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  • 15.06.2011 · IWW-Abrufnummer 112421

    Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 11.03.2011 – 11 K 1850/10

    Reiner Zeitaufwand führt auch dann nicht zur steuerlichen Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG, wenn dieser im Rahmen einer ehrenamtlichen Betreuung der eigenen Mutter anfällt und wenn für jede Stunde ein fiktiver Geldwert durch den betreuenden Sohn angesetzt wird.


    Tatbestand
    Die Beteiligten streiten um das Vorliegen außergewöhnlicher Belastungen gem. § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 4.098,00 EUR.
    Der Kläger erzielte im Streitjahr 2008 als geschäftsführender Gesellschafter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 103.142,00 EUR und war ehrenamtlicher, vom Amtsgericht A bestellter Betreuer seiner an Demenz und Darmkrebs erkrankten sowie testier- und geschäftsunfähigen Mutter. Die Betreuung schloss die Betreuung für die Sorge der Gesundheit, die Bestimmung des Aufenthaltsrechtes und Rechtsangelegenheiten ein. Seit dem 1.4.2008 war die Mutter in einem Pflegeheim untergebracht. Sie ist im Kalenderjahr 2009 verstorben.
    In der Einkommensteuererklärung für 2008 beantragte der Kläger die Berücksichtigung folgender Positionen als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG:

    Vom Kläger getragene Heimkosten für die Mutter 5.790,00 EUR
    Krankheitskosten des Klägers 1.351,89 EUR
    Fahrtkosten nach A (Heimsuchung, Sozialamt, Amtsgericht) 397,20 EUR
    Sachleistungen und sonstiger Bedarf der Mutter 285,35 EUR
    Aufwand für Betreuung der Mutter (250 Stunden x 10,00 EUR) 2.500,00 EUR
    Gesamt: 10.324,44 EUR
    Ausweislich des Einkommensteuerbescheides für 2008 vom 14.4.2010 erkannte der Beklagte den geltend gemachten Betreuungsaufwand in Höhe von 2.500,00 EUR nicht als außergewöhnliche Belastung an.
    Im sich anschließenden Einspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass er durch die Nichtanerkennung der Betreuungskosten in seiner Menschenwürde getroffen worden sei. Wegen der Erkrankung seiner Mutter seien ihm zwangsläufig höhere Aufwendungen entstanden, als diese von der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen zu tragen seien. Aus einem Schreiben des Sozialamtes A gehe hervor, dass seine Mutter zu Unterhaltsforderung berechtigt sei (§§ 1601, 1606, 1608 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB –). Dies schließe auch die Betreuung für die Sorge der Gesundheit, die Bestimmung des Aufenthaltsrechtes und Rechtsangelegenheiten ein. Obwohl er als amtlich bestellter Betreuer für seine verstorbene Mutter tätig geworden sei, sei die Anerkennung dieser Tätigkeit von der Finanzbehörde in diskriminierender Weise verweigert worden. Er habe 6 Urlaubstage als Betreuer mit Tätigkeiten in A verbringen müssen, weil er dazu als amtlich bestellter Betreuer verpflichtet gewesen sei. Nachweislich seines Terminkalenders sei er wie folgt tätig geworden:
    Einweisung in das Hospital A (Chef Onkologie) 5.2.2008
    Einweisung in das Krankenhaus B 28.2.2008
    Seniorenheimsuche: 9.5.2008
    Sozialamt A (Beantragung Pflegezuschuss) 21.4.2008
    Wohnungsauflösung A 21.6.2008
    Sozialamt A 5.8.2008
    Insofern seien 6 Betreuungstage zu jeweils 433,00 EUR pro Tag, d.h. insgesamt 2.598,00 EUR zu berücksichtigen. Durch die extreme Belastung habe er 6 Urlaubstage nehmen müssen. Hinzu seien noch ca. 150 Stunden Zeitaufwand bzgl. drei Ordner Schriftverkehr, Telefonate, Prüfung Rechnungen sowie Zuzahlungen für nicht von der Krankenkasse und Behörden übernommene Rechnungen etc. gekommen. Für diese 150 Stunden seien weitere 1.500,00 EUR zu berücksichtigen. Somit mache er im Einspruchsverfahren 4.098,00 EUR geltend.
