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  • 05.05.2022 · IWW-Abrufnummer 229000

    Finanzgericht Niedersachsen: Beschluss vom 18.03.2022 – 7 K 120/21

    Es wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber eingeholt, ob § 32d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Verbindung mit § 43 Abs. 5 EStG (Abgeltungsteuer) in den in den Jahren 2013, 2015 und 2016 geltenden Fassungen insoweit mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vereinbar sind, als dass sie für Einkünfte aus privaten Kapitalerträgen einen Sondersteuersatz in Höhe von 25 % mit abgeltender Wirkung vorsehen.

    Der Senat ist davon überzeugt, dass die Abgeltungsteuer gegen die in Art 3 Abs. 1 GG gleichheitsrechtlich verankerte Vorgabe der Gleichbehandlung aller Einkunftsarten und einer gleichmäßigen Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit verstößt.

    Die Abgeltungsteuer führt zu einer Ungleichbehandlung zwischen Beziehern privater Kapitaleinkünfte gemäß § 20 EStG und den übrigen Steuerpflichtigen. Während die Bezieher von Kapitaleinkünften gemäß § 32d Abs. 1 EStG in Verbindung mit § 43 Abs. 5 EStG mit einem Sondersteuersatz von 25 % abgeltend belastet werden, unterliegen die übrigen Steuerpflichtigen gemäß § 32a EStG einem Steuersatz von bis zu 45 %.

    Die in den Gesetzesmaterialien genannten Rechtfertigungsgründe genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht. Weitere Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich.

    Die Abgeltungsteuer ist nicht zur Verwirklichung eines effektiven Steuervollzugs oder zur Beseitigung eines etwaigen strukturellen Vollzugsdefizits geeignet. Unabhängig von der Frage der grundsätzlichen Geeignetheit der Regelung ist die Erforderlichkeit zwischenzeitlich entfallen, da sich seit dem Inkrafttreten der Abgeltungsteuer die Möglichkeiten der Finanzverwaltung, im Ausland befindliches Vermögen zu ermitteln, stark