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  • · Fachbeitrag · Verkehrssicherungspflicht

    Räum- und Streupflicht nur auf verkehrswichtigen und gefährlichen Fahrbahnen

    • 1. Fahrbahnen innerhalb geschlossener Ortschaften sind nur an verkehrswichtigen und gefährlichen Stellen bei Glatteis und Glätte zu bestreuen. Dabei muss der Umfang der Räum- und Streupflicht auf der Fahrbahn nur auf die Bedürfnisse des Fahrverkehrs und nicht auf die des Fußgängerverkehrs ausgerichtet sein.
    • 2. Der Umfang der Räum- und Streupflicht ergibt sich nicht aus dem von der Gemeinde aufgestellten Räumplan, sondern aus den allgemeinen Grundsätzen.

    (OLG München 14.9.12, 1 U 2676/12, Abruf-Nr. 130158)

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Am 2. Weihnachtstag 2010 war die Kl. auf der Fahrbahn einer innerörtlichen Anliegerstraße, also nicht auf einem Fußgängerüberweg, zu Fall gekommen. Ihre Schmerzensgeldklage gegen die Gemeinde wegen Verletzung der Räum- und Streupflicht blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg.

     

    Durch den hier angezeigten Beschluss hat das OLG München die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, nachdem es seine Auffassung bereits in einem Hinweisbeschluss vom 10.8.12 ausführlich dargelegt hatte. Der Senat bleibt bei seiner Ansicht, dass die Unfallstelle unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu räumen gewesen sei. Voraussetzungen und Umfang der winterlichen Räum- und Streupflicht ergeben sich aus den obigen Orientierungssätzen.

     

    Praxishinweis

    Die von winterlichen bzw. atypischen Wetterverhältnissen ausgehenden Gefahren fallen grundsätzlich in das allgemeine Lebensrisiko des Straßenbenutzers. Grundvoraussetzung für die Räum- und Streupflicht auf Straßen oder Wegen ist das Vorliegen einer allgemeinen Glätte und nicht nur das Vorhandensein einzelner Glättestellen (BGH NJW 12, 2727). Inhalt und Umfang der Streupflicht richten sich nach den Umständen des Einzelfalls.

     

    Der 1. Zivilsenat des OLG München, auf diesem Gebiet besonders fachkundig, hat die maßgeblichen Grundsätze in einer Vielzahl von Entscheidungen konkretisiert und die anzuwendenden Beweisregeln (zum Anscheinsbeweis auch BGH NJW 09, 3302) herausgearbeitet. Aus seiner jüngeren Spruchpraxis weiterhin zu erwähnen sind: Beschluss vom 7.12.12, 1 U 3512/12 (öffentlicher Parkplatz einer Sparkasse), 29.11.12, 1 U 2931/12 (Gehweg) und 26.5.10, 1 U 2243/10 (Fahrbahnglätte auf einer Brücke). Eine Streupflicht zur Nachtzeit selbst an besonders gefährlichen Stellen einer Landstraße verneint das OLG Frankfurt a.M. (9.8.12, 1 U 222/11).

     

    Weiterführender Hinweis

    • Unfälle bei Eis und Schnee in der aktuellen Rechtsprechung (mit umfangreicher Rechtsprechungsübersicht): Eggert, VA 05, 26
    Quelle: Ausgabe 02 / 2013 | Seite 23 | ID 37497250