eingelegte Einspruch von der Finanzverwaltung zurückgewiesen wurde, erhob Kennemer Golf Klage beim Gerechtshof Amsterdam (Niederlande). Dieser wies die Klage mit der Begründung ab,dass, wenn Kennemer Golf systematisch Gewinne erziele, die Vermutung bestehe, dass er Betriebsüberschüsse erwirtschaften wolle und Gewinn anstrebe.

    Kennemer Golf legte gegen dieses Urteil des Gerechtshof Amsterdam Kassationsbeschwerde beim Hoge Raad der Nederlanden ein. Da dieser der Ansicht ist, dass die Entscheidung des Rechtsstreits von der Auslegung der nationalen Mehrwertsteuervorschriften im Licht der entsprechenden Vorschriften der Sechsten Richtlinie abhänge, hat er beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1. a) Ist, wenn festgestellt werden muss, ob eine Einrichtung im Sinne von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie Gewinn anstrebt, ausschließlich auf die Ergebnisse der Dienstleistungen im Sinne dieser Bestimmung abzustellen, oder sind die Ergebnisse anderer Dienstleistungen, die die Einrichtung außerdem erbringt, ebenfalls zu berücksichtigen?

    b) Sind, wenn in Bezug auf das Gewinnstreben ausschließlich auf die von der Einrichtung im Sinne von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie erbrachten Dienstleistungen und nicht auf das gesamte Ergebnis der Einrichtung abzustellen ist, ausschließlich die unmittelbar durch diese Dienstleistungen verursachten Kosten zu berücksichtigen oder auch ein Teil der übrigen Kosten der Einrichtung?

    2. a) Besteht ein unmittelbarer Zusammenhang - u. a. im Sinne des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 8. März 1988 in der Rechtssache 102/86 (Apple and Pear Development Council, Slg. 1988, 1443) - in Bezug auf die Beiträge eines Vereins, der seinen Mitgliedern kraft seines satzungsmäßigen Zweckes die Gelegenheit verschafft, im Vereinsrahmen Sport zu treiben, und, falls diese Frage verneint wird, ist der Verein dann nur insoweit im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie steuerpflichtig, als er auch Dienstleistungen erbringt, für die er unmittelbare Gegenleistungen erhält?

    b) Sind, auch wenn zwischen den verschiedenen Dienstleistungen, die der Verein seinen Mitgliedern erbringt, und den von diesen Mitgliedern entrichteten Beiträgen kein unmittelbarer Zusammenhang besteht, zu den für die Feststellung des Gewinnstrebens im Sinne der ersten Frage zu berücksichtigenden Einkünften einer Einrichtung in Form eines Vereins auch die gesamten Jahresbeiträge der Mitglieder hinzuzurechnen, denen der Verein kraft seiner Satzung Gelegenheit gibt, Sport zu treiben?

    3. Rechtfertigt der Umstand, dass eine Einrichtung von ihr systematisch angestrebte Überschüsse für ihre Dienstleistungen verwendet, die darin bestehen, dass sie im Sinne von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie Gelegenheit gibt, eine Sportart zu betreiben, dieSchlussfolgerung, dass sie keinen Gewinn im Sinne dieser Bestimmung anstrebt? Oder ist diese Schlussfolgerung nur dann angebracht, wenn zufällige, nicht systematisch angestrebte Betriebsüberschüsse entstehen, die in dem erwähnten Sinne verwendet werden? Ist bei der Beantwortung dieser Fragen auch Artikel 13 Teil A Absatz 2 [Buchstabe a] erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie zu berücksichtigen, und falls ja, in welchem Sinne ist diese Bestimmung dann auszulegen? Ist insbesondere im zweiten Teil dieser Bestimmung zwischen trotzdem und anfallen systematisch oder jedoch nur zufällig zu lesen?

    Zur ersten Frage

    Mit seiner ersten Frage unter a möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass bei der Beurteilung der Frage, ob es sich um eine Einrichtung ohne Gewinnstreben handelt, allein die in dieser Vorschrift genannten Leistungen oder aber sämtliche Tätigkeiten der Einrichtung zu berücksichtigen sind.

