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  • · Fachbeitrag · Urlaubsabgeltung

    Urlaubsabgeltung und Tod des ArbN

    von DirArbG Dr. Guido Mareck, Siegen

    Der ArbN erwirbt trotz langfristiger Arbeitsunfähigkeit zu Beginn jeden Kalenderjahres den gesetzlichen Erholungsurlaubsanspruch. Hierfür ist allein das Bestehen des Arbeitsverhältnisses erforderlich. Endet dieses durch Tod des ArbN, geht der Urlaubsanspruch ersatzlos unter und kann sich auch dann nicht in einen Abgeltungsanspruch umwandeln, wenn der Urlaubsanspruch vom verstorbenen ArbN zum Todeszeitpunkt bereits rechtshängig gemacht wurde (BAG 12.3.13, 9 AZR 532/11, Abruf-Nr. 132233).

     

    Sachverhalt

    Die ArbN war seit dem 4.10.06 bis zu ihrem Tod am 20.1.10 beim ArbG tätig. Seit dem 10.2.07 war sie bis zu ihrem Tod durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Nach dem Arbeitsvertrag standen der als schwerbehindert anerkannten ArbN 28 Urlaubstage im Jahr zu.

     

    Gegen eine Kündigung des ArbG vom 22.10.09 zum 31.12.09 erhob die ArbN Kündigungsschutzklage. Diese verband sie mit dem Antrag, ihr insgesamt 97 Urlaubstage für die Jahre 2006 bis 2009 zu gewähren, hilfsweise diesen Gesamturlaubsanspruch abzugelten. Mit nunmehr rechtskräftigem Urteil vom 2.2.10 wurde festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 22.10.09 aufgelöst worden ist, sondern erst durch den Tod der ArbN sein Ende gefunden hat. Die Erben der ArbN verlangen nun vom ArbG die Abgeltung des Urlaubs aus den Jahren 2006 bis 2009 aus übergegangenem Recht. Die Zahlungsklage blieb in allen Instanzen ohne Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Der 9. Senat des BAG führt zunächst aus, dass die ArbN vor ihrem Tod einen Urlaubsanspruch von 56 Werktagen zuzüglich des Zusatzurlaubs für schwerbehinderte Menschen in Höhe von 10 Werktagen für die Jahre 2008 und 2009 hatte. Der Urlaub für die Jahre 2006 und 2007 sei in europarechtskonformer Auslegung des § 7 Abs. 3 BUrlG jeweils 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfallen (hierzu: BAG 7.8.12, 9 AZR 353/10, Abruf-Nr. 122460).

     

    Ein Urlaubsabgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG stehe den Erben der ArbN gleichwohl nicht zu. Der Urlaubsanspruch sei mit ihrem Tod untergegangen und habe sich daher nicht in einen Abgeltungsanspruch umwandeln können. Daher habe ein solcher Zahlungsanspruch auch nicht zugunsten der Erben in die Erbmasse fallen können. Ende das Arbeitsverhältnis durch den Tod des ArbN, gehe nämlich der Urlaubsanspruch unter. Daher könne die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht ursächlich dafür sein, dass der Urlaubsanspruch nicht mehr erfüllt werden könne.

     

    Insofern sei auch die langandauernde Arbeitsunfähigkeit der ArbN seit 2007 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses unerheblich. Es werde seitens der ArbN weder ein Anwartschaftsrecht auf Urlaubsabgeltung noch ein sonstiges Recht erworben, das nach § 1922 Abs. 1 BGB auf die Erben übergehe.

     

    Auch die Tatsache, dass zum Zeitpunkt des Todes der Urlaubsanspruch durch die ArbN bereits rechtshängig gemacht worden sei, ändere nichts daran, dass er mit dem Tod erloschen sei. Auch Schadenersatzansprüche der Erblasserin aus den Gesichtspunkten der Unmöglichkeit oder des Verzugs seien nicht auf die Erben übergegangen. Diese kämen nur in Betracht, wenn sich der ArbG bereits zu Lebzeiten der ArbN im Verzug mit der Urlaubsgewährung befunden hätte. Dies sei bereits deshalb nicht der Fall, weil eine Urlaubsgewährung in natura wegen der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit bis zum Tod der ArbN und dem daraus folgenden Ende des Arbeitsverhältnisses nicht möglich gewesen sei.

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung stärkt die Rechtsposition des ArbG gegenüber Ansprüchen der Erben im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Tod des ArbN. Er kann diesen Forderungen erfolgreich entgegenhalten, dass der 
Urlaubsanspruch mit dem Tod untergeht und daher auch kein Zahlungs
anspruch auf Urlaubsabgeltung entstehen kann.

     

    Anderes kann im Rahmen von Schadenersatzansprüchen, die wegen der Universalsukzession ebenfalls in den Nachlass fallen, nur gelten, wenn sich der ArbG gegenüber dem Erblasser mit der Urlaubsgewährung im Verzug befand. Dies ist aber nur der Fall, wenn der Urlaub vom ArbN zu Lebzeiten erfolglos geltend gemacht wurde und auch tatsächlich erfüllbar war. Das setzt eine tatsächliche Arbeitsfähigkeit im beantragten Urlaubszeitraum voraus.

     

    Checkliste / Urlaubsabgeltung nach langer Arbeitsunfähigkeit

    • Ist das Arbeitsverhältnis beendet?
    • wenn (-): kein Anspruch aus § 7 Abs. 4 BUrlG.
    • Bestand bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses keine Möglichkeit der Inanspruchnahme?
    • wenn (+): Verfall, wenn Betrieb mehr als zehn ArbN bzw. mehr als fünf Alt-ArbN hat, und das Ende des Arbeitsverhältnisses nicht kausal für die Nichtgewährung des Urlaubs im Sinne des § 7 Abs. 4 BUrlG ist.
    • Hauptanwendungsfall: Lange Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses.
    • Beachte:
      • Bei Tod des ArbN erlöscht Urlaubsanspruch = keine Abgeltung für den/die Erben.
      • 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres verfällt der Urlaubsanspruch nach BAG = Abgeltung für in der Regel zwei Jahre.
     

    Weiterführende Hinweise

    • Kein Urlaubsanspruch während eines Ruhens des Arbeitsverhältnisses, EuGH 8.11.12, 
C- 229/11 und C-230/11, Abruf-Nr. 131556, AA 13, 98
    • Aufgabe der Surrogationstheorie, BAG AA 13, 22
    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 131 | ID 42224132