Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 24.08.2011 · IWW-Abrufnummer 112728

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 23.05.2011 – 6 K 77/10

    1. Zu den Arbeitsmitteln eines Piloten können auch eine Aktentasche oder ein sog. Trolley gehören, wenn diese ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend beruflich genutzt werden.



    2. Eine vor Ablauf der Regel-Sperrfrist von sechs Monaten erhobene Untätigkeitsklage kann in die Zulässigkeit hineinwachsen.


    Finanzgericht Hamburg v. 23.05.2011

    6 K 77/10

    Tatbestand
    Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen für einen Koffer als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen sind.

    Der Kläger zu 1. ist seit dem 27.04.1977 als Pilot (Kapitän) bei der A AG angestellt und erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er lebt zusammen mit seiner Ehefrau, der Klägerin zu 2., in Österreich. Die Eheleute werden aufgrund eines Antrags nach § 1 Abs. 3, § 1a EStG vom 17.01.2009 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt und gemäß §§ 26, 26 b EStG zusammen veranlagt.

    Der Kläger machte mit seiner Steuererklärung für das Streitjahr 2008 (unter anderem) Aufwendungen für einen Koffer in Höhe von 225 € als Werbungskosten geltend.

    Mit Bescheid vom 21.12.2009 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2008 auf 76.615 € fest. Die Kosten des Koffers blieben dabei unberücksichtigt. In den Erläuterungen zur Festsetzung wurde unter Hinweis auf das Urteil des FG Hamburg vom 17.01.1972, III 24/70 (EFG 1972, 329) ausgeführt, dass die Kosten eines normalen Koffers, der auch zum Transport von Reiseutensilien diene, nicht abzugsfähig seien.

    Gegen den Bescheid legten die Bevollmächtigten der Kläger, die gegenüber dem Beklagten nach Aktenlage erstmalig mit Schreiben vom 05.11.2009 aufgetreten waren - und zwar ausdrücklich für beide Kläger - am 21.01.2010 Einspruch ein. Mit dem Einspruchsschreiben übersandten sie eine Rechnung der Firma B vom 26.06.2008 über einen schwarzen „Pilotentrolley Flight Kit”. Als Gegenstand des Einspruchs wurde in dem genannten Schreiben der Einkommensteuerbescheid 2008 vom 21.12.2009 bezeichnet; als Mandant wurde allerdings nur der Kläger aufgeführt.

    Mit Schreiben vom 27.01.2010 und vom 26.02.2010, die jeweils an beide Kläger gerichtet waren, wies der Beklagte darauf hin, dass Aufwendungen für einen Koffer den Kosten der privaten Lebensführung nach § 12 EStG zuzurechnen seien, dass im Falle eines Zusammenhangs mit der beruflichen Tätigkeit zu prüfen sei, ob und in welchem Umfang eine berufliche Veranlassung vorliege, und dass die Aufwendungen, soweit eine leichte und eindeutige Trennbarkeit in einen beruflich und einen privat veranlassten Teil nicht gegeben sei, insgesamt zu den nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbaren Ausgaben gehörten.

    Mit Entscheidung vom 26.03.2010 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte unter Hinweis auf den Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19.10.1970 (GrS 2/70, BStBl II 1971, 17) ergänzend aus, dass es sich bei den Aufwendungen für den Koffer um sog. gemischte Aufwendungen handle, die im Hinblick auf das geltende Aufteilungs- und Abzugsverbot nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Bei dem streitigen Koffer handle es sich zwar um einen Gegenstand, der auf die beruflichen Bedürfnisse von Piloten zugeschnitten sei, der aber nach der Lebenserfahrung auch zum Transport privater Unterlagen und privaten Gepäcks bzw. auf privaten Reisen genutzt werden könne und genutzt werde. Es sei daher von einer privaten Nutzung auszugehen. Eine leichte und einwandfreie Trennung der Aufwendungen sei nicht möglich. Als Adressat der Einspruchsentscheidung wurde nur der Kläger aufgeführt.

