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  • 08.01.2010

    Finanzgericht München: Urteil vom 09.01.2002 – 4 K 4296/99

    Ein im Katastrophenschutz eingesetzter „Sonder-Kfz Zivilschutz-Arzttruppenwagen”, der mit fünf optisch deutlich erkennbaren Rotkreuzschildern, fünffachem Blaulicht, der für Rettungsfahrzeuge typisch verwendeten gelb-beigen Lackierung und mit dem dem Katastrophenschutz vorbehaltenen amtlichen Kennzeichen ausgestattet ist, genügt der für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 Satz 2 KraftStG 1994 erforderlichen Voraussetzung für die Kenntlichmachung der Widmung und Verwendung des Kfz im Katastrophenschutz. Eines ausdrücklichen Hinweises auf den Einsatz im Katastrophenschutz bedarf es nicht.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In der Streitsache

    wegen

    Kraftfahrzeugsteuer für die bundeseigenen Sonderkraftfahrzeuge des Kreisverbandes des …

    hat der 4. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung

    des Vizepräsidenten des Finanzgerichts …

    des Richters am Finanzgericht … und des Richters am Finanzgericht …

    sowie der ehrenamtlichen Richter … und …

    ohne mündliche Verhandlung am 9. Januar 2002

    für Recht erkannt:

    1. Der Kraftfahrzeugsteuerbescheid für das Kfz mit dem amtlichen Kennzeichen GAP-8024 vom 29.5.1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.8.1999 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 1/7, der Beklagte zu 6/7.

    3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

    Tatbestand

    Streitig ist, ob für den Katastrophenschutz bestimmte Fahrzeuge gemäß § 3 Nr. 5 Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) von der Kraftfahrzeugsteuer zu befreien sind.

    I.

    Der Kläger, eine Gebietskörperschaft, ist Halter der Kraftfahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen … -8 … und … -8 … .

    Bei diesen Fahrzeugen handelt es sich um ein bundeseigenes „Sonder-Kfz Zivilschutz-Arzttruppwagen” sowie um einen bundeseigenen Feldkochherd zur Verwendung in der Ergänzung des Katastrophenschutzes. Die Fahrzeuge werden vom Kläger dem Kreisverband … des Bayerischen … für Übungs- Ausbildungs- und Einsatzzwecke im Katastrophenschutz zur Verfügung gestellt.

    Die Fahrzeuge wurden am 15.10.1997 auf den Kläger zugelassen. Gleichzeitig wurde vom Kläger beantragt, die Fahrzeuge nach § 3 Nr. 5 KraftStG von der Kraftfahrzeugsteuer zu befreien. Die Zweckbestimmung der Fahrzeuge wurde vom Kläger als durch „Kennzeichnung, Blaulicht, Aufschrift, Typ, Farbe” äußerlich erkennbar bezeichnet.

    Nachdem aus beim Beklagten (Finanzamt –FA–) eingereichten Fotos lediglich auf dem Arzttruppwagen ein Aufkleber mit einem roten Kreuz auf weißem Grund sowie Blaulichter auf dem Dach und seitlich an den oberen Fahrzeugendpunkten zu ersehen waren, nicht jedoch ein Hinweis auf den zweckgebundenen Einsatz im Katastrophenschutz, sah das FA die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 KraftStG als nicht erfüllt an und setzte die Kraftfahrzeugsteuer mit Kraftfahrzeugsteuerbescheiden vom 29.5.1998 ab 15.10.1997 auf 542 DM bzw. 87 DM jährlich fest.

    Mit den Einsprüchen dagegen (Schreiben vom 8.6.1998, Bl. 12 f FA-Akte) machte der Kläger geltend, dass die in § 3 Nr. 5 KraftStG geforderte äußerliche Erkennbarkeit der Zweckbestimmung für den Einsatz im Katastrophenschutz durch die Farbgebung, die 8000-er Nummern sowie durch die Sonderwarneinrichtung (Blaulicht, Signalhorn) hinreichend gegeben und seitens des Bundes eine weitere Kennzeichnung bei Auslieferung der bundeseigenen Katastrophenschutzfahrzeuge auch nicht vorgesehen sei.

    Der Arzttruppwagen wurde im Jahr 1998 (vgl. Fotografie S. 17 FA-Akte) auf der Fahrer- bzw. Beifahrertür mit … Bayerisches …, Kreisverband … beschriftet.

    Das FA wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 30.8.1999 (Bl. 39 f FA-Akte) als unbegründet zurück. Für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 KraftStG genüge nicht allein die Verwendung eines Fahrzeugs zu den begünstigten Zwecken. Hinzutreten müsse vielmehr, dass die Fahrzeuge äußerlich als für diese Zwecke bestimmt erkennbar seien. Dies setze entsprechende äußere Merkmale voraus, die allein für sich die Widmung des Fahrzeuges deutlich werden ließen. Beschaffenheitsmerkmale anderer Art genügten regelmäßig nicht. Etwas anderes gelte nur, wenn die Zweckbestimmung bereits deutlich genug aus der Bauart des Fahrzeugs zu erkennen sei (wie z. B. bei Löschfahrzeugen der Feuerwehr). Diese Grundsätze entsprächen auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. z. B. BFH vom 2.8.1988, BStBl II 1988 S. 904 und vom 22.8.1989, BStBl II 1989 S. 936). Die Fahrzeuge (Arzttruppwagen und Feldkochherd) seien auch außerhalb des Katastrophenschutzes bzw. der in § 3 Nr. 5 KraftStG bezeichneten Zwecke einsetzbar. Im Hinblick auf die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten sei nach dem Gesetzeswortlaut, der BFH-Rechtsprechung sowie der bundeseinheitlichen Rechtsauffassung der Finanzverwaltung eine eindeutige Kennzeichnung (z. B. mit dem Schriftzug „Katastrophenschutz”) unabdingbare Voraussetzung für die Steuerbefreiung.

