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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 02.09.2004 – 4 K 2259/00

    Zur Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht bei einem in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebenen Kleinbetrieb (Druckerei), wenn die Wirtschaftsgüter des Betriebs infolge technischen Fortschritts schnell veralten und die Erkrankung eines mitarbeitenden Gesellschafters Betriebsausfälle verursacht, ohne dass eine Aushilfskraft eingestellt wird.


    Tatbestand

    Streitig ist für die Jahre 1988 bis 1990 und 1995 bis 1997, ob die von der mittlerweile aufgelösten ... Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: GbR) in Mutterstadt betriebene Druckerei als steuerlich unbeachtliche Liebhaberei anzusehen ist.

    Die Klägerin und der Beigeladene waren in den Jahren 1988 bis 2001 an der GbR zu jeweils 50 % beteiligt. 1989 studierte die Klägerin noch an der Fachhochschule, 1990 absolvierte sie ein Anerkennungsjahr und war nach ¾-jähriger Arbeitslosigkeit dann als Lehrerin (Vollzeit) beschäftigt. 1996 bis Ende 1999 hatte die Klägerin ein halbe Stelle als Jugendreferentin bei der Kirche, teilweise mit 5-Tage-Woche. Ab 1. Januar 2000 hat die Klägerin eine volle Stelle (PA Bl.55, 57). Der 1935 geborene Beigeladene war bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2000 als Pfarrer an einer Berufsschule und als Religionslehrer tätig (PA Bl.55). Nach den Angaben der Klägerin (PA Bl.55) hatte diese gemeinsam mit dem Beigeladenen, der ihr Lehrer gewesen sei, die Idee, einen Druckereibetrieb zu eröffnen; entsprechenden Bedarf habe sie in ihrem studentischen Umfeld an der Fachhochschule gesehen; Kopiershops hätten nicht die erforderliche Qualität geliefert; außerdem hätten sich neue Gestaltungsmöglichkeiten durch den Einsatz eines Computers ergeben (PA Bl.55).

    Zum 8. Juni 2001 meldete die Klägerin das Gewerbe der GbR wegen vollständiger Aufgabe des Betriebs ab (Prozessakte <PA> Bl.20). Als Gegen­stand der GbR war in den abgegebenen Feststellungserklärungen „Druckerei” angegeben, in der Gewerbe-Abmeldung ist der Unternehmensgegenstand mit „Erbringung von sonstigen Dienstleistungen (...) (Verlag, Satz u. Layout, Schreibarbeiten, Vervielfältigungen, Beratung und Hilfe bei Dissertationen)” umschrieben.

    Wesentliche Investitionen in zum Betrieb der Druckerei verwendetes Sonderbetriebsvermögen (Anlagevermögen) des Beigeladenen erfolgten ausweislich der Steuererklärungen der GbR (vgl. u.a. Bilanz-Heft, Abschreibungstabellen) in den Jahren 1989/1990 in eine gebrauchte Offsetdruckmaschine (Anschaffungskosten 1.600,- DM), eine Speicherschreibmaschine (3.508,77 DM), ein Kopiergerät (4.890,26 DM), einen Rüttler (970,- DM) und eine Papierschneidemaschine (1.808,10 DM), im Mai 1991 in ein Copyrapid-Offset-Gerät (4.553,57 DM), im Januar 1992 in einen MB-Offsetdrucker (12.543,86 DM) und im Dezember 1992 in einen Computer mit Drucker (6.491,89 DM) sowie einen Scanner (1.050,88 DM).

    Seit März bzw. April 1993 befanden sich im Anlagevermögen der GbR die Positionen „Pagemaker” (Anschaffungskosten 2.339,13 DM) – ein Softwareprogramm (vgl. auch die Angaben der Klägerin PA Bl.55) – und ein Schablonendrucker (15.820,- DM), seit Dezember 1995 eine Computeranlage (5.689,- DM; Abgang 1997 = 1.586,- DM); im August 1997 wurden von der GbR eine Heftmaschine (4.141,89 DM) und im Januar 1998 ein Flachbett-Scanner (1.211,- DM) sowie ein Computer (3.116,- DM) angeschafft.

    Der Beklagte hat die Investitionen in die Druckerei in den Jahren 1988 bis 1998 auf insgesamt 73.282,- DM beziffert (vgl. RbA Bl.53).

