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  • · Fachbeitrag · WEG-Novelle

    Der neue Verwaltungsbeirat: ein „ungekrönter König“?

    von RA Dr. Hans Reinold Horst, Hannover/Solingen

    | Die WEG-Novelle verleiht dem Verwaltungsbeirat ‒ gerade im Verhältnis zum Verwalter ‒ bisher ungekannte „Kräfte“. Das zeigen die zwei folgenden Praxisfälle. |

    1. Berichte und Abrechnungen: Wenn der Verwalter faul ist

    Den folgenden Fall berichtete uns ein Leser vor Kurzem:

     

    • Praxisfall 1: Der faule Verwalter

    Beiratsvorsitzender B. weist Verwalter V. an, die beiden Vierteljahresberichte und die Zwischenabrechnungen zum Halbjahr vorzulegen. V., der gerade eine Immobilie im Ausland erworben hat und dadurch zeitlich sehr beansprucht ist, weigert sich. Das komme ihm gerade nicht gelegen, so sein Einwand. Kann der Beirat die Forderung durchsetzen?

     

    a) Lösung nach bisherigem Recht

    Vor der Novelle war § 29 WEG zu beachten. Danach musste der Beirat den Verwalter bei dessen Aufgaben unterstützen (z. B. Prüfen von Abrechnung oder Kostenvoranschlägen). Darüber hinaus veranlasste der Beirat nichts. Insbesondere hatte er gegenüber dem Verwalter keine Weisungsbefugnis.

     

    Gesetzlich ist der Verwalter nur verpflichtet, einmal jährlich abzurechnen. Daher konnte ihn der Beirat bisher nicht verpflichten, Zwischenabrechnungen vorzulegen, es sei denn der Verwalter hatte diese Pflicht vor seiner Bestellung im Verwaltervertrag übernommen. Ein Anspruch auf Rechnungslegung stand nur der Gemeinschaft zu, nicht dem Beirat.

     

    b) Lösung nach neuem Recht

    Kompetenz und Aufgabenstellung des Beirats haben sich jetzt verändert: Zunächst behält er seine Unterstützungsaufgaben im Hinblick auf die Amtsführung des Verwalters (§ 29 Abs. 2 S. 1 WEG n. F.). Eine Kontrollfunktion (Prüfungsvorbehalt plus Stellungnahme) ist ihm jetzt ausdrücklich nur im Hinblick auf Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung eingeräumt (§ 29 Abs. 2 S. 2 WEG-E). Rechnungen und Kostenvoranschläge sind im Unterschied zum bisherigen Recht (§ 29 Abs. 3 WEG) nicht mehr ausdrücklich von ihm zu prüfen.

     

    Das bleibt aber unschädlich, da sich seine Kompetenzen erheblich erweitert haben: Er darf den Verwalter jetzt auch überwachen (§ 29 Abs. 2 WEG n. F.). Ehrenamtlich tätige Beiräte haften zudem nur noch für Vorsatz und für grobe Fahrlässigkeit (§ 29 Abs. 3 WEG n. F.). Dem Beirat stehen auch alle Informationsrechte eines Wohnungseigentümers, insbesondere der Anspruch auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen, zu (§ 18 Abs. 4 WEG n. F.). Zusammengefasst besitzt der Beirat die folgenden Kompetenzen:

     

    Checkliste / Kompetenzen des Beirats nach neuem Recht

    • Unterstützen des Verwalters (§ 29 Abs. 2 S. 1 WEG n. F.),
    • Überwachen des Verwalters (§ 29 Abs. 2 S. 1 WEG n. F.),
    • Vertreten der Gemeinschaft gegenüber dem Verwalter (§ 9b Abs. 2 WEG n. F.) und in diesem Zusammenhang
      • Durchsetzen von Ansprüchen gegen den Verwalter,
      • Einberufen einer Versammlung anstelle des Verwalters (§ 24 Abs. 3 WEG n. F.),
      • Prüfen von Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung und Versehen mit einer eigenen Stellungnahme (§ 29 Abs. 2 S. 2 WEG n. F.)
      • Unterzeichnen der Niederschrift über Versammlungen (§ 24 Abs. 6 S. 2 WEG n. F.).
     

     

    Allerdings verleiht § 29 Abs. 2 S. 1 WEG n. F. „dem Beirat indes nicht das Recht, sich die Kompetenzen des Verwalters anzueignen“ (ausdrücklich: BT- Drucksache 19/22634, S. 48). Für Praxisfall 1 bedeutet dies: Der Beirat kann mangels Grundlage dem Verwalter keine Handlungen abverlangen oder Aufgaben übertragen, auch wenn er ihn im Rahmen seiner vorab definierten Aufgaben überwachen muss und ihm die Informationsrechte des Eigentümers umfassend zustehen.

    2. Beschlussempfehlung des Beirats: bindend oder unverbindlich?

    Ein weiterer Fall zeigt plastisch, dass manches aber auch beim Alten bleibt.

     

    • Praxisfall 2: Der „nickelige“ Beiratsvorsitzende

    Der Beirat prüft Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung. Er empfiehlt der Eigentümerversammlung, den Genehmigungsbeschluss nicht zu fassen. Die Eigentümerversammlung beschließt gleichwohl, beides zu genehmigen. „Das kann nicht sein“, meint Beiratsvorsitzender B. und ficht den Genehmigungsbeschluss an.

     

    Das LG Berlin (IMR 13, 508) sah die Stellungnahme einschließlich Empfehlung des Beirats an die Eigentümerversammlung als nicht bindend an. Folge: Die Versammlung muss ihr nicht zwingend folgen. Es sah somit keinen Widerspruch zur ordnungsmäßigen Verwaltung.

     

    Nach neuem Recht gilt dies genauso. Denn die Stellung des Beirats gegenüber der Gemeinschaft hat sich durch die WEG-Novelle nicht geändert.

     

    Beachten Sie | Im Unterschied zur bisherigen starren Regelung zur Zusammensetzung des Verwaltungsbeirats können die Eigentümer nun flexibel zur Mitgliederzahl beschließen (§ 29 Abs. 1 WEG n. F.). Gibt es nur ein Mitglied, bekleidet dieses zugleich den Beiratsvorsitz. Bei mehreren Mitgliedern können Beiratsämter sowohl durch Beschluss der Eigentümerversammlung als auch gremienintern vergeben werden.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2021 | Seite 17 | ID 47019093