    Am 16.04.2010 haben beide Kläger dagegen Klage erhoben. Sie tragen vor, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Koffer um einen Pilotentrolley vom Typ „Flight Kit” handle und dass der Kläger diesen Koffer zu 100 % beruflich nutze. Er transportiere darin dringend benötigte Gegenstände wie Schreib- und Navigationsunterlagen, einen firmeneigenen Computer und einzelne Unterlagen, die für den jeweiligen Flug benötigt würden. Die Kläger haben hierzu Bilder und Angaben des Herstellers vorgelegt. Danach handelt es sich um einen schwarzen Leichtkoffer mit Rollen, ausziehbarem Zuggriff und Vortasche, der einen Aufkleber mit der Aufschrift „A Crew Luggage” trägt und dessen Hauptfach fächerförmig aufgeteilt ist. Auf die Bilder wird Bezug genommen (Anlage zum Schriftsatz der Kläger vom 12.05.2010 und vom 14.07.2010, s. Anlagenband zur Gerichtsakte).

    Die Kläger beantragen,

    den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 21.12.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.03.2010 zu ändern und die beantragten Ausgaben für Arbeitsmittel in Höhe von € 225,00 zu berücksichtigen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung bezieht sich der Beklagte zunächst auf seine Einspruchsentscheidung. Darüber hinaus führt er aus, dass es sich bei dem Koffer nicht um einen „Pilotentrolley” handle, sondern um einen sog. „Business Trolley”. Dieser verfüge laut Herstellerbeschreibung über einen Aktenkofferhalter, einen Schuh- und Wäschebeutel sowie eine Netzpackplatte. Die Aktenfächer, die auch auf dem Foto des Klägers zu erkennen seien, ließen sich durch Gepäckgurte austauschen. Es handle sich also um einen ganz normalen, vielseitig verwendbaren Trolley, der auch für private Kurzreisen, als Handgepäck für längere Reisen und von Kindern auf Klassenreisen genutzt werden könne. Eine ausschließliche berufliche Nutzung durch den Kläger werde daher bestritten. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Kläger ein sog. Dienstbekleidungskonto bei seinem Arbeitgeber führe. Über dieses Konto könne auch ein kleinerer Rollenkoffer zur ausschließlichen beruflichen Nutzung bestellt werden. Zudem gehöre ein sog. Flight Kit zwingend zur Grundausstattung des Flugpersonals und müsse nach Auskunft des Arbeitgebers von den Arbeitnehmern erworben werden; der Arbeitgeber übernehme einen Teilbetrag. Es sei daher davon auszugehen, dass der Kläger bereits einen entsprechenden Koffer besitze. Wenn aber ein kleinerer Trolley (teilweise) durch den Arbeitgeber gestellt werde, könne jeder weitere, vom Kläger zusätzlich erworbene Trolley nicht für eine ausschließlich berufliche Nutzung vorgesehen sein. Der Beklagte hat hierzu drei Auskunftsschreiben der A AG vom 06.06.2001 , vom 25.08.2010 und vom 13.10.2010 vorgelegt (Anlagen zum Schriftsatz des Beklagten vom 14.12.2010 - Anlagenband).

    Der Kläger hat daraufhin erwidert, dass er im Jahr 1989 über die Kleiderkammer der A ein Flightkit ohne Rollen erworben habe. Dieses sei nach fast 20 Dienstjahren nicht mehr zu reparieren gewesen. Er habe sich daher im Streitjahr 2008 passend zu einem bereits vorhandenen (schwarzen) B Rollenkoffer den hier streitigen Trolley gekauft. Nur dieser passe aufgrund einer Halterung auf den (größeren) Rollenkoffer. Auf das beigefügte Bild wird Bezug genommen.

    Mit Beschluss vom 30.09.2010 hat der Senat den Rechtsstreit dem Einzelrichter übertragen (§ 6 FGO). Auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten verzichtet.

    Dem Gericht hat ein Band Einkommensteuerakten vorgelegen.



    Gründe
    Die Klage ist zulässig und begründet.