    Die GbR erzielte in den Jahren 1988 bis 1998 (mit Ausnahme des Jahres 1997) Verluste, die in der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 30. Juni 2000 (Rechtsbehelfsakte <RbA> Bl.51 ff. <52>) im Einzelnen unter Angabe der entsprechenden Betriebseinnahmen und –ausgaben der GbR sowie der Sonderbetriebsausgaben der Gesellschafter – sie entfallen überwiegend auf den Beigeladenen - dargestellt und zu einem Totalverlust von ./. 50.835,68 DM aufaddiert worden sind. Allerdings ergaben sich nach Verteilung des Ergebnisses auf die beiden Feststellungsbeteiligten für die Klägerin, die deutlich weniger als der Beigeladene in Sonderbetriebsvermögen investiert hatte, zumeist positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb (vgl. hierzu und zum Folgenden auch z.B. die Feststellungserklärungen 1988 bis 2001, PA Bl.61 ff.). Auch für die Jahre 1999 und 2000 ergaben sich unter Berücksichtigung der Sonderbetriebsausgaben des Beigeladenen Verluste. Die Einnahmen-Überschussrechnung der GbR für die Zeit vom 1. Januar bis zum 8. Juni 2001 (Tag der Betriebsaufgabe) ergab ebenfalls einen Verlust (./. 1.574,73 DM; PA Bl.21); die Entnahme verschiedener Gegenstände des Anlagevermögens anlässlich der Betriebsaufgabe führte bei der GbR zu einem erklärten Aufgabeverlust von ./. 129,- DM; beim Sonderbetriebsvermögen des Beigeladenen ergab sich lt. Erklärung durch die Entnahme des Kopiergeräts, der Papierschneidemaschine und des MB-Offsetdruckers - das übrige Sonderbetriebsvermögen ist in der Abschreibungstabelle 2001 als „Schrott” bezeichnet - ein geringfügiger Aufgabegewinn (346,- DM). Nach Angaben der Klägerin ist die GbR vollständig abgewickelt; die entnommenen Geräte wurden nicht veräußert (vgl. PA Bl.55). Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass sich über die gesamte Betriebsdauer der Druckerei auch unter Berücksichtigung eines Aufgabegewinns ein Totalverlust ergibt.

    Auch für die Streitjahre (wie für alle Jahre von 1988 bis 1997) hat der Beklagte zunächst gegenüber der Klägerin als Empfangsbevollmächtigter der GbR Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen erlassen. Mit Schreiben vom 23. April 1997 (RbA Bl.1) nahm der Beklagte die negative Ertragssituation der GbR jedoch zum Anlass, die Gewinn­erzielungsabsicht der GbR in Frage zu stellen. Daraufhin verwies die GbR u.a. auf erforderliche Neuinvestitionen (RbA Bl.3) sowie den Umstand, dass der Betrieb in den Monaten Juni/Juli 1996 geruht habe, weil der Beigeladene wegen eines Wirbelsäulenschadens in einer Reha-Klinik gewesen sei (RbA Bl.6). Nachdem die GbR auch im Jahr 1998 einen Verlust erzielt hatte, vertrat der Beklagte mit Schreiben vom 20. Januar 2000 (RbA Bl.11) die Auffassung, der bislang erzielte Totalverlust i.H.v. 44.732,- DM deute darauf hin, dass der Betrieb der GbR nach Wesensart und Betriebsführung derzeit objektiv nicht geeignet sei, nachhaltig Gewinn zu erzielen; dieser Umstand indiziere das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht. Er - der Beklagte - beabsichtige daher, die vorläufigen Feststellungsbescheide 1988 bis 1990 und 1995 sowie die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Feststellungsbescheide 1996 und 1997 aufzuheben. Die GbR verwies u.a. darauf, dass nicht beabsichtigt gewesen sei, den Betrieb aus Liebhaberei zu betreiben; der Beigeladene sei in den letzten Jahren sehr krank gewesen, so dass an eine Betriebsaufgabe gedacht worden sei; wegen der hohen Investitionen habe man jedoch den Betrieb noch nicht schließen wollen.

    Mit wiederum gegenüber der Klägerin als Empfangsbevollmächtigte der GbR erlassenem Bescheid vom 9. März 2000 (RbA Bl.18 f.) hob der Beklagte die Feststellungsbescheide 1988 bis 1990 und 1995 nach § 165 Abs. 2 Abgabenordnung 1977 (AO) und die beiden Feststellungsbescheide 1996 und 1997 nach § 164 Abs. 2 AO auf. Der Betrieb der GbR sei auf Dauer nicht geeignet, mit Gewinn zu arbeiten. Eine Gewinnerzielungsabsicht sei nicht anhand objektiver Merkmale nachgewiesen.

    Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch machte die GbR u.a. geltend (RbA Bl.22; 26), eine Druckerei arbeite typischerweise mit Gewinnerzielungsabsicht; es sei versucht worden, das investierte Kapital zu erwirtschaften; dass dies nicht gelungen sei, bedeute nicht automatisch, dass Liebhaberei vorliege. Der Beigeladene gehe demnächst in Pension und könne sich dann mehr um die Druckerei kümmern. Zudem legte die GbR auf Anfrage des Beklagten verschiedene Rechnungen aus der Zeit von Februar bis Juni 1999 vor (vgl. im Einzelnen RbA Bl.31 ff.).

    Mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2000 (RbA Bl.51 ff.) wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück: Zwar handele es sich im Streitfall um ein typischerweise mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenes Unternehmen. Auch seien allein die in den Jahren 1988 bis 1996 und 1998 erzielten Verluste nicht geeignet, den gegen Liebhaberei sprechenden Beweis des ersten Anscheins zu entkräften. Es sei jedoch zu beachten, dass erkennbar gewesen sei, dass die Art der Bewirtschaftung infolge der häufigen Krankheitsausfälle des Beigeladenen nicht zu einem Totalüberschuss habe führen könne. Gleichwohl sei keine Umstellung der Betriebsführung erfolgt, obwohl zur besseren Auslastung der Anlagegüter ein Arbeitnehmer habe eingestellt werden können oder zur Deckung von Verlusten hätte Anlagevermögen verkauft werden können. Die GbR habe den Geschäftsbetrieb lediglich fortgeführt, um die getätigten Investitionen – die im Übrigen keine Fehlinvestitionen gewesen seien - zu decken. Insoweit sei lediglich Kostendeckung aber keine Gewinnerzielung beabsichtigt gewesen. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Gesellschafter der GbR hauptberuflich nichtselbständig tätig gewesen und deshalb nicht auf die Druckerei als alleinige Erwerbsquelle angewiesen seien. Für die Aufrechterhaltung der Druckerei sprächen daher keine betriebswirtschaftlichen, sondern private Beweggründe der Gesellschafter. Damit sei der Beweis des ersten Anscheins entkräftet. Es sei nicht dargelegt worden, inwieweit eine Umstellung der Betriebsführung angestrebt worden sei, um die wirtschaftliche Situation der Druckerei zu verbessern. Da keine gewerblichen Einkünfte der GbR vorlägen, sei die begehrte gesonderte und einheitliche Feststellung in den Streitjahren nicht durchzuführen.

    Zur Begründung der von der Klägerin als Empfangsbevollmächtigte der GbR am 26. Juli 2000 erhobenen Klage wegen der Jahre 1988 bis 1990 und 1995 bis 1997 wurde zunächst u.a. ausgeführt (Prozessakte <PA> Bl.2 f.), eine Druckerei erfordere hohe Investitionen; die Verluste seien hauptsächlich durch hohe Abschreibungen entstanden; der Beigeladene habe aufgrund seines höheren Einkommens die meisten Aufwendungen tätigen können; andererseits hätten sich bei der Klägerin regelmäßig positive Überschüsse ergeben, die versteuert worden seien. Die Druckerei sei ernsthaft betrieben worden. Wegen eines längeren Kuraufenthalts des an einer Bandscheibenerkrankung leidenden Beigeladenen sowie der Berufstätigkeit der Gesellschafter sei es noch nicht möglich gewesen, das investierte Kapital zu erwirtschaften. Der Beigeladene sei jedoch seit 1. Juli 2000 im Altersruhestand und habe daher die Möglichkeit, die Drukkerei zu seiner Hauptbeschäftigung zu machen.

    In seiner Klageerwiderung vom 22. August 2000 (PA Bl.11 ff.) bezog sich der Beklagte auf seine Einspruchsentscheidung und führte ergänzend u.a. aus, ausschlaggebend für die Verneinung der Gewinnerzielungsabsicht sei im Streitfall, dass trotz der schlechten Ertragslage der GbR keine Maßnahmen zur Steigerung der Rentabilität getroffen worden seien. Außerdem werde die Druckerei im Nebenerwerb der GbR-Gesellschafter betrieben. Der Kundenstamm bestehe im Wesentlichen aus ehemaligen Lehrerkollegen des Beigeladenen.