    Mit der Klage (Schreiben vom 21.9. und 15.11.1999, Bl. 1 f, 8 f FG-Akte) beantragt der Kläger, die angefochtenen Bescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Bei den streitgegenständlichen Fahrzeugen gelte, dass allein die Zuteilung des Kennzeichens (GAP-8….) diese äußerlich erkennbar als Katastrophenschutzfahrzeuge ausweise, da es sich hierbei um ein eindeutiges und unverwechselbares Zulassungszeichen handele, wie sich auch aus Erlassen der Bundesminister des Inneren und für Verkehr (vgl. Bl. 24– 27 FA-Akte und Bl. 13, 14 FG-Akte) ergebe. Ergänzend sei der Arzttruppwagen mit Blaulichtern, Signalhorn und Rotkreuzzeichen (an der Frontseite und allen Türen) ausgerüstet und kenntlich gemacht. Auf einen Schriftzug „Katastrophenschutz” am Fahrzeug komme es nicht an, da dieser keine Garantie für eine ausschließlich zweckentsprechende Verwendung gebe. Die vom FA zur Begründung seiner Entscheidung herangezogenen BFH-Urteile seien entweder nicht vergleichbar oder stünden der Auffassung des Klägers nicht entgegen.

    Das FA beantragt, die Klage abzuweisen (Schreiben vom 28.12.1999 und 25.1.2000, Bl. 19, 21 f FG-Akte).

    Es sei zwar zutreffend, dass die Art der äußeren Kennzeichnung nicht gesetzlich vorgeschrieben sei, die äußeren Merkmale der Fahrzeuge müssten jedoch für sich allein die Widmung des Fahrzeugs – hier: Katastrophenschutz – deutlich werden lassen (BFH vom 2.8.1999 II S. 904). Dies sei bei den streitgegenständlichen Fahrzeugen jedoch nicht der Fall. Daran ändere auch die Ausstattung mit Blaulicht, Signalhorn und Rotkreuzzeichen nichts, weil dadurch allein die Widmung für den Katastrophenschutz nicht erkennbar sei.

    Der Senat entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

    Gründe

    II.

    Die Klage ist zum großen Teil begründet.

    Zu Unrecht hat das FA das Halten des Arzttruppwagens nicht nach § 3 Nr. 5 KraftStG als kraftfahrzeugsteuerfrei behandelt. Für die Steuerbefreiung nach dieser Vorschrift genügt nicht allein die Verwendung eines Fahrzeugs zu den begünstigten Zwecken. Hinzutreten muss vielmehr, dass die Fahrzeuge äußerlich als für diese Zwecke bestimmt erkennbar sind (§ 3 Nr. 5 Satz 2 KraftStG 1979). Dies setzt entsprechende äußere Merkmale voraus, die allein für sich die Widmung des Fahrzeugs deutlich werden lassen. Nicht bestimmt ist die Art der äußeren Merkmale, die das Fahrzeug entsprechend erkennbar machen. Sie können sich aus der besonderen Bauart des Fahrzeugs – z. B. herkömmliche Krankenwagen – oder etwa einer geeigneten Beschriftung, Beschilderung oder ähnlichen Kenntlichmachung ergeben. Die Erkennbarkeit kann sich auch aus einer Mehrzahl einzelner äußerer Merkmale ergeben, die für sich allein zur Kenntlichmachung nicht ausreichen, aber sich gegenseitig so ergänzen, dass sie zusammengenommen eine Widmung zu den begünstigten Zwecken äußerlich erkennbar machen (vgl. BFH-Urteil vom 2.8.1988 VII R 144/85, BStBl II 1988, 904 mit weiteren Hinweisen).

    Der streitbefangene Arzttruppwagen erfüllt diese genannten Voraussetzungen. Das äußere Erscheinungsbild mit fünf optisch deutlich erkennbaren Rotkreuzschildern, fünffachem Blaulicht und der für Rettungsfahrzeuge typisch verwendeten gelb-beigen Lackierung weist zusammen mit dem dem Katastrophenschutz vorbehaltenen amtlichen Kennzeichen (mit der Ziffer 8 beginnende Nummerierung) hinreichend im Sinne der o.g. Voraussetzungen auf die Widmung und Verwendung des Kfz im Katastrophenschutz hin.

    Nicht begründet ist die Klage jedoch hinsichtlich des fahrbaren Feldkochherdes. Die dem Katastrophenschutz vorbehaltene Nummerierung des amtlichen Kennzeichens (s.o.) als alleiniges äußeres Merkmal reicht zur Kenntlichmachung der Widmung des Kfz im o.g. Sinne nicht aus.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

    Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf §§ 151 Abs. 3 und 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 und 711 Zivilprozessordnung.

    Der Senat sah keinen Anlass, die Revision zuzulassen.

    VorschriftenKraftStG 1994 § 3 Nr. 5 S. 2