08.01.2010
Finanzgericht München: Urteil vom 20.06.2000 – 13 K 348/95
1. Öd- und Brachland, das der Großvater den Vätern der Kläger vor über 100 Jahren im einer Rahmen seiner Betriebsaufgabe als Privatvermögen zum Miteigentum übergeben hat und das nachweislich weder von den Vätern noch von den Klägern (als den Rechtsnachfolgern) jemals im Rahmen ihrer eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebe (mit)genutzt oder mitbewirtschaftet worden ist, gehört zum Privatvermögen.
2. Das Ödland wurde nicht dadurch gemeinschaftliches forstwirtschaftliches Betriebsvermögen der Kläger, dass sich darauf im Lauf der Zeit auf natürlichem Weg ein schlecht bestockter Kiefernwald bildete, für dessen Abholzung die Kläger in der Vergangenheit von einem Bauunternehmen als Pächter eine gesonderte Entschädigung erhalten haben. Eine ertragsteuerliche Betriebsvermögenseigenschaft des Ödlands kann auch nicht damit begründet werden, dass das FA die Entschädigung für die Abholzung wie auch den Gewinn beim Verkauf von kleineren Teilflächen in der Vergangenheit -zu Unrecht- als steuerpflichtige gemeinschaftliche betriebliche Gewinne behandelt hat und die Kläger das genauso akzeptiert haben wie die Einstufung des Ödlands in den Einheitswertbescheiden als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb.
IM NAMEN DES VOLKES hat der .... Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung
der Vorsitzenden Richterin am Finanzgericht ...
und der Richter am Finanzgericht ... und ...
sowie der ehrenamtlichen Richter ... und ...
auf Grund mündlicher Verhandlung vom 20. Juni 2000
für Recht erkannt:
1. Die Bescheide betr. die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft 1993, 1994 der ... vom 18. Januar 1995 werden aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Gründe
I.
Streitig ist, ob der von den Klägern abgeschlossene Grundstückskaufvertrag vom 23. Juli 1993 (8.614 qm aus dem Grundstück FlNr. 1292/5 der Gemarkung P...) zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft geführt hat; ferner ob eine zwischen den Klägern durchgeführte Auseinandersetzung bezüglich der Restflächen von insgesamt 2.813 qm aus dem Grundstück FlNr. 1292/5 eine steuerpflichtige Entnahme darstellt.
Der Kläger zu 1 sowie die Kläger zu 2 bewirtschaften je einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb im Ortsteil H. der Stadt R.. Ursprünglich gehörten beide Betriebe zu einem einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit den Wohngebäuden Nr. 1–3 (Hinweis auf die Niederschrift des zuständigen Vermessungsamts vom 14. Januar 1966, Bl. 47 FG-Akte). Erstand im Eigentum von ... St ... sen. .... Dieser übergab 1882 seinem Sohn G. u. a. das Haus Nr. 1 (es wird von dessen Enkel, dem Kläger zu 1, bewohnt), seinem Sohn J. jun. das Haus Nr. 2 (es wird von der Enkelin K. und ihrem Ehemann, den Klägern zu 2, gemeinsam bewohnt) sowie je einen Teil des land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundbesitzes. Das Haus Nr. 3 behielt St für sich zurück, ferner einen weiteren Teil des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes, der später von seinen zahlreichen Kindern aus dritter Ehe veräußert wurde. Außerdem übergab St seinen Söhnen G u. J verschiedene Grundstücke zu Miteigentum.
