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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Schleswig-Holstein: Beschluss vom 14.03.2005 – 2 V 420/04

    In einem Änderungsbescheid suspendierte Besteuerungsgrundlagen leben wieder auf, wenn der Änderungsbescheid aufgehoben oder für nichtig erklärt wird.

    Die Feststellung der Nichtigkeit eines Steuerbescheides und die Ablehnung dieser Feststellung stellen Verwaltungsakte dar.


    Tatbestand

    I.

    Die Antragsteller wenden sich im Rahmen eines Eilverfahrens gegen die vom Antragsgegner, dem Finanzamt, bei der Besteuerung zu Grunde gelegten Einkünfte aus der Beteiligung an der ...gesellschaft mbH & Co. KG (X-KG). Das Einspruchsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

    Dem gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestellten Antrag liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

    Die verheirateten Antragsteller werden zur Einkommensteuer (ESt) zusammen veranlagt. Die Antragsteller erzielten im Streitjahr Einkünfte aus verschiedenen Einkunftsarten.

    Der Antragsteller war als Kommanditist an der X-KG beteiligt. Ausweislich der am 19. Juni 1995 abgegebenen Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der X-KG war der Antragsteller in 3/93 in die KG eingetreten und in 11/93-3/94 ausgetreten. Für ihn wurde ein laufender Gewinn von 0,- DM und ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 3.028.408 DM erklärt. In einer Anlage zur Feststellungserklärung wurden nähere Angaben zum Zeitpunkt des Austritts und der Versteuerung des Veräußerungsgewinns im Jahre 1994 gemacht. Mit Feststellungsbescheid vom 13. März 1997 wurden für den Antragsteller der erklärte laufende Gewinn und der Veräußerungsgewinn festgesetzt. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO). In den Erläuterungen ist dargelegt, dass eine Ausfertigung dieses Bescheides unter anderem auch an den Antragsteller bekannt gegeben wurde (siehe im Einzelnen Feststellungsbescheid 1994 für die X-KG des Finanzamts A vom 26. März 1997). Der Veräußerungsgewinn wurde bei der ESt-Festsetzung 1994 im Rahmen des Bescheides vom 19. April 1996 durch das damals zuständige Wohnsitzfinanzamt erfasst. Dieser Bescheid erging nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

    Das Vermögen der X-KG ist durch den erwerbenden Kommanditisten mit Vertrag vom 27. Juni 1994 im Wege der Anwachsung auf die Komplementär-GmbH übergegangen. Das Erlöschen der X-KG wurde am 28. Februar 1995 in das Handelsregister eingetragen.

    In der Zeit vom 12. Mai 1997 bis 9. Mai 2001 mit Unterbrechungen wurde bei der Y GmbH als Rechtsnachfolgerin der X-KG eine Außenprüfung durchgeführt. Die Außenprüfung gelangte ausweislich des Berichts zu dem Ergebnis, dass die Übertragung der Kommanditanteile auf die Z-GmbH im Kalenderjahr 1993 zu erfassen ist. Entsprechend wurde der auf den Antragsteller für 1993 entfallende Gewinn neu berechnet. Der Außenprüfungsbericht umfasst die Jahre 1992 und 1993. Unter Ziffer 32 wird ausgeführt, dass die Übertragung der Kommanditanteile steuerlich im Jahr 1993 zu erfassen und die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb 1994 aufzuheben ist. Die Verzinsung des Kaufpreises ist den Altgesellschaftern, unter anderem dem Antragsteller, in der persönlichen ESt-Veranlagung des Kalenderjahres 1994 bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen (Ziffer 33 des Außenprüfungsberichts, durch das Finanzamt für Großbetriebsprüfungen). Aufgrund dieser Feststellungen erging für die X-KG für 1994 am 17. Januar 2002 ein Bescheid dergestalt, dass der Bescheid 1994 über die gesonderte Feststellung der Einkünfte vom 26. März 1997 nach § 164 Abs. 2 AO aufgehoben wird. Der Bescheid war an die Y GmbH als Rechtsnachfolgerin der X-KG, und zwar als Empfangsbevollmächtigte mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten ergangen. Mit Datum vom 18. Dezember 2001 unterrichtete das Finanzamt A das Wohnsitzfinanzamt betreffend die Beteiligung des Antragstellers an der X-KG bezüglich des Feststellungsbescheides 1994 vom 26. März 1997 dahingehend, dass der Antragsteller an der oben genannten Gesellschaft beteiligt war und mitgeteilt werde, dass der Feststellungsbescheid für 1994 vom 26. März 1997 gemäß § 164 Abs. 2 AO ersatzlos aufgehoben worden sei und dass dem Antragsteller jedoch in 1994 Einnahmen aus Kapitalvermögen aus der Verzinsung des Kaufpreises der Beteiligung in Höhe von 61.795 DM zugeflossen seien und die anrechenbare Kapitalertragsteuer hierauf 562,84 DM betrage. Aufgrund dieser Mitteilung führte das Wohnsitzfinanzamt mit Bescheid vom 6. Februar 2002 eine gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderte ESt-Festsetzung 1994 durch. Darin wurde der bisher erfasste Veräußerungsgewinn aus der Beteiligung an der X-KG außer Ansatz gelassen und die Einkünfte aus Kapitalvermögen um 61.795 DM erhöht. Gegen die Antragsteller wurde ... DM ESt festgesetzt. In den Erläuterungen wurde dargelegt, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der Beteiligung an der X-KG 0 DM (bisher 3.028.488 DM) und Einkünfte aus Kapitalvermögen aus der Verzinsung des Kaufpreises 61.795 DM zuzüglich anrechenbare Kapitalertragsteuer von 562,84 DM betragen und dass diese Änderungen auf Grund der Mitteilung des Betriebsstättenfinanzamts vom 19. Dezember 2001 erfolgen. Im Abrechnungsbescheid ist ein Guthaben zu Gunsten der Antragsteller in Höhe von 386.663,46 EUR ESt errechnet.