    Nachdem die Prozessbevollmächtigte im Laufe des Verfahrens u.a. unter Vorlage einer Gewerbe-Abmeldung (PA Bl.20) mitgeteilt hat, dass die GbR ihr Gewerbe im Juni 2001 eingestellt habe und alle Wirtschaftsgüter – soweit sie nicht veräußert worden seien – in das Privatvermögen der Gesellschafter überführt worden seien (PA Bl.27), hat der Senat mit Beschluss vom 2. Juni 2004 (PA Bl.30 ff.) den zweiten ehemaligen Gesellschafter der GbR zu dem Verfahren (notwendig) beigeladen, das nunmehr von der Klägerin als (ehemaliger) Gesellschafterin der GbR weiterbetrieben wird.

    In einem von dem Berichterstatter am 20. Juli 2004 durchgeführten Erörterungstermin hat die Klägerin insbesondere den Geschäftsverlauf der GbR dargestellt und ihre unternehmerischen Vorstellungen erläutert. Wegen der (zur besseren Übersicht – soweit erforderlich - erst in den Entscheidungsgründen abgehandelten) Ausführungen der Klägerin und ihrer Prozessbevollmächtigten im Einzelnen wird ergänzend auf die Niederschrift über den Erörterungstermin (PA Bl.54 ff.) Bezug genommen. Hinsichtlich des nicht zum Erörterungstermin erschienenen Beigeladenen hat der Vortrag der Klägerin ergeben, dass dieser wegen seiner Bandscheibenprobleme in den 1990er Jahren öfter in einer Reha-Klinik gewesen sei; nach seiner Pensionierung im Jahr 2000 habe er sich wegen Problemen mit seiner Krankenversicherung in einer so schlechten psychischen Verfassung befunden, dass er nicht habe weitermachen können (PA Bl.55, 58).

    Die Klägerin beantragt,

    den Bescheid vom 9. März 2000 und die Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2000 aufzuheben.

    Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise,

    die Revision zuzulassen.

    Er sieht auch nach dem Erörterungstermin keinen Anlass, von einer Gewinnerzielungsabsicht der GbR auszugehen, und vertritt u.a. die Ansicht, auf die Krankheit des Beigeladenen sei nicht angemessen – etwa durch Einstellung einer Aushilfe - reagiert worden (vgl. PA Bl.57).

    In der mündlichen Verhandlung hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin u.a. nochmals betont, dass infolge des technischen Fortschritts innerhalb kurzer Zeit eine zweite Maschine, nämlich eine Matrix-Druckmaschine, hätte angeschafft werden müssen, und dass keine Zeit mehr geblieben sei, entsprechende Erträge zu erwirtschaften.

    Gründe

    Die Klage hat Erfolg.

    I. Die Klage ist zulässig, insbesondere besteht auch hinsichtlich des Streitjahres 1997, für das der Beklagte mit dem später aufgehobenen Feststellungsbescheid 1997 vom 25. Februar 1999 einen Gewinn der GbR aus Gewerbebetrieb festgestellt hat, ein Rechtsschutzinteresse bzgl. der Aufhebung des Bescheides vom 9. März 2000 jedenfalls deshalb, weil für den Beigeladenen wegen der in 1997 nur bei diesem angefallenen Sonderbetriebsausgaben – bei gleichem Anteil der GbR-Gesellschafter am laufenden Gewinn – in dem vom Beklagten aufgehobenen Feststellungsbescheid ein Verlust aus Gewerbebetrieb festgestellt worden ist.

    II. Aufgrund einer Würdigung aller im Streitfall vorliegenden Umstände und Besonderheiten gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass die Klägerin und der Beigeladene (im Folgenden teilweise zusammenfassend mit „GbR” bezeichnet) die Druckerei trotz des damit erzielten Totalverlustes jedenfalls in den Streitjahren, also bis einschließlich dem Jahr 1997, mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben haben. Der Bescheid vom 9. März 2000, der neben der Aufhebung der für die Streitjahre ergangenen Feststellungsbescheide sinngemäß die negative Feststellung des Fehlens einer Gewinnerzielungsabsicht enthält, ist daher wie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben.

