27.07.2022 · IWW-Abrufnummer 230462
Finanzgericht Köln: Urteil vom 27.01.2022 – 3 K 1835/20
Diese Entscheidung enhält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
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Tatbestand:
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Die Beteiligten streiten über die steuermindernde Berücksichtigung von Schulgeldkosten für eine Internationale Schule in der Demokratischen Volksrepublik Laos als Sonderausgaben.
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Der Kläger und seine Ehefrau A lebten bis einschließlich 2017 in Malaysia, da der Kläger in Asien beruflich tätig war. Sie kehrten dann Mitte 2017 nach Deutschland zurück. Der Kläger wurde bis zum Tod seiner Ehefrau ..., deren Alleinerbe er ist, mit ihr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte im Streitjahr 2017 als ... Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit; seine Ehefrau bezog ....
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In der Einkommensteuererklärung für 2017 wurde in der Anlage Kind die 2008 geborene B als Tochter des Klägers angegeben, die ‒ wie ihre Mutter B1 ‒ ganzjährig in ... F E District in der Demokratischen Volkrepublik Laos wohnhaft war und ist. Sie hat die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie besucht seit ...2012 die D Schule im E District, F und befand sich im Schuljahr 2017/2018 in „Year 4“ der ... School. Es handelt sich hierbei um eine internationale Schule, die vom Erziehungsministerium der Demokratischen Volkrepublik Laos lizensiert ist, nach britischen Cambridge Schulsystem lehrt und insofern dem National Curriculum of England und dem International Primary Curriculum folgt. Das Schulgeld für den Besuch dieser Schule machte der Kläger in Höhe von 3.668 € als Sonderausgabe im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. Als Nachweise waren der Erklärung zwei ‒ lediglich B als Schülerin ausweisende - „receipts“ des Finance Departments der D Schule vom 14.09.2017 bzw. 12.10.2017 beigefügt, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird.
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Der Beklagte setzte die Einkommensteuer mit Bescheid vom 17.10.2019 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest, wobei er zwar einen zeitanteiligen und nach Ländergruppe 4 bemessenen Kinderfreibetrag ansetzte, nicht aber die Schulgeldkosten berücksichtigte. Zur Begründung verwies der Beklagte in den Erläuterungen des Bescheids darauf, dass die als Schulgeld geltend gemachten Aufwendungen nicht als Sonderausgaben berücksichtigungsfähig seien, da es sich nicht um eine anerkannte europäische Schule im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG handele.
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Mit ihrem Einspruch vom 31.10.2019 machten die Eheleute unter anderem geltend, dass die Schule einen vergleichbaren Abschluss (IPC, IGCSE) vermittle. Zugleich wurde auf die dem Kläger unter dem 22.06.2020 auf seinen Antrag hin erteilte Bescheinigung der Bezirksregierung Köln verwiesen, worin bestätigt wird, dass der Schulbesuch an der D Schule zu einem in Deutschland anerkannten Schulabschluss führen könne, der einer deutschen Fachoberschulreife bzw. mindestens einem Hauptschulabschluss gleichwertig sei.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 14.07.2020 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück, nachdem er unter dem 07.02.2020 einen im Übrigen dem Einspruch teilweise abhelfenden, nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid bekannt gegeben hatte. Der Beklagte führte als Begründung für die Nichtberücksichtigung der Schulgeldkosten als Sonderausgaben aus, dass die in Malaysia (richtig Laos) gelegene Schule nicht unter die in § 10 Abs. 1 Nr. 9 Sätze 1 und 2 EStG genannten Schulen falle, da sie sich im Ausland befinde. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 4 EStG kämen auch Deutsche Schulen im Ausland unabhängig von ihrer Belegenheit in Betracht. Ob es sich um eine Deutsche Schule handele, hänge nach ständiger Rechtsprechung davon ab, dass die Schule gemäß Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) oder als Ersatzschule eigener Art nach Landesrecht tatsächlich als Ersatzschule genehmigt oder als allgemeinbildende Ergänzungsschule anerkannt worden sei (Urteil des Bundesfinanzhofs ‒ BFH ‒ vom 14.12.2004 XI R 32/03, Entscheidungen des Bundesfinanzhofs ‒ BFHE ‒ 209, 40, Bundessteuerblatt ‒ BStBl. ‒ II 2005, 518). Eine solche Qualifizierung habe durch die oberste Kulturbehörde der Länder zu erfolgen. Diese Entscheidung habe gemäß § 182 AO Bindungswirkung für das Finanzamt. Bei der D Schule handele es sich mangels einer solchen Qualifizierung um eine internationale, nicht aber um eine Deutsche Schule. Die Bescheinigung der Bezirksregierung Köln, dass der Schulbesuch zu einem in Deutschland anerkannten Schulabschluss führen könne, sei nicht ausreichend. Denn ein staatlicher Anerkennungsakt, der sich nur auf den durch die im Ausland belegene Schule vermittelten Abschluss, nicht aber auf deren Status beziehe, könne nicht zum Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG führen (BFH-Urteil vom 09.05.2012 X R 3/11, BFHE 237, 223, BStBl. II 2012, 585). Es sei auch nicht relevant, dass die Kosten des Schulbesuchs aus einer Auslandsentsendung resultierten.