    1. Der Senat hat gemäß § 6 FGO durch den Einzelrichter und gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden.

    2. Die Klage ist zulässig. Das gilt insbesondere auch insoweit, als die Klägerin Klage erhoben hat.

    Anders als der Beklagte geht das Gericht davon aus, dass beide Kläger Einspruch eingelegt haben. Die Prozessbevollmächtigten der Kläger sind im Veranlagungsverfahren gegenüber dem Beklagten erstmals mit Schreiben vom 05.11.2009 aufgetreten und zwar ausdrücklich im Namen beider Kläger. Dass das Einspruchsschreiben vom 21.01.2010 nur den Kläger als Mandanten aufführt, ist nach Auffassung des Gerichts unschädlich; denn aus dem Schreiben geht nach verständiger und objektiver Würdigung ohne weiteres hervor, dass der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 21.12.2009 gerichtet sein soll, der seinerseits an beide Ehegatten adressiert ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass im vorangegangen Veranlagungsverfahren und ebenso im Vorjahr der Kläger wiederholt (nur) im eigenen Namen aufgetreten ist, dabei aber erkennbar auch im Namen der Klägerin gehandelt hat (s. etwa die Schreiben des Klägers vom 08.08.2008, Bl. 89 der Einkommensteuerakten, vom 18.09.2008, Bl. 114 der Einkommensteuerakten, und vom 02.04.2009, Bl. 156 der Einkommensteuerakten). Der Beklagte seinerseits ist dementsprechend stets davon ausgegangen, dass der Kläger für beide Ehegatten auftritt (s. Schreiben des Beklagten vom 12.08.2008, Bl. 93 der Einkommensteuerakten, vom 31.08.2008, Bl. 118 der Einkommensteuerakten, vorletzter Absatz, und vom 08.04.2009, Bl. 159 der Einkommensteuerakten). Auch im Einspruchsverfahren hat der Beklagte in seinen Schreiben vom 27.01.2010 und vom 26.02.2010 (Bl. 192 und 194 der Einkommensteuerakten)-richterweise - ohne weiteres vorausgesetzt, dass die Prozessbevollmächtigten für beide Ehegatten auftreten und dass beide Ehegatten Einspruch eingelegt haben.

    Ob der Beklagte abweichend von der bisherigen Behandlung mit der Einspruchsentscheidung vom 26.03.2010, die als Einspruchsführer in der Tat nur den Kläger nennt, auch wirklich nur über den Einspruch des Klägers entscheiden wollte und ob somit das Vorverfahren gemäß § 44 Abs. 1 FGO in Bezug auf beide Ehegatten erfolglos durchgeführt worden ist, kann allerdings offen bleiben. Denn die Klage wäre in Bezug auf die Klägerin jedenfalls auch als sog. Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 1 FGO zulässig. Zwar war die Sechs-Monats-Frist des § 46 Abs. 1 Satz 2 FGO im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgelaufen. Doch kann eine vorzeitig erhobene Klage „in die Zulässigkeit hineinwachsen”, da es sich bei dem Erfordernis des abgeschlossenen Vorverfahrens nach § 44 Abs. 1 FGO um keine Zugangsvoraussetzung, sondern um eine Sachentscheidungsvoraussetzung handelt, die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung über die Klage erfüllt sein muss (vgl. etwa BFH-Urteil vom 19.04.2007 - V R 48/04, BStBl 2009 II S. 315 Tz. 35, mit weiteren Nachweisen). Dies ist hier geschehen.

    3. Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten gem. § 100 Abs. 1 S. 1 FGO.

    Die Aufwendungen der Kläger für den Koffer sind als Werbungskosten gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers zu 1) zu berücksichtigen.

    a) Werbungskosten sind gem. § 9 Abs. 1 S. 1 EStG Aufwendungen des Steuerpflichtigen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach ständiger Rechtsprechung erfasst dies über den Wortlaut der genannten Bestimmung hinaus alle Aufwendungen, die durch den Beruf veranlasst sind (vgl. BFH-Urteile vom 20.05.2010 VI R 53/09, BFHE 230, 317, NJW 2011, 799, und vom 28.11.1980 VI R 193/77, BFHE 132, 431, BStBl 1981 II S. 368 mit weiteren Nachweisen).

