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  • · Fachbeitrag · Gemeinschaftliches Testament

    Beeinträchtigung des Vertragserben

    von RA Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    Bei einer den Vertragserben beeinträchtigenden Schenkung kann die Herausgabe des Geschenks gemäß § 2287 BGB auch von einem Dritten, der den Gegenstand unentgeltlich vom Beschenkten erlangt hat, unter den Voraussetzungen des § 822 BGB verlangt werden (BGH 20.11.13, IV ZR 54/13, Abruf-Nr. 133993).

     

     

     

     

    Die Ehegatten errichteten ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie den vorehelichen Sohn der Ehefrau (Kläger K) als Schlusserben einsetzten. Nach dem Tod der ersten Ehefrau heiratete der Ehemann erneut. Nun machte der Bevollmächtigte des K Pflichtteilsansprüche gegen den Erblasser nach dem Tod der Mutter geltend. Der Erblasser übertrug im August 1984 ein Grundstück auf seine zweite Ehefrau. Ende 1984 schlossen der K und der Erblasser einen gerichtlichen Vergleich, „zur Abgeltung aller gegenseitigen Forderungen“ wurde an den K ein Geldbetrag gezahlt. Im Jahr 2004 übertrug die zweite Ehefrau das Eigentum an dem Grundstück unter Zustimmung des Erblassers auf ihren Sohn (Beklagte B). Der K begehrt als Schlusserbe des Erblassers von B Übereignung und Herausgabe des Grundstücks.

     

    Entscheidungsgründe

    Hat der Erblasser in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht, kann der Vertragserbe von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern (§ 2287 Abs. 1 BGB). Diese Regelung ist nach ständiger Rechtsprechung auf wechselbezügliche letztwillige Verfügungen eines gemeinschaftlichen Testaments entsprechend anzuwenden.Da K nicht der leibliche Sohn des Erblassers ist, hatte die Ehefrau mithin ein berechtigtes Interesse daran, die Stellung des K auch nach dem Ableben des Erblassers zu sichern. Die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs nach der Mutter beinhaltet auch keinen Verzicht des K auf seine Schlusserbeneinsetzung; jedenfalls wäre ein derartiger Erb- bzw. Zuwendungsverzicht gemäß § 2348 BGB, § 2352 S. 3 BGB mangels notarieller Beurkundung unwirksam. Auch der Prozessvergleich enthält keinen Erbverzicht des K, dieser regelte allein die Pflichtteilsansprüche des K.

     

    In einer älteren Entscheidung hatte der BGH die Frage offen gelassen, ob der Vertragserbe oder der bindend eingesetzte Schlusserbe gemäß § 2287 Abs. 1 BGB i.V. mit § 822 BGB auch vom Zweitbeschenkten Herausgabe des Geschenks verlangen kann (BGH 19.3.81, IVa ZR 30/80, BGHZ 80, 205, 211 f.). Nun bestätigt der Senat, dass § 822 BGB auch im Rahmen von § 2287 Abs. 1 BGB zumindest entsprechend anzuwenden ist. Hierfür spricht der Sinn und Zweck der §§ 2287, 822 BGB, wonach der unentgeltliche Erwerb des Dritten weniger schutzwürdig ist als das Interesse des Vertrags-/Schlusserben an der Herausgabe des Geschenks. Ansonsten wäre es dem Zufall überlassen, ob der Gläubiger seinen Anspruch noch gegen den ursprünglich Beschenkten gemäß § 2287 Abs. 1 BGB durchsetzen kann - das würde Manipulationen Tür und Tor öffnen.

     

    Praxishinweis

    Kommt eine Anwendung von § 822 BGB und damit eine Durchgriffsmöglichkeit auf den Zweitbeschenkten in Betracht, setzt dies voraus, dass ursprünglich ein Herausgabeanspruch gegen den Erstbeschenkten bestanden hat. Darüberhinaus muss die Verpflichtung des ursprünglichen Empfängers zur Herausgabe der Bereicherung gerade infolge der unentgeltlichen Zuwendung des Erlangten an den Dritten ausgeschlossen sein. Der Dritte haftet daher nur subsidiär. Es verbleibt mithin bei der Haftung des Empfängers, wenn

    • die Weitergabe des Erlangten erst nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgt ist (§ 818 Abs. 4 BGB) oder

     

    Hat der Schuldner die Sache veräußert, ist die Leistung nicht schon deswegen unmöglich, weil er über den Gegenstand nicht mehr verfügen kann. Unmöglichkeit liegt vielmehr erst vor, wenn feststeht, dass der Schuldner die Verfügungsmacht nicht mehr erlangen und zur Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs auch nicht auf die Sache einwirken kann. Vorliegend hatte der B das Grundstück an die SG-Limited weiterveräußert, deren Gesellschafter-Geschäftsführer er war. Insoweit darf angenommen werden, dass B auf die Gesellschaft einwirken und die Übertragung des Grundstücks veranlassen kann.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 40 | ID 42477411

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