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Mit seiner Klage vom 14.08.2020 verfolgt der Kläger, zugleich als Gesamtrechtsnachfolger nach seiner verstorbenen Ehefrau, sein Begehren fort. Ergänzend trägt er vor, dass seine Tochter in Ermangelung einer deutschsprachigen Schule in Laos dort in die Internationale Schule gehe. Die D Schule habe sich hohen Standards verpflichtet, wie dem Auszug der Schulhomepage entnommen werden könne. Der Lehrplan für die Primarstufe werde aus dem English National Curriculum und dem internationalen Lehrplan für die Primarstufe (IPC) entwickelt. Das English National Curriculum entwickele wesentliche Fertigkeiten in Lesen, Schreiben, Rechnen und wissenschaftlicher Recherche bei Schülern in der Primarstufe, während der IPC solide Wissensgrundlagen behandele, die eine globale Perspektive, Geschichte, Geographie, Sozialkunde, Gesundheit und Werte sowie kreative Entwicklung widerspiegele. Das Programm biete eine Grundlage für die Sekundarschulausbildung, die zu den Cambridge Certified Checkpoints (Y7-Y9) und dem Lehrplan für das International General Certificate of Secondary Education (IGCSE) (Y10-Y12) führe. Die Kernfächer (Englisch, Mathematik, Naturwissenschaften) würden in englischer Sprache von einem international diversifizierten Lehrkörper unterrichtet. Das Angebot umfasse zusätzliche Klassen in ICT (Informations- und Kommunikationstechnik), Mandarin-Chinesisch, Musik, Kunst und Sport. Die zuständige Stelle für die Anerkennung von ausländischen Schulabschlüssen sei die Bezirksregierung Köln. Diese habe ihm ‒ dem Kläger ‒ eine entsprechende Bescheinigung ausgestellt.
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Der durch den Beklagten versagte Sonderausgabenabzug des Schulgelds verstoße gegen Art. 3 GG. Aus verfassungsrechtlicher Sicht sei eine verfassungskonforme Auslegung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG geboten. Die Kosten für eine Schule im Drittland, die als Deutsche Schule anerkannt sei, dürften nicht anders behandelt werden, als eine im Drittland belegene, zwar gleichwertige Schule, die aber nicht den Status „Deutsche Schule“ trage. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG stelle keine objektiven Kriterien auf, die eine Bestimmung ermöglichen würden, wonach Schulgebühren deutscher und ausländischer Schulen abzugsfähig seien. Die Vorschrift knüpfe die Abzugsfähigkeit vielmehr allein an die Genehmigung bzw. Anerkennung der jeweiligen Privatschule in Deutschland. Entscheidende Voraussatzung sei danach, dass die Privatschule im Ausland nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG eine „Deutsche Schule“ sei.
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Schulgebühren für Privatschulen im Ausland, die keine Deutsche Schulen seien, würden unabhängig von ihrer Gleichwertigkeit automatisch vom Steuerabzug ausgeschlossen, was zu einer entsprechenden höheren Steuerbelastung dieser Steuerpflichtigen ‒ wie hier dem Kläger ‒ führe. Vorliegend bliebe zudem unbeachtet, dass es dem Kläger nicht möglich gewesen sei, sein Kind in eine „Deutsche Schule“ zu schicken. Die nächst gelegene „Deutsche Schule“ befinde sich in G, Malaysia. Den Besuch einer Deutschen Schule zu verlangen, wäre insofern unverhältnismäßig.
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§ 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG stelle keine Direktsubventionierung der betreffenden Schulen durch den deutschen Staat dar, sondern vielmehr eine steuerliche Vergünstigung der Eltern. Eine Ungleichbehandlung, die lediglich auf den Status „Deutsche Schule“ gestützt werde, könne daher nicht durch ein legitimes Differenzierungsziel gerechtfertigt werden. Einziges legitimes Differenzierungsziel könne das Kriterium der Vergleichbarkeit sein. Die Belegenheit der Schule dürfe bei Vorliegen der Vergleichbarkeit nicht herangezogen werden.
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Im Streitfall sei die von der Tochter des Klägers besuchte Schule mit deutschen Schulen vergleichbar. Dies werde umso deutlicher, da der Abschluss von der zuständigen Landesbehörde als gleichwertig eingestuft worden sei. Der BFH habe in seinen Urteilen vom 14.12.2004 (XI R 32/03, BFHE 209, 40, BStBl. II 2005, 518) und vom 05.04.2006 (XI R 1/04, BFHE 213, 345, BStBl. II 2006, 682) ausgeführt, dass § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG eine Regelungslücke enthalte, die durch eine teleologische Extension für bestimmte, vor allem im Ausland belegene Schulen, zu schließen sei. Diese Regelungslücke beziehe sich auf Sachverhalte, in denen die jeweiligen Schulen aufgrund besonderer staatlicher Akte die Voraussetzungen einer Schule im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG erfüllten. Die D Schule erfülle die Voraussetzungen, unter denen bei einer deutschen Schule eine Genehmigung zu erteilen wäre (BFH-Urteil vom 05.04.2006 XI R 1/04, BFHE 213, 345, BStBl. II 2006, 682). Die Bescheinigung der Bezirksregierung Köln komme einer staatlichen Genehmigung gleich.
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Der Schulbesuch in Laos sei auch sachgerecht, da in Laos keine Schule als „Deutsche Schule“ anerkannt sei. Den Abzug von Schulgeld als Sonderausgabe von dem Anerkennungsstatus „Deutsche Schule“ abhängig zu machen, sei sachfremd und willkürlich. Es könne insofern nicht darauf ankommen, dass die von der Tochter des Klägers besuchte Schule in Laos bislang nicht formell anerkannt sei.
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Zum Nachweis der Schulgeldzahlungen hat der Kläger im Klageverfahren eine Rechnung der D Schule vom 11.05.2017 über 4.500 $ bezüglich des Schuljahres 2017/18 vorgelegt, auf dem handschriftlich ein „Currency transfer“ von „4.500/1,22 = 3.668“ vermerkt ist. Darüber hinaus hat der Kläger Infomaterial der D Schule von Oktober 2019 zum Primary Department sowie ein von der D Schule ausgestelltes „Certificate of School Attendance“ vom 01.11.2019 vorgelegt, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
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Der Kläger beantragt,
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den Einkommensteuerbescheid für 2017 vom 07.02.2020 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 14.08.2020 in der Weise zu ändern, dass das gezahlte Schulgeld von 3.668 € zu 30 % als Sonderausgabe berücksichtig wird.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hält an seinen Ausführungen in der Einspruchsentscheidung fest.
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Dem Gericht hat die Einkommensteuerakte des Jahres 2017 einschließlich des Rechtsbehelfsvorgangs vorgelegen.
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Entscheidungsgründe
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I. Die Klage ist unbegründet.