    Mit Einspruchsentscheidung vom 6.7.2010 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass einer Berücksichtigung des geltend gemachten Betrages i.H.v. 4.098,00 EUR als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 EStG das Tatbestandsmerkmal der Zwangsläufigkeit entgegenstehe. Die Übernahme des Ehrenamtes sei grundsätzlich nicht als zwangsläufig anzusehen, weil der Kläger hierzu nicht verpflichtet gewesen sei. Das zuständige Vormundschaftsgericht habe den Kläger nicht als Berufsbetreuer bestellen wollen. Vielmehr sei dieser im Einklang mit der Regelung des § 1897 Abs. 6 BGB auf die Übernahme der Betreuung als Familienangehöriger angesprochen worden. Die Annahme der Zwangsläufigkeit scheitere auch daran, dass der Kläger nach eigenen Angaben keinen Versuch gemacht habe, den ihm grundsätzlich zustehenden Aufwendungsersatz zu erlangen. Zudem habe für den Kläger auch keine sittliche Verpflichtung zur Übernahme der rechtlichen Betreuung bestanden. Es sei nicht ersichtlich, welche Folge eine Weigerung des Klägers, das Amt eines Betreuers übernehmen, für ihn gehabt hätte. Die fiktiven Werte für die 6 Urlaubstage zu je 433,00 EUR und die geschätzten Betreuungsstunden zu je 10 EUR belasteten nicht tatsächlich das Vermögen des Klägers und könnten somit einkommensteuerrechtlich nicht berücksichtigt werden. Dies gelte auch angesichts des Einwands des Klägers, dass er bei Nichtinanspruchnahme dieser Urlaubstage in Höhe von 2.598,00 EUR (6 Urlaubstage x 433,00 EUR) einen Urlaubsabgeltungsanspruch bei seinem Arbeitgeber hätte geltend machen können. Damit scheitere die Anerkennung der fiktiven Einnahmeausfälle nicht nur daran, dass sie nicht zwangsläufig i.S. des § 33 EStG seien, sondern auch bereits daran, dass der Kläger nicht belastet sei. Denn es sei kein Geldabfluss erfolgt.
    Hiergegen richtet sich die Klage, in deren Verlauf der Kläger die Kopie einer handschriftlichen Generalvollmacht der Mutter vom 26.10.2005 vorgelegt hat.
    Der Kläger trägt vor, dass ihn seine Mutter bereits im Jahre 2005 gebeten habe, sich um ihre finanziellen Angelegenheiten zu kümmern. Sie habe aber das Versprechen von ihm eingefordert, dafür Sorge zu tragen, dass sie nicht dem Staat zur Last falle. Diesen mündlichen Vertrag habe er ausnahmslos bis zum Tod seiner Mutter und darüber hinaus erfüllt. Die Vollmacht seiner Mutter vom 26.10.2005 bezüglich der finanziellen Angelegenheiten sei auch die Ursache dafür gewesen, dass das Vormundschaftsgericht ihm – dem Kläger – die Betreuung übertragen habe. Die Ansicht des Beklagten sei moralisch verwerflich. Wer die Pflicht habe, Steuern zu zahlen, müsse auch das Recht haben, Steuern zu sparen. Er fühle sich durch die Einspruchsentscheidung aufs äußerste in seiner Menschenwürde verletzt, da für ihn die zehn christlichen Gebote immer noch als Handlungsmaxime Gültigkeit besäßen. Für ihn sei somit eine sittliche Verpflichtung gegeben. Einen Aufwendungsersatz habe er ebenfalls nicht fordern können, weil er gegenüber der betreuten Mutter ein bindendes Versprechen abgegeben habe. Da das BGB die Kinder verpflichte, für die Eltern Unterhalt zu zahlen, müssten auch die damit verbundenen Betreuungsaufwendungen steuerlich absetzbar sein. Angesichts der Krankheitshistorie seiner Mutter seien die angefallenen Betreuungskosten notwendig gewesen. Im Jahr 2008 sei die Pflegestufe 1 für vollstationäre Pflege durch die Klinik festgelegt worden. Daraus hätten sich die weiteren, notwendigen Termine ergeben. Schließlich könnten Steuerpflichtige nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – im Verfahren VI R 38/09 die krankheitsbedingten Kosten als außergewöhnliche Lasten abziehen. Die Erkrankung seiner Mutter habe eine Heimunterbringung notwendig gemacht. Das Finanzamt hätte seinem Einspruch von Amts wegen abhelfen müssen.