    Ausweislich eines Aktenvermerks gelangte das Finanzamt A zu dem Ergebnis, dass die aufgrund des Außenprüfungsberichts für die X-KG erlassenen Änderungsbescheide 1992 und 1993 und der Aufhebungsbescheid vom 17. Januar 2002 einen falschen Inhaltsadressaten ausweisen und außerdem eine falsche Bekanntgabe erfolgt sei, denn die Y-GmbH habe mit den Feststellungen 1994 für die KG nichts zu tun. Bezüglich des Antragstellers teilte das Finanzamt A diesem mit Schreiben vom 9. Juli 2004 betreffend gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 1994 für die X-KG mit dem Vermerk, dass dieser Bescheid an ihn als ehemaliger Gesellschafter-Kommanditist der nicht mehr bestehenden X-KG ergehe, mit: „Hiermit stelle ich zur Beseitigung des durch ihn hervorgerufenen Rechtsscheins die Nichtigkeit des Bescheides 1994 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte vom 17. Januar 2002 (bekannt gegeben durch die Y GmbH mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten) fest. Der Bescheid vom 17. Januar 2002 ist gemäß § 125 Abs. 1 AO nichtig und folglich unwirksam (§ 124 Abs. 3 AO). Begründung: Der Inhaltsadressat ist ein unverzichtbarer wesentlicher Bestandteil des Steuerbescheids (§ 157 Abs. 1 Satz 2 AO). In dem Bescheid vom 17. Januar 2002 ist ein falscher Inhaltsadressat bezeichnet. Die Y GmbH ist hinsichtlich der gesonderten und einheitlichen Feststellung des Gewinns 1994 nicht Rechtsnachfolgerin der X-KG. Eine Gesamtrechtsnachfolge tritt hinsichtlich der gesonderten und einheitlichen Feststellung des Gewinns grundsätzlich nicht ein. Sie und die übrigen ehemaligen Gesellschafter waren nicht beteiligt an der Y GmbH als Rechtsnachfolgerin der X-KG (Inhaltsadressat des nichtigen Bescheides), sondern sie waren ausschließlich an der X-KG beteiligt. Die Gesellschafter waren sowohl vor als auch nach der Umwandlung Steuerschuldner der auf ihren Anteil am Gewinn der X-KG entfallenden Steuer. Diese Steuerschuldnerschaft geht nach der Umwandlung nicht auf die Y GmbH (Rechtsnachfolgerin) über. Auch hinsichtlich des verwirklichten Veräußerungsgewinns bleiben sie Steuerschuldner. Über den fehlerhaften Inhaltsadressaten hinaus wurde der Bescheid vom 17. Januar 2002 auch falsch bekannt gegeben. Er wurde der Y GmbH bekannt gegeben mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten. Der Bescheid hätte jedoch jedem einzelnen ehemaligen Gesellschafter bekannt gegeben werden müssen. Darüber hinaus geht aus dem Bescheid nicht hervor, ob dieser der Y GmbH als ehemalige Komplementärin oder als Rechtsnachfolgerin der X-KG bekannt gegeben wurde. Nach alledem ist der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gewinns 1994 vom 17. Januar 2002 gemäß § 125 Abs. 1 AO nichtig und folglich gemäß § 124 Abs. 3 unwirksam. Hinweis: durch die Feststellung der Nichtigkeit des Bescheides vom 17. Januar 2002 lebt der ihnen bekannt gegebene Feststellungsbescheid vom 26. März 1997 wieder auf” (das Schreiben enthält keine Rechtsmittelbelehrung).

    Mit Schriftsatz vom 14. Juli 2004 wurde das Wohnsitzfinanzamt über die gegenüber dem Antragsteller erfolgte Aufhebung des Bescheides vom 17. Januar 2002 informiert. Der Inhalt des Schreibens ist identisch mit dem dem Antragsteller bekannt gegebenen Schriftsatz vom 9. Juli 2004. Das Finanzamt änderte nunmehr die ESt-Festsetzung 1994 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO und erfasste bei den Einkünften des Antragstellers aus Gewerbebetrieb einen Veräußerungsgewinn aus der Beteiligung an der X-KG in Höhe von 3.028.488 DM. Gegen die Antragsteller wurde nunmehr ... DM ESt festgesetzt. In den Erläuterungen wurde ausgeführt, dass der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung bezüglich der X-KG vom 17. Januar 2002 durch den Verwaltungsakt vom 14. Juni 2004 für nichtig erklärt worden sei, dass durch die Feststellung der Nichtigkeit des Bescheides vom 17. Januar 2002 der ursprüngliche Bescheid vom 26. März 1997 wieder auflebe und hiernach ein Veräußerungsgewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 3.028.488 DM festgestellt worden sei. Nach der Abrechnung schulden die Antragsteller 403.235,45 EUR ESt.

    Dagegen erhoben die Antragsteller Einspruch und führten zur Begründung unter anderem aus, dass es fraglich sei, ob der Bescheid überhaupt wirksam bekannt gegeben worden sei. Im Übrigen fehle es an einem Grundlagenbescheid, dem Bindungswirkung für einen ESt-Bescheid zukomme, denn ein Bescheid, der die Nichtigkeit eines Gewinnfeststellungsbescheides feststellt, stelle keinen Verwaltungsakt dar, sondern lediglich eine Auskunft oder Mitteilung über die Rechtslage mit der Folge, dass die Erklärung des Finanzamts A vom 14. Juli 2004 nur insoweit eine Auswirkung habe, als hierdurch mitgeteilt werde, dass der geänderte Gewinnfeststellungsbescheid für 1994 vom 17. Januar 2002 nichtig sein solle.

    Das Einspruchsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

    Der mit Einlegung des Rechtsbehelfs gestellte Antrag der Antragsteller auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des geänderten ESt-Bescheides 1994 vom 26. August 2004 wurde mit Verwaltungsakt vom 11. Oktober 2004 abgelehnt.