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Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger dadurch nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ‒ FGO ‒). Der Beklagte hat zu Recht den Sonderausgabenabzug des Schulgeldes nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG verwehrt, da weder die vom Gesetz geforderten Voraussetzungen im Streitfall erfüllt sind noch eine diesbezügliche extensive Rechtsfortbildung geboten ist. Diese Vorschrift verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG oder gegen europarechtliche Grundfreiheiten.
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Nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 EStG in der seit 2008 geltenden Fassung ist als Sonderausgabe 30 % des Entgelts (höchstens 5.000,- €) abzugsfähig, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder auf Kindergeld hat, für dessen Besuch einer Schule in freier Trägerschaft oder einer überwiegend privat finanzierten Schule entrichtet, mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung. Voraussetzung hierfür ist zum einen, dass die Schule in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Anwendung findet. Zum anderen muss die Schule zu einem von dem zuständigen inländischen Ministerium eines Landes, von der Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) oder von einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führen (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 EStG). Nach Satz 4 steht der Besuch einer Deutschen Schule im Ausland dem Besuch einer solchen Schule gleich, unabhängig von ihrer Belegenheit.
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1. Die vorgenannten Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG sind im Streitfall nicht gegeben.
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a) Bei der D Schule handelt es sich nicht um eine Schule im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 EStG, da diese in F/Laos und damit weder in der EU noch in einem EWR-Staat belegen ist.
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Auf den durch die Tochter des Klägers an der Schule erreichbaren Schulabschluss kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht alleine an (vgl. BFH-Beschluss vom 13.06.2013 X B 232/12, BFH/NV 2013, 1416 zu einer Schule in den USA). So hat auch der BFH in einem vergleichbaren Fall einer in den USA belegenen Schule im vorgenannten Beschluss vom 13.06.2013 konstatiert, dass Schulgeldzahlungen für den Besuch einer in einem Drittland belegenen Privatschule auch nach der Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG durch das Jahressteuergesetz (JStG) 2009 vom 19.12.2008 (Bundesgesetzblatt ‒ BGBl. ‒ I S. 2794) weiterhin nicht als Sonderausgaben abzugsfähig sind.
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b) Zwischen den Beteiligten ist ferner unstreitig, dass es sich bei der von der Tochter des Klägers besuchten Schule nicht um eine Deutsche Schule im Ausland im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 4 EStG handelt, hinsichtlich derer das Schulgeld ungeachtet der Belegenheit der Schule abzugsfähig wäre.
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Deutsche Schulen im Ausland wenden sich mit ihrem schulischen Angebot weltweit insbesondere an deutsche Familien, die sich beruflich im Ausland befinden und für ihre Kinder eine deutschsprachige Schulbildung wünschen, an deren Ende in der Regel ein deutscher oder binationaler Abschluss steht. Den Kindern deutscher Familien ermöglichen die deutschen Auslandsschulen insofern die Fortsetzung einer deutschen Schullaufbahn, da die im Unterricht vermittelten Bildungsinhalte die fachwissenschaftliche Breite und Tiefe der deutschen Curricula wiedergeben (vgl. https://www.kmk.org/themen/auslandsschulen/schulen-im-ausland.html ). Die Deutschen Schulen sind in der Regel durch die KMK anerkannt (vgl. hierzu die Liste der von der KMK anerkannten deutschen Auslandsschulen https://www.kmk.org/dokumentation-statistik/beschluesse-und-veroeffentlichungen/bildung-schule/auslandsschulen.html#c2622; https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2022/2022_01_00-Deutsche-Auslandsschulen.pdf), wobei die KMK über ihre Länderbeauftragten für die Auslandsschularbeit die Schulaufsicht für die Qualität und Vergleichbarkeit der deutschen Schulabschlüsse im Ausland wahrnimmt und eine Schulaufsicht des Bundes nach § 4 des Gesetzes über die Förderung Deutscher Auslandsschulen (ASchulG) in Betracht kommen kann.
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Demgegenüber handelt es sich bei der D Schule um eine nach britischem Cambridge Schulsystem lehrende internationale Privatschule, die vom laotischen Erziehungsministerium lizensiert ist, keinerlei Bezug zum deutschen Schul- und Bildungssystem aufweist und keinen deutschsprachigen Unterricht anbietet.
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c) Es kommt entgegen der Annahme des Klägers auch nicht allein ‒ ungeachtet der Belegenheit in Laos ‒ darauf an, dass die Gleichwertigkeit des an der D Schule erreichbaren Abschlusses mit deutschen Abschlüssen durch die Bezirksregierung Köln als zuständige deutsche Landesbehörde bestätigt ist, was einer staatlichen Genehmigung gleichkomme. Dies ergibt sich nicht nur aus dem eindeutigen Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 EStG, soweit dort eine Belegenheit in EU/EWR-Staaten gefordert wird. Darüber hinaus ist den Abschlüssen an den Deutschen Schulen und damit auch dem Tatbestandsmerkmal der „Deutschen Schule im Ausland“ in § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 4 EStG bereits immanent, dass es sich hierbei um in Deutschland anerkannte Abschlüsse handelt. Denn an den Deutschen Schulen im Ausland können Schülerinnen und Schüler gerade deutsche Abschlüsse und Berechtigungen erwerben (vgl. Website der KMK unter Auslandsschulen ‒ Bildungsgänge und Abschlüsse, https://www.kmk.org/themen/auslandsschulen/bildungsgaenge-und-abschluesse.html). Soweit sich eine Privatschule daher ‒ wie im Streitfall ‒ nicht im EU/EWR-Raum befindet, kommt ein Sonderausgabenabzug des Schulgeldes insofern nur bei Bejahung der (zusätzlichen) Eigenschaft einer Deutschen Schule über § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 4 EStG in Betracht.
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2. Eine extensive Rechtsfortbildung über den Wortlaut der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG hinaus kommt hier jedoch nicht in Betracht.