    Nach Ansicht der niederländischen Regierung ist auf die in dieser Vorschrift der Sechsten Richtlinie genannten speziellen Leistungen abzustellen. Andernfalls könnte es zu sinnwidrigen Ergebnissen kommen, und es könnten Betrügereien oder Missbräuche gefördert werden. Diese Auslegung entspreche der allgemeinen Systematik des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems, das sich jedesmal auf eine konkrete Tätigkeit und nicht auf die Person des Leistungserbringers beziehe.

    Dazu ist festzustellen, dass sich, wie sowohl die Regierung des Vereinigten Königreichs als auch die Kommission hervorgehoben haben, Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie ausdrücklich auf bestimmte [L]eistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben ... erbringen, bezieht und dass keine Sprachfassung dieser Vorschrift einen Wortlaut enthält, aus dem sich aufgrund seiner Mehrdeutigkeit ergeben könnte, dass der Ausdruck ohne Gewinnstreben auf die Leistungen und nicht auf die Einrichtungen abstellt.

    Außerdem betreffen alle in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstaben h bis p der Sechsten Richtlinie aufgeführten Befreiungen Einrichtungen, die im öffentlichen Interesse auf einem sozialen, kulturellen, religiösen und sportlichen oder ähnlichen Sektor tätig sind. Sie bezwecken somit, bestimmte Einrichtungen, deren Tätigkeiten auf andere als kommerzielle Zwecke ausgerichtet sind, in Bezug auf die Mehrwertsteuer günstiger zu behandeln.

    Die von der niederländischen Regierung befürwortete Auslegung, wonach allein die zu den vorgenannten Zwecken erbrachten Leistungen zu berücksichtigen seien, hätte, wie der Generalanwalt in Nummer 23 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, zur Folge, dass gewerbliche Unternehmen, deren Tätigkeit normalerweise auf Gewinnerzielung gerichtet ist, grundsätzlich ebenfalls Anspruch auf Befreiung von der Mehrwertsteuerhätten, wenn sie ausnahmsweise Leistungen erbringen, die man als solche qualifizieren könnte, die ohne Gewinnstreben erbracht werden. Ein solches Ergebnis wäre jedoch mit dem Wortlaut und dem Zweck der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vorschrift nicht vereinbar.

    Wenn somit bei der Beurteilung der Frage, ob es sich um eine Einrichtung ohne Gewinnstreben handelt, auf diese Einrichtung und nicht auf die von ihr erbrachten Leistungen im Sinne von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie abzustellen ist, müssen demnach, um festzustellen, ob eine solche Einrichtung die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt, ihre sämtlichen Tätigkeiten einschließlich derjenigen berücksichtigt werden, die sie zusätzlich zu den darin genannten Dienstleistungen erbringt.

    Auf die erste Frage unter a ist daher zu antworten, dass Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass bei der Beurteilung der Frage, ob es sich um eine Einrichtung ohne Gewinnstreben handelt, sämtliche Tätigkeiten dieser Einrichtung zu berücksichtigen sind.

    Angesichts dieser Antwort braucht die erste Frage unter b nicht beantwortet zu werden.

    Zur dritten Frage

    Mit seiner dritten Frage, die wegen ihres engen Zusammenhangs mit der ersten Frage vor der zweiten Frage zu prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a erster Gedankenstrich dieser Vorschrift dahin auszulegen ist, dass eine Einrichtung als eine solche ohne Gewinnstreben qualifiziert werden kann, auch wenn sie systematisch danach strebt, Überschüsse zu erwirtschaften, die sie anschließend für die Durchführung ihrer Leistungen verwendet.

    Während nach Ansicht der finnischen Regierung, der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission auf die Tatsache, dass die fragliche Einrichtung Gewinn anstrebt, und nicht auf den Umstand abzustellen ist, dass sie - sogar regelmäßig - Gewinn erzielt, macht die niederländische Regierung geltend, die Befreiung von der Mehrwertsteuer dürfe nicht gewährt werden, wenn systematisch Gewinne erzielt würden. Die Befreiung sei nur bei Überschüssen anwendbar, die gelegentlich oder rein zufällig erzielt würden.