    Mit dem nunmehr gemäß § 69 Abs. 3 FGO gestellten Antrag tragen die Antragsteller zur Begründung vor:

    Es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen ESt-Bescheides, denn dieser sei bezüglich der Erfassung des Veräußerungsgewinns bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 3.028.488 DM rechtswidrig. Zum einen sei fraglich, ob der Änderungsbescheid überhaupt wirksam bekannt gegeben worden sei. Das dem Antragsteller vorliegende Exemplar sei zunächst an die Steuerberatungsgesellschaft geschickt worden. Diese Gesellschaft besitze keine Empfangsvollmacht. Wenn die Steuerberatungsgesellschaft den Bescheid dem Antragsgegner zurücksende, so dürfte für den Fall, dass genau dieses Exemplar dann vom Antragsgegner an den Antragsteller geschickt werde, eine ordnungsgemäße Bekanntgabe des Änderungsbescheides nicht vorliegen. Außerdem sei der Änderungsbescheid formell rechtsfehlerhaft, weil kein Grundlagenbescheid ergangen sei, der eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO rechtfertige. Ausweislich der Erläuterungen im Änderungsbescheid gehe das Finanzamt offenbar davon aus, dass die mit Datum vom 14. Juli 2004 erfolgte Feststellung der Nichtigkeit des geänderten Grundlagenbescheides vom 17. Januar 2002 durch das Finanzamt A als ein Grundlagenbescheid im Sinne der Vorschriften der AO qualifiziert werden könne. Diese Ansicht sei unzutreffend. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung enthalte die Feststellung der Nichtigkeit lediglich den Rechtscharakter einer Auskunft darüber, ob die Behörde den Verwaltungsakt für wirksam halte oder nicht (Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 1986, 720; Bundessteuerblatt -BStBl- II 1992, 224). Durch ein Schreiben über die Feststellung der Nichtigkeit werde keine Änderung der Rechtslage herbeigeführt, weil diese lediglich deklaratorischen Charakter habe (siehe auch Finanzgericht Düsseldorf, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1989, 385 und 1998, 2). Die Erklärung des Finanzamts A habe lediglich insoweit eine Auswirkung, als hierdurch mitgeteilt werde, dass der geänderte Gewinnfeststellungsbescheid für 1994 vom 17. Januar 2002 nichtig sein solle. Die Berufung des Finanzamts auf ein Urteil des Finanzgerichts Hamburg (EFG 1994, 73) helfe nicht weiter. Bei genauerer Subsumtion liege gar kein Grundlagenbescheid vor, der aufgehoben werden könne. Mit der Nichtigkeitsfeststellung des Finanzamts A sei weder ein Grundlagenbescheid erlassen noch aufgehoben oder geändert worden. Es sei lediglich festgestellt worden, dass der geänderte Feststellungsbescheid nichtig sei. Es sei zwar zutreffend, dass damit der ESt-Bescheid für 1994 in der Fassung vor der Änderung vom 26. August 2004 keine Gewinnanteile aus der Beteiligung an der ehemaligen X-KG enthalte (entsprechend einem nichtigen Grundlagenbescheid, nämlich vom 17. Januar 2002). Dies entspreche auch der Auffassung des Finanzamts A. Dieses vertrete materiell die Auffassung, dass ein Veräußerungsgewinn des Antragstellers bereits im Jahre 1993 der Besteuerung zu unterwerfen sei. Das Finanzamt A scheine jedoch eine rechtmäßige Korrektur des Feststellungsbescheides 1993 schlichtweg versäumt zu haben. Da für die Jahre 1993 und 1994 zwischenzeitlich bereits seit dem 1. Januar 2000 Feststellungsverjährung eingetreten sei, versuche es nun durch einen „Bescheid” über die Feststellung der Nichtigkeit die eingetretene Feststellungsverjährung zu unterlaufen. Die Feststellungsfrist habe mit Ablauf des Jahres 1995 begonnen und mit Ablauf des Jahres 1999 geendet. Es würden auch keine Gründe für eine Ablaufhemmung vorliegen. Zwar habe das Finanzamt eine Außenprüfung bei der X-KG durchgeführt. Dem Antragsteller sei jedoch keine ordnungsgemäße Prüfungsanordnung bekannt gegeben worden, so dass jedenfalls ihm gegenüber eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO nicht eingetreten sei. Auch eine sonstige Änderung des ESt-Bescheides zu Lasten der Antragsteller komme nicht in Betracht. Bei vollständiger Kenntnis des Sachverhalts gebe es den geänderten Feststellungsbescheid für 1994 des Finanzamts A vom 17. Januar 2002 gar nicht, weil dieser ja nichtig sei. Deshalb gebe es nur den ursprünglichen Feststellungsbescheid für 1994 vom 26. März 1997, in dem dem Antragsteller erklärungsgemäß ein nicht unbeträchtlicher Veräußerungsgewinn zugerechnet worden sei. Dieser könne aber nur wirksam werden, wenn eine erneute Änderung des ESt-Bescheides 1994 verfahrensrechtlich noch möglich sei. Dies sei allerdings nicht mehr der Fall, weil zwischenzeitlich zumindest Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Die so genannte Ablaufhemmung des § 171 Abs. 3 a AO sei beseitigt, nachdem der Einspruch durch Schreiben vom 18. März 2003 zurückgenommen worden sei. Auch eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 AO sei beseitigt, weil die Finanzverwaltung insgesamt nur zwei Jahre Zeit habe, einen Grundlagenbescheid, hier den unverändert wirksamen Feststellungsbescheid für 1994 vom 26. März 1997, in einem entsprechenden Folgebescheid umzusetzen. Auch eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 AO wegen der angeblichen Aufhebung eines Grundlagenbescheides trete nicht ein, weil die Feststellung der Nichtigkeit eines Grundlagenbescheides kein Verwaltungsakt sei. Demnach stehe einer heutigen Änderung des ESt-Bescheides für 1994 in der Weise, dass nunmehr noch eine Anpassung an die Festsetzung des Feststellungsbescheides für 1994 vom 26. März 1997 erfolge, der zwischenzeitliche Eintritt der Festsetzungsverjährung (auf Ebene des Antragsgegners) aber auch der Eintritt