Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 18.11.2015 · IWW-Abrufnummer 145834

    Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 29.07.2014 – 7 K 784/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Nürnberg

    Urt. v. 29.07.2014

    Az.: 7 K 784/13

    In dem Rechtsstreit
    XXX
    gegen
    XXX
    wegen Einkommensteuer 2010
    hat der 7. Senat des Finanzgerichts Nürnberg durch
    den Richter am Finanzgericht
    ohne mündliche Verhandlung am 29. Juli 2014 für Recht erkannt:
    Tenor:

    1.

    Die Klage wird abgewiesen.
    2.

    Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

    Tatbestand

    Streitig ist die Berücksichtigung der Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit den tatsächlichen Kosten sowie die Verfassungsmäßigkeit der Entfernungspauschale.

    Die verheirateten Kläger wurden im Streitjahr 2010 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielten im Streitjahr u.a. als Beamter und Verwaltungsangestellte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

    In der Einkommensteuererklärung 2010 machte der Kläger u.a. für 230 Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Entfernung 43 km) die tatsächlichen Kosten von 0,44 €/km geltend. Er ermittelte diese wie folgt:
    € €
    Anschaffungskosten (Octavia Combi Greenline SAD - ) 23.488
    AfA für Kalenderjahr 2010, 6 Jahre Nutzungsdauer 3.914,73
    Laufende Kfz-Kosten (Versicherungen, Kfz-Steuer, Treibstoff usw.) 4.841,74
    Fahrleistung (km-Stand) zum 04.01.2010 0
    Fahrleistung zum 31.12.2010 20.212 km
    Gesamte Kfz-Kosten 8.756,47
    Kosten je gefahrenen km (8.757 € : 20,212 km) 0,44 €/km

    Bei der Veranlagung berücksichtigte das Finanzamt die Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe der Entfernungspauschale von 0,30 €/km und setzte die Einkommensteuer 2010 mit Bescheid vom 21.11.2011 fest.

    Der dagegen eingelegte Einspruch hat keinen Erfolg. In der Teil-Einspruchsentscheidung vom 17.05.2013 führte das Finanzamt sinngemäß aus, bei der Entfernungspauschale handele es sich in ihrem Wesen um eine Pauschale, die den Ansatz eines höheren Betrages grundsätzlich ausschließe.

    Dagegen haben die Kläger Klage erhoben.

    Sie bringen sinngemäß vor, dem Kläger seien im Streitjahr 2010 für beruflich veranlasste Fahrten tatsächliche Kosten von insgesamt 8.382 € entstanden. Davon habe das Finanzamt im Rahmen der Entfernungspauschale lediglich 2.967 € als Werbungskosten berücksichtigt. Die Beschränkung dieser Kosten auf die Entfernungspauschale stelle vor dem Hintergrund, dass mit öffentlichen Verkehrsmitteln reisende Steuerpflichtige die tatsächlich entstandenen Kosten absetzen könnten, eine nicht durch Art. 3 Abs. 1 GG zu rechtfertigende Ungleichbehandlung dar.

    § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG verbiete steuerpflichtigen Arbeitnehmern einen Werbungskostenabzug für beruflich veranlasste Wegstrecken zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte, soweit die tatsächlichen Aufwendungen den pauschalierten Betrag von 0,30 € pro gefahrenen Kilometer überschritten. Zudem dürfe nur die einfache Wegstrecke zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte zugrunde gelegt werden.

    § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG schreibe der Entfernungspauschale eine Abgeltungswirkung zu, sodass die tatsächlich höheren Aufwendungen nicht abzugsfähig seien. Hiervon mache § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG insoweit eine Ausnahme, als steuerpflichtige Arbeitnehmer, welche öffentliche Verkehrsmittel benutzten, ihre tatsächlichen Aufwendungen in voller Höhe ansetzen könnten, soweit diese Kosten den im Kalenderjahr insgesamt als Pauschale abziehbaren Betrag überschritten.

    Diese gesetzliche Regelung sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz i.S.d. § 3 Abs. 1 GG unvereinbar und damit verfassungswidrig.

    Durch diese gesetzliche Regelung würden Arbeitnehmer, die mit dem eigenen Kfz zur regelmäßigen Arbeitsstätte gelangten, gegenüber der Gruppe von Arbeitnehmern, welche diese Strecke stattdessen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegten, durch die Beschränkung auf die Kostenpauschale ungleich behandelt. Beide Gruppen seien als wesentlich gleich im Sinne der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung einzustufen, weil zwischen ihnen keine erheblichen Unterschiede bestünden, die von vorneherein eine Vergleichbarkeit ausschlössen.

    Die Ungleichbehandlung werde von der Verfassung nicht gerechtfertigt, sodass die Beschneidung des Gleichheitssatzes nicht durch eine verfassungskonforme Schranke gedeckt sei. Im Streitfall sei die Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs nicht auf eine bloße Willkürprüfung beschränkt. Da Personengruppen - im Gegensatz zu reinen Sachverhalten - ungleich behandelt würden, sei die strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung der sogenannten "neuen Formel" des Bundesverfassungsgerichts anzuwenden (BVerfGE 55, 72, 88; BVerfGE 87, 234 Rn. 78 [BVerfG 17.11.1992 - 1 BvL 8/87]).

    Für eine Ungleichbehandlung fehle es bereits an einem legitimen Zweck. Während der Grund für die Verweisung der einen Vergleichsgruppe auf einen pauschalierten Ansatz der Vereinfachung im Verwaltungsverfahren diene, sei ein solcher für die andere Vergleichsgruppe nicht ersichtlich. Nach der Gesetzesbegründung seien die tatsächlichen Kosten bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel abzuziehen, weil im Kurzstreckenbereich höhere Kosten im öffentlichen Personennahverkehr entstehen könnten (BT-Drs. 14/4242, 5). Danach bestehe für eine Gruppe von pendelnden Arbeitnehmern eine Ausnahme vom Grundsatz der Pauschalierung, weil die Entfernungspauschale nicht alle Kosten decke. Diese Argumentation müsse auch für die das Kfz nutzende Pendler gelten, welche tatsächlich wesentlich höhere Kosten als 0,15 € je gefahrenen Kilometer hätten.

    Weiter bleibe unberücksichtigt, dass steuerpflichtige Pendler, die ihre tatsächlichen Kosten für öffentliche Verkehrsmittel absetzen könnten, die jährlich steigenden Belastungen durch Preiserhöhungen steuerlich geltend machen könnten. Dies werde den Kraftfahrzeugnutzern vorenthalten, indem sie auf die Entfernungspauschale verwiesen würden, welche seit dem 01.01.2001 unverändert sei. Dies führe zu einer zusätzlichen, nicht zu rechtfertigen Ungleichbehandlung dieser Gruppe von Steuerpflichtigen, weil die Kraftstoffkosten in den letzten Jahren überproportional zu den übrigen Lebenshaltungskosten gestiegen seien.

    Eine angestrebte Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs mit dem Ziel der Entlastung der Verkehrswege oder dem Schutz der Umwelt vermöge diese Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen. Unabhängig von der Frage, ob dies einen legitimen Zweck zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung darstelle, sei diese Maßnahme nicht zur Zielerreichung geeignet, weil es hinsichtlich des "öffentlichen Verkehrsmittels" an einer Differenzierung fehle. Darunter fielen z.B. nach § 8 Abs. 2 Personenbeförderungsgesetz auch Taxis. Der Steuerpflichtige, der täglich mit dem Taxi zur Arbeit und wieder zurück fahre, könne demnach seine tatsächlichen Aufwendungen voll absetzen. Dadurch würden - im Vergleich zu dem sein eigenes Kfz nutzenden Steuerpflichtigen - weder die Verkehrswege entlastet noch die Umwelt gefördert.

    Da damit keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung für die Beschränkung nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz gegeben sei, sei die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG verfassungswidrig.

    Die einfache Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte des Klägers betrage lt. Google Maps 43 km. Dabei nehme er die Ausfahrt Universität/Klinikum, um die Arbeitsstätte in der Str. 1 zu erreichen. Diese Route, die er nochmals überprüft habe, sei die schnellste, die der Kläger an 228 Arbeitstagen genutzt habe. Er sei nicht verpflichtet, die denkbar kürzeste zu wählen. Der Routenplaner Google Maps weise bei Benutzung der Ausfahrt B-Stadt-X eine Strecke von 42,4 km aus. Es sei daher gleichgültig, welche Ausfahrt der Kläger tatsächlich nehme. Dies könne der Kläger jeweils nach der tatsächlichen Verkehrssituation entscheiden. Bei Stauungen nehme er manchmal die Ausfahrt Universität/Klinikum. Dass diese Strecke nur 40,0 km betrage, bestätige der Routenplaner nicht. Die exakte Wegstrecke sei nicht nachzuweisen. Die täglich gefahrene Wegstrecke von 43 km sei plausibel dargelegt worden und werde vom Routenplaner bestätigt.

    Die erneute Überprüfung der tatsächlichen Arbeitstage des Jahres 2010 habe ergeben, dass diese 225 betragen hätten.

    Der Kilometerstand des Fahrzeugs habe am 07.01.2011 20.252 km betragen. Das für das Streitjahr geführte Fahrtenbuch habe er zwischenzeitlich entsorgt.

    Die Berechnung der tatsächlichen Kfz-Kosten habe er dem Finanzamt nachgewiesen.

    Die Kläger beantragen,

    den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 21.11.2011 in Gestalt der Teil-Einspruchsentscheidung vom 17.05.2013 dahin zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit insgesamt 8.382 € berücksichtigt werden.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er führt aus, die gesetzliche Regelung lasse den Ansatz der tatsächlichen Kosten nicht zu. Der Gesetzgeber habe von seiner Typisierungbefugnis Gebrauch gemacht und die Höhe der Entfernungspauschal auf 0,30 €/km beschränkt. Die Regelung sei daher nicht verfassungswidrig.

    Die Kläger haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter zugestimmt.

    Auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Akteninhalt der vorliegenden Steuerakten wird verwiesen.
    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Der Beklagte hat die Aufwendungen des Klägers für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu Recht nur mit der Entfernungspauschale von 0,30 € bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.

    1. Auf das Streitjahr (2010) ist nach § 52 Abs. 23 d Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG)§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale vom 20.04.2009 (BGBl I 2009, 774) anzuwenden. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, Abs. 2, Abs. 4 EStG i.d.F. des Art. 1 Nr. 4 Buchst. a Doppelbuchst. aa, Buchst. b und Buchst. d des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.02.2013 (BGBl I 2013, 285) tritt nach dessen Art. 6 Satz 1 erst am 01.01.2014 in Kraft.

    2. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Sätze 1 EStG sind Werbungskosten auch Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Sätze 1 EStG für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 0,30 € anzusetzen. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG sind durch die Entfernungspauschalen "sämtliche Aufwendungen" abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte veranlasst sind.

    a) Aus dem klaren Wortlaut der Norm ergibt sich, dass die über die Entfernungspauschale hinausgehenden Kosten unter die Abgeltungswirkung fallen. Das "sämtliche" ist insoweit eindeutig. Der Abzugsbetrag ist ungeachtet tatsächlich höherer oder niedrigerer Aufwendungen je Arbeitstag anzusetzen.

    b) Die umfassende Abgeltungswirkung folgt weiter aus der Systematik der Vorschrift. Mit dem Gesetz zur Einführung einer Entfernungspauschale vom 21.12.2000 (BGBl I 2000, 1918) hat der Gesetzgeber zugleich zwei - hier nicht einschlägige -Ausnahmen geregelt. So können nach § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel auch dann angesetzt werden, wenn sie höher sind als die Entfernungspauschale. Nach § 9 Abs. 2 Satz 3 EStG können behinderte Menschen anstatt der Entfernungspauschale die tatsächlichen Kosten ansetzen. Der Gesetzeswortlaut bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass die beiden Ausnahmen nur beispielhaft und nicht abschließend gemeint sind.

    c) Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Die Einführung der verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale zum Veranlagungszeitraum 2001 wurde mit umwelt- und verkehrspolitischen Erwägungen begründet. Der Gesetzgeber sah in der früheren Regelung eine Bevorzugung des Kraftfahrzeugs gegenüber öffentlichen Verkehrsmitteln, wenn die Kosten für deren Benutzung unter den Kilometer-Pauschbeträgen bei Kfz-Benutzung lagen. Er hielt deshalb die "Umstellung ... von einem Kilometer-Pauschbetrag auf eine verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale ... aus umwelt- und verkehrspolitischen Gründen (für) geboten, weil sie "hinsichtlich der steuerlichen Entlastungswirkung Wettbewerbsgleichheit zwischen den Verkehrsträgern" schafft und "die Ausgangslage für den öffentlichen Personenverkehr" verbessert (BFH-Urteil vom 11.05.2005 VI R 70/03, BStBl II 2005, 785), indem - wie durch die frühere Abzugsbeschränkung - zur Milderung der Verkehrsschwierigkeiten in den Ballungsräumen zu den Hauptverkehrszeiten eine gewisse Verlagerung des Berufsverkehrs von dem Kraftfahrzeug auf die öffentlichen Verkehrs bewirkt wird (vgl. BVerfG-Beschluss vom 02.10.1969 1 BvL 12/68, BStBl II 1970, 140).

    Vor allem diente ihre Einführung dem jeder Typisierung innewohnenden Gedanken der Steuervereinfachung. So sollten durch die Abgeltung "sämtlicher Aufwendungen" insbesondere Rechtsstreitigkeiten zwischen den Steuerpflichtigen und dem Finanzamt über die Berücksichtigung besonderer Kosten, z.B. für Abholfahrten, und außergewöhnlicher Kosten (z.B. Unfallkosten) vermieden werden (BTDrucks 14/4242, S. 6; BTDrucks 14/4435, S. 9). Dieser Zweck wird nur erreicht, wenn durch die Entfernungspauschale auch tatsächlich "sämtliche Aufwendungen" abgegolten werden. Eine Einschränkung der Abgeltungswirkung auf besondere Kosten (Mehrfach-, Umweg-, Dreiecks- und Abholfahrten) entspräche dem Vereinfachungsgedanken hingegen nicht.

    d) Eine andere Auslegung rechtfertigen auch nicht die Gesetzesmaterialien. Dahingehende Äußerungen des Gesetzgebers sind weder eindeutig noch haben sie Eingang in den Wortlaut der Norm gefunden.

    In den Gesetzesmaterialien hat der Gesetzgeber den Steuervereinfachungsgedanken klar postuliert. Mit der Entfernungspauschale sollten "sämtliche Aufwendungen" abgegolten werden (BTDrucks 14/4242, S. 6; BTDrucks 14/4435, S. 9). In gewissem Widerspruch hierzu steht die vom Bundestagsfinanzausschuss speziell in Bezug auf Unfallschäden getroffene Äußerung, dass eine Schlechterstellung der PKW-Fahrer gegenüber der ursprünglichen Regelung vermieden werden sollte (BTDrucks 14/4631, S. 11). Die Gesetzesmaterialien sind daher in sich widersprüchlich und können deshalb auch nicht eine Auslegung gegen den eindeutigen Wortlaut der Norm stützen (BFH-Urteil vom 20.03.2014 VI R 29/13, [...]).

    3. Es begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass durch die Entfernungspauschale die übersteigenden sowie außergewöhnlichen Aufwendungen abgegolten werden. Der Gesetzgeber hat das ihm eingeräumte Regelungsermessen nicht überschritten.

    Der Bundesfinanzhof hat unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in BVerfGE 27, 58, [BVerfG 02.10.1969 - 1 BvL 12/68] BStBl II 1970, 140, [BVerfG 02.10.1969 - 1 BvL 12/68] die Verfassungsmäßigkeit eines nicht kostendeckenden Kilometer-Pauschbetrags bejaht (vgl. BFH-Entscheidungen vom 15.03.1994 X R 58/91, BStBl II 1994, 516; vom 23.09.1999 VI B 82/99, BFH/NV 2000, 318; vom 11.05.2005 VI R 70/03, BStBl II 2005, 785; vom 10.01.2008 VI R 17/07, BFH/NV 2008, 469 unter IV Nr. 3; vom 11.09.2012 VI B 43/12, BFH/NV 2012, 2023; vom 20.03.2014 VI R 29/13, [...]). Dem schließt sich der erkennende Richter an.

    a) Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG werden Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte durch die Entfernungspauschale abgegolten. Grundfall der regelmäßigen Arbeitsstätte ist dabei die auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte Arbeitsstätte, auf deren immer gleiche Wege sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise einstellen und auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken kann. Dies kann etwa durch Bildung von Fahrgemeinschaften und Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und auch durch entsprechende Wohnsitznahme geschehen. Für diesen Grundfall erweist sich nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip (z.B. Urteil vom 09.02.2012 VI R 22/10, BStBl II 2012, 827).

    b) Der Gesetzgeber war auch nicht verpflichtet, für den Fall außergewöhnlicher Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte eine Ausnahmeregelung zu treffen. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist der Gesetzgeber berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen (Urteil des BVerfG vom 09.12.2008 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BFH/NV 2009, 338; BFH-Urteil vom 20.03.2014 VI R 29/13, [...]).

    c) Eine Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG ist auch dadurch nicht gegeben, dass die Vorschrift den Benutzern eines Personenkraftwagens für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte den vollen Abzug der tatsächlich entstandenen Fahrtaufwendungen versagt, den Benutzern öffentlicher Verkehrsmittel aber gestattet. Zwar lässt sich diese verschiedene Behandlung nicht allein mit der Erwägung rechtfertigen, dass die Benutzer eines Personenkraftwagens gegenüber den Benutzern öffentlicher Verkehrsmittel sogar begünstigt würden, weil sie einen die Kosten für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel übersteigenden Pauschbetrag erhielten. Zu vergleichen ist nicht, welcher Betrag der absoluten Höhe nach abgesetzt werden darf, sondern in welchem Verhältnis der steuerlich anerkannte Betrag jeweils zur Höhe der tatsächlichen Fahrtaufwendungen steht. Dabei zeigt sich, dass die Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel ihre Fahrtkosten in voller Höhe absetzen dürfen, während für die Benutzer eines Personenkraftwagens nur ein Betrag anerkannt wird, der erfahrungsgemäß die Kosten nicht voll deckt.

    Dagegen rechtfertigen die bereits erörterten verkehrspolitischen Gründe, die eine nicht vollständige Berücksichtigung der Aufwendungen für einen (eigenen) Personenkraftwagen als zulässig erscheinen lassen, auch die verschiedene Behandlung der beiden Gruppen. Auch dem Gesichtspunkt, dass es sich bei den Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht um Kosten der Lebensführung handeln darf (§ 12 Nr. 1 EStG), kommt bei den Benutzern eines Personenkraftwagens größere Bedeutung zu als bei den Benutzern öffentlicher Verkehrsmittel; es entspricht der Lebenserfahrung, dass bei der Benutzung eines eigenen - zumal eines größeren - Personenkraftwagens Gründe der privaten Lebensführung (größere Bequemlichkeit, Unabhängigkeit, Freizügigkeit, Repräsentation, soziales Prestige) die Wahl des Verkehrsmittels entscheidend beeinflussen (vgl. BVerfG-Beschluss in BStBl II 1970, 140 [BVerfG 02.10.1969 - 1 BvL 12/68]; vom 16.10.1984 1 BvR 1021/83, DStR 1985, 117; BFH-Entscheidungen in BStBl II 1994, 516; in BFH/NV 2000, 318; vom 11.09.2003 VI B 101/03, BStBl II 2003, 893; in BStBl II 2008, 469 [BFH 28.11.2007 - IX R 39/06] unter IV Nr. 3; in BFH/NV 2012, 2023).

    d) Aus denselben Gründen liegt auch darin kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass nach Ansicht der Kläger die Berufspendler, die ihre tatsächlichen Kosten für öffentliche Verkehrsmittel absetzen können, den Kraftfahrzeugnutzern gegenüber u.a. aufgrund der in den letzten Jahren überproportional gestiegenen Treibstoffkosten unverhältnismäßig begünstigt würden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Kostensteigerungen auch den öffentlichen Verkehr treffen und in der Regel durch entsprechende Erhöhungen der Fahrpreise an die Nutzer von öffentlichen Verkehrsmitteln weitergegeben werden.

    e) Nach Auffassung des Gerichts bestehen auch hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Kosten für die Benutzung eines Taxis für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

    Die Kosten für die Benutzung eines Taxis, das nach § 8 Abs. 2 Personenbeförderungsgesetz als öffentliches Verkehrsmittel gilt, betragen grundsätzlich über 3 € je gefahrenen Kilometer. Sie liegen damit weit über den Kosten für die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels. Aufgrund dieser finanziellen Mehrbelastung wird nach Auffassung des Gerichts ein Taxi grundsätzlich nicht regelmäßig, sondern nur in Ausnahmefällen als Beförderungsmittel für Fahrten zur Arbeitsstätte genutzt. Die Benutzung eines Taxis in unvermeidbaren, unvorhersehbaren Situationen begegnet nach Auffassung des Gerichts keinen Bedenken im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG. Im Übrigen ist diese Begünstigung nach Auffassung des Gerichts unter Hinweis auf die obigen Ausführungen von der Befugnis des Gesetzgebers zur Vereinfachung und Typisierung gedeckt (vgl. hierzu allgemein z.B. BVerfG-Urteil in BFH/NV 2009, 338 [BVerfG 09.12.2008 - 2 BvL 1/07]; BFH-Beschluss in BStBl II 2003, 893 [BFH 11.09.2003 - VI B 101/03]).

    4. Nach diesen Grundsätzen sind die dem Kläger durch die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entstandenen Kosten nur in Höhe der Entfernungspauschale abziehbar.

    Nach allem war die Klage abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs.1 FGO.

    Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 115 Abs. 2 FGO gegeben ist. Auf die zitierte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wird verwiesen.

    RechtsgebietEStGVorschriften§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG; § 9 Abs. 2 S. 2 EStG