Zu diesem Grundbesitz der Miteigentümer gehörten im Jahre 1993 noch zehn Grundstücke (sie sind im Schreiben des Prozeßbevollmächtigten vom 15. März 1994 näher bezeichnet; S. 2 f., Bl. 8 f. FG-Akte), unter ihnen das Grundstück FlNr. 1292/5. Auf den in der FG-Akte abgehefteten Lageplan wird verwiesen. Im Grundbuch sind der Kläger zu 1 und die Kläger zu 2 als Miteigentümer zu je l/2 eingetragen. Bei dem Grundvermögen im Miteigentum handelt es sich größtenteils um Wege, ein vom Kläger zu 1 im Rahmen seines Betriebes landwirtschaftlich genutztes Grundstück (FlNr. 1292) und das Grundstück FlNr. 1292/5, für das im Liegenschaftsblatt vom 13. Mai 1970 folgende Nutzungsarten ausgewiesen sind (Bl. 10 Akte „verbindl. Auskunft”):
Hof | 0,0025 ha | EMZ 0 |
Ackerland | 0,1350 ha | EMZ 304 |
Hutung | 0,6830 ha | EMZ 619 |
Wald | 1,9269 ha | EMZ 0 |
Industriegelände | 0,0784 ha | EMZ 0 |
2.8258 ha |
Im not. Übergabevertrag vom 1. April 1999 (Bl. 104–129 FG-Akte) war es größtenteils als „Ödung” bezeichnet (z. B. S. 7, 8, Bl. 111 f. FG-Akte).
Die Gesamtfläche des Grundstücks verminderte sich bis zum Jahre 1993 auf die o.a. Größe von 1,1427 ha durch verschiedene Verkäufe sowie durch Korrekturen des Vermessungsamts. Sie sind im Schreiben vom 15. März 1994 (S. 3 f. mit Anlagen 3–6, Bl. 11–30 Akte „verbindl. Auskunft”) und im Aktenvermerk der BNV-Stelle vom 23. November 1994 (Bl. 49 a.a.O.) im einzelnen dargestellt.
Insbesondere verkauften die Kläger mit Vertrag vom 9. November 1973 eine vorläufige Fläche von 1,07 ha zum vorläufigen Gesamtkaufpreis von 128.400 DM. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) erfaßte den Veräußerungserlös bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. In der Anlage zum Einkommensteuer (ESt) -Bescheid 1973 (Bl. 49 FG-Akte) für den Kläger zu 1 setzte das FA den auf den Waldbestand entfallenden Erlös mit (10.700 qm × 3 DM =) 32.100 DM fest. Der gesamte beim Kläger zu 1 angesetzte Veräußerungsgewinn i. H. v. 53.303 DM wurde gem. § 6 c des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf die Herstellungskosten eines Gebäudes seines landwirtschaftlichen Betriebs übertragen. Da gem. Abschnitt C (S. 12 f.) des not. Vertrags vom 5. Dezember 1991 (Bl. 55–61 FG-Akte) die erworbene Fläche nur 7.801 qm betrug, wurde ein Rückzahlungsbetrag von 12 DM/qm angesetzt und die Rückzahlungssumme für 2.077 qm auf den Kaufpreis für neu erworbene landwirtschaftliche Grundstücke (FlNr. 1292/40, 1292/43, 1292/44) angerechnet. Auch der Erlös für den Verkauf des Grundstücks FlNr. 1292/39 (Nr. 9) wurde vom FA beim Kläger zu 1 der Besteuerung unterworfen (Schreiben vom 15. März 1994 S. 3).
Mit Vereinbarung vom 19. September/1. Oktober 1977 (Bl. 31–34 Akte „verbindl. Auskunft”) stellten die Miteigentümer der R. ... AG ... 1,2120 ha Waldfläche aus dem Grundstück FlNr. 1292/5 „zur Auffüllung und als Baustellengelände” zur Verfügung. Die R-AG als Mieterin war zum Einschlag und zur Verwertung des aufstehenden Waldbestandes berechtigt. Lt. Tz. III der Vereinbarung betrug die „Entschädigung für den Bestandswert und die forstlichen Nebenschäden” 13.858 DM (zur Berechnung dieser Entschädigung s. Schreiben der R-AG vom 27. Juni 1977, Bl. 62 FG-Akte). Das aufstehende Holz hatte hiernach einen Wert von 10.197 DM. Außerdem waren 363,60 DM pro Jahr als „Entschädigung für den Nutzungsentgang” von der R-AG zu zahlen. Lt. Tz. IV waren vor einer Inanspruchnahme des Grundstücks „die Wurzelstöcke zu entfernen sowie der Mutter- und Feinboden abzuschieben und seitlich zu lagern.” Nach Beendigung der Mietzeit waren „die Flächen frei von Steinen und sonstigen Materialien zu räumen und der aufgetragene Boden in einer Tiefe von mindestens 40 cm zu lockern. Anschließend ist der Mutter- und Feinboden in einer Stärke von ca. 20 cm aufzutragen.”