    1. Eine einkommensteuerlich relevante Betätigung ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nur gegeben, wenn die Absicht besteht, auf Dauer gesehen nachhaltig Überschüsse zu erzielen (vgl. hierzu und zum Folgenden aus der jüngeren Rechtsprechung des BFH zur sog. „Liebhaberei” z.B. das Urteil vom 26. Februar 2004 IV R 43/02, BFH/NV 2004, 718, m.w.N.). Bei den betrieblichen Einkunftsarten ist dies dann der Fall, wenn ein Totalgewinn erstrebt wird (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751, unter C.IV.3). Für Einkünfte aus Gewerbebetrieb wird das Erfordernis einer derartigen Gewinnerzielungsabsicht ausdrücklich in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG bestimmt, es gilt aber in gleicher Weise auch für die anderen betrieblichen Einkunftsarten.

    Als innere Tatsache lässt sich die Gewinnerzielungsabsicht nur anhand äußerer Umstände feststellen. Einzelne Umstände können dabei einen Anscheinsbeweis liefern (BFH-Beschluss GrS 4/82, a.a.O., unter C.IV.3.c). In objektiver Hinsicht ist eine Prognose darüber anzustellen, ob der Betrieb nach seiner Wesensart und/oder der Art seiner Bewirtschaftung auf Dauer geeignet ist, einen Gewinn zu erwirtschaften. Längere Verlustperioden in der Vergangenheit können dafür einen Anhaltspunkt bieten. Allerdings kann aus der objektiv negativen Gewinnprognose – d.h. einer in die Zukunft gerichteten Totalgewinnprognose - nicht ohne weiteres gefolgert werden, dass der Steuerpflichtige auch subjektiv keinen Totalgewinn erzielen wollte. Ein solcher - vom Steuerpflichtigen widerlegbarer - Schluss ist nur dann gerechtfertigt, wenn die verlustbringende Tätigkeit typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen. Bei anderen Tätigkeiten müssen zusätzliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verluste aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen werden (z.B. BFH-Urteil vom 31. Mai 2001 IV R 81/99, BStBl II 2002, 276, unter 2.a) m.w.N.). So können etwa nach der Rechtsprechung des BFH entscheidende Schlüsse für das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht auch daraus gezogen werden, wie der Steuerpflichtige auf die längere Zeit hindurch erwirtschafteten Verluste reagiert hat (z.B. BFH-Urteile vom 15. November 1984 IV R 139/81, BStBl II 1985, 205, unter 2., m.w.N., und vom 2. August 1994 VIII R 55/93, BFH/NV 1995, 866, unter 1.c), m.w.N.). Fehlendes Bemühen, die Verlustursachen zu ermitteln und ihnen mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen, spricht dafür, dass ein Steuerpflichtiger langjährige, stetig ansteigende Verluste aus im persönlichen Bereich liegenden Neigungen und Motiven hingenommen hat (z.B. BFH-Urteil vom 19. November 1985 VIII R 4/83, BStBl II 1986, 289, unter 2.d). Reagiert der Steuerpflichtige allerdings auf nachhaltige Verluste deshalb nicht, weil Umstrukturierungsmaßnahmen kaum Erfolg versprechend sind, so kommt diesem Aspekt wiederum nur geringe Bedeutung zu; in diesem Fall bleiben dann Dauer und Umfang der erzielten Verluste das entscheidende Kriterium bei der Gesamtbeurteilung der Gewinnerzielungsabsicht (z.B. BFH-Urteil vom 7. August 1991 X R 10/88, BFH/NV 1992, 108). Ggf. ist dann zu bewerten, ob als einzige angemessene Reaktion auf die entstandenen Verluste die Einstellung der verlustbringenden Tätigkeit in Betracht gekommen wäre (z.B. BFH-Urteil vom 15. November 1984 IV R 139/81, a.a.O., und BFH-Beschluss vom 15. Mai 1997 IV B 74/96, BFH/NV 1997, 668, unter 2.a); insoweit kann auch ein Übergang von einer zunächst mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenen Tätigkeit zur Liebhaberei in Betracht kommen (z.B. BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 IV R 43/02, a.a.O.). Auch der Umstand, dass einem Steuerpflichtigen andere Einkünfte für einen Verlustausgleich zur Verfügung stehen, kann ggf. als ein Indiz für die Weiterführung des Verlustbetriebs aus persönlichen Gründen gewertet werden (näher dazu BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 IV R 43/02, a.a.O., unter 3.b), m.w.N.). Anderer­seits ist einem Steuerpflichtigen nicht der Einwand abgeschnitten, die Verlustphase sei durch Ereignisse verlängert worden, die er habe nicht vorhersehen und die er – wie z.B. eine schwere Erkrankung – nicht oder zumindest nicht wesentlich beeinflussen können (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 3. März 2003 IV B 130/01, BFH/NV 2003, 1303, und BFH-Urteil vom 18. März 1976 IV R 113/73, BStBl II 1976, 485).

