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  • · Fachbeitrag · Rezepte

    Verordnungshürden bei Osteopathie

    von Silke Jäger, ergoscriptum | Texte für Reha und Therapie, Marburg

    | Einige Krankenkassen übernehmen seit Kurzem einen Teil der Kosten für osteopathische Behandlungen. Dies tun sie jedoch nur, wenn die Verordnung von einem Arzt ausgestellt wurde. Das Problem ist: Viele Ärzte wissen nicht, was Osteopathie ist und wie sie wirkt. |

    Osteopathie ist nicht gleich Osteopathie

    Das Problem ist nicht neu und die Ärzte hatten es ihrerseits bereits erkannt, als die Kostenübernahme für osteopathische Behandlungen noch lange kein Thema war. Die Bundesärztekammer hat 2009 eine von ihr in Auftrag gegebene wissenschaftliche Bewertung veröffentlicht, in der sie die Bedeutung und die Charakteristik der osteopathischen Verfahren in Deutschland einordnet. Im Vorfeld hatte die Bundesärztekammer Stellungnahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft Osteopathie (BAO), des Bundesverbands selbstständiger Physiotherapeuten (IFK) und des Verbands Physikalische Therapie (VPT) erbeten.

     

    Damals wurde bereits deutlich, dass es schon bei grundlegenden Begrifflichkeiten Abstimmungsbedarf gibt. So ist zum Beispiel der synonyme Gebrauch der Bezeichnungen „Manuelle Medizin/Chirotherapie“ (ärztlich), „Manuelle Therapie“ (physiotherapeutisch) und „Osteopathie“ verwirrend. Die einzelnen Verbände und Arbeitsgemeinschaften vertreten verschiedene Auffassungen darüber, ob und wie sich die Termini voneinander abgrenzen lassen.

     

    Auch inhaltlich existieren unterschiedliche Herangehensweisen, je nachdem, ob Ärzte, Physiotherapeuten, Heilpraktiker oder medizinische Bademeister osteopathische Verfahren anwenden. Die Osteopathie wird von einigen als eigenständige, ganzheitliche Diagnose- und Therapiemethode aufgefasst. Andere ordnen sie in bestehende Therapiemodelle oder Medizinsysteme ein und nutzen osteopathische Verfahren in klar definierten Zusammenhängen. Auch die Aufteilung in parietale, viszerale und kraniosakrale Osteopathie erschwert vielen den Zugang, zumal unterschiedliche Meinungen darüber bestehen, ob ein Osteopath nur dann eine vollwertige Behandlung anbieten kann, wenn er alle drei Aspekte einfließen lässt. Dadurch wird deutlich, dass man streng genommen nicht von „der Osteopathie“ sprechen kann, dazu ist sie zu vielfältig.

    Wirksamkeit von Osteopathie

    Dass Osteopathie wirkt, ist für eine Reihe unterschiedlicher Gesundheitsstörungen belegt. Diese Tatsache dürfte dazu beigetragen haben, dass die Techniker Krankenkasse und die BKK Essanelle osteopathische Behandlungsverfahren unter bestimmten Voraussetzungen bezahlen. Dies tun sie einerseits wohl aus marktstrategischen Überlegungen, andererseits aber auch, weil die Nachfrage nach dieser Behandlungsform groß ist.

    Ärzte wünschen sich mehr Informationen über Osteopathie

    Eine der Voraussetzungen für die Kostenübernahme ist die ärztliche Verordnung. Da Ärzte aber erst dann Osteopathie als sinnvolle und wirksame Therapie wahrnehmen, wenn sie die Grundzüge verstanden haben, ergibt sich eine Hürde, die in der Praxis oft nicht genommen wird. Wenn osteopathisch ausgebildete Physiotherapeuten Patienten als Kandidaten für osteopathische Behandlungen identifizieren und der Patient anschließend mit dem Wunsch nach Osteopathie zum Arzt geht, heißt das noch lange nicht, dass am Ende eine Verordnung dabei herauskommt.

     

    In einem Internetforum für Ärzte konnte man lesen, dass sich Ärzte eine aussagekräftige schriftliche Begründung des Physiotherapeuten wünschen, wenn dieser Osteopathie empfiehlt. Darin sollte er aufführen,

     

    • welche Indikation für Osteopathie vorliegt und
    • welche osteopathische Technik dafür geeignet ist.

     

    Damit wären - so die Meinung der Forumsnutzer - erst die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass sich der Arzt ein Bild machen und seine Therapieentscheidung der Kasse gegenüber begründen kann. Manche Ärzte wünschen sich darüber hinaus auch noch eine Beschreibung der osteopathischen Technik, die der Therapeut anwenden möchte.

    Physiotherapeuten können Ärzte informieren

    Solange Osteopathen ihre Leistungen selbst abgerechnet haben, lagen Diagnose, Differenzialdiagnose und Therapie in ihrem Verantwortungsbereich. In dem Moment, in dem der Arzt eine Verordnung ausstellt, übernimmt er die Verantwortung für die Therapie, auch dann wenn er ein Privatrezept ausstellt.

     

    PRAXISHINWEIS | Wenn Patienten die Kosten für ihre osteopathische Behandlung von der Kasse erstattet haben möchten, bedeutet das für Sie als Physiotherapeut im Zweifelsfall, dass Sie den Zuweiser über die Grundzüge Ihrer osteopathischen Behandlung informieren müssen, damit der Patient weiterhin in Ihre Praxis kommen kann. Sie können das auf verschiedene Weise tun, zum Beispiel

    • indem Sie Vorträge anbieten,
    • indem Sie Informationsflyer auslegen oder
    • indem Sie den Arzt schriftlich informieren.
    Im Downloadbereich von pp.iww.de haben wir ein Musterschreiben für Sie bereitgestellt, mit dem Sie den zuweisenden Arzt leichter über Osteopathie informieren können. Klicken Sie dazu im Bereich „Downloads“ auf die Rubrik „Musterverträge/-schreiben“.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Techniker Krankenkasse erstattet Osteopathie (PP Nr. 03/2012, S. 1)
    • Wissenschaftliche Bewertung osteopathischer Verfahren. Zusammenfassende Bewertung der Bundesärztekammer: www.bundesaerztekammer.de > Richtlinien > Empfehlungen/Stellungnahmen > Osteopathische Verfahren
    Quelle: Ausgabe 04 / 2012 | Seite 8 | ID 32586330