Die Entschädigung wurde vom FA als steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn behandelt und beim Kläger zu 1 erklärungsgemäß zur Hälfte einer Rücklage nach § 6 c EStG zugeführt (Anlage 9 zum Schreiben vom 15. März 1994, Bl. 36 Akte „verbindl. Auskunft”). Die R-AG nutzte die überlassene Fläche zur Kiesablagerung.
Die Vereinbarung wurde von der R-AG zum 31. Oktober 1982 gekündigt (Bl. 48 a.a.O.). Die Auffüllung und Rückgabe der Grundstücksfläche aus FlNr. 1292/5 erfolgte entsprechend Tz. IV der Vereinbarung. Eine landwirtschaftliche Nutzung war infolge der Bodenbeschaffenheit auch nach der Wiederauffüllung mit Humusabdeckung mit nur 20 cm Tiefe nicht möglich. Das Grundstück wurde daher als sog. Brachland nicht bewirtschaftet und lediglich ein- bis zweimal jährlich abgemäht, um das Unkraut zu beseitigen (Schreiben des Prozeßbevollmächtigten vom 28. September 1994).
Seit 1991 war geplant, für das Gebiet, in welchem das Grundstück FlNr. 1292/5 liegt, einen Bebauungsplan aufzustellen. Der Aufstellungsbeschluß wurde von der Stadt R im Oktober 1992 gefaßt, der Bebauungsplan am 1. Dezember 1992 gefertigt. Seit 1994 wurden im fraglichen Gebiet Erschließungsmaßnahmen durchgeführt.
Das FA sah die Grundstücke FlNr. 1292 und 1292/5 als Teile einer wirtschaftlichen Einheit an, die es den Miteigentümern einheitlich zurechnete und in den Einheitswertbescheiden auf den 1. Januar 1964 vom 11. März 1971 (Bl. 41 FG-Akte) und den 1. Januar 1974 (Bl. 75 FG-Akte) als „ land- und forstwirtschaftlichen Betrieb – Stückländerei” charakterisierte. Die entsprechende Erklärung zum Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 1964 war am 9. Januar 1968 von dem Kläger zu 2 abgegeben worden (Bl. 39 FG-Akte). In der am 9. Juni 1969 unterschriebenen „Anlage Forst I” bezeichnete der Kläger zu 2 die Forstflächen als „schlecht bestockten Kiefernwald” (Bl. 40 FG-Akte). Die Einheitswertbescheide auf den 1. Januar 1964 und 1. Januar 1974 wurden ihm bekanntgegeben.
Mit notariellem Vertrag vom 23. Juli 1993 verkauften die Kläger aus dem Grundstück 1292/5 eine Teilfläche von 8.614 qm für 370.402 DM (43 DM/qm) an die Stadt R. Hinsichtlich der Restfläche von 2.813 qm setzten sie sich auseinander, wobei der Kläger zu 1 und die Kläger zu 2 je zwei Bauplätze übernahmen.
Das FA sah den Verkauf als steuerpflichtige Veräußerung und die Auseinandersetzung als steuerpflichtige Entnahme an und ermittelte einen Veräußerungs- und Entnahmegewinn von insgesamt 465.000 DM, den es zu je l/2 auf die Jahre 1993 und 1994 verteilte. Zusammen mit einem laufenden Gewinn von jeweils 500 DM stellte es in den Feststellungsbescheiden 1993 und 1994 vom 18. Januar 1995 die Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft auf 233.000 DM fest.