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a) Die Gerichte sind zur (ergänzenden) Rechtsfortbildung berechtigt und verpflichtet (vgl. Drüen in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 168. Lieferung 11.2021, § 4 AO Rz. 355 m. w. N. zu Rspr. und Lit.). Führt die wortgetreue Auslegung des Gesetzes ausnahmsweise zu einem sinnwidrigen Ergebnis, besteht also eine Divergenz zwischen dem Gesetzeswortlaut und dem Gesetzeszweck, sind die Gerichte nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sogar zu einer ‒ den Gesetzeswortlaut ‒ abändernden Rechtsfortbildung berufen. Als Instrumente werden hierbei die teleologische Reduktion und die einschlägige Extension verwendet. Eine teleologische Extension zielt darauf ab, den zu engen Wortlaut eines Gesetzes auf dessen weitergehenden Zweck auszudehnen. Sie ist nicht bereits dann gerechtfertigt, wenn die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung rechtspolitisch fehlerhaft erscheint. Vielmehr muss die auf den Wortlaut abstellende Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis, zu einem der wirtschaftlichen Vernunft widersprechenden Ergebnis oder zu einem so unsinnigen Ergebnis führen, dass es vom Gesetzgeber nicht gewollt sein kann (BFH-Urteil vom 18.04.2012 X R 7/10, BFHE 237, 119, BStBl. II 2013, 791).
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b) Eine das Gericht hierzu berechtigende Divergenz zwischen Wortlaut und dem vom Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG verfolgten Zweck, sodass im Streitfall von einem vom Gesetzgeber nicht gewünschten oder sinnwidrigen Ergebnis gesprochen werden könnte, liegt im Streitfall nicht vor.
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aa) Die in § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG enthaltene Aufzählung der Schulen, deren Besuch begünstigt ist, ist ihrem Wortlaut nach abschließend (in diesem Sinne zu § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG a. F. schon BFH-Urteil vom 11.06.1997 X R 74/95, BFHE 183, 436, BStBl. II 1997, 617; zu § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG n. F. vgl. BFH-Beschluss vom 13.06.2013 BFH/NV 2013, 1416 zu einer Schule in USA) und hinsichtlich der geforderten Belegenheit im EU/EWR-Raum bzw. im Falle der Belegenheit im Nicht-EU/EWR-Raum mit der Anknüpfung an das Vorliegen einer Deutschen Schule eindeutig.
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bb) Die Entstehungsgeschichte und der Zweck der Vorschrift rechtfertigen nicht die Annahme, dass sich die Verwehrung des Sonderausgabenabzuges für Schulgeld, das ‒ wie hier ‒ an allgemeinbildende Privatschulen im Nicht-EU/EWR-Raum, die keine Deutsche Schule sind, entrichtet wurde, als ein vom Gesetzgeber nicht gewolltes Ergebnis darstellt.
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So ist bereits der Gesetzesbegründung zu der mit dem Kultur- und Stiftungsförderungsgesetz vom 13.12.1990 (BGBl. I S. 2775) ab Veranlagungszeitraum 1991 eingeführten Vorgängerfassung des im Streitjahr anwendbaren § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG explizit zu entnehmen, dass die Einführung dieses Sonderausgabenabzuges zur Förderung von nach Art. 7 Abs. 4 GG genehmigten oder nach Landesrecht erlaubten Ersatzschulen, im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens ergänzt um die anerkannten allgemeinbildenden Ergänzungsschulen (Bundestagsdrucksache ‒ BT-Drucks. ‒ 11/8346, 21), erfolgte (BT-Drucks. 11/7833, 8). Mit dieser Anbindung an Art. 7 Abs. 4 GG zum Zwecke der Erfüllung der mit der Garantie der Privatschule als Institution verbundenen Förderungspflicht war zugleich der Anwendungsbereich auf Privatschulen im Inland, also auf in das deutsche Bildungs- und Schulwesen in gewisser Weise einbezogene Schulen beschränkt, die bestimmte staatliche Anforderungen erfüllen und als besonders förderungsbedürftig und -würdig betrachtet werden (vgl. zum Zweck des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG: BFH-Urteil vom 14.12.2004 XI R 32/03, BFHE 209,40, BStBl. II 2005, 518).
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Der BFH hat den Kreis der begünstigten Schulen dann mit Urteil vom 14.12.2004 (XI R 32/03, BFHE 209, 40, BStBl. II 2005, 518) im Wege einer teleologischen Extension auf Deutsche Schulen im Ausland erweitert, da sie durch Beschluss der KMK wegen der Erfüllung bestimmter staatlicher Anforderungen anerkannt, ebenfalls in das öffentliche deutsche Schulwesen einbezogen und insofern auch besonders förderungswürdig und -fähig seien.
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Dieser Rechtsprechung folgend wurde § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG mit der - im Streitfall relevanten - Neufassung durch das JStG vom 19.12.2008 in Satz 4 dahingehend ergänzt, dass der Besuch einer Deutschen Schule im Ausland ungeachtet ihrer Belegenheit den genannten Schulen gleichsteht und mithin den Sonderausgabenabzug des hierfür entrichteten Schulgeldes eröffnet. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 02.09.2008 (BT-Drucks. 16/10189, 49) und nachfolgend in der Stellungnahme des Bundesrates (BR-Drucks. 545/08, S. 70) wurde insofern ausdrücklich angeführt, dass „Entgelte an Deutsche Schulen im Ausland als Sonderausgaben abziehbar bleiben, selbst wenn sie außerhalb des EU/EWR-Raumes belegen sind. Entgelte an andere Schulen außerhalb des EU/EWR-Raumes können ‒ wie bisher ‒ nicht als Sonderausgaben geltend gemacht werden.“ Der Gesetzgeber hat damit deutlich zum Ausdruck gebracht, dass eine Begünstigung bezüglich Privatschulen in „Drittländern“ nur bei einem klaren Bezug zu Deutschland ‒ wie sie Deutsche Auslandsschulen aufweisen ‒ erfolgen soll.