    Der Kläger beantragt,
    den Einkommensteuerbescheid für 2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 6.7.2010 mit der Maßgabe zu ändern, dass weitere außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 4.098,00 EUR zum Ansatz gelangen.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Er hält auch im Klageverfahren an seiner in der Einspruchsentscheidung dargestellten Rechtsauffassung fest. Das Engagement des Klägers als ehrenamtlicher Betreuer für seine seinerzeit pflegebedürftige Mutter sei gesellschaftlich hoch zu bewerten, jedoch biete das geltende Steuerrecht und die hierzu ergangene BFH-Rechtsprechung nicht die vom Kläger begehrte Möglichkeit der steuerlichen Berücksichtigung.
    Mit Beschluss vom 15.9.2010 wurde der Rechtsstreit gemäß §§ 5 Abs. 3 Satz 1, 6 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
    Dem Gericht haben bei seiner Entscheidung die den Streitfall betreffenden Verwaltungsakten vorgelegen. Wegen der Einzelheiten wird hierauf und auf die im Klageverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
    Gründe
    Die Klage ist unbegründet.
    Der Beklagte hat rechtlich zutreffend die Berücksichtigung von weiteren 4.098,00 EUR als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 EStG abgelehnt. Der Kläger ist hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt (§§ 40 Abs. 1, 100 Abs. 1 FGO).
    1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung gemäß § 33 Abs. 3 EStG übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 EStG). Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).
    Der Grundgedanke des § 33 EStG ist es, die subjektive Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zu beachten. Zwar betrifft § 33 EStG nicht die Einkünfteerzielung, sondern die private Einkünfteverwendung, die im Allgemeinen wegen § 12 Nr. 1 EStG steuerlich unbeachtlich ist. Das verfassungsrechtliche Gebot der Besteuerung nach der subjektiven Leistungsfähigkeit gebietet die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen, die der Existenzsicherung des Steuerpflichtigen dienen. Einfachgesetzlich wird dies dadurch erreicht, dass sich die gewöhnlichen, nichtdisponiblen Aufwendungen z.B. durch die Berücksichtigung von Sonderausgaben und durch die Steuerfreistellung des Existenzminimums steuerlich auswirken. Mithin sieht das Gesetz die gewöhnlichen (normalen) Lebensaufwendungen durch den Grundfreibetrag (§ 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG), den sog. Familienleistungsausgleich und durch Sonderausgaben (§ 10 EStG) für abgegolten an. Die außergewöhnlichen, nichtdisponiblen Aufwendungen, d.h. die über die gewöhnlichen (normalen) Lebensaufwendungen hinausgehenden, zwangsläufigen und existenziell notwendigen privaten Aufwendungen werden von § 33 EStG aufgefangen (Loschelder in Schmidt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 33 Rdz. 1; Nacke in Littmann/Bitz/Pust, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 33 Rdz. 1). § 33 EStG konkretisiert das subjektive Nettoprinzip, wonach das Einkommen besteuert werden soll, was unter Berücksichtigung besonderer persönlicher Umstände verbleibt.