Hiergegen erhoben die Kläger mit Zustimmung des FA Sprungklage, die im wesentlichen wie folgt begründet wurde: Ein gemeinsamer landwirtschaftlicher Betrieb habe zu keinem Zeitpunkt bestanden. Auch ein forstwirtschaftlicher Betrieb habe nicht vorgelegen, denn es habe an einer gemeinsamen forstwirtschaftlichen Betätigung gefehlt. Auch eine Gewinnerzielungsabsicht sei nicht gegeben gewesen. Das FA habe aufgrund des Verkaufs vom 9. November 1973 (Bl. 50 ff. FG-Akte) zu Unrecht einen Veräußerungsgewinn für das aufstehende Holz von 32.100 DM ermittelt, denn es sei ohne Wert gewesen. Dies ergebe sich auch aus der Messungsanerkennung vom 5. Dezember 1991 (Bl. 55 ff. FG-Akte). Die Kläger hätten den Wert für die nicht verkaufte Fläche (2.077 qm) mit 12 DM/qm zu zahlen gehabt.
Hätte der damals mitverkaufte Waldbestand tatsächlich einen Wert besessen, so wäre dieser Wert bei Rückzahlung der nicht benötigten Fläche (da nunmehr ohne Waldbestand) in Ansatz gebracht worden.
Selbst wenn ein Forstbetrieb anzunehmen wäre, sei dieser spätestens mit der Verpachtung zur Auffüllung an die R-AG am 19. September 1977 aufgegeben worden.
Der Senat verweist im einzelnen auf die Schriftsätze vom 1. Februar, 28. April. 27. August 1995 und 19. Juni 2000 mit Anlagen.
Die Kläger beantragen,
die Feststellungsbescheide 1993 und 1994 vom 18. Januar 1995 ersatzlos aufzuheben,
hilfsweise für das Wirtschaftsjahr 1993/1994 für die Hälfte des Veräußerungsgewinns eine Rücklage nach § 6 b i.V.m. § 6 c EStG für den Kläger zu 1) zu bilden und einen laufenden Gewinn in Höhe der restlichen Hälfte des Veräußerungsgewinns festzustellen und
die Einkünfte aus dem Verkauf bzw. der Entnahme des Grundstücks FlNr. 1292/5 bei den Klägern zu 2) als außergewöhnliche Einkünfte i. S. der §§ 14 und 34 EStG und einen laufenden Gewinn nach § 13 a EStG in Höhe von 0 DM festzustellen und
die Gewinne in den Wirtschaftsjahren 1992/1993 und 1994/95 mit 0 DM festzustellen.
Das FA beantragt,
die Gewinne 1993, 1994 gem. den Hilfsanträgen der Kläger festzusetzen.
Es tritt in den Schriftsätzen vom 3. März, 28. Juli und 2. Oktober 1995 sowie 7. Dezember 1998 und 2. Juni 2000 der Argumentation der Kläger entgegen.
Mit Beschlüssen vom 29. Mai und 20. Juni 2000 hat der Senat über die Frage Beweis erhoben, ob die von St 1882 an seine Söhne in Miteigentum übertragenen Grundstücke einer land- und forstwirtschaftlichen Nutzung zugeführt wurden und ob und ggf. durch welche Ereignisse eine solche Nutzung beendet wurde. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme verweist er auf die Sitzungsniederschrift.
II.
Die Klage ist begründet.
1. Zu Unrecht hat das FA den Veräußerungsgewinn aus dem Grundstücksverkauf vom 23. Juli 1993 bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft erfaßt und die Auseinandersetzung hinsichtlich der Restfläche des Grundstücks FlNr. 1292/5 als steuerpflichtige Entnahme gewertet.
Die Kläger haben sich hinsichtlich dieses Grundstücks nicht land- und forstwirtschaftlich betätigt, somit konnte diesbezüglich auch keine Veräußerung bzw. Entnahme aus einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen erfolgen.
Aufgrund der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, daß die 1882 stattgefundenen Vorgänge eine Betriebsaufgabe des St i.S.d. Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 1. Februar 1990 IV R 8/89 (BFHE 159, 471, BStBl II 1990, 428) darstellen. Denn St spaltete seinen Betrieb nicht nur in zwei Teile, die er auf seine zwei Söhne übertrug, sondern behielt sich auch neben dem Haus Nr. 3 einen nicht unwesentlichen Teil der land- und forstwirtschaftlichen Flächen zurück, die später auf seine zahlreichen Nachkommen aus 3. Ehe übergingen und von diesen veräußert wurden.