    Dazu ist zunächst festzustellen, dass sich aus Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie ergibt, dass bei der Beurteilung der Frage, ob es sich um eine Einrichtung ohne Gewinnstreben im Sinne dieser Vorschrift handelt, auf das Ziel der Einrichtung abzustellen ist; sie darf nämlich im Gegensatz zum Zweck eines gewerblichen Unternehmens nicht darauf gerichtet sein, für ihre Mitglieder Gewinne zu erzielen (vgl. hinsichtlich der Befreiung nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe n der Sechsten Richtlinie Urteil vom heutigen Tage in der Rechtssache C-267/00, Zoological Society of London, Randnr. 17). Dass der Zweck der Einrichtung, die füreine Befreiung von der Mehrwertsteuer in Betracht kommt, das Beurteilungskriterium für die Gewährung dieser Vergünstigung darstellt, wird durch die meisten anderen Sprachfassungen des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m klar bestätigt, in denen es ausdrücklich heißt, dass die Einrichtung nicht nach Gewinn streben darf (vgl. außer der deutschen Fassung auch die französische Fassung - sans but lucratif -, die niederländische Fassung - zonder winstoogmerk -, die italienische Fassung - senza scopo lucrativo - und die spanische Fassung - sin fin lucrativo).

    Es ist Sache der für diesen Bereich zuständigen nationalen Stellen, zu prüfen, ob eine Einrichtung nach ihrem satzungsmäßigen Zweck und unter den konkreten Umständen des Falles die Voraussetzungen erfüllt, um als Einrichtung ohne Gewinnstreben qualifiziert zu werden.

    Ist festgestellt worden, dass dies der Fall ist, kann die Tatsache, dass eine Einrichtung später Gewinne erzielt, auch wenn sie sie systematisch anstrebt oder erwirtschaftet, die ursprüngliche Qualifizierung der Einrichtung nicht in Frage stellen, solange diese Gewinne nicht an ihre Mitglieder verteilt werden. Selbstverständlich verbietet Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie den darin genannten Einrichtungen nicht, ihr Geschäftsjahr mit einem positiven Saldo abzuschließen. Andernfalls wären solche Einrichtungen, wie insbesondere die Regierung des Vereinigten Königreichs geltend gemacht hat, nicht imstande, Rücklagen für die Finanzierung der Erhaltung und künftigen Verbesserung ihrer Anlagen zu bilden.

    Das vorlegende Gericht hat ferner Zweifel, ob diese Auslegung in Fällen aufrechterhalten werden kann, in denen eine Einrichtung systematisch die Erwirtschaftung von Überschüssen anstrebe. Es verweist insoweit auf Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie, der offenbar die Befreiung von der Mehrwertsteuer versage, wenn eine Einrichtung systematisch danach strebe, Gewinn zu erzielen.

    Zu dieser Vorschrift ist gleich festzustellen, dass sie eine fakultative Bedingung enthält, die die Mitgliedstaaten für die Gewährung bestimmter Befreiungen nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 der Sechsten Richtlinie, zu denen auch die Befreiung nach Buchstabe m gehört, um die es im Ausgangsverfahren geht, zusätzlich aufstellen können. Der niederländische Gesetzgeber scheint für die Gewährung der genannten Befreiung die Erfüllung dieser fakultativen Bedingung zu verlangen.

    Hinsichtlich der Auslegung dieser fakultativen Bedingung macht die niederländische Regierung geltend, die Befreiung müsse versagt werden, wenn eine Einrichtung systematisch anstrebe, Überschüsse zu erwirtschaften. Die finnische Regierung, die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission sind jedoch der Ansicht, das systematische Streben nach Gewinn sei dann nicht maßgebend, wenn sich sowohl aus den Umständen des Falles als auch aus der Art der von einer Einrichtung tatsächlich ausgeübten Tätigkeit ergebe, dass die Einrichtung entsprechend ihrem satzungsmäßigen Zweck handele und mit diesem kein Gewinnstreben verbunden sei.