    2. Ausgehend von diesen Grundsätzen rechtfertigen die im Streitfall vorliegenden Umstände nach der Auffassung des Senats den Schluss, dass die GbR die Druckerei in den Streitjahren mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben hat. Der Senat gründet seine Überzeugung im Wesentlichen auf die folgenden Gesichtspunkte:

    a) Der im Streitfall vorliegende Betriebstyp spricht – wie es auch der Beklagte zutreffend gesehen hat – nicht für das Vorliegen von Liebhaberei. Aber auch ein Druckereibetrieb in der im Streitfall vorliegenden Betriebsform stellt typischerweise keine Tätigkeit dar, die bestimmt ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen zu dienen. Das im Rahmen des streitbefangenen Betriebes angeschaffte (Sonder-) Betriebsvermögen umfasste keine Wirtschaftsgüter, die offensichtlich der Befriedigung privater Bedürfnisse der Gesellschafter hätten dienen sollen. Vielmehr sind alle Wirtschaftsgüter – wie u.a. die eingesetzte Gestaltungssoftware „Pagemaker” zeigt, auch die erworbenen Personalcomputer - unzweifelhaft auf einen Druckereibetrieb bezogen und deuten in ihrer Summe darauf hin, dass ein solcher Betrieb professionell betrieben werden sollte. Auch die Geschäftsidee erscheint sowohl aus der Sicht der Gesellschafter – insbesondere die Klägerin erkannte nachvollziehbar eine entsprechende Nachfrage in ihrem damaligen studentischen Umfeld – als auch aus der Sicht des Marktes für Drukkereierzeugnisse (mit Schwerpunkt im akademischen Bereich) Ende der 1980er Jahre fundiert, da zu jener Zeit die heute durch den Einsatz von Personalcomputern für jedermann kostengünstig erlangbaren, qualitativ hochwertigen Gestaltungs- und Druckmöglichkeiten noch nicht vorhanden waren. Der Senat vermag jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass im Streitfall von vorneherein, also bereits z.Zt. der Gründung des Druckereibetriebs, ein wirtschaftlicher Misserfolg absehbar war. Auch eine wirtschaftlichen Erfordernissen entsprechende Kundenakquisition ist im Streitfall glaubhaft vorgetragen worden – so hat die Klägerin etwa nachvollziehbar dargelegt, dass sie Werbung an der Fachhochschule und in der Gastronomie gemacht habe. Dass Bekannte aus dem schulischen Umfeld des Beigeladenen als Kunden in den Blick genommen wurden, erscheint insoweit keineswegs schädlich. Auch ergibt sich nicht, dass die personelle Ausstattung des Betriebs bei der vorhandenen technischen Ausrüstung offensichtlich unzureichend gewesen wäre. Insgesamt kann nach Auffassung des Senats nicht davon ausgegangen werden, dass die Druckerei, so wie sie von der GbR betrieben wurde, nach den objektiven Verhältnissen von vornherein nicht in der Lage gewesen wäre, Gewinne zu erbringen. Der erste Anschein spricht daher im Streitfall für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht.

    b) Dass die GbR trotz eines wirtschaftlich plausiblen Unternehmenskonzepts gleichwohl dauerhaft Verluste erzielt hat, erachtet der Senat unter den im Streitfall erkennbaren Besonderheiten nicht als tragfähiges Indiz für Liebhaberei. Als wesentliche Verlustursache ist nämlich nach der Überzeugung des Senats auszumachen, dass die Gesellschafter der GbR sowohl die technische Entwicklung im Druckereigewerbe als auch die gesundheitliche Entwicklung des Beigeladenen falsch eingeschätzt haben, ohne dass ein dauerhafter Misserfolg des Unternehmens bereits in den Streitjahren abschließend erkennbar gewesen wäre und eine Aufgabe des Betriebs nahe gelegen hätte.