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Zugleich ist der eingangs erwähnte Förderungszweck des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG durch dessen Neufassung durch das JStG 2009 nicht in Frage gestellt worden. Denn Anlass für die Gesetzesänderung war letztlich nur die Anpassung an das Recht und die Rechtsprechung der EU, hier im Hinblick auf die EuGH-Urteile vom 11.09.2007 Schwarz/Gootjes-Schwarz, Rs. C-76/05 (EU:C:2007:492, Slg. 2007, I-6849, HFR 2007, 1253) und Kommission/Deutschland, Rs. C-318/05 (EU:C:2007:495, Slg. 2007, I-6957, HFR 2007, 1164). Danach verstieß die ursprüngliche Fassung der Vorschrift gegen die EU-Grundfreiheiten, da durch das Erfordernis einer staatlichen Genehmigung, Erlaubnis bzw. Anerkennung im EU-Ausland belegene Privatschulen steuerlich nicht begünstigt werden konnten (vgl. BT-Drucks. 16/10189, S. 31, 48 f.; BT-Drucks. 16/11108, S. 1; BR-Drucks. 545/08, 49, S. 70). Insoweit wurde ‒ als auch für diese ausländischen Schulen praktikables sachliches Zusatzkriterium ‒ die Gleichwertigkeit des Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschlusses gefordert, um den EU-weiten Anwendungsbereich der Norm zu ermöglichen.
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Angesichts der dargelegten Entstehungsgeschichte und dem mit der Norm verfolgten Zweck bleibt der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG nicht hinter dem vom Gesetzgeber verfolgten Normzweck zurück. Andere Privatschulen als Deutsche Schulen sollten im Nicht-EU/EWR-Ausland ersichtlich über den Sonderausgabenabzug des Schulgeldes gerade nicht mittelbar steuerlich gefördert werden. Es handelte sich diesbezüglich um eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung. Eine Divergenz zwischen Gesetzeswortlaut und Gesetzeszweck, die durch eine teleologische Extension der Steuervergünstigungsnorm für derartige Privatschulen, wie die von der Tochter des Klägers besuchte, behoben werden müsste, ist damit nicht feststellbar.
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3. Der Senat teilt die im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers nicht.
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Der Kläger wird bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation zwar gegenüber Steuerpflichtigen, die ihr Kind in eine Deutsche Schule im Ausland schicken, durch den ihm verwehrten anteiligen Sonderausgabenabzug des Schulgeldes benachteiligt. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art 3 Abs. 1 GG jedoch vereinbar, da an den Rechtfertigungsgrund für die Ungleichbehandlung keine erhöhten Anforderungen zu stellen sind und die vom Steuergesetzgeber vorgenommene Differenzierung nach der Belegenheit der Schule und abhängig von der Qualifikation als Deutsche Schule sachlich gerechtfertigt ist. Denn die Deutschen Schulen im Ausland sind in gewisser Weise in das deutsche Bildungssystem einbezogen, müssen bestimmte staatliche Anforderungen erfüllen und sind daher typischerweise besonders förderungsbedürftig und -würdig.
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Es besteht daher keine Veranlassung das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes auszusetzen, um eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) über die Verfassungsmäßigkeit der Regelung herbeizuführen.
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a) Der allgemeine Gleichheitssatz im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 21.06.2006 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164; vom 15.01.2008 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1; vom 09.12.2008 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210, ständige Rspr.). Er verbietet sowohl ungleiche Belastungen wie auch ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 18.12.2002 2 BvR 367/02, DB 2003, 371; vom 11.10.1988 1 BvR 777/85, BVerfGE 79, 1, 17). Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss (vgl. BVerfG-Beschluss vom 31.01.1996 2 BvL 39/93, BVerfGE 93, 386, 396; BVerfG-Urteil vom 06.03.2002 2 BvL 17/99, BStBl. II 2002, 618, BVerfGE 105, 73), bei dem einem Personenkreis eine Begünstigung gewährt wird, einem anderen Personenkreis die Begünstigung aber vorenthalten bleibt, ohne dass sich aus der Natur der Sache ergebende oder sonst wie einleuchtende Gründe für die gesetzliche Differenzierung finden lassen. Bei der Überprüfung, ob ein Gesetz, das eine steuerrechtliche Begünstigung gewährt, die Abgrenzung des begünstigten vom nichtbegünstigten Personenkreis im Einklang mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vorgenommen hat, ist allerdings nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BFH-Urteil vom 11.06.1997 X R 74/95, BFHE 183, 436, BStBl. II 1997, 617 m. w. N. zur Rechtsprechung des BVerfG und BFH).
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So wird dem Gesetzgeber für das Steuerrecht ein weitreichender Entscheidungsspielraum zugestanden (zur ständigen Rechtsprechung vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 07.07.2010 2 BvL 14/02, BVerfGE 127, 1; vom 23.06.2015 1 BvL 14/11, BVerfGE 139, 285). Dies gilt nicht nur für die Auswahl des Steuergegenstands und für die Bestimmung des Steuersatzes, sondern der Gesetzgeber ist insbesondere in der Entscheidung darüber weitgehend frei, ob bestimmte Sachverhalte steuerlich gefördert werden sollen. Er bleibt aber auch hier an den Gleichheitssatz gebunden, sodass der Gesetzgeber den begünstigten von dem nichtbegünstigten Personenkreis nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht "willkürlich" abgrenzen darf. Der Gleichheitssatz verlangt vielmehr, dass sich eine vom Gesetz vorgenommene unterschiedliche Behandlung des begünstigten und des nicht begünstigten Personenkreises auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund zurückführen lässt (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 08.04.1987 2 BvR 909/82, BVerfGE 75, 108, 157; vom 07.11.1995 2 BvR 413/88, BVerfGE 93, 319, 349; vom 31.01.1996 2 BvL 39/93, BVerfGE 93, 386, 397; vom 18.12.2002, 2 BvR 367/02, DB 2003, 371). Dies gilt auch, soweit der Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit gebunden ist (BVerfG-Beschluss vom 17.01.1957 1 BvL 4/54, BVerfGE 6, 55), der gebietet, die Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des einzelnen Steuerpflichtigen und damit unter Beachtung des objektiven (Abzugsfähigkeit erwerbsbedingter Aufwendungen) und subjektiven Nettoprinzips (Abzugsfähigkeit existenzsichernder Aufwendungen) auszurichten (BVerfG-Beschlüsse vom 23.11.1976 1 BvR 150/75, BVerfGE 43, 108; vom 03.11.1982 1 BvR 1335/78, BVerfGE 61, 319; BVerfG-Urteil vom 09.12.2008 2 BvL 1/07, BVerfGE 122, 210, BGBl. I 2008, 2888; BVerfG-Beschluss vom 19.11.2019 2 BvL 22/14, BVerfGE 152, 274). Die Ausrichtung des Einkommensteuerrechts an der Leistungsfähigkeit hindert den Gesetzgeber aber auch unter Berücksichtigung des Art. 3 Abs. 1 GG nicht daran, nichtfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke zu verfolgen (BVerfG-Beschluss vom 16.04.2004 2 BvR 88/03, DStRE 2004, 951).