    Dazu ist zu bemerken, dass sich die erste in Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie genannte Bedingung, nämlich das Verbot für eine bestimmte Einrichtung, systematische Gewinnerzielung anzustreben, in der französischen Fassung dieser Bestimmung eindeutig auf profit [Gewinn] bezieht, während sich die darin enthaltenen beiden anderen Bedingungen, nämlich das Verbot der Verteilung von Gewinnen und das Erfordernis der Verwendung dieser Gewinne zur Erhaltung oder Verbesserung der erbrachten Leistungen, auf bénéfices [Gewinne] beziehen.

    Auch wenn diese Unterscheidung nicht in allen anderen Sprachfassungen der Sechsten Richtlinie zu finden ist, wird sie doch durch den Zweck der Bestimmungen ihres Artikels 13 Teil A untermauert. Wie der Generalanwalt in den Nummern 57 bis 61 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, sind es nämlich nicht die Gewinne im Sinne von Überschüssen, die sich am Ende eines Geschäftsjahres ergeben und die es ausschließen, dass eine Einrichtung als eine solche ohne Gewinnstreben qualifiziert wird, sondern die Gewinne im Sinne von finanziellen Vorteilen für ihre Mitglieder. Daraus folgt, wie auch die Kommission geltend gemacht hat, dass sich die in Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie genannte Bedingung im Wesentlichen mit dem Kriterium der Einrichtung ohne Gewinnstreben nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie deckt.

    Die niederländische Regierung macht geltend, eine solche Auslegung berücksichtige nicht die Tatsache, dass Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a erster Gedankenstrich als zusätzliche Bedingung notwendigerweise einen Inhalt haben müsse, der über den der Grundnorm hinausgehe. Dazu genügt der Hinweis, dass sich diese Bedingung nicht nur auf Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie bezieht, sondern auch auf zahlreiche andere zwingende Befreiungen, die einen anderen Inhalt haben.

    Auf die dritte Frage ist daher zu antworten, dass Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass eine Einrichtung als eine solche ohne Gewinnstreben qualifiziert werden kann, auch wenn sie systematisch danach strebt, Überschüsse zu erwirtschaften, die sie anschließend für die Durchführung ihrer Leistungen verwendet. Der erste Teil der in Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie enthaltenen fakultativen Bedingung ist in der gleichen Weise auszulegen.

    Zur zweiten Frage

    Mit dem ersten Teil seiner zweiten Frage unter a möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Artikel 2 Nummer 1 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass die Jahresbeiträge der Mitglieder eines Sportvereins die Gegenleistung für die von diesem Verein erbrachten Dienstleistungen darstellen können, auch wenn diejenigen Mitglieder, die die Einrichtungen des Vereins nicht oder nicht regelmäßig nutzen, verpflichtet sind, ihren Jahresbeitrag zu zahlen.

    Das vorlegende Gericht verweist insoweit auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes, insbesondere auf Randnummer 12 des Urteils Apple and Pear Development Council, in der der Gerichtshof entschieden habe, dass der Begriff der Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 der Sechsten Richtlinie das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Entgelt voraussetze. Das vorlegende Gericht hat Zweifel, ob unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens ein solcher unmittelbarer Zusammenhang besteht.

    Nach Ansicht der niederländischen Regierung fehlt unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Beiträgen der Vereinsmitglieder und den Leistungen des Vereins. Artikel 2 Nummer 1 der Sechsten Richtlinie in seiner Auslegung durch den Gerichtshof verlange, dass eine konkrete Dienstleistung unmittelbar vergütet werde, was nicht der Fall sei, wenn einige Mitglieder eines Sportklubs die von diesem angebotenen Leistungen nicht in Anspruch nähmen und trotzdem ihren Jahresbeitrag zahlten.

    Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes, dass Besteuerungsgrundlage einer Dienstleistung alles das ist, was als Gegenleistung für den geleisteten Dienst empfangen wird, und dass eine Dienstleistung nur dann steuerpflichtig ist, wenn zwischen dem geleisteten Dienst und der erhaltenen Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht (Urteile Apple and Pear Development Council, Randnrn. 11 und 12, und vom 3. März 1994 in der Rechtssache C-16/93, Tolsma, Slg. 1994, I-743, Randnr. 13 ). Eine Leistung ist somit nur dann steuerpflichtig, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung darstellt (Urteil Tolsma, Randnr. 14).

    In dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahren ändert, wie die Kommission vorträgt, der Umstand, dass der Jahresbeitrag ein Pauschalbetrag ist und nicht jeder persönlichen Nutzung des Golfplatzes zugeordnet werden kann, nichts daran, dass zwischen den Mitgliedern eines Sportvereins wie dem des Ausgangsverfahrens und dem Verein selbst gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden. Die Leistungen des Vereins bestehen nämlich darin, dass er seinen Mitgliedern dauerhaft Sportanlagen und damit verbundene Vorteile zur Verfügung stellt, und nicht darin, dass er auf Verlangen seiner Mitglieder gezielte Leistungen erbringt. Somit besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Jahresbeiträgen der Mitglieder eines Sportvereins wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden und den von diesem Verein erbrachten Leistungen.

    Der von der niederländischen Regierung vertretene Standpunkt hätte, wie die Regierung des Vereinigten Königreichs zu Recht geltend macht, im Übrigen zur Folge, dass praktisch jeder Dienstleistende die Mehrwertsteuer durch Anwendung vonPauschalpreisen umgehen und auf diese Weise von den Besteuerungsgrundsätzen, die die Grundlage des durch die Sechste Richtlinie errichteten gemeinsamen Mehrwertsteuersystems darstellen, abweichen könnte.

    Auf den ersten Teil der zweiten Frage unter a ist daher zu antworten, dass Artikel 2 Nummer 1 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass die Jahresbeiträge der Mitglieder eines Sportvereins wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden die Gegenleistung für die von diesem Verein erbrachten Dienstleistungen darstellen können, auch wenn diejenigen Mitglieder, die die Einrichtungen des Vereins nicht oder nicht regelmäßig nutzen, verpflichtet sind, ihren Jahrensbeitrag zu zahlen.

    Angesichts dieser Antwort brauchen der zweite Teil der zweiten Frage unter a und diese unter b nicht beantwortet zu werden.

    Kosten

    Die Auslagen der niederländischen und der finnischen Regierung, der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

    Aus diesen Gründen

    hat

    DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

    auf die ihm vom Hoge Raad der Nederlanden mit Urteil 3. Mai 2000 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

    1. Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass bei der Beurteilung der Frage, ob es sich um eine Einrichtung ohne Gewinnstreben handelt, sämtliche Tätigkeiten dieser Einrichtung zu berücksichtigen sind.

    2. Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie 77/388 ist dahin auszulegen, dass eine Einrichtung als eine solche ohne Gewinnstreben qualifiziert werden kann, auch wenn sie systematisch danach strebt, Überschüsse zu erwirtschaften, die sie anschließend für die Durchführung ihrer Leistungen verwendet. Der erste Teil der in Artikel 13Teil A Absatz 2 Buchstabe a erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie 77/388 enthaltenen fakultativen Bedingung ist in der gleichen Weise auszulegen.

    3. Artikel 2 Nummer 1 der Sechsten Richtlinie 77/388 ist dahin auszulegen, dass die Jahresbeiträge der Mitglieder eines Sportvereins wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden die Gegenleistung für die von diesem Verein erbrachten Dienstleistungen darstellen können, auch wenn diejenigen Mitglieder, die die Einrichtungen des Vereins nicht oder nicht regelmäßig nutzen, verpflichtet sind, ihren Jahresbeitrag zu zahlen.

    Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

    RechtsgebietSechste Mehrwertsteuerrichtlinie 77/388/EWG v. 17.5.1977VorschriftenArt. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe m 6. RL 77/388/EWG v. 17.5.1977