der Feststellungsverjährung (auf Ebene der ehemaligen X-KG) entgegen. Soweit das Finanzamt darlege, dass nichtige Verwaltungsakte nach § 130 Abs. 1 AO aufgehoben werden könnten, sei zu beachten, dass es im Streitfall um Steuer- bzw. Feststellungsbescheide gehe, für die § 130 Abs. 1 AO nicht anwendbar sei. Der Hinweis des Finanzamts, die AdV sei auf maximal 86.296,37 EUR zu begrenzen, gehe fehl. Durch die Neuregelung des § 361 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 1 AO solle verhindert werden, dass im Wege der AdV anzurechnende Steuerabzugsbeträge oder Vorauszahlungen vorläufig ausgezahlt würden. Im Übrigen könne jedenfalls nach Auffassung der Finanzverwaltung eine AdV unabhängig von den Beschränkungen des § 361 Abs. 2 Satz 4 AO dann gewährt werden, wenn ein Steuerbescheid zum Nachteil des Steuerpflichtigen geändert werde. Diese Vorschrift gelte zwar nur für das außergerichtliche AdV-Verfahren, habe aber in § 69 Abs. 2 Satz 8 FGO eine wortgleiche Vorschrift für das gerichtliche AdV-Verfahren gefunden. So würden die Dinge im Streitfall liegen, weil die festgesetzte Steuer im ursprünglichen Bescheid vom 6. Februar 2002 auf ... EUR gelautet habe und durch den nunmehr angefochtenen Änderungsbescheid auf insgesamt ... EUR erhöht worden sei. Aus der sich daraus ergebenden Differenz in Höhe von 403.235 EUR rechtfertige sich der Aussetzungsbetrag, der demnach nicht den Beschränkungen des § 361 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 1 AO unterfalle. Auch sei die Ansicht des Finanzamts unzutreffend, dass die von den Antragstellern vorgetragenen Einwendungen nach § 351 Abs. 2 AO nur im Feststellungsverfahren geltend zu machen seien. Es fehle bereits an einem wirksamen Feststellungsbescheid. Ein solcher könne zumindest in der Feststellung der Nichtigkeit des Feststellungsbescheides vom 17. Januar 2002 nicht gesehen werden, weil die Nichtigkeitsfeststellung keinen Verwaltungsakt darstelle. Wenn die Nichtigkeitsfeststellung eines Feststellungsbescheides selbst kein Verwaltungsakt sei, könne gegen eine derartige Nichtigkeitsfeststellung durch ein Finanzamt nicht mit einem Einspruch vorgegangen werden. Es fehle an einer Entscheidung mit entsprechendem Rechtsbindungswillen mit der Folge, dass nicht einmal eine Beschwerde des Steuerpflichtigen gegeben sei. Gegen den Bescheid vom 17. Januar 2002 hätten die Antragsteller nichts unternommen, weil mangels anfechtbaren Steuer- oder Feststellungsbescheides oder sonstigen Steuerverwaltungsaktes ein Einspruchsverfahren keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Der Antragsteller sei nicht bereit gewesen, außergerichtliche Kosten für ein Einspruchsverfahren zu tragen, welches nicht einmal die Hürde der Zulässigkeit nehmen könne. Es verbleibe damit nur der Weg der Anfechtung des geänderten ESt-Bescheides für 1994. Diese Rechtsauffassung werde letztlich auch durch die Nichtigkeitsfeststellungserklärung des Finanzamts A vom 14. Juli 2004 bestätigt, denn anderenfalls hätte das Finanzamt A seiner Nichtigkeitsfeststellung zweifellos eine Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne von § 356 AO angefügt, um die entsprechenden Fristen, wie sie in § 356 AO normiert seien, in Lauf setzen zu können. Ansonsten hätte das Finanzamt A bis zum Eintritt der verlängerten Rechtsbehelfsfrist keinerlei Rechtssicherheit geschaffen. Die Anfügung einer Rechtsbehelfsbelehrung sei aber ganz offensichtlich deshalb unterblieben, weil dem Finanzamt A bekannt sei, welche rechtlichen Folgen eine so genannte Nichtigkeitsfeststellung nach sich ziehe. Wenn es deshalb an einem Grundlagenbescheid mangele, könne im Streitfall auch die Vorschrift des § 351 Abs. 2 AO den Antragstellern nicht mit Erfolg entgegengehalten werden. Weder der geänderte Feststellungsbescheid vom 17. Januar 2002 noch die Nichtigkeitsfeststellung vom 14. Juli 2004 stellten wirksame Verwaltungsakte dar. Aus dem Bescheid vom 14. Juli 2004 ergebe sich nicht der maßgebliche Wille des Finanzamts A auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge im Sinne des § 118 AO, nämlich auf eine materielle Änderung der Gewinnfeststellung. Wenn dies so wäre, hätte es nahe gelegen, diese Regelung nicht in einem Bescheid über die Feststellung der Nichtigkeit eines geänderten Grundlagenbescheides zu integrieren und den ausdrücklichen Begriff „Hinweis” zusätzlich aufzunehmen. Allein durch die Wortwahl „Hinweis” werde klar, dass der letzte Absatz des Schreibens vom 14. Juli 2004 gerade nicht Inhalt und Gegenstand einer Entscheidung im Hinblick auf den geänderten Feststellungsbescheid vom 17. Januar 2004 habe sein sollen. Auch bezüglich der Ausführungen zu § 171 Abs. 14 AO würden die Ausführungen des Finanzamts neben der Sache liegen. Insbesondere werde verkannt, dass § 171 Abs. 14 AO voraussetze, dass ein Steuererstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO vorliege. Daran fehle es, weil Steuererstattungsansprüche im Sinne dieser Vorschrift als Erstattungsberechtigten den Steuerpflichtigen und als Feststellungsverpflichteten die Körperschaft, die die jeweilige Steuerart verwalte, voraussetze. Im Streitfall sei aber Erstattungsberechtigter das Finanzamt und Erstattungsverpflichteter der Antragsteller. Die begehrte AdV sei auch ohne Anordnung einer Sicherheitsleistung zu gewähren. Zwar hätten die Antragsteller ihren Wohnsitz im Ausland, verfügten aber gleichwohl über erhebliches Vermögen im Inland, so dass kein Grund für die Annahme bestehe, unter Umständen sei eine Vollstreckung im Ausland erforderlich, um etwaige Steuerforderungen gegenüber den Antragstellern getilgt zu bekommen.