51
b) Gemessen an den soeben dargelegten Grundsätzen ist im vorliegenden Fall kein Gleichheitsverstoß gegeben. Der Gesetzgeber hat hier lediglich von seinem weiten Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht und unter dem Gesichtspunkt des mit dieser Norm verfolgten Förderungs- und Lenkungszwecks verschiedene Konstellationen eines Schulbesuchs eines Kindes nach der von ihm angenommenen Förderungswürdigkeit und -bedürftigkeit bezüglich der Abzugsfähigkeit der hierdurch verursachten Kosten unterschiedlich ausgestaltet. Dabei lässt sich die unterschiedliche Behandlung des Klägers hinsichtlich der von ihm gezahlten Schulgeldkosten im Vergleich zu den Steuerpflichtigen mit nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG begünstigtem Schuldgeld auf einen vernünftigen und einleuchtenden Grund zurückführen.
52
aa) Der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG bezweckt (vgl. 2. b. bb) die Förderung von Privatschulen unter gleichzeitiger Beschränkung des Abzugs auf den Besuch solcher Schulen, die ‒ soweit nicht Privatschulen im EU-Ausland und EWR-Raum in Rede stehen ‒ in gewisser Weise in das öffentliche deutsche Schulwesen einbezogen sind, bestimmte staatliche Anforderungen erfüllen und deshalb typischerweise besonders förderungswürdig sowie förderungsbedürftig sind.
53
(1) Hinsichtlich der Deutschen Schulen im Ausland sind die vorgenannten Voraussetzungen ‒ anders als für sonstige internationale Schulen in Drittländen wie die D Schule ‒ erfüllt.
54
So sind Deutsche Schulen im Ausland ‒ wie bereits der BFH in seinem Urteil vom 14.12.2004 (XI R 32/03, BFHE 209, 40, BStBl. II 2005, 518) ausführlich dargelegt hat und auf das insofern bezüglich weiterer Einzelheiten Bezug genommen wird ‒ regelmäßig in einem festgelegten Genehmigungsverfahren durch Beschluss der KMK als Deutsche Schule im Ausland anerkannt. Mit der Anerkennung durch die KMK wird die zur staatlichen Förderung notwendige Qualifizierung einer Deutschen Schule im Ausland festgestellt und sichergestellt und zugleich ein besonderes öffentliches Interesse an der jeweiligen Auslandsschule dokumentiert. Ergänzt wird dies durch die Verleihung des Status „Deutsche Auslandsschule“ im Wege eines Vertrages zwischen dem Bund und dem Schulträger nach § 2 des Gesetzes über die Förderung Deutscher Auslandsschulen (ASchulG, vom 26.08.2013, BGBl. I S. 3306) und einer möglichen finanziellen und personellen Förderung nach ASchulG. Die Deutschen Schulen im Ausland sind in das öffentliche deutsche Schulwesen einbezogen und unterliegen ständiger Aufsicht durch die KMK. Im Falle der Förderung nach ASchulG ist überdies eine Schulaufsicht des Bundes denkbar (vgl. § 4 ASchulG). Die Qualität des deutschen Auslandsschulwesens wird gesichert durch die Bereitstellung qualifizierter Lehrkräfte, die von den Ländern dafür im dienstlichen Interesse beurlaubt werden, sowie durch die Vergabe zeitgemäßer deutscher und binationaler Abschlüsse, die regelmäßig von leitenden Ministerialbeamten der Kultusministerien der Länder in der Bundesrepublik überprüft und evaluiert werden. So steht am Ende der Schulzeit in der Regel ein doppelter Abschluss: der von der KMK vergebene deutsche Schulabschluss und ein Schulabschluss des Gastlandes. Darüber hinaus erfassen die Vorgaben der KMK auch die jeweiligen Lerninhalte der Deutschen Auslandsschulen.
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(2) Die Deutschen Schulen im Ausland sind auch besonders förderungswürdig und -bedürftig. Denn das deutsche Auslandsschulwesen ist ein wesentliches Element der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Mit seiner Brückenfunktion für das innerdeutsche Bildungswesen ist es zugleich Zukunftsinvestition für den Wissenschafts-, Bildungs- und Wirtschaftsstandort Deutschland. Insbesondere für die deutsche Außenwirtschaft bilden die von der KMK anerkannten Deutschen Schulen im Ausland eine wichtige Infrastruktur. So soll mit den Deutschen Schulen im Ausland im Rahmen der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik ein nachhaltig positives Bild von Deutschland im Ausland vermittelt, die deutsche Sprache und Kultur im Ausland gefördert, eine möglichst große Anzahl im Ausland lebender Schülerinnen und Schüler zu einem in Deutschland unmittelbar anerkannten schulischen Bildungsabschluss geführt, insbesondere auch die schulische Versorgung deutscher Kinder im Ausland ermöglicht und der Studien- und Wirtschaftsstandort Deutschland gestärkt werden (vgl. BT-Drucks. 17/13058 vom 15.04.2013 zum Entwurf des ASchulG unter Verweis auf die Entschließung des Bundestages zum deutschen Auslandsschulwesen vom 30.05.2008; siehe auch Website der KMK zu Auslandsschulen => Schulen im Ausland, https://www.kmk.org/themen/auslandsschulen/schulen-im-ausland.html). Sie dienen zudem dem interkulturellen Austausch zwischen Deutschland und dem Gastland.