Bei dieser Ausgangslage konnten die den Söhnen G und J überlassenen ins Privateigentum übergegangenen Flächen nur dann wieder zu land- und forstwirtschaftlichem Betriebsvermögen werden, wenn und soweit sie einer entsprechenden Nutzung zugeführt wurden. Dies ist eindeutig der Fall bei den G und J jeweils zu Alleineigentum überlassenen Flächen. Bei den zu Miteigentum überlassenen Flächen stellt sich die Rechtslage hingegen sehr differenziert dar, da sie nicht einheitlich zu einem bestimmten Zweck genutzt wurden, sondern sehr verschiedene Funktionen zu erfüllen hatten: Soweit es sich um Wegeflächen handelte, dienten sie entweder den jeweiligen Hofeigentümern oder der Allgemeinheit als An- und Zufahrtswege oder sie wurden – wie das Grundstück FlNr. 1292 – und der umgeackerte Weg FlNr. 1282/2 nur von einem der jeweiligen Miteigentümer in seinem Betrieb landwirtschaftlich genutzt.
Demgegenüber läßt sich beim Grundstück FlNr. 1292/5 keine land- und forstwirtschaftliche Nutzung durch beide Miteigentümer oder auch nur einen von ihnen im Laufe der aufeinander folgenden Generationen feststellen. Schon die Bezeichnung „Ödung” oder „Ödacker” (so der Name in verschiedenen Lageplänen, Bl. 138 FG-Akte und Beiheftung) deutet auf die mangelnde landwirtschaftliche Nutzbarkeit hin. Es wurden deshalb schon in den 30er-Jahren Teile des Areals an ein Sägewerk verkauft. Auf dem überwiegenden Teil der den Miteigentümern verbliebenen Fläche bildete sich nach und nach in der ersten Hälfte des 20 Jh. ein Wald (s. die Abbildungen Bl. 139 f. FG-Akte), den der Kläger zu 2 zutreffend als schlecht bestockten Kiefernwald bezeichnete (Bl. 40 FG-Akte).
Entgegen der Rechtsansicht des FA stellt dieses Waldstück, das von 1977 – 1985 der R-AG überlassen war, von dieser abgeholzt wurde und dessen größerer Teil dann im Streitjahr 1993 an die Stadt R verkauft wurde, keinen gemeinschaftlichen Forstbetrieb dar.
Nach st. BFH-Rechtsprechung (s. Urteile vom 26. Juli 1985 IV R 149/83, BFHE 144, 67, BStBl II 1985, 549, und vom 13. März 1989 IV R 30/87, BFHE 157, 98, BStBl II 1989, 718) ist ein Forstbetrieb eine mit Gewinnerzielungsabsicht nachhaltig ausgeübte selbständige Tätigkeit, die – unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr – auf der planmäßigen Nutzung der natürlichen Kräfte des Waldbodens zur Gewinnung von Nutzhölzern und ihrer Verwertung im Wege der Holzernte beruht. Im Urteil vom 18. März 1976 IV R 52/72 (BFHE 118, 441, BStBl II 1976, 482) hat der BFH diese Definition für sog. Bauernwaldungen und kleinere Privatwaldungen dahingehend präzisiert, daß einzelne Voraussetzungen wie Gewinnerzielungsabsicht und Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht in jedem Jahr erfüllt sein müssen, sondern nur innerhalb der Gesamtumtriebszeit der vorhandenen Altersklassen des aufstehenden Holzes.
