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  • · Fachbeitrag · Gemeinschaftliches Testament

    Keine Änderung der wechselbezüglichen Schlusserbeneinsetzung möglich

    von RA Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    Setzen sich Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Alleinerben ein und bestimmen anschließend - vor der Schlusserbeneinsetzung der gemeinsamen Kinder -, der Längstlebende solle „über den beiderseitigen Nachlass frei verfügen können“, spricht angesichts des nicht eindeutigen Wortlauts und fehlender Anhaltspunkte außerhalb des Testaments jedenfalls die systematische Stellung dieses Satzes im Gefüge des Testamentes dafür, dass nur eine lebzeitige Verfügungsfreiheit gemeint ist und dem Längstlebenden nicht das Recht eingeräumt werden soll, die wechselbezügliche Schlusserbeneinsetzung zu ändern (Schleswig-Holsteinisches OLG 27.1.14, 3 Wx 75/13, Abruf-Nr. 141351).

     

    Sachverhalt

    Ende 1978 errichteten die Erblasserin und ihr Ehemann ein handschriftliches gemeinschaftliches Testament. Darin setzten sich die Ehegatten gegenseitig zu Erben ein und verfügten weiter: „Der Längstlebende von uns soll über den beiderseitigen Nachlass frei verfügen können.“ Sie bestimmten, dass nach dem Tod des Längstlebenden Sohn S und Tochter T Erben zu gleichen Teilen werden. Der Ehemann verstarb Anfang 1994. Schon 1991 hatte die Erblasserin dem Sohn S einen Anteil an einer Erbengemeinschaft im Wege der Schenkung übertragen. Mitte 2007 errichtete die Erblasserin ein weiteres notarielles Testament, in dem sie ihre Tochter T zur Alleinerbin einsetzte. Nach dem Tod der Mutter beantragte T auf Basis des notariellen Testaments einen sie als Alleinerbin ausweisenden Erbschein. Dem ist der S entgegengetreten.

     

    Entscheidungsgründe

    Für die Erbfolge maßgebend ist hier das gemeinschaftliche Testament der Eheleute von Ende 1978. Die Schlusserbeneinsetzung war gemäß § 2271 Abs. 2 S. 1 BGB seit dem Tode des Ehemanns der Erblasserin im Jahre 1994 und der Annahme des Erbes durch die Erblasserin nicht mehr widerruflich. Die Verfügungen der Eheleute sind gemäß § 2270 Abs. 1 BGB wechselbezüglich. Ehegatten können sich zwar abweichend von § 2271 Abs. 2 S. 1 BGB gegenseitig das Recht einräumen, wechselbezügliche Verfügungen nach dem Tode des Erstversterbenden zu ändern. Die Freistellung erfolgt durch Testament und kann sich auch aus der ergänzenden Auslegung des Testaments ergeben. Eine solche Klausel enthält das Testament von 1978 aber nicht. Aus der Formulierung, der Längstlebende könne über den „beiderseitigen Nachlass“ frei verfügen, lässt sich nicht ersehen, dass der Überlebende nach dem Willen der Testatoren im Zeitpunkt der Testamentserrichtung das Recht haben sollte, die Schlusserbeneinsetzung abzuändern. Der Wortlaut des Testaments ist allerdings nicht eindeutig und daher auslegungsbedürftig. Eindeutig wäre eine Formulierung, nach der der Längstlebende „auch von Todes wegen“ oder aber „nur unter Lebenden“ frei verfügen können solle.

     

    Näher liegt es, dass die Formulierung, der Längstlebende könne über den „beiderseitigen Nachlass“ frei verfügen, lediglich klarstellen soll, dass keine Vor- und Nacherbschaft sondern eine Vollerbeneinsetzung gewollt war. Hierfür spricht entscheidend die systematische Stellung des fraglichen Satzes im Gefüge des Testaments. Der Satz folgt ohne Zeilenumbruch oder Absatz unmittelbar auf die gegenseitige Erbeinsetzung, während die Schlusserbenregelung hiervon durch einen Zeilenumbruch und Einrückung der ersten Zeile als neuer Absatz abgetrennt ist. Wäre eine Änderungsmöglichkeit des Längstlebenden bezüglich der Schlusserbeneinsetzung gewollt gewesen, hätte auch für einen juristischen Laien eine Regelung im Anschluss an diese Schlusserbeneinsetzung nahe gelegen. Denn es entspricht der menschlichen und nicht nur der juristischen Logik, eine Abänderungsbefugnis als Ausnahme im Anschluss an die aufgestellte Regel zu normieren.

     

    Praxishinweis

    Wünschen Ehegatten, dass ihre Schlusserbeneinsetzung bindend ausgestaltet werden soll - also so, dass der überlebende Ehegatte gerade keine Änderungsbefugnis bezüglich der Schlusserbeneinsetzung haben soll, - schließt das in aller Regel den Wunsch ein, dass auch nicht lebzeitig anderweitig mittels Schenkung verfügt werden soll. Ist hingegen eine Freistellung des überlebenden Ehegatten gewünscht, bezieht sich dies in aller Regel sowohl auf lebzeitige Verfügungen (entgeltlich und unentgeltlich) als auf eine abweichende Verfügung von Todes wegen.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 161 | ID 42635876

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