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  • · Fachbeitrag · Berufungsverwerfung

    Konventionswidrigkeit von § 329 Abs. 1 S. 1 StPO

    Die Abwesenheitsverwerfung gem. § 329 Abs. 1 S. 1 StPO verstößt gegen Art. 6 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 3 lit. c) EMRK und ist damit menschenrechtswidrig (EGMR 8.11.12, 30804/07, Fall „Neziraj“, Abruf-Nr. 130016).

    • 1. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 8.11.12, wonach § 329 Abs. 1 S. 1 StPO nicht mit Art. 6 Abs. 1 und 3 MRK vereinbar sei, verkennt das Regelungsgefüge dieser Vorschrift und die Stellung des Verteidigers im deutschen Strafprozessrecht.
    • 2. Selbst bei einer unterstellten Konventionswidrigkeit ist die Vorschrift angesichts ihres eindeutigen Wortlautes von deutschen Gerichten aufgrund ihrer Bindung an die geltenden Gesetze anzuwenden und eine auf die Konventionswidrigkeit der Vorschrift gestützte Revision offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

    (OLG München, 17.1.13, 4 StRR (A) 18/12, Abruf-Nr. 130652)

    Praxishinweis

    Der EGMR hat in den letzten Jahren mehrfach zu Verwerfungsentscheidungen der innerstaatlichen Gerichte Stellung genommen, so u.a. im Verfahren Kari-Pekka Pietiläinen gegen Finnland (22.9.09, Nr. 13566/06). Inwieweit diese Rechtsprechung Auswirkungen auf die innerstaatliche Verwerfungspraxis nach § 329 Abs. 1 StPO bei Nichterscheinen des Angeklagten im Berufungshauptverhandlungstermin hat und ob § 329 Abs. 1 StPO konventionswidrig ist, wurde zwar diskutiert, war aber bislang nicht abschließend geklärt. Nach wie vor besteht Streit, ob § 329 Abs. 1 S. 1 StPO - Berufungsverwerfung bei Ausbleiben des Angeklagten - konventionswidrig ist, wenn für den ausgebliebenen Angeklagten ein verteidigungsbereiter Rechtsanwalt in der Hauptverhandlung anwesend ist. Das OLG Düsseldorf (VRR 12, 345 = StRR 12, 346) und das OLG Hamm (VRR 12, 391) haben das gerade erst unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG (27.12.06, 2 BvR 535/04) verneint.