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  • 25.08.2011 · IWW-Abrufnummer 113149

    Finanzgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 29.09.2010 – 5 K 117/10

    Im Hinblick auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG kann für Aufwendungen, die durch einmal wöchentliche, mit einem vom Arbeitgeber überlassenen Fahrzeug im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung unternommene Familienheimfahrten entstehen, kein Werbungskostenabzug vorgenommen werden. Die Vorschrift korrespondiert mit § 8 Abs. 2 Satz 5 2. Halbsatz EStG. Aus Vereinfachungsgründen hat der Gesetzgeber hier einerseits auf den die Zurechnung von Einnahmen verzichtet, andererseits auch einen Werbungskostenabzug ausgeschlossen.


    Tatbestand
    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit Aufwendungen für jeweils wöchentliche Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung, die jeweils mit einem von dem Arbeitgeber gestellten Fahrzeug durchgeführt wurden, als Werbungskosten Berücksichtigung finden können.
    Die Kläger sind Eheleute. Sie wurden in den Streitjahren (2007 u. 2008) gemäß § 26 EStG i. V. m. § 26 b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
    Der Kläger war seit dem 1. März 2006 bei der Firma … GmbH in X (außerhalb Schleswig-Holsteins) im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses tätig und erzielte in diesem Zusammenhang Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit i. S. des § 19 EStG. Der Familienwohnsitz der Eheleute befand sich in Y (in Schleswig-Holstein). Der Kläger hatte zusätzlich eine Wohnung in der Nähe seines Beschäftigungsortes, in Z (außerhalb Schleswig-Holsteins), angemietet und hierdurch eine steuerlich auch von dem Beklagten anerkannte doppelte Haushaltsführung begründet.
    Dem Kläger wurde in den Streitjahren von seinem Arbeitgeber ein Dienstwagen gestellt. Für dessen private Nutzung wurden ihm 1 % des Bruttolistenpreises inkl. Mehrwertsteuer sowie für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 0,03 % des Bruttolistenpreises bei Berücksichtigung einer Entfernung von 13 km für die Fahrt zwischen der Wohnung in Z und der Arbeitsstätte als geldwerter Vorteil angerechnet und der Lohnsteuer unterworfen. In den Streitjahren fuhr der Kläger jährlich jeweils 45-mal im Rahmen wöchentlicher Familienheimfahrten von seinem Beschäftigungsort zu seinem Familienwohnsitz mit dem von seinem Arbeitgeber unentgeltlich gestellten PKW.
    In den Steuererklärungen der Streitjahre machte der Kläger jeweils Aufwendungen für die wöchentlichen Familienheimfahrten als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung wie folgt geltend: 45 Fahrten x 387 km x 0,30 € = 5.225,00 €.
    In den Einkommensteuerbescheiden vom 27. April 2009 für 2007 sowie vom 11. Januar 2010 für 2008 erkannte das Finanzamt die geltend gemachten Aufwendungen für die wöchentlichen Familienheimfahrten nicht als Werbungskosten an, da sie mit einem Firmenfahrzeug durchgeführt worden seien.
    Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 6. Mai 2009 (2007) bzw. 12. Januar 2010 (2008) Einspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass die Kostenpauschale für die Heimfahrten in Höhe von 5.225,00 € anzuerkennen sei. Der Kläger habe diese Reisen jeweils 45-mal im Jahr durchgeführt und sei 387 km einfache Entfernungskilometer gefahren. Da er mit seiner Arbeitgeberin eine Vereinbarung über die Versteuerung der Privatfahrten getroffen habe, verfüge er über ein Fahrzeug, mit dem diese Reisen durchgeführt werden könnten und steuerlich anzuerkennen seien. Aus Abrechnungsbelegen der Firma Sixt über die Betankung des Firmenwagens gehe hervor, dass der Kläger die Familienheimfahrten tatsächlich durchgeführt habe. Da der Arbeitgeber des Klägers eine Versteuerung der mit dem Firmenwagen durchgeführten Privatfahrten vornehme, seien die mit diesem Fahrzeug durchgeführten Familienheimfahrten im Rahmen der geltend gemachten Werbungskosten anzuerkennen.
    Mit Einspruchsentscheidung vom 25. Mai 2010 wies der Beklagte die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide 2007 und 2008 zurück. Auf die Gründe der Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen.
    Die Kläger haben am 25. Juni 2010 Klage erhoben.
    Sie machen geltend:
    Eine Erhöhung der Versteuerung der Nutzung des Dienstfahrzeugs um 0,002 % des Listenpreises sei im vorliegenden Fall nicht erforderlich, da der Kläger nur einmal in der Woche eine Familienheimfahrt durchführe und für diese Fahrten ein Abzug wie Werbungskosten in Betracht komme. Die Versteuerung nach § 8 Abs. 2 Satz 5 1. Hs. EStG betreffe nur weitere Fahrten in der Woche. Diese weiteren Fahrten könnten nicht wie Werbungskosten angesetzt werden. Deren Berücksichtigung sei aber nicht beantragt; solche Fahrten seien auch nicht durchgeführt. Da der Arbeitgeber des Klägers aber für die private Nutzung den Wert von 1 % des Listenpreises und für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte den Wert von 0,03 % des Listenpreises dem Arbeitslohn des Klägers bereits hinzurechne, dürften Aufwendungen für eine wöchentliche Familienheimfahrt auch wie Werbungskosten angesetzt werden. Nur für weitere, über die einmal wöchentliche Familienheimfahrt hinausgehende Familienheimfahrten würden nach § 8 Abs. 2 Satz 5 EStG noch einmal 0,002 % hinzugerechnet, weil sie eine zusätzliche Leistung im Rahmen der doppelten Haushaltsführung darstellten, deren Abzug wie Werbungskosten allerdings ausgeschlossen sei. Im Übrigen werde mit den streitigen geltend gemachten Werbungskosten nur eine Pauschale in Anspruch genommen. Das Abzugszugverbot in § 9 Abs. 2 Satz 9 EStG treffe den Kläger nicht, weil lediglich der Abzug von Aufwendungen ausgeschlossen sei, nicht jedoch von Pauschalen. Deren Inanspruchnahme werde durch § 9 Abs. 2 Satz 9 EStG nicht ausgeschlossen. Man müsse hier zwischen Werbungskosten, die durch Aufwendungen entstanden seien, und anderen Werbungskosten, die durch Pauschalen entstünden, unterscheiden.
    Die Kläger beantragen sinngemäß,
    den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 27. April 2009 und den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 11. Januar 2010, jeweils in der Form der Einspruchsentscheidung vom 25. Mai 2010, dahingehend zu ändern, dass bei den Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit jeweils weitere 5.225 € für 45 Familienheimfahrten à 387 km einfache Entfernung anerkannt werden.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Er macht geltend, dass für die von dem Kläger angegebenen wöchentlichen Familienheimfahrten ein geldwerter Vorteil tatsächlich auch nicht versteuert worden sei. Dies entspreche auch der in § 8 Abs. 2 Satz 5 EStG enthaltenen Regelung, wonach ein geldwerter Vorteil in Höhe von 0,002 % des Listenpreises nur für die Fahrten zu erfassen sei, für die ein Werbungskostenabzug (grundsätzlich) nicht in Betracht komme. Zusätzliche Familienheimfahrten seien auch nach Darstellung des Klägers nicht durchgeführt worden. Unabhängig davon scheide für die wöchentlichen Familienheimfahrten, die ein Arbeitnehmer - wie der Kläger - mit einem ihm unentgeltlich von seinem Arbeitgeber überlassenen Fahrzeug durchführe, nach der eindeutigen Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG ein Werbungskostenabzug aus.
    Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die beigezogenen Steuervorgänge des Beklagten Bezug genommen.
    Gründe
    Die zulässige Klage ist unbegründet.
    Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2007 und 2008 vom 27. April 2009 bzw. 11. Januar 2010 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 25. Mai 2010 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat der Beklagte in den Streitjahren 2007 und 2008 den Klägern die im Rahmen der doppelten Haushaltsführung von dem Kläger geltend gemachten Werbungskosten für jährlich 45 wöchentliche, mit einem vom Arbeitgeber gestellten PKW durchgeführte Familienheimfahrten die Anerkennung versagt.
    Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale vom 20. April 2009 (BStBl I 2009, 774), der nach § 52 Abs. 23 d Satz 1 EStG erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2007 - also auch vorliegend - anzuwenden ist, können Aufwendungen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung für die Wege vom Beschäftigungsort zum Ort des eigenen Hausstands und zurück (Familienheimfahrten) jeweils nur für eine Familienheimfahrt wöchentlich als Werbungskosten abgezogen werden. Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist eine Entfernungspauschale von 0,30 € für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstands und dem Beschäftigungsort anzusetzen. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG werden jedoch Aufwendungen für Familienheimfahrten mit einem dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart überlassenen Fahrzeug nicht berücksichtigt.
    Entgegen der in den Schriftsätzen der Kläger zum Ausdruck gebrachten Auffassung finden die dort erwähnten Regelungen des § 9 Abs. 2 Satz 7 bis 10 EStG im Hinblick auf die Bestimmung des § 52 Abs. 23 d Satz 1 EStG keine Anwendung mehr. Im Übrigen sind die von den Klägern für anwendbar gehaltenen Vorschriften ohnehin mit den oben erwähnten gesetzlichen Bestimmungen in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG - insbesondere auch hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der Aufwendungen für Familienheimfahrten mit einem dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart überlassenen Kraftfahrzeug nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG - inhaltsgleich.
    Die Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG korrespondiert mit der Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 5 2. Halbsatz EStG. Danach wird für wöchentliche Familienheimfahrten, für die grundsätzlich nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 und 4 EStG ein Werbungskostenabzug in Betracht käme, kein Nutzungsvorteil bei Überlassung des Kfz durch den Arbeitgeber angesetzt. Die gesetzliche Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 5 1. Halbsatz EStG (Ansatz von 0,002 % des Listenpreises als Nutzungsvorteil) gilt dagegen nur für Familienheimfahrten, die über die wöchentlichen Familienheimfahrten hinausgehen. Wird aber für die wöchentlichen Heimfahrten bei Überlassung des Kfz im Rahmen einer Einkunftsart kein Nutzungsvorteil angesetzt, dann sollte nach der gesetzlichen Systematik aus Vereinfachungsgründen auch kein Werbungskostenabzug in Betracht kommen. Es wird in diesem Zusammenhang einerseits auf die Zurechnung von Einnahmen verzichtet und gleichzeitig - andererseits - der korrespondierende Werbungskostenabzug ausgeschlossen. Aus dieser Überlegung des Gesetzgebers resultiert die Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG (vgl. zum Ganzen: von Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, EStG, § 9 G 127; Rappl in Hermann/Heuer/Raupach, EStG und KStG, § 9 EStG Rn 522; Drenseck in Schmidt, EStG, 10. Aufl., § 9 Rn. 160, Zimmer in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 9 Rn. 1084; Thürmer in Blümich, EStG, § 9 Rn. 406, von Beckerath in Kirchhof, EStG, 7. Aufl. § 9 Rn. 412; auch Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 16. Juli 2003, 7 K 1774/02, EFG 2003, 1529).
    Hiervon ausgehend konnten unter Berücksichtigung der Regelungen in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 bis 6 EStG die Aufwendungen für die einmal wöchentlich mit dem überlassenen Fahrzeug des Arbeitgebers durchgeführten Familienheimfahrten des Klägers im Rahmen der unstreitig vorliegenden doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten keine Berücksichtigung finden. Dem entsprechend ist auch - worauf der Beklagte zu Recht hingewiesen hat - auf der Einnahmenseite gemäß der gesetzlichen Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 5 2. Hs. EStG für die wöchentlichen Familienheimfahrten mit dem überlassenen Fahrzeug kein zusätzlich zu versteuernder Nutzungsvorteil angesetzt worden. Allein die Tatsache, dass im Streitfall von dem Arbeitgeber des Klägers 1 % des Listenpreises allgemein für die private Kfz-Nutzung und 0,03 % des Listenpreises für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als geldwerter Vorteil bei dem Kläger angesetzt worden sind, kann vor diesem gesetzlichen Hintergrund nicht dazu führen, dass - entgegen der eindeutigen gesetzlichen Bestimmung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG - Aufwendungen für Familienheimfahrten mit dem überlassenen Fahrzeug des Arbeitgebers als Werbungskosten Berücksichtigung finden können. Der Gesetzgeber hat hier vielmehr - wie oben ausgeführt - bewusst auf den Ansatz eines Nutzungsvorteils verzichtet und damit korrespondierend die Möglichkeit eines entsprechenden Werbungskostenabzugs ausgeschlossen.
    Entgegen der von den Klägern vertretenen Rechtsauffassung kommt eine Berücksichtigung der geltend gemachten Werbungskosten auch nicht deshalb in Betracht, weil es sich lediglich um eine Pauschale handle, nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG aber lediglich Aufwendungen für Familienheimfahrten mit einem Firmenfahrzeug nicht berücksichtigen werden sollten. Denn mit der Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG wird lediglich - fiktiv und pauschaliert - die Höhe der bei den Familienheimfahrten tatsächlich entstehenden Aufwendungen festgelegt. Wird jedoch in diesem gesetzlichen Zusammenhang in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 6 EStG bestimmt, dass Aufwendungen für Familienheimfahrten mit einem dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart überlassenen Fahrzeug nicht berücksichtigt werden sollen, wird damit deutlich zum Ausdruck gebracht, dass für diese Fahrten auch der Ansatz der Entfernungspauschale, mit der grundsätzlich alle Aufwendungen für die wöchentlichen Familienheimfahrten abgegolten werden sollen, nicht in Betracht kommt. Dürfen nämlich bestimmte Aufwendungen nach der gesetzlichen Regelung überhaupt nicht berücksichtigt werden, dann können auch keine Pauschalen, die lediglich die Höhe der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen festlegen, als Werbungskosten angesetzt werden.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
    Die Revision war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO lagen nicht vor.

    Vorschriften§§ 8 Abs. 2 Satz 5, 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 bis 6, 52 Abs. 23 d Satz 1 EStG

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