    Nach § 33 EStG sind allerdings – dem subjektiven Nettoprinzip, wonach nur verbleibendes Einkommen besteuert werden soll, folgend – nur „Aufwendungen” als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Maßgeblich für die Berücksichtigung der außergewöhnlichen Belastungen sind somit grundsätzlich nur die nach § 11 Abs. 2 EStG im Veranlagungszeitraum verausgabten Aufwendungen (Nacke in Littmann/Bitz/Pust, Kommetar zum Einkommensteuergesetz, § 33 Rdz. 23). Nach einhelliger Auffassung fallen unter den Begriff „Aufwendungen” i.S. des § 33 EStG nur bewusste und gewollte Vermögensverwendungen (Ausgaben). Das sind Geldausgaben und die Hingabe bzw. Zuwendung von Sachwerten (BFH-Urteil vom 15.3.1991 III R 26/89, BFH/NV 1991, 669; Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 4.3.2009 6 K 1196/08, n.v., Juris; Loschelder in Schmidt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 33 Rdz. 6). Weder ein Vermögensverlust noch die Nichtrealisierbarkeit von Einnahmen sind Aufwendungen i.S. der Vorschrift (Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 4.3.2009 6 K 1196/08, a.a.O). So sind z.B. entgangene Einnahmen nach der Rechsprechung des BFH keine Ausgaben bzw. Aufwendungen im Sinne des § 33 EStG (BFH-Urteil vom 4.11.2009 VI B 43/09, BFH/NV 2010, 852). Demgemäß hat der BFH auch entschieden, dass ein bloßer Verdienstausfall keine Aufwendung i.S. von § 33 EStG ist (BFH-Urteil vom 18.8.1995 III B 26/96, BFH/NV 1996, 128) und dass Aufwendungen als Grundvoraussetzung außergewöhnlicher Belastungen im Sinne des § 33 EStG z.B. auch nicht durch entgangene Mieteinnahmen entstehen (BFH-Urteil vom 4.11.2009, a.a.O.).
    2. Nach dieser Maßgabe ist die Klage bereits deshalb unbegründet, weil dem Kläger keine Aufwendungen i.S. des § 33 Abs. 1 und 2 EStG entstanden sind. Die vom Kläger errechneten Beträge von 2.598,00 EUR für 6 Urlaubstage zu jeweils 433,00 EUR sowie von 1.500,00 EUR für 150 Stunden Tätigkeit zu Gunsten der betreuten Mutter zu jeweils 10,00 EUR resultieren nicht – wie die vom Beklagten bereits außergerichtlich anerkannten Heimkosten, Krankheitskosten und Fahrtkosten sowie Sachleistungen – aus Aufwendungen i.S. des § 33 EStG.
    a) Soweit der Kläger im Zuge der ehrenamtlichen Betreuung seiner Mutter 150 Stunden Zeitaufwand geltend macht und für jede Stunde fiktiv einen Wert von 10,00 EUR ansetzt, fehlt es bereits an einer Geldausgabe und an der Zuwendung eines Sachwertes. Das Verwenden von Zeit stellt – auch im Rahmen der Pflichterfüllung eines ehrenamtlichen Betreuers – keine Vermögensverwendung im Sinne einer Ausgabe nach § 33 EStG, die im Rahmen des subjektiven Nettoprinzips steuerlich Berücksichtigung finden müsste, dar. Dies gilt auch dann, wenn man zu Gunsten des Klägers davon ausgeht, dass er in diesen 150 Stunden nicht seiner Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter nachgehen konnte und ihm insoweit ein Verdienstausfall entstanden ist. Denn in Rechtsprechung und Schrifttum wird einhellig die Auffassung vertreten, dass ein bloßer Verdienstausfall keine Aufwendung i.S.v. § 33 EStG ist (vgl. BFH Urteil vom 18.8.1995 III B 26/95, a.a.O., mit weiteren Nachweisen).
    b) Gleiches gilt aus den dargestellten Gründen für den angesetzten fiktiven Wert der 6 Urlaubstage in Höhe von jeweils 430,00 EUR. Insofern hat der Beklagte in der Einspruchsentscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass der fiktive Wert von 433,00 EUR je Urlaubstag, welcher den Wert der Urlaubstage abgelten soll, nicht tatsächlich das Vermögen des Klägers belastet hat und somit auch einkommensteuerlich nicht berücksichtigt werden kann. Auch nach Ansicht des Gerichtes ergibt sich eine für die Annahme einer außergewöhnlichen Belastung i.S. des § 33 EStG erforderliche bewusste und gewollte Vermögensverwendung im Sinne einer Geldausgabe bzw. Hingabe eines Sachwertes auch nicht aus dem außergerichtlichen Vortrag des Klägers im Schreiben vom 8.6.2010, wonach ihm ein finanzieller Schaden dadurch entstanden sei, dass er durch die extreme Belastung für seine Mutter 6 Urlaubstage habe nehmen müssen und er eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 2.598,00 EUR bei seinem Arbeitgeber nicht habe geltend machen können. Denn wie bereits dargestellt sind weder ein unfreiwilliger Vermögensverlust noch die Nichtrealisierbarkeit von Einnahmen noch entgangene Einnahmen Aufwendungen i.S. der Vorschrift des § 33 EStG. Im Übrigen entspricht die vorgetragene Nichtgeltendmachung einer Urlaubsabgeltung beim Arbeitgeber in Höhe von 2.598,00 EUR im Ergebnis einem – nach der BFH-Rechtsprechung ebenfalls nicht als außergewöhnliche Belastung i.S. von § 33 EStG abzugsfähigen – Verdienstausfall (vgl. BFH-Urteil vom 18.8.1995 III B 26/95, a.a.O., mit weiteren Nachweisen sowie Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 4.3.2009 6 K 1196/08, a.a.O). Auch insoweit liegt weder eine Geldausgabe noch die Hingabe eines Sachwertes i.S. des § 33 EStG vor.