56
Dementsprechend wird in § 2 Abs. 1 ASchulG die Deutsche Auslandsschule als Schule definiert, der „aus einem erheblichen Bundesinteresse heraus der Status „Deutsche Auslandsschule“ durch Vertrag zwischen dem Bund und dem Träger der Schule verliehen worden ist“, wobei daneben auch eine Anerkennung der „Deutschen Auslandsschulen“ nebst ihrer Abschlüsse durch die Bundesländer möglich ist. Der Unterricht findet an diesen Schulen zumindest teilweise in deutscher Sprache statt und deren deutschsprachig geprägten Abschlüsse werden in Deutschland anerkannt (vgl. § 8 ASchulG). Mit den bilingualen Unterrichtsangeboten und den binationalen Bildungsgängen und Abschlüssen an Deutschen Schulen im Ausland trägt das Auslandsschulwesen ferner zur Wertschätzung und Internationalisierung der deutschen Abschlüsse im Ausland bei. Sie werden zumeist aus deutschen öffentlichen finanziellen Mitteln gefördert (vgl. § 12 ASchulG; siehe auch Bundeshaushalt für 2017, dort unter Pflege kultureller Beziehungen zum Ausland Einzelplan 05, Kapitel 0504, Titelgruppe 02 Förderung des deutschen Schulwesens im Ausland und der internationalen Zusammenarbeit im Schulbereich). Daneben kommt deren personelle Förderung (§§ 11, 15 ASchulG) in Betracht. Denn Deutsche Auslandsschulen sind in besonderer Weise durch aus dem Inlandsschuldienst beurlaubte, vermittelte Lehrkräfte geprägt (vgl. BT-Drucks. 17/13058, S. 12).
57
bb) Die von der Tochter des Klägers besuchte D Schule leistet zwar sicherlich auch hochwertige Bildungsarbeit und kann ‒ nach der Bescheinigung der Bezirksregierung Köln ‒ zu einem dem deutschen Abschluss gleichwertigen Schulabschluss führen. Allerdings weist sie im Übrigen die soeben bezüglich der Deutschen Schulen im Ausland dargelegten Voraussetzungen ersichtlich nicht auf. Jeglicher Bezug zu Deutschland und dem deutschen Schul- und Bildungswesen fehlt. Gerade diese mit den Deutschen Schulen verbundenen Kriterien haben aber den Gesetzgeber zu der in § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG getroffenen Beschränkung des geförderten Kreises von Schulen und insbesondere zu dieser mittelbaren Förderung der Deutschen Schulen im Ausland veranlasst. Damit hat der Gesetzgeber aber eine sachlich begründete Differenzierung vorgenommen, sodass nicht davon die Rede sein kann, dass er seine Leistungen nach unsachlichen Gesichtspunkten, also willkürlich verteilt hätte. Er hat vielmehr die ihm ‒ auch unter der Geltung des Gleichheitsgebots des Grundgesetzes und des ihm zu entnehmenden Gebots der Steuergerechtigkeit ‒ zustehende Gestaltungsfreiheit zur Bestimmung genutzt, wie die Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit durch die Schulgeldzahlungen zu ermitteln und zu beurteilen und wie ihr Rechnung zu tragen ist. Er kann sich dabei von sozial-, gesellschaftspolitischen oder ‒ wie hier ‒ auch außenpolitischen Erwägungen und Absichten leiten lassen. Zu einer absoluten Verwirklichung des Prinzips der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ist der Gesetzgeber auch bei der Einkommensteuer von Verfassungs wegen nicht verpflichtet.
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c) Es widerspricht insofern ebenfalls nicht dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, dass § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG nicht jedem Einzelsachverhalt gerecht wird und damit auch nicht der vorliegenden Sachverhaltsbesonderheit, dass sich am Wohnort der Tochter des Klägers bzw. wohnortnah keine Deutsche Schule im Ausland befindet, mit der der steuerliche Sonderausgabenabzug verbunden wäre.
59
Denn zum einen schreibt das Grundgesetz dem Gesetzgeber nicht vor, in welcher Weise er den grundrechtlichen Anspruch der Privatschulen auf Schutz und Förderung erfüllt, sondern räumt ihm eine weitgehende Gestaltungsfreiheit ein. Mit dem vorliegend zu beurteilenden Sonderausgabenabzug des Schulgeldes hat sich der Gesetzgeber für die indirekte Förderung der betreffenden Privatschulen, insbesondere auch der Deutschen Schulen im Ausland entschieden, und anstatt direkter Beihilfen eine steuerliche Vergünstigung des Schulgeldes gewählt. Der Zweck der Begünstigung bestimmter Privatschulen rechtfertigt aber grundsätzlich auch die ‒ nur als Reflex auftretenden ‒ Ungleichbehandlungen der schulgeldleistenden Steuerpflichtigen (BVerfG-Beschluss vom 16.04.2004 2 BvR 88/03, DStRE 2004, 951).
60
Daneben ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der mit der Wahl des Steuergegenstandes getroffenen Belastungsentscheidung generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen darf, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 08.10.1991 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348; vom 18.07.2005 2 BvF 2/01, BVerfGE 113, 167). Dies gilt gleichermaßen bei der Ausgestaltung eines Steuerbegünstigungstatbestandes. Dabei ist zu berücksichtigen, dass insbesondere Steuergesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen (BVerfG-Beschluss vom 15.01.2008 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, Rn. 82 f., m. w. N.).