    Die Antragsteller haben schriftlich beantragt,

    die Vollziehung des geänderten ESt-Bescheides für 1994 vom 26. August 2004 auszusetzen.

    Das Finanzamt hat schriftlich beantragt,

    den Antrag abzuweisen.

    Das Finanzamt hält den Antrag für nicht begründet und trägt vor:

    Das Finanzamt A habe mit Schreiben vom 14. Juli 2004 die Nichtigkeit des Grundlagenbescheides vom 17. Januar 2002 festgestellt und dargelegt, dass durch die Feststellung der Nichtigkeit der bekannt gegebene Feststellungsbescheid vom 26. März 1997 wieder auflebe. Der Aussage des Antragstellers, dass ein nichtiger Verwaltungsakt nicht aufgehoben werden könne, könne nicht gefolgt werden. Zwar müsste der nichtige Verwaltungsakt wegen seiner Unwirksamkeit (§ 124 AO) logischerweise eigentlich unaufhebbar sein. Da der nichtige Verwaltungsakt jedoch als Äußerung einer mit staatlicher Autorität ausgestatteten Behörde scheinbar Rechtswirkungen auslöse, sei es aus praktischen Gründen möglich, auch nichtige Verwaltungsakte nach § 130 Abs. 1 AO oder anderen Vorschriften aufzuheben und mit außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsbehelfen anzufechten, und zwar auch nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist. Folglich sei die Aufhebung des nichtigen Grundlagenbescheides vom 17. Januar 2002 möglich gewesen und mit Datum vom 14. Juli 2004 erfolgt. Das Nennen einer falschen oder keiner Änderungsvorschrift sei unerheblich, weil der Hinweis der Behörde auf eine Änderungsvorschrift im Steuerbescheid keine rechtliche Bedeutung habe. Entscheidend sei allein, dass der Änderungs- oder Aufhebungsbescheid im maßgebenden Zeitpunkt durch Änderungstatbestände materiell gedeckt werde. Die Aufhebung sei unter anderem durch § 130 Abs. 1 AO gedeckt, so dass ein Grundlagenbescheid im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO vorliege. Im Übrigen würden sich die vom Antragsteller vorgetragenen Einwendungen auf die gesondert und einheitlich festgestellten Einkünfte bezüglich der Veräußerung der Anteile an der X-KG beziehen. Diese Einwendungen seien nicht im ESt-Verfahren sondern gemäß § 351 Abs. 2 AO im Feststellungsverfahren geltend zu machen. Die vom Antragsteller zitierte BFH-Rechtsprechung, in der die Feststellung der Nichtigkeit eines Bescheides als Verwaltungsakt verneint werde, sei nicht einschlägig. In dem vom BFH entschiedenen Verfahren sei die bloße Feststellung der Nichtigkeit bzw. die Ablehnung der Feststellung der Nichtigkeit strittig gewesen. Die Entscheidung sei dementsprechend damit begründet worden, dass die Feststellung der Nichtigkeit bzw. deren Ablehnung mangels Regelungsgehalt lediglich eine Auskunft darüber enthalte, ob die Behörde den Verwaltungsakt für wirksam halte oder nicht. Der Bescheid vom 14. Juli 2004 stelle jedoch nicht nur die Nichtigkeit des Feststellungsbescheides vom 17. Januar 2002 fest, sondern regele darüber hinaus verbindlich, dass der Feststellungsbescheid mit Datum vom 26. März 1997 wieder auflebe. Mit diesem Bescheid sei der maßgebliche Wille des Finanzamts A auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge im Sinne des § 118 AO gerichtet gewesen, nämlich auf eine materielle Änderung der Gewinnfeststellung. Ein Regelungsgehalt liege in diesem Falle vor. Der Ablauf der Festsetzungsverjährung sei aufgrund des § 171 Abs. 10 AO gehemmt. Außerdem sei die Vorschrift des § 171 Abs. 14 einschlägig. Danach ende die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO noch nicht verjährt sei. Aufgrund der durch Feststellungsbescheid vom 17. Januar 2002 erfolgten Aufhebung sei mit Datum vom 6. Februar 2002 ein geänderter ESt-Bescheid ergangen, der zu einer Erstattung in Höhe von 386.663,46 EUR geführt habe. Da dieser Bescheid die Regelung des nichtigen und unwirksamen Feststellungsbescheides umgesetzt habe, sei dieser materiell-rechtlich fehlerhaft. Somit sei die ESt in Höhe von 386.663,46 EUR ohne recht-lichen Grund an den Antragsteller zurückgezahlt worden. Über diesen Betrag bestehe ein Erstattungsanspruch seitens des Finanzamts gegenüber dem Antragsteller im Sinne des § 37 Abs. 2 AO. Dieser sei mit seiner Entstehung am 6. Februar 2002 fällig geworden. Die Verjährungsfrist des Erstattungsanspruchs betrage fünf Jahre und beginne mit Ablauf des 31. Dezember 2002 und Ende mit Ablauf des 31. Dezember 2007. Der Erstattungsanspruch sei im Zeitpunkt der Bekanntgabe des angefochtenen ESt-Bescheides vom 26. August 2004 noch nicht verjährt gewesen. Gemäß § 171 Abs. 14 AO sei somit die Festsetzungsfrist für den ESt-Bescheid 1994 bis zu einem Nachzahlungsbetrag in Höhe von 386.663,46 EUR noch nicht verjährt, so dass zumindest in diesem Umfang der ESt-Bescheid 1994 vom 26. August 2004 zu Recht ergangen sei. Im Übrigen werde aufgrund des Wohnsitzes des Antragstellers in der Schweiz beantragt, die AdV nur gegen Sicherheitsleistung zu gewähren.

    Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf die vorbereitenden Schriftsätze und den Inhalt der Steuerakten sowie die Vorgänge der X-KG verwiesen. Die genannten Vorgänge waren beigezogen und Gegenstand der Beratung.

    Gründe

    II.

    Der Antrag ist nicht begründet.

    Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Bescheides auf Antrag ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

    Anhaltspunkte für eine unbillige Härte liegen nach Aktenlage nicht vor und werden von den Antragstellern auch nicht geltend gemacht.

    Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 FGO liegen vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. BFH BStBl II 1968, 540; 1987, 327, 328; BFH/NV 1996, 795, 796). Da das Aussetzungsverfahren wegen seiner Eilbedürftigkeit und seines vorläufigen Charakters ein summarisches Verfahren ist, beschränkt sich die Überprüfung des Prozessstoffes auf die dem Gericht vorliegenden Unterlagen (insbesondere die Akten der Finanzbehörde) sowie auf die präsenten Beweismittel. Weitergehende Sachverhaltsermittlungen durch das Gericht sind nicht erforderlich (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH/NV 1995, 116). Es ist Sache der Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen und glaubhaft zu machen. Glaubhaftmachung ist eine Beweisführung, die dem Richter nicht die volle Überzeugung, sondern nur einen geringeren Grad von Wahrscheinlichkeit vermitteln soll. Die im Hauptsacheverfahren geltenden Regeln zur Feststellungslast gelten auch für das Aussetzungsverfahren (vgl. Gräber/Koch, Kommentar zur FGO, 5. Aufl. 2002, § 69 Rz. 121 m.w.N.). Die Tat- und Rechtsfragen brauchen nicht abschließend geprüft zu werden. Bei der notwendigen Abwägung der im Einzelfall entscheidungsrelevanten Umstände und Gründe sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Irgendeine vage Erfolgsaussicht genügt jedoch nicht. Andererseits ist nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sprechenden Gründe überwiegen (BFH/NV 1990, 279, 280; 670 m.w.N.).

    Derartige Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen ESt-Bescheides bestehen vorliegend nicht. Der Bescheid ist wirksam bekannt gegeben (1.), das Finanzamt konnte aufgrund der Mitteilung des Finanzamts A betreffend Feststellung der Nichtigkeit des Bescheides vom 17. Januar 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte 1994 der X-KG durch das Schreiben vom 14. Juli 2004 eine Änderung der ESt-Festsetzung 1994 vornehmen (2.).

    1. Der strittige Bescheid ist wirksam bekannt gegeben. Nach § 122 Abs. 1 AO ist der Steuerbescheid demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist. Da im Streitfall nach dem Vorbringen der Antragsteller der ESt-Bescheid 1994 vom 26. August 2004 zunächst an die Steuerberatungsgesellschaft übersandt war, war diese Bekanntgabe mangels Vorliegens einer Empfangsvollmacht unwirksam. Diesen Mangel konnte das Finanzamt dadurch heilen, dass es die an das Finanzamt zurückgesandte Ausfertigung des Bescheides nunmehr an die Antragsteller persönlich bekannt gab. Damit war der strittige ESt-Bescheid wirksam (§ 124 AO). Ernstliche Zweifel bezüglich der Bekanntgabe können nicht daraus abgeleitet werden, dass nach dem Vorbringen der Antragsteller keine neue Ausfertigung des Bescheides erstellt wurde, sondern die von der Steuerberatungsgesellschaft zurückgesandte Ausfertigung nunmehr den Antragstellern bekannt gegeben wurde.

    2. Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird. Grundlagenbescheide stellen mit verbindlicher Wirkung für den Folgebescheid Besteuerungsgrundlagen im weitesten Sinne fest. Zu den Grundlagenbescheiden gehören unter anderem Feststellungsbescheide und andere Verwaltungsakte, die Entscheidungen treffen, die für die Festsetzung einer Steuer verbindlich sind. Feststellungsbescheide sind als so genannte Grundlagenbescheide selbstständige Verwaltungsakte, die auch eigenständig in Bestandskraft erwachsen (siehe dazu § 182 Abs. 1 AO). Eine Bindung entsteht nur, wenn der Grundlagenbescheid im Sinne des § 124 Abs. 1 AO wirksam ergangen ist. Dabei obliegt die Prüfung, ob der Bescheid wirksam ergangen ist, dem Finanzamt, das den Folgebescheid erlässt. Die Recht-mäßigkeit des Feststellungsbescheides ist nicht erforderlich (siehe dazu Tipke/Kruse/ Brandes, AO/FGO, Lfg. März 2003, § 182 Rn. 2 m.w.N.).