    Zu den bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigungsfähigen Werbungskosten gehören auch Aufwendungen für Arbeitsmittel (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG). Arbeitsmittel sind Wirtschaftsgüter, die unmittelbar zur Erledigung der dienstlichen Aufgaben dienen (BFH-Urteil vom 20.05.2010 VI R 53/09, BFHE 230, 317, NJW 2011, 799, mit weiteren Nachweisen). Zu den Arbeitsmitteln eines Piloten können auch eine Aktentasche oder ein sog. Trolley gehören, wenn diese ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend beruflich genutzt werden (so zutreffend für eine „Pilotenarbeitstasche”: FG Hamburg, Urteil vom 17.01.1972 III 24/70 , EFG 1972, 329; ähnlich auch Hessisches FG, Urteil vom 03.08.1988 - 9 K 228/86 , EFG 1989, 173; ebenso zur Aktentasche eines Betriebsprüfers vgl. FG Berlin, Urteil vom 02.06.1978 III 126/77 , EFG 1979, 225; zum Reisekoffer eines Wirtschaftsprüfers/Steuerberaters: Hessisches FG, Urteil vom 12.20.2006 13 K 2035/06, juris).

    Anschaffungskosten können dann uneingeschränkt als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn feststeht, dass der Arbeitnehmer den Gegenstand weitaus überwiegend beruflich verwendet. Daraus folgt, dass es für die Abziehbarkeit von Aufwendungen für beruflich genutzte Gegenstände, die auch privat genutzt werden können, bei der Entscheidung, ob nicht abziehbare Aufwendungen für die Lebenshaltung vorliegen, im Allgemeinen weniger auf den objektiven Charakter des angeschafften Gegenstands ankommt, sondern vielmehr auf die konkrete Funktion des Gegenstands im Einzelfall, also auf den tatsächlichen Verwendungszweck (BFH-Urteile vom 19.02.2004 VI R 135/01, BFHE 205, 220, BStBl 2004 II S. 958 und vom 20.07.2005 VI R 50/03, BFH/NV 2005, 2185).

    Nicht abziehbar sind demgegenüber Aufwendungen für die (private) Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG).

    Bei einem gemischt genutzten Gegenstand ist nach den Grundsätzen des Großen Senats des BFH im Beschluss vom 21.09. 2009 GrS 1/06 (BFHE 227, 1) eine Aufteilung in Betracht zu ziehen.

    b) Im vorliegenden Streitfall geht das Gericht nach Würdigung aller maßgeblichen Umstände davon aus, dass der Kläger den streitigen Koffer ausschließlich oder doch jedenfalls nahezu ausschließlich beruflich genutzt hat. Konkrete Anhaltspunkte für eine (auch) private Nutzung liegen nicht vor.

    aa) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger im Streitjahr 2008 einen Koffer für 225 € erworben hat.

    Nach den vom Beklagten vorgelegten Schreiben des Arbeitgebers des Klägers vom 06.06.2001, vom 25.08.2010 und vom 13.10.2010 geht das Gericht davon aus, dass die Angehörigen des Cockpitpersonals eine Tasche oder ähnliches zum Transport von Unterlagen und sonstigem dienstlichem Gepäck benötigen. Der Arbeitgeber bezeichnet ein solches Behältnis in den genannten Schreiben ausdrücklich als Arbeitsmittel und stellt fest, dass dieses „einseitig auf der Vorderseite durch einen Schriftzug als dienstliches Gepäckstück gekennzeichnet” wird. Als mögliche Ausführungen dieses Arbeitsmittels werden in den Schreiben ein „Rollentrolley” und ein „Pilotcase/Flight-Kit” aufgeführt. Den Dienstvorschriften zufolge soll das Arbeitsmittel „in Stil und Farbe der Uniform angepasst” sein.

    Der in der Rechnung vom 26.06.2008 angegebene Artikelname „Pilotentrolley FlightKit” spricht somit als Indiz für eine berufliche Nutzung im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers als Pilot. Dass der Koffer mit derselben Artikelbezeichnung (Artikel-Nr. .....) auf der von dem Beklagten im Klageverfahren vorgelegten Produktbeschreibung als „Business Trolley” mit Rollen aufgeführt wird, ist vor diesem Hintergrund unschädlich; denn auch diese Bezeichnung legt eine geschäftliche bzw. berufliche Verwendung des Koffers als „Arbeitsmittel” nahe.

    Ein weiteres Indiz ist die Ausstattung des Koffers mit einer sog. Facheinteilung, also einer fächerförmigen Unterteilung des Innenraumes, die aus dem Koffer dem Erscheinungsbild und der Funktion nach eher eine - wenn auch größere und solidere - Aktentasche macht, die dem Transport von Unterlagen und sonstigen Arbeitsmitteln und weniger von persönlichen Gegenständen wie Kleidungsstücken, Toilettenartikeln oder ähnlichem dient. Dass der streitgegenständliche Koffer tatsächlich über dieses Ausstattungsmerkmal verfügt, hat der Kläger durch die mit Schriftsatz vom 12.05.2010 vorgelegten Fotos nachgewiesen. Zwar hat der Beklagte vorgetragen, dass die Facheinteilung auch herausgenommen werden könne; doch ändert das nichts an dem Umstand, dass der Kläger einen Koffer mit „Facheinteilung” erworben hat, obwohl es auch Modelle ohne Facheinteilung gegeben hätte.

    Des Weiteren ist der Koffer durch den Aufkleber „A Crew Luggage” - wie in den genannten Schreiben des Arbeitgebers beschrieben - nach außen hin erkennbar als dienstliches Gepäckstück gekennzeichnet. In Stil und Farbe ist er schlicht und unauffällig und damit „der Uniform angepasst”.

    Für den Transport persönlicher Gegenstände verfügt der Kläger dem mit Schriftsatz vom 01.04.2011 vorgelegten Foto zufolge über einen weiteren, deutlich größeren Koffer. Der Beklagte hat dies nicht in Frage gestellt.

    Schließlich hat der Kläger den eigenen Angaben zufolge zuletzt im Jahr 1989 ein sog. Flightkit ohne Rollen erworben. Der Beklagte hat weder vorgetragen noch nachgewiesen, dass der Kläger in der Zwischenzeit einen weiteren Koffer als Arbeitsmittel erworben und steuerlich geltend gemacht hätte. Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitgeber dem Kläger in dem genannten Zeitraum einen (weiteren) entsprechenden Koffer zur Verfügung gestellt hätte, liegen ebenfalls nicht vor. Die diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten beruhen auf nicht belegten Vermutungen.

    Vor diesem Hintergrund hält das Gericht den Vortrag des Klägers, dass er nach knapp zwanzig Jahren einen neuen Koffer benötigte, für nachvollziehbar und das Vorbringen, dass er diesen Koffer aus beruflichen Gründen erworben und entsprechend genutzt hat, für schlüssig und glaubhaft.

    bb) Anhaltspunkte für eine private (Mit-)Benutzung des streitigen Koffers sieht das Gericht nicht. Im Hinblick auf die Kennzeichnung als dienstliches Gepäckstück geht das Gericht davon aus, dass der Koffer im Zweifel eher nicht, wie der Beklagte meint, typischerweise auch für private Kurzreisen oder als Handgepäck für längere Reisen und insbesondere von Kindern auf Klassenreisen genutzt werden kann. Dass er tatsächlich in dieser Weise genutzt worden wäre, hat der Beklagte nicht vorgetragen.

    Selbst wenn man aber grundsätzlich dem Beklagten in diesem Punkt folgte, so müsste man doch im Hinblick auf die berufliche Tätigkeit des Klägers und die damit verbundene - umfangreiche, weil arbeitstägliche - berufliche Nutzung des Koffers eine verhältnismäßig Verwendung unterstellen, um überhaupt zu einer wesentlichen privaten Mit-Benutzung zu kommen. Auch hierfür sieht das Gericht keine Anhaltspunkte.

    Der Anwendungsbereich des § 12 EStG ist damit im Streitfall nicht eröffnet. Auf das Vorliegen eines objektiven Maßstabes für die Aufteilung der Aufwendungen kommt es demnach nicht an.

    4. Die Ermittlung der festzusetzenden Steuer ist gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten übertragen worden.

    5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO und die die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 FGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 Abs. 1 ZPO.

    6. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch dient sie der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO). Die tatsächliche Verwendung eines Koffers ist eine Frage der Tatsachenfeststellung und -würdigung, die in erster Linie dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz unterliegt. Eine Abweichung zum Urteil des FG Hamburg vom 17.01.1972 III 24/70 (EFG 1972, 329) liegt nicht vor, da der streitgegenständliche Trolley seiner tatsächlichen Verwendung nach eher der dortigen „Pilotenarbeitstasche” gleicht.

    RechtsgebieteEStG, FGOVorschriftenEStG § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 FGO § 46 Abs. 1

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents