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  • 21.08.2014 · IWW-Abrufnummer 142490

    Finanzgericht Sachsen-Anhalt: Urteil vom 29.04.2014 – 5 K 231/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Sachsen-Anhalt

    Urt. v. 29.04.2014

    Az.: 5 K 231/11

    In dem Rechtsstreit
    Dr. A.
    Kläger,
    bevollmächtigt: Steuerberater
    gegen
    Finanzamt
    Beklagter,
    wegen Einkommensteuer 2007
    hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 5. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 29. April 2014 durch
    die Vorsitzende Richterin am Finanzgericht Dr. Waterkamp,
    den Richter am Finanzgericht Just,
    den Richter am Finanzgericht Pohl,
    den ehrenamtlichen Richter ... und
    den ehrenamtlichen Richter ...
    für Recht erkannt:
    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
    Tatbestand

    Streitig ist, ob Fahrtkosten i.H.v. 135,50 €, Kosten für Wohnungssuche i.H.v. 358 €, Kosten für Bewerbungsfahrten i.H.v. 1.513 € und Renovierungskosten i.H.v. 89 €, insgesamt i.H.v. 2.095 €, als weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers abzugsfähig sind.

    Der Kläger nahm im April des Streitjahres eine ärztliche Tätigkeit im Klinikum B. in C. auf und zog deswegen am 30. März des Streitjahres von H. nach C. um. Der Mietvertrag für die Wohnung in C. begann am 1. April des Streitjahres. Der Mietvertrag für die alte Wohnung in H. endete im April des Streitjahres.

    Der Umzug erfolgte mit mehreren Fahrzeugen, wobei der Vater des Klägers (Dr. U.) mit einem der Fahrzeuge nach C. und anschließend mit dem ICE nach M. zurückfuhr. Für diese ICE-Rückfahrt entstanden Fahrtkosten i.H.v. 135,50 €, die der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung geltend machte. Weiterhin beantragte der Kläger den Abzug von Kosten für die Wohnungssuche anlässlich einer Fahrt vom 25. März bis 27. März 2007 i.H.v. 358 €, wovon 306 € auf Fahrtkosten (510km x 2 x 0,30 €), 42 € auf Verpflegungsmehraufwand und 10 € auf geschätzte Telefonkosten entfielen. Zudem begehrte der Kläger den Abzug von Fahrtkosten für 9 Fahrten zu Bewerbungs- und Vorstellungsgesprächen wegen einer Assistenzarztstelle und fügte eine eidesstattliche Erklärung bei, dass er diese Bewerbungsfahrten unternommen habe und Absagen von den Kliniken, bei denen er sich beworben habe, telefonisch erfolgt seien. Schließlich machte der Kläger einen Betrag i. H. v. 89 € als Umzugskosten geltend.

    Im streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid 2007 vom 26. Mai 2010 versagte das damalige FA C. den Abzug dieser Kosten. Hierzu trug der Kläger im Einspruchsverfahren vor, dass die tatsächlichen Umzugskosten absetzbar und die Bewerbungskosten glaubwürdig seien. Nachdem das damalige FA C. den Kläger wegen der "in erheblichem Maße" geltend gemachten Fahrtkosten mit Schreiben vom 6. September 2010 und vom 29. Oktober 2010 erfolglos darum gebeten hatte, die Laufleistung des Pkw nachzuweisen und die Fahrtkosten zu den Vorstellungsgesprächen glaubhaft zu machen, wies es mit Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2011 den Einspruch als unbegründet zurück. In dieser Einspruchsentscheidung setzte das damalige FA C. wegen vorliegend nicht streitiger Punkte die Einkommensteuer im Tenor auf 3.448 € herab, während in der Anlage zur Einspruchsentscheidung maschinell eine Einkommensteuer von 3.388 e€ errechnet worden war.

    Dagegen richtet sich die vorliegende Klage. In der Klagebegründungsschrift vom 27. April 2011 trug der Kläger zur Renovierung der alten Wohnung hinsichtlich der 89 € vor, dass der Kläger beim Auszug Mietschäden beseitigt habe. Zudem begehrt der Kläger unter Hinweis auf seine eidesstattliche Versicherung Fahrtkosten für 6 Fahrten zu Bewerbungs- und Vorstellungsgesprächen. Bewerbungen würden heute in der Regel auf Initiative der jeweiligen an den Universitäten ausgebildeten Ärzten erfolgen. Im Schnitt seien 6 bis 10 Bewerbungen notwendig, um eine Stelle zu bekommen. Schriftliche Einladungen oder Erstattungen von Reisekosten seien auf Grund der Sparzwänge der Kliniken nicht üblich. Wegen der Fahrt zwecks Wohnungssuche legte der Kläger Kopien von Tankquittungen vor, die an den drei Tagen Betankungen in S., C. und L. ausweisen.

    Das vormalige FA C. verwies im Schriftsatz vom 10. Juni 2011 u.a. darauf, dass es an Nachweisen für die vom Kläger geltend gemachten Kosten fehlen würde.

    Dieser Schriftsatz wurde dem Kläger mit richterlicher Verfügung vom Juni 2011 zur weiteren Veranlassung übermittelt. Mangels Reaktion fragte der damalige Berichterstatter beim Prozessbevollmächtigten mit richterlichen Verfügungen vom 20. Oktober 2011 und 19. Januar 2012 nach, ob noch weitere Unterlagen der im Schriftsatz des Beklagten vom 10. Juni 2011 genannten Art nachgereicht werden. Auch nach einer telefonisch erbetenen Fristverlängerung blieb eine Reaktion des Klägers aus.

    Nachdem zunächst die Zuständigkeit vom ehemaligen FA C. auf das ehemalige FA C. übergangen war, ist während des Klageverfahrens das nunmehr beklagte Finanzamt (FA) durch gesetzlichen Organisationsakt (Fusion beider Finanzämter) in die Beklagtenstellung eingetreten.

    Zum Erörterungstermin am 21. März 2014 ist für den Kläger niemand erschienen.

    Am 24. März 2014 erließ das FA einen Berichtigungsbescheid und berichtigte gem. § 129 Abgabenordnung (AO) den Tenor der Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2011 entsprechend der maschinellen Berechnung in der Anlage zu dieser Einspruchsentscheidung auf eine herabgesetzte Einkommensteuer i.H.v. 3.388 €.

    Am Abend vor der mündlichen Verhandlung übersandte der Prozessbevollmächtigte dem Gericht ein Faxschreiben. Darin führte der Kläger u.a. hinsichtlich der Umzugskosten aus, dass der Vater dem Kläger gegenüber unterhaltspflichtig gewesen sei und der Betrag dem Unterhaltsanspruch zuzurechnen sei. Die Kosten für die Fahrt zur Wohnungssuche seien von dem vom Vater an den Kläger gezahlten Unterhalt bezahlt worden.

    Im Telefonat kurz vor Beginn der mündlichen Verhandlung, indem der Prozessbevollmächtigte mitteilte, dass niemand für den Kläger erscheinen werde, erklärte der Prozessbevollmächtigte, dass weder der Kläger noch dessen Eltern die Kosten für Wahrnehmung des Termins haben tragen wollen. Der Kläger habe ihm mitgeteilt, dass er mit der Sache nichts weiter zu tun haben wolle, außer, mit Plus-Minus-Null herauszukommen. Deshalb möge nach Aktenlage und wenn möglich zu Gunsten des Klägers entschieden werden.

    Für den Kläger ist entsprechend der telefonischen Ankündigung des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung niemand erschienen.

    Der Kläger hat sinngemäß in seiner Klagebegründungschrift vom 27. April 2011 beantragt,

    dass ein weiterer Betrag in Höhe von 2.095 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt wird

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Dem Senat hat bei seiner Entscheidung 1 Band Verwaltungsakten vorgelegen.
    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet. Die streitgegenständlichen Bescheide, zuletzt in Gestalt des Berichtigungsbescheids vom 24. März 2014, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz Finanzgerichtsordnung (FGO).

    Nach Aktenlage, die entsprechend der ausdrücklichen telefonischen Mitteilung des Prozessbevollmächtigten gegenüber dem Berichterstatter am Tage der mündlichen Verhandlung für die Senatsentscheidung allein maßgeblich sein soll, hat der Kläger weder schlüssig dargelegt geschweige denn nachgewiesen, dass ihm für die streitgegenständlichen Aufwendungen ein Werbungskostenabzug zusteht. Im Einzelnen:

    1. Gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Hierzu zählen auch Umzugskosten, die anlässlich eines beruflich bedingten Wohnungsumzugs entstanden sind. Der Senat hat grundsätzlich keinerlei Zweifel daran, dass der Umzug des Klägers aus H. nach C. allein wegen der Arbeitsaufnahme erfolgte.

    2. Allerdings kann der Senat nach der vorliegend maßgeblichen Aktenlage nicht erkennen, dass die streitgegenständlichen Renovierungskosten überhaupt umzugsbedingt entstanden [siehe unter 2. a)] und die übrigen Kosten [siehe unter 2. b)-d)] überhaupt vom Kläger wirtschaftlich selbst getragen worden sind. Jedoch trifft den Kläger die objektive Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die den steuermindernden Werbungskostenabzug dem Grunde und der Höhe nach begründen [ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), z. B. Urteil vom 13. April 2010 VIII R 27/08, BFH/NV 2010, 2038 unter II. 2. a) m. w. N.], weshalb Unklarheiten zu Lasten des der mündlichen Verhandlung bewusst ferngebliebenen Klägers gehen.

    a) Renovierungskosten

    Hinsichtlich der Renovierungskosten i.H.v. 89 € ergibt sich aus dem spärlichen Vortrag des Klägers gerade nicht, dass diese Kosten - wie vom BFH gefordert (z. B. Urteil vom 1. Dezember 1993 I R 61/93, BStBl II 1994, 323) - durch die vorzeitige Auflösung des Mietvertrages bedingt sind. Vorliegend hat der Kläger in seiner Klagebegründungsschrift vom 27. April 2011 ausgeführt, der Kläger habe Mietschäden in seiner alten Wohnung in H. beseitigt. Diese Schilderung versteht der Senat jedoch dahingehend, dass diese Kosten unabhängig vom berufsbedingten Umzug vom Kläger hätten getragen werden müssen und nicht durch die vorzeitige Auflösung des Mietvertrages entstanden sind.

    b) ICE-Rückfahrkosten für den Vater des Klägers i.H.v. 135,50 €

    Nach vorliegend maßgeblicher Aktenlage hat der Kläger seine Kostentragung für die ICE-Rückfahrt seines Vaters nach H. weder schlüssig dargelegt noch nachgewiesen, obwohl das FA bereits im Vorverfahren erfolglos um entsprechende Nachweise gebeten hatte und auch im Klageverfahren entsprechend ergangene gerichtliche Aufforderungen ohne Reaktion geblieben sind. Der Kläger hat zudem zuletzt seinen Sachvortrag zusätzlich widersprüchlich und damit unschlüssig gemacht, indem er auf die Unterhaltspflicht seines Vaters hinwies und ergänzte, dass der Betrag dem Unterhaltsanspruch "zuzurechnen" sei. Bei verständiger Würdigung durch den Senat hätte vielmehr umgekehrt der Kläger vortragen müssen, dass der monatliche Unterhalt vom Vater um diesen Betrag gekürzt oder anderweitig verrechnet worden ist.

    c) Kosten für Wohnungssuche

    Zwar können die für eine Anmietung einer Wohnung entstehende Maklerkosten zu den Umzugskosten gehören (z. B. FG Düsseldorf, Urteil vom 24. März 1994 14 K 4905/92 E , EFG 1994, 652) und dementsprechend auch die Kosten für die eigene Wohnungssuche. Jedoch steht nach vorliegend maßgeblicher Aktenlage trotz der vorgelegten 3 Tankquittungen gerade nicht fest, dass der Kläger tatsächlich auch diese Tankkosten für die Fahrt vom 25. März bis 27. März 2007 selbst getragen hat. Nachdem schon das damalige FA C. den Kläger im Einspruchsverfahren zweimal erfolglos wegen der erheblichen Fahrtkosten um Nachweise über die Laufleistung des Pkw gebeten hatte, blieben auch die mehrfachen diesbezüglichen Aufforderungen des Gerichts ohne Reaktion.

    Zu dieser vom Kläger zu dessen Lasten gehender Untätigkeit tritt nach maßgeblicher Aktenlage eine weitere Unklarheit hinzu, auf deren Sachaufklärung der Kläger durch sein angekündigtes Fernbleiben in der mündlichen Verhandlung verzichtet hat. Hierbei geht es um die Frage, ob der Kläger allein oder in Begleitung einer anderen (unterhaltspflichtigen) Person unterwegs war, die ebenfalls die Betankung hätte bezahlen können. Hierzu wäre in der mündlichen Verhandlung zu klären gewesen, wo der Kläger übernachtet hat, weil er keine Übernachtungskosten, sondern Verpflegungsmehraufwand geltend gemacht hat.

    d) Fahrten zu Bewerbungen und Vorstellungsgespräche

    Nach der vorliegend maßgeblichen Aktenlage erkennt der Senat lediglich Unklarheiten im Sachvortrag und fehlende Nachweise. Zunächst bleibt nach Aktenlage schon im Dunkeln, weshalb der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung 3 Fahrten mehr angegeben hat als im Klageverfahren. Unklar bleibt ferner, womit der Kläger zu den angegebenen Krankenhäusern angereist ist und wie die Kosten konkret von ihm beglichen worden sind. Hier geht es zu Lasten des Klägers, dass er den mehrfachen Aufforderungen sowohl des damaligen FA C. im Einspruchsverfahren als auch des Gerichts insbesondere auch zur Glaubhaftmachung der Laufleistung des Pkw nicht gefolgt ist.

    Da die eidesstattliche Versicherung vom 24. März 2010 gleichermaßen sowohl zur Glaubhaftmachung der 9 geltend gemachten Fahrten im Veranlagungsverfahren als auch zur Glaubhaftmachung der beantragten 6 Fahrten im Klageverfahren diente, kann dieser kein gesteigerter Beweiswert zukommen. In diesem Zusammenhang wird auch der fehlende konkrete Sachvortrag auch nicht dadurch ersetzt, dass auf Allgemeinplätze, wie Bewerbungen würden heute in der Regel auf Initiative der jeweiligen an den Universitäten ausgebildeten Ärzten erfolgen, im Schnitt seien 6 bis 10 Bewerbungen notwendig, um eine Stelle zu bekommen, schriftliche Einladungen oder Erstattungen von Reisekosten seien auf Grund der Sparzwänge der Kliniken nicht üblich, verwiesen wird.

    3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Berichtigung des Tenors der Einspruchsentscheidung durch den Berichtigungsbescheid vom 24. März 2014 kommt keine kostenrelevante Bedeutung zu. Das FA hat der Abrechnung in der Anlage zur Einspruchsentscheidung (und der daraus resultierenden Erstattung) die zutreffende Einkommensteuer (3.388 €) entsprechend dieser maschinellen Berechnung und nicht den falschen Tenor der Einspruchsentscheidung zu Grunde gelegt.

    RechtsgebietEStGVorschriften§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG

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