    aa) Sowohl der von der Klägerin geschilderte Wille aber auch (frühe) Zwang zur Qualitätsverbesserung, der die Anschaffung technisch verbesserter Druckmaschinen in relativ kurzer Folge veranlasste, als auch der in den 1990er Jahren durch die schnelle Weiterentwicklung von Computern einsetzende revolutionäre technische Umbruch zeigen hinreichend deutlich eine Schwierigkeit auf, mit der die Druckerei fortwährend zu kämpfen hatte: Der zügige technische Fortschritt machte ständige z.T. recht hohe Neuinvestitionen – auch in damals noch sehr teure Software – erforderlich, um auf dem Druckereimarkt Schritt zu halten. Dabei liegt es im Bereich herkömmlicher unternehmerischer Fehlentscheidungen, wenn die Gesellschafter der GbR Schnelligkeit und wirtschaftliche Auswirkungen dieses technischen Fortschritts im Druckereigewerbe falsch eingeschätzt und den durch Neuinvestitionen erzielbaren Markterfolg falsch bewertet haben mögen. Überzeugende Indizien für das Vorliegen von Liebhaberei ergeben sich hieraus jedenfalls in den Streitjahren nicht. Es besteht nämlich ein unternehmerischer Beurteilungsspielraum, inwieweit der Betriebsinhaber angesichts veränderter Bedingungen aufgeben oder sich diesen Veränderungen stellen will; erst jenseits dieses Spielraums kann die Fortführung des Unternehmens das Vorliegen allein persönlicher Motive der Betriebsführung indizieren. Dass in den Streitjahren dieser Spielraum ausgeschöpft gewesen wäre, ist nicht erkennbar. Insbesondere ist auch nicht ersichtlich, dass anders geartete Umstrukturierungsmaßnahmen zu einer deutlich schnelleren Anpassung an den technischen Fortschritt hätten führen können; vielmehr stellt es eine nachvollziehbare unternehmerische Entscheidung dar, innovative Impulse durch die Anschaffung neu- bzw. fortentwickelter Maschinen aufzugreifen, wobei übrigens auch der Beklagte eingeräumt hat, dass es sich nicht um „Fehlinvestitionen” gehandelt hat. Auch für den vom Beklagten erwähnten Verkauf von Anlagegütern zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation war – neben stattgefundenen Verkäufen – kein bedeutender Raum: Der Marktwert der technisch überholten Geräte dürfte gering gewesen sein, während die neuen Maschinen gerade den Fortbestand des Unternehmens sichern sollten, also gar nicht für Verkäufe zur Verfügung standen. Schließlich kann auch in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass die neu angeschafften Wirtschaftsgüter keine konkreten Anhaltspunkte dafür bieten, dass sie privat mitbenutzt oder überhaupt einer solchen Privatnutzung zugänglich gewesen wären.

    bb) Auch die gesundheitlichen Defizite des Beigeladenen indizieren in den Streitjahren keine ausschließlich privaten Motive für eine Fortführung des verlustträchtigen Druckereibetriebs. Zwar mögen die durch die Erkrankung des Beigeladenen verursachten Personalausfälle jeweils durchaus einschneidend für den Betrieb gewesen sein, denn der Beigeladene hatte einen ganz wesentlichen Teil der Arbeiten zu übernehmen. Die Art der Krankheit des Beigeladenen war jedoch auch bei objektiver Betrachtungsweise nicht zwingend von vorneherein auf einen dauerhaften Personalausfall hin angelegt. Ohnehin liegt auch die Erwartung der Wiederaufnahme einer regelmäßigen Tätigkeit durch einen erkrankten Arbeitnehmer innerhalb eines gewissen Beurteilungsspielraums des Betriebsinhabers. Jedenfalls in den Streitjahren bis 1997 ist nicht erkennbar, dass die Hoffnung auf einen uneingeschränkten Einsatz des Beigeladenen im Betrieb unrealistisch gewesen wäre. Dabei sprechen die Investitionen des Beigeladenen noch in 1992 sowie die Investitionen der GbR noch in 1997 und 1998 auch dafür, dass beide Gesellschafter der GbR ernsthaft – der Beigeladene dabei in Einschätzung seiner eigenen Gesundheitssituation - davon ausgingen, dass der Beigeladene dauerhaft im Betrieb würde arbeiten können. Ebenso spricht nicht entscheidend gegen eine Gewinnerzielungsabsicht, dass das hohe Investitionsvolumen die Bereitschaft der GbR in den Streitjahren gemindert haben mag, die gesundheitlichen Schwächen des Beigeladenen sogleich zum Anlass für eine Betriebsaufgabe zu nehmen.