    Dies gilt alles auch unter Berücksichtigung einer etwa dem Kläger obliegenden Unterhaltsverpflichtung.
    c) Die Klage hat auch unter Berücksichtigung des vom Kläger zur Stützung seiner Rechtsauffassung genannten BFH-Urteils vom 13.10.2010 (VI R 38/09, BFH/NV 2011, 351) keinen Erfolg. Zwar hat der Kläger insofern zutreffend darauf hingewiesen, dass die Erkrankung seiner Mutter eine Heimunterbringungen notwendig machte. Die damit einhergehenden Aufwendungen, welche der Kläger getragen hat, hat der Beklagte jedoch bereits außergerichtlich anerkannt, soweit es sich hierbei um „Aufwendungen” im Sinne des § 33 EStG handelte (zum Begriff der Aufwendungen vgl. obige Entscheidungsgründe unter Ziffer 1.). Auch das BFH-Urteil vom 13.10.2010 (VI R 38/09, a.a.O.) setzt das Vorliegen von „Aufwendungen” im oben genannten Sinne voraus. Denn nach dieser Entscheidung (VI R 38/09) sind die dort unstreitig der Klägerseite in Rechnung gestellten und gezahlten Mietaufwendungen, d.h. eine Geldausgabe im o.g. Sinne, als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähig. Um eine solche tatsächliche Geldausgabe handelt es sich jedoch bezüglich des vom Kläger mit der hiesigen Klage als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten fiktiven Wertes der 6 Urlaubstage und der 150 Zeitstunden gerade nicht.
    3. Die Klage ist somit bereits alleine aus den vorgenannten Gründen unbegründet, da keine Aufwendungen im Sinne des § 33 EStG vorliegen. Selbst wenn man das Vorliegen von Aufwendungen im Sinne des § 33 EStG im Streitfall annehmen würde, kann die Klage keinen Erfolg haben, weil der Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom 6.7.2010 mit einer Begründung, welche inhaltlich den Ausführungen des rechtskräftigen Urteils des FG Berlin-Brandenburgs vom 5.5.2008 (Az. 13 K 1972/05 B, EFG 2008, 1328) entspricht, das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals der Zwangsläufigkeit zutreffend verneint hat. Das Gericht sieht insofern von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da es insoweit der Begründung der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf (Einspruchsentscheidung vom 6.7.2010; vgl. dort ab Seite 4, 9. Absatz bis Seite 5, 7. Absatz) folgt (§ 105 Abs. 5 FGO). Auch die fehlende Zwangsläufigkeit i.S. des § 33 EStG führt für sich alleine betrachtet bereits zur Unbegründetheit der vorliegenden Klage.
    4. Dass die vom Kläger errechneten 4.098,00 EUR nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend gemacht werden können, begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Gesetzgeber darf nämlich auch im Bereich des subjektiven Nettoprinzips generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Aufgrund dieses Beurteilungsspielraums des Gesetzgebers wird das von der Einkommensteuer freizustellende sachliche Existenzminimum durch den Grundfreibetrag berücksichtigt (BFH-Urteil vom 5.3.2009 VI R 60/07, BFH/NV 2009, 1111 mit weiteren Nachweisen). Damit ist grundsätzlich auch der Zeitaufwand des Klägers für die Betreuung seiner Mutter im Jahre 2008 abgegolten.
    5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
    Anmerkung
    Freigabe: Mai 2011

    VorschriftenEStG § 33 Abs. 1;

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