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  • · Fachbeitrag · AGG: Benachteiligung wegen der Religion

    Ist das Kopftuchverbot in Betriebender evangelischen Kirche wirksam?

    Das Tragen eines Kopftuchs als Symbol der Zugehörigkeit zum islamischen Glauben und damit als Kundgabe einer abweichenden Religionszugehörigkeit ist regelmäßig mit der arbeitsvertraglichen Verpflichtung einer in einer Einrichtung der Evangelischen Kirche tätigen ArbN zu neutralem Verhalten nicht vereinbar (BAG 24.9.14, 5 AZR 611/12, Abruf-Nr. 143055).

     

    Sachverhalt

    Die ArbN gehört dem islamischen Glauben an. Sie ist seit 1996 bei dem ArbG - zuletzt als Krankenschwester - angestellt. Arbeitsvertraglich sind die Bestimmungen des BAT in der für die Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche von Westfalen geltenden Fassung (BAT-KF) sowie die sonstigen für die Dienstverhältnisse der Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche von Westfalen beschlossenen arbeitsrechtlichen Bestimmungen in Bezug genommen. Die ArbN befand sich vom 27.3.06 bis zum 28.1.09 in Elternzeit. Danach war sie arbeitsunfähig krank. Im April 2010 bot sie schriftlich eine Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit im Rahmen einer Wiedereingliederung an. Dabei teilte sie dem ArbG mit, dass sie das von ihr aus religiösen Gründen getragene Kopftuch auch während der Arbeitszeit tragen wolle. Der ArbG nahm dieses Angebot nicht an und zahlte keine Arbeitsvergütung. Im Rahmen einer Zahlungsklage forderte die ArbN Arbeitsentgelt unter dem Aspekt des Annahmeverzugs für die Zeit vom 23.8.10 bis zum 31.1.11.

     

    Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der ArbG hat das LAG die Klage abgewiesen.

     

    Entscheidungsgründe

    Der 5. Senat des BAG hat das Urteil des LAG auf die Revision der ArbN hin aufgehoben und den Rechtsstreit an das LAG zurückverwiesen. Zwar könne einer ArbN in einer kirchlichen Einrichtung regelmäßig das Tragen eines islamischen Kopftuchs untersagt werden. Es sei aber nicht geklärt, ob die Einrichtung des ArbG der Evangelischen Kirche institutionell zugeordnet sei. Zudem sei offen, ob die ArbN im Streitzeitraum leistungsfähig gewesen sei. Das Angebot, die Tätigkeit auf der Grundlage eines vom behandelnden Arzt erstellten Wiedereingliederungsplans aufzunehmen, indiziere die fehlende Leistungsfähigkeit der ArbN hinsichtlich der vertraglich geschuldeten Tätigkeit.

     

    Praxishinweis

    Unabhängig vom Vorliegen einer Benachteiligung aus religiösen Gründen (§§ 1, 9 AGG) muss ein ArbN, der wegen einer solchen Benachteiligung sein Leistungsverweigerungsrecht nach § 273 BGB ausübt, zur Erbringung der arbeitsvertraglichen Leistung in der Lage sein. Ist dies nicht der Fall, besteht allein deswegen kein Anspruch auf Verzugslohn nach §§ 615, 293 ff. BGB, denn der ArbG kommt nicht mit der Annahme der Arbeit in Verzug.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 183 | ID 43005338