    Andererseits wird die Annahme von Liebhaberei im Streitfall auch nicht überzeugend durch den Umstand gestützt, dass die Einstellung einer qualifizierten Hilfskraft unterlassen wurde: Einerseits hätte eine solche Hilfskraft zu noch höheren Kosten geführt, so dass angesichts der wirtschaftlichen Situation der Druckerei und der Konzentration der Mittel auf neue Anlagen, durch die auch Arbeitserleichterungen erhofft wurden, eine gewisse Zurückhaltung bei der Einstellung zusätzlicher Arbeitskräfte nachvollziehbar erscheint. Ebenfalls nachvollziehbar ist die von der Klägerin dargestellte Überlegung, dass eine Ersatzkraft bei Rückkehr des Beigeladenen in den Betrieb nicht einfach hätte entlassen werden können. Hinzu kommt, dass im Streitfall auch aufgrund der kleinen Betriebsgröße die Einstellung einer weiteren Arbeitskraft nicht ohne weiteres nahe lag, solange die Rückkehr des „Leistungsträgers” in den Betrieb erwartet werden durfte. Dass sich im Nachhinein auch dieses Verhalten der Gesellschafter der GbR als unternehmerische Fehlentscheidung herausgestellt haben mag, ist für die steuerlich relevante Bewertung der Motive der Betriebsführung nicht von Belang. Ebenfalls unschädlich ist es, wenn auch soziale Motive die wirtschaftlich begründete Ablehnung der Einstellung einer Aushilfe mitbeeinflusst haben mögen, denn sie treten hinter die anderen genannten Aspekte zurück.

    c) Auch der Umstand, dass die Gesellschafter in den Streitjahren z.T. andere Einkünfte erzielt haben, begründet im Streitfall nicht die Annahme eines „Liebhaberei-Betriebes”. Beide Gesellschafter haben kein Einkommen erwirtschaftet, bei dessen Höhe es attraktiv erschiene, allein aus steuerlichen Gründen über ein entsprechendes „Verlustausgleichsvolumen” zu verfügen, oder bei dem es wirtschaftlich nicht ins Gewicht fiele, ob ein gleichzeitig geführter Betrieb Verluste erwirtschaftet oder nicht: Die Klägerin hat in den Streitjahren anfangs studiert, später war sie zeitweise arbeitslos oder hatte nur eine halbe Stelle; auch der Beigeladene erzielte als Pfarrer an einer Schule keine überdurchschnittlichen Einkünfte. Damit kann davon ausgegangen werden, dass die Umsetzung des aus ursprünglicher Sicht nicht unrealistischen Unternehmenskonzepts der ernsthaften Erwirtschaftung eines Zuverdienstes der Gesellschafter der GbR dienen sollte. Andererseits ist auch nicht erkennbar, dass den GbR-Gesellschaftern infolge ihrer anderen Tätigkeiten nicht ausreichend Zeit verblieben wäre, sich in dem wirtschaftlich erforderlichen Maß der Druckerei zu widmen.

    d) Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die vom Beklagten vorgenommene Bewertung des Streitfalls im Wesentlichen auf einer rückblickenden Betrachtung im Jahr 2000 beruht, die für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht der GbR-Gesellschafter nur eingeschränkt tauglich ist. Entscheidend ist vielmehr im Streitfall die Perspektive der Gesellschafter der GbR im Jahr 1997: Noch aus damaliger Sicht war für die Gesellschafter nach den obigen Ausführungen nicht absehbar, dass der Druckereibetrieb endgültig Verluste erwirtschaften würde.

    Nach alledem muss für die Streitjahre davon ausgegangen werden, dass die nachhaltigen Verluste der GbR von deren Gesellschaftern nicht aus persönlichen Gründen hingenommen worden sind.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 713 Zivilprozessordnung.

    Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen. Der Senat folgt hinsichtlich der Voraussetzungen der Gewinnerzielungsabsicht der ständigen Rechtsprechung des BFH; die Bejahung der Einkünfteerzielungsabsicht folgt aus einer Würdigung der tatsächlichen Gegebenheiten im Streitfall, ohne dass die hier zugunsten der GbR gewürdigten Gesichtspunkte ohne Weiteres einzeln oder in ihrer Gesamtheit auf andere Fallkonstellationen übertragbar wären.

    VorschriftenEStG § 15 Abs. 2 Satz 1

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