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  • · Fachbeitrag · Wettbewerbsrecht

    Abzockversuche unter dem Deckmantel der DS-GVO und ungewollte Verzeichniseinträge

    von Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht Björn Papendorf, Münster, kwm-rechtsanwaelte.de

    | In den letzten Wochen wurde die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) von einer vermeintlichen „DAZ Datenschutzauskunft-Zentrale“ als Vorwand genutzt, um Vertragsschlüsse zu erschleichen. Vielleicht waren auch Sie betroffen? Der folgende Beitrag fasst für Sie zusammen, was genau passiert ist und wie Sie als Praxisinhaber mit derartigen Situationen in Zukunft umgehen können. |

    DS-GVO war der Aufhänger zur Irreführung

    Anfang Oktober 2018 wurden massenhaft Unternehmen von einer angeblichen Datenschutzauskunft-Zentrale (DAZ) per Fax angeschrieben. Das Schreiben war mit der Überschrift „Datenschutzauskunft-Zentrale“ und „Erfassung Gewerbebetriebe zum Basisdatenschutz nach EU-DSGVO“ überschrieben. Für den Absender war eine Adresse in Oranienburg angegeben.

     

    Im Anschreiben wurde darum gebeten, das Formular ausgefüllt und unterschrieben zurückzusenden. Dies sollte vermeintlich dazu dienen, die Anforderungen der seit 25.05.2018 geltenden DS-GVO umzusetzen. Die eigentliche Vertragsfalle ließ sich jedoch schnell überlesen. Diese befand sich im Kleingedruckten: Mit der Unterzeichnung des Trickformulars wurde eine Verbindlichkeit von jährlich 498 Euro netto eingegangen. Ferner wurde man für drei Jahre gebunden. Betroffene, die dieses Formular ausgefüllt zurückgeschickt hatten, erhielten unmittelbar eine Rechnung in der Höhe des Beitrags für das erste Rechnungsjahr.

     

    Mit der DS-GVO hatten diese Schreiben tatsächlich gar nichts zu tun. Dass in Oranienburg niemand anzutreffen sein würde und die Hinterleute tatsächlich aus Malta operieren, stellte sich bei einem Blick auf die Website der vermeintlichen DAZ heraus. Und die an eine 00800er-Nummer gefaxten Rücksendungen wurden über eine deutsche Rufnummer an den eigentlichen Versender der Werbe-Faxe weitergeleitet. Daraufhin wurden auf Betreiben der Bundesnetzagentur die deutsche Rufnummer und die Faxnummer 0800 77 000 777 gesperrt. Damit konnte der für die Fax-Werbung Verantwortliche keine Zusendungen mehr von den getäuschten Empfängern erhalten.

    Forderungen der DAZ lassen sich abwehren

    Sollten Sie ein solches DAZ-Formular unterzeichnet zurückgeschickt haben, könnten Sie dadurch Ihre Annahme des versteckt angetragenen Vertragsschlusses erklärt haben. Allerdings bestehen bereits am Vorliegen eines wirksamen Vertragsschlusses aus den folgenden Gründen Zweifel:

     

    • Aus objektivierter Sicht ist in der Zusendung des ausgefüllten Formulars schon kein Rechtsbindungswille auf Abschluss eines entgeltlichen Vertrags mit einer dreijährigen Vertragslaufzeit zu erkennen.
    • Jedenfalls liegen aber die Voraussetzungen einer wirksamen Anfechtung vor, sodass der Vertrag als von Anfang an nichtig anzusehen ist (hilfsweise ist der Vertrag fristlos zu kündigen). Es gilt:
      • Der Anfechtungsgrund ergibt sich daraus, dass die DAZ die Empfänger der Schreiben irregeführt und damit bewusst zur Abgabe einer Annahmeerklärung veranlasst hat, die sie sonst nicht abgegeben hätten.
      • Das verwendete Trickformular stellt damit eine arglistige Täuschung dar, sodass der womöglich zustande gekommene Vertrag jedenfalls angefochten und damit rückwirkend beseitigt werden kann. Das bedeutet, dass die Forderungen abgewehrt werden können und die Chancen gut stehen, dass keine Zahlungen geleistet werden müssen.
      • Sollten Sie eine Rechnung erhalten haben, zahlen Sie den Betrag nicht an das angegebene maltesische Konto, sondern erklären Sie vielmehr unverzüglich die Anfechtung des Vertrags binnen einer Ein-Jahres-Frist.

    Ähnlich gelagerte Fälle ließen sich ebenfalls anfechten

    Das Geschäftsmodell der DAZ weist Ähnlichkeiten mit dem in der Vergangenheit liegenden Vorgehen der Gewerbe-Auskunfts-Zentrale (GWE) vor. Dort war es ebenfalls möglich, sämtliche Ansprüche über das Anfechtungsrecht abzuwehren und die bereits gezahlten Beträge zurückzufordern. Die Rechtsprechung dürfte im Fall der DAZ in gleicher Weise verfahren.

     

    Ähnlichkeiten bestehen auch zum Fall der sogenannten Zahnärzte-Branchenbücher. Von Verzeichnisanbietern ergingen ebenfalls Schreiben an Zahnärzte, die ihrer Gesamtkonzeption nach den Eindruck erweckten, dass es sich um eine unentgeltliche Abfrage bzw. Kontrolle von Kontaktdaten durch eine im öffentlichen Interesse tätige Stelle handele. Tatsächlich befand sich hinter diesen Anschreiben ein gewerblicher Anbieter, der die Empfänger zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrags mit einer zweijährigen Vertragslaufzeit verleiten wollte. Im dortigen Fall waren die zustande gekommenen Verträge unabhängig vom Vorliegen einer Anfechtungslage nichtig, weil ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestand. Schließlich gibt es eine Vielzahl von Branchenverzeichnissen, deren Betreiber derartige Eintragungen kostenlos anbieten und ihre potenziellen Kunden zur Angabe oder Kontrolle eines Eintrags anschreiben.

    In der Zukunft richtig reagieren

    Die Zusendung von Faxwerbung ohne vorherige Einwilligung des Empfängers stellt eine unzumutbare Belästigung dar und ist rechtswidrig. Damit sollten unverlangt zugesandte Faxschreiben von unbekannten Absendern nicht ungeprüft beantwortet werden. Vorsicht ist ferner geboten, wenn das Antwortfax an eine Rufnummer im Ausland geschickt werden soll. Sollten Sie in Zukunft (erneut) mit derartigen Schreiben in Kontakt kommen, empfiehlt es sich, den Vorfall der zuständigen Zahnärztekammer zu melden und die Schreiben nicht zu beantworten.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2019 | Seite 12 | ID 45610306