Im Streitfall sind an der Waldung auf FlNr. 1292/5 bis zu deren Abholzung (ab 1977) nach der glaubwürdigen Aussage des Klägers zu 1 zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Bewirtschaftungsmaßnahmen vorgenommen worden. Auch eine Nutzung durch Holzverkäufe oder -verwertung durch die Miteigentümer (die Kläger zu 1 und 2 oder deren Rechtsvorgänger) hat nicht stattgefunden. Das Areal diente vielmehr den Familienmitgliedern und den anderen Bewohnern des Ortsteils, der Polizei und Jugendgruppen, als Spiel-, Sport- und Zeltplatz; außerdem wurde, wie der Kläger zu 1 nicht ohne Grund vermutet, von Nichteigentümern verschiedentlich Sand und Kies entnommen, ohne daß die Kläger dies verhindert hätten. Auch ein Forstbetrieb verlangt aber eine ernsthafte wirtschaftliche Betätigung, mag diese auch nur auf einen geringen Teil der gesamten Umtriebszeit entfallen.
Die bloße Freigabe des Baumbestandes zur Abholzung im Jahre 1977 und die Entgegennahme einer Entschädigung erfüllen dieses Minimum einer auch vom BFH geforderten forstwirtschaftlichen Betätigung nicht.
Die Kläger haben auch nach Rückgabe des Grundstücks seitens der R-AG das Grundstück keiner land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung zugeführt. Das Grundstück wurde weder aufgeforstet noch als Acker oder Weide genutzt.
Der Kläger zu 1 hat glaubhaft ausgeführt, daß sie von der R-AG ein ebenso schlechtes Land zurückerhielten als es vorher gewesen war – nämlich Ödland, auf dem eine Bewirtschaftung sich nicht lohnte, nur daß das Auffüllungsland wegen der vielen Steine und der wechselnden Verdichtung des Untergrundes sich zur maschinellen Bearbeitung erst recht nicht mehr eignete.
Die Kläger haben ausdrücklich auch die ihnen vom BNV-Prüfer unterstellte Absicht bestritten, sie hätten das Grundstück nach der Rückgabe durch die R-AG gemeinsam landwirtschaftlich nutzen wollen. Dies erscheint dem Gericht glaubwürdig, denn im Hinblick auf die in Miteigentum stehenden Grundstücke sind die Kläger immer nur bei Verkäufen und bei der Verpachtung an die R-AG gemeinschaftlich tätig geworden. Land- und forstwirtschaftlich nutzbaren Grund hat jeder Miteigentümer in seinem eigenen Betrieb genutzt. Dafür hat der Kläger zu 1 den Klägern zu 2 zum Ausgleich eigenen Grund zur Verfügung gestellt. Der ehemalige Weg, der durch den Acker der Kläger zu 2 führte, wurde an den Rand des Ackers verlegt. Die mehrfachen Versuche, im Laufe der Jahre die Miteigentumsgemeinschaft auseinanderzusetzen, scheiterten daran, daß sich der Aufwand im Verhältnis zum Wert des Grundvermögens nicht lohnte. Die übereinstimmende Aussage des Klägers zu 1 und des Zeugen erscheint daher glaubhaft, daß die Miteigentümer nach Rückgabe des Grundstücks seitens der R-AG mit guten Gründen nur darauf warteten, daß dieses baureif würde, um es dann zu verkaufen, bzw. eine nun lohnende Auseinandersetzung durchzuführen.
Die Bewertung der Grundstücke FlNr. 1292 und 1292/5 als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb in mehreren Einheitswertbescheiden ab 1971 ist für die ertragsteuerliche Würdigung ohne Bedeutung, da die Einheitsbewertung insoweit nicht die Funktion eines Grundlagenbescheides i.S.v. § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung hat.
Unschädlich ist auch, daß die Kläger verschiedentlich die Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Grundstücken oder des Holzbestandes in 1977 hingenommen haben. Zum einen war die steuerliche Auswirkung nur sehr gering (der Kläger zu 1 konnte die anfallenden Gewinne stets durch Rücklagen nach § 6 c EStG neutralisieren), zum andern bindet die Kläger ihre fehlerhafte Beurteilung der Zugehörigkeit des Grundstücks FlNr. 1292/5 zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen im vorliegenden Verfahren nicht.
Der im Wirtschaftsjahr 1993/94 angefallene „Veräußerungs- und Entnahmegewinn” ist somit nicht nach § 13 a Abs. 8 Nr. 4 EStG zu besteuern, da kein land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen verkauft bzw. entnommen worden ist.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.