61
Gemessen hieran hat der Gesetzgeber, indem er in § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 4 EStG an den Besuch von Deutschen Schulen im Ausland angeknüpft hat, in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammengefasst. Angesichts der rund 140 von der Bundesrepublik geförderten Deutschen Auslandschulen weltweit (vgl. Website des Bundesamtes für Auswärtige Angelegenheiten, Zentralstelle für das Auslandsschulwesen unter Deutsche Auslandsschulen, https://www.auslandsschulwesen.de/Webs/ZfA/DE/Schulnetz/DAS/das_node.html; bei Wikipedia, Liste deutscher Auslandsschulen, https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_deutscher_Auslandsschulen) und auf allen Kontinenten, die sich insbesondere in den Zentren solcher Ländern befinden, mit denen Deutschland intensive Handels- und Wirtschaftsbeziehungen hat, dürfte die Mehrzahl der in Deutschland Steuerpflichtigen, bei denen z. B. infolge einer beruflichen Entsendung in ein Drittland ein dortiger Privatschulbesuch ihrer Kinder erfolgt, von der Steuerbegünstigung erfasst sein. Dementsprechend erscheint der Umstand, dass es durchaus Länder in der Welt gibt, wo keine Deutsche Auslandsschulen existieren ‒ wozu bislang auch die Demokratischen Volkrepublik Laos gehört ‒, im Rahmen der Generalisierung vernachlässigbar.
62
d) Auch der BFH hat in seinem bereits zu dem hier einschlägigen § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG n. F. ergangenen Beschluss vom 13.06.2013 (X B 232/12 BFH/NV 2013, 1416) keine verfassungsrechtlichen Bedenken an dieser Norm durchblicken lassen. Insoweit hat er einerseits auf den Beschluss des BVerfG vom 16.04.2004 (2 BvR 88/03, DStRE 2004, 951) verwiesen, in dem die selektive Förderung durch die Vorgängerregelung als Lenkungsnorm zugunsten (bestimmter) Privatschulen als sachlich gerechtfertigt angesehen und einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG verneint worden ist. Zum anderen hat er mit der Bezugnahme auf seine Urteile vom 11.06.1997 (X R 74/95 BFHE 183, 436, BStBl. II 1997, 617) und X R 144/95 (BFHE 183, 445, BStBl. II 1997, 621) nochmals betont, dass eine verfassungsrechtliche Pflicht des Gesetzgebers, den Besuch von Privatschulen jeder Art in gleicher Weise zu fördern, nicht bestehe. Es sei nicht ersichtlich, dass sich hieran etwas durch die Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG geändert haben solle.
63
64
4. Aus dem verfassungsrechtlichen Gebot der steuerlichen Verschonung des Familienexistenzminimums bei der Einkommensbesteuerung kann ebenfalls kein Anspruch auf steuerliche Berücksichtigung des für eine Privatschule entrichteten Schuldgeldes abgeleitet werden. Denn ein Anspruch auf den Besuch einer Privatschule gehört nicht zu dem existentiellen Bedarf eines Schulkindes (BFH-Beschluss vom 08.06.2011 X B 176/10 BFH/NV 2011, 1679). Dem Gebot der steuerlichen Verschonung des Familienexistenzminimums hat der Gesetzgeber prinzipiell durch den Familienleistungsausgleich (Kinderfreibetrag/Kindergeld, §§ 31 f., 62 ff. EStG) und die Ausbildungsfreibeträge (§ 33a Abs. 2 EStG) in ausreichendem Umfang Rechnung getragen (BFH-Beschluss vom 08.06.2011 X B 176/10 BFH/NV 2011, 1679).
65
5. Der Kläger kann sich ferner nicht auf eine Verletzung seiner Freizügigkeit (Art. 21 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union ‒ AEUV ‒) und Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) berufen, da im Hinblick auf Laos als Drittstaat allein die Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 Abs. 2 AEUV) bzw. die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) als europarechtlicher Prüfungsmaßstäbe in Betracht kämen (BFH-Urteil vom 09.05.2012 X R 3/11, BFHE 237, 223, BStBl. II 2012, 585, unter II.2.a; BFH-Beschluss vom 13.06.2013 X B 232/12, BFH/NV 2013, 1416). § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG ist jedoch nicht an der Kapitalverkehrsfreiheit, sondern an der insoweit vorrangigen Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 ff. AEUV) zu messen, auf die sich der Kläger im Verhältnis zu einem Drittstaat nicht berufen kann (vgl. BFH-Urteil vom 09.05.2012 X R 3/11, BFHE 237, 223, BStBl. II 2012, 585, unter II.2.b und c).
66
6. Der vom Kläger begehrte Kostenabzug ist auch nach anderen Tatbeständen nicht möglich.
67
Eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Abs. 1 EStG kommt nicht in Betracht, da Ausbildungsunterhalt im Sinne von § 1610 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ‒ zu dem auch das im Streitfall vom Kläger aufgebrachte Schulgeld gehören kann ‒ kein atypischer, außergewöhnlicher Unterhaltsaufwand ist (vgl. BFH-Urteil vom 17.12.2009 VI R 63/08, BFHE 227, 487, BStBl. II 2010, 341). Von § 33 EStG werden jedoch nur solche Unterhaltskosten erfasst, die einem über den üblichen Lebensunterhalt hinausgehenden besonderen und damit außergewöhnlichen Bedarf, beispielsweise einem krankheitsbedingten Ausbildungsmehrbedarf (BFH-Beschluss vom 22.12.2004 III B 169/03, BFH/NV 2005, 699), dienen. Typische (übliche) Unterhaltsaufwendungen sind lediglich nach § 33a Abs. 1 EStG ‒ dessen Voraussetzungen hier aufgrund des bestehenden Anspruchs des Klägers auf den Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG (vgl. § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG) nicht vorliegen ‒ abziehbar (vgl. BFH-Urteil vom 19.06.2008 III R 57/05, BFHE 222, 338, BStBl. II 2009, 365). Der Kläger bleibt insofern bezüglich der steuerlichen Berücksichtigung der gegenüber seiner Tochter bestehenden zivilrechtlichen Unterhaltspflichten auf die Leistungen im Rahmen des Familienleistungsausgleichs, hier im Streitjahr auf den Kinderfreibetrag beschränkt.
68
69
II. Die Kostentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
70
III. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.