    Bezüglich der Nichtigkeit eines Feststellungsbescheides ist Folgendes zu beachten:

    Nach § 124 Abs. 3 AO ist der nichtige Verwaltungsakt unwirksam, d.h. er erzeugt grundsätzlich keinerlei Rechtswirkungen. Wegen dieser Rechtsfolge müsste der nichtige Verwaltungsakt logischerweise eigentlich unaufhebbar und unanfechtbar sein. Da der nichtige Verwaltungsakt jedoch als Äußerung einer mit staatlicher Autorität ausgestatteten Behörde scheinbar Rechtswirkungen auslöst, ist es aus praktischen Gründen ermöglicht worden, auch nichtige Verwaltungsakte nach § 130 Abs. 1 AO oder anderen Vorschriften aufzuheben und mit außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfen anzufechten, und zwar auch nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist. Der BFH (BStBl II 1995, 341, 342) führt aus, dass es im Übrigen nicht zu beanstanden sei, wenn ein nichtiger Verwaltungsakt zurückgenommen werde. Denn die Verwaltung ist in Fällen der Nichtigkeit nicht auf die Feststellung ihrer Nichtigkeit nach § 125 Abs. 5 AO beschränkt (ebenso BFH BStBl II 1985, 579, 580, wonach ein nichtiger Steuerverwaltungsakt seitens der Finanzbehörde als rechtswidrig gemäß § 130 Abs. 1 AO zurückgenommen werden kann). Entsprechendes folgt aus der Regelung des § 41 Abs. 1 FGO. Obwohl diese Vorschrift die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Verwaltungsaktes vorsieht, wird auch gegen nichtige Verwaltungsakte die Anfechtungsklage (§ 40 Abs. 1 FGO) zugelassen (siehe § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO). Nach § 125 Abs. 5 AO kann die Finanzbehörde die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen. Die Feststellung der Nichtigkeit und die Ablehnung dieser Feststellung sind Verwaltungsakte. Es handelt sich insoweit nicht nur um die Äußerung einer bloßen Rechtsansicht, sondern um einen feststellenden Verwaltungsakt. Die Regelung liegt darin, dass verbindlich entschieden wird, ob ein Verwaltungsakt (Steuerbescheid) wirksam oder unwirksam ist. Im Wege einer festzustellenden Entscheidung wird der Streit über die Wirksamkeit und der Unwirksamkeit des Handelns der Behörde ausgeräumt. Die Bestandskraft dieser Feststellung bewirkt, dass sich nunmehr niemand mehr und jederzeit auf die Unwirksamkeit des als wirksam festgestellten Verwaltungsaktes berufen kann oder umgekehrt, wenn die Nichtigkeit festgestellt wird, können aus dem ursprünglichen Verwaltungsakt keine Rechtsfolgen gezogen werden. Insbesondere ist die bisher mögliche unbefristete Anfechtungsklage im Sinne des § 40 Abs. 1 FGO oder Feststellungsklage im Sinne des § 41 Abs. 1 FGO nicht mehr möglich (Finanzgericht Rheinland-Pfalz, EFG 1996, 203; die Ausführungen des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz wurden mit Urteil des BFH vom 7. Oktober 1997 VIII R 4/96 bestätigt und dabei ausgeführt, dass dahingestanden bleiben kann, ob das Finanzamt über den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit durch Erlass eines ablehnenden Verwaltungsaktes entscheiden kann, denn in dem vom BFH entschiedenen Fall seien die Ausführungen des Finanzamts dergestalt zu verstehen, dass deutlich erkennbar der Regelungswille der Behörde als wesentliches Element des Verwaltungsaktes fehle, dem entspreche auch das Fehlen der Rechtsbehelfsbelehrung). Da die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes der Rechtssicherheit dient, kann eine sinnvolle Auslegung einer solchen Feststellung nur bedeuten, dass ein solcher Ausspruch auch Rechtsfolgewirkungen entfaltet. Diese bestehen insbesondere darin, dass der durch die nichtigen Verwaltungsakte erzeugte Rechtsschein beseitigt wird und damit auch dem Rechtsfrieden dient (Tipke in Tipke/Kruse, a.a.O., Lfg. 102 Oktober 2003. § 124 Rn. 28 führt zutreffend aus, dass das Gesetz mehrfach Rechtsfolgen an die Aufhebung oder Änderung von Bescheiden knüpfe, ohne die Nichtigkeitsfeststellung - § 125 Abs. 5 - ausdrücklich zu erwähnen, diese Lücke im Gesetz sei entsprechend dem Gesetzeszweck in der Weise auszufüllen, dass die Nichtigkeitsfeststellung der Aufhebung des Bescheides gleichzustellen sei). Die Ausführungen des BFH (BFH/NV 1986, 720 und BStBl II 1992, 224) stehen dem nicht entgegen. Der BFH hat z.B. in dem Urteil BStBl II 1992, 224, 225 unter Nr. 1 ausgeführt, dass die in dem Schreiben vom 14. Dezember 1984 enthaltene Mitteilung, dass der Bescheid unwirksam sei, nur deklaratorischen Charakter habe und lediglich als Äußerung einer Rechtsansicht zu verstehen sei. Es ist deshalb im Einzelfall zu prüfen, welchen Rechtsfolgewillen die Verwaltung in dem strittigen Bescheid, in dem die Nichtigkeit festgestellt wird, zum Ausdruck bringt. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann die Finanzbehörde nach Feststellung der Nichtigkeit ohne weiteres einen neuen, denselben Sachverhalt regelnden Verwaltungsakt erlassen (BFH BStBl II 1986, 775, 776). Eine solche Regelung deutet darauf hin, dass die Nichtigkeitsfeststellung der Aufhebung eines Bescheides gleichzusetzen ist, und zwar zwecks Vermeidung gegebenenfalls widersprechender Entscheidungen. Für die Rechtsnatur der Nichtigkeitsfeststellung als Verwaltungsakt spricht auch die häufig unsichere Abgrenzung zwischen Rechtswidrigkeit und Nichtigkeit (siehe dazu BFH BStBl II 1995, 341 - ebenso wie hier Verwaltungsakt bejahend: Frotscher in Schwarz, § 124 AO Rz. 11, Pahlke in Pahlke/König, § 124 AO Rz. 40, Rozek in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 125 AO Rn. 106 f. sowie Parallelregelung des § 44 Abs. 5 Verwaltungsverfahrensgesetz und des § 40 Abs. 5 Sozialgesetzbuch X; anderer Ansicht: BFH a.a.O., aber offen gelassen BFH/NV 1998, 1195; Finanzgericht Düsseldorf, EFG 1989, 385, Kühn/Hoffmann, AO, 17. Aufl., § 124 Rn. 5; Klein-Brockmeyer, AO, 8. Aufl. § 125 AO Rz. 15).

    Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der gegenüber dem Antragsteller bekannt gegebene Bescheid des Finanzamts A vom 14. Juli 2004 in Sachen gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 1994 für die X-KG, wonach der Bescheid vom 17. Januar 2002 gemäß § 125 Abs. 1 AO nichtig und folglich unwirksam ist, als Verwaltungsakt und damit als Grundlagenbescheid zu werten. Er enthält die Feststellung, dass die im Bescheid vom 17. Januar 2002 enthaltenen Feststellungen (laufender und Veräußerungsgewinn, Einkünfte aus Gewerbebetrieb 0,-) aus den im Bescheid genannten Gründen nichtig sind (falscher Inhaltsadressat). Es handelt sich insoweit auch nicht lediglich um eine unverbindliche Rechtsäußerung ohne Rechtsfolgewillen. Dies kommt in den nachfolgendem Hinweis zum Ausdruck, dass durch die Feststellung der Nichtigkeit des Bescheides vom 17. Januar 2002 der dem Antragsteller bekannt gegebene Feststellungsbescheid vom 26. Juni 1997 wieder auflebt. Eine ausdrückliche Feststellung der darin enthaltenen Besteuerungsgrundlagen war nicht erforderlich. Nach dem in Sachen Steuerverwaltungsakte herrschenden Verständnis nimmt jeder Änderungsbescheid den bisherigen Inhalt des Bescheides auf, soweit keine Änderungen eintreten. Umgekehrt leben die durch den Änderungsbescheid suspendierten Besteuerungsgrundlagen wieder auf, wenn der Änderungsbescheid aufgehoben oder wie im Streitfall für nichtig erklärt wird (siehe dazu BFH BStBl II 2002, 2). Es entsteht im Streitfall mit der Nichtigkeitsfeststellung kein Vakuum, sondern automatisch wird der durch die Mitteilung vom 17. Januar 2002 zunächst suspendierte Feststellungsbescheid 1994 vom 26. März 1997 nunmehr wieder gültig. Diese Wirkung kommt in dem im Bescheid vom 14. Juli 2004 enthaltenen Hinweis zum Ausdruck. Der Rechtsfolgewille kann auch nicht deshalb verneint werden, dass dem Bescheid eine Rechtsmittelbelehrung fehlt. Der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist nicht zu entnehmen, dass bei fehlender Rechtsbehelfsbelehrung generell ein Rechtsfolgewille fehlt. Der BFH führt im Urteil vom 7. Oktober 1997 (VIII R 4/96), in dem die Ausführungen des Finanzgerichts Rheinland Pfalz, a.a.O., bestätigt werden, lediglich aus, dass dem strittigen Schreiben deutlich erkennbar der Regelungswille der Behörde als wesentliches Element des Verwaltungsaktes fehle und dass dem auch das Fehlen der Rechtsbehelfsbelehrung entspreche. Der BFH stützt damit den fehlenden Rechtsfolgewillen nicht aus der weggelassenen Rechtsbehelfsbelehrung, sondern führt letzteres nur als unterstützendes Moment an. Der Bescheid vom 14. Juli 2004 ist deshalb als Grundlagenbescheid zu werten. Soweit die Antragsteller in diesem Verfahren geltend machen, dass Festsetzungsverjährung für einen solchen Bescheid eingetreten ist, sind solche Einwendungen gegen den Grundlagenbescheid zu erheben.

    Aufgrund der Einordnung des Bescheides vom 14. Juli 2004 als Grundlagenbescheid greift die Berichtigungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ein mit der Folge, dass die im Feststellungsbescheid vom 26. März 1997 für den Antragsteller festgestellten Besteuerungsgrundlagen maßgebend sind. Zwar kann ein nichtiger Grundlagenbescheid keine Bindungswirkung erzeugen, so dass eine Anpassung des Folgebescheides nicht erfolgen darf (u.a. Pahlke/König, a.a.O., § 175 Rz. 8, Tipke/Kruse, a.a.O., § 175 Rz. 9). Wird aber wie im Streitfall die Nichtigkeit erst nach Erlass des Folgebescheides bekannt, ist der Folgebescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO entsprechend anzupassen (Pahlke/König, a.a.O., § 175 Rz. 8, Finanzgericht Hamburg, EFG 1994, 73). Der als Grundlagenbescheid zu wertende Verwaltungsakt vom 14. Juli 2004 ist den Antragstellern auch bekannt gegeben worden. Die Auswertung ist innerhalb der Frist des § 171 Abs. 10 AO erfolgt. Danach endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheides.

    Die Einwendungen des Antragstellers bezüglich der fehlenden Beschwer in Sachen Feststellungsbescheid vom 18. Dezember 2001, in dem der Feststellungsbescheid 1994 vom 26. März 1997 ersatzlos aufgehoben, gehen fehl. Dabei sind die Besonderheiten des Feststellungsbescheides zu beachten. Im Hinblick auf die Ansicht des Antragstellers, dass der Veräußerungsgewinn im Jahre 1994 zu erfassen sei und nicht wie im Außenprüfungsbericht angegeben im Jahre 1993, liegt auch darin eine Beschwer. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass nach den vom Finanzamt A übersandten Akten der Antragsteller sich offensichtlich gegen die für das Kalenderjahr 1993 vorgenommenen Feststellungen in Sachen X-KG gewendet hat. Einem beim Finanzgericht ... gestellten Antrag auf AdV des Gewinnfeststellungsbescheides 1993 hat das Finanzamt A entsprochen. Dem Gericht ist der Stand des Rechtsbehelfsverfahrens in dieser Sache nicht bekannt.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Beschwerde war gemäß § 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO im Hinblick auf die zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung zuzulassen.

    VorschriftenAO § 124, AO § 125, AO § 171 Abs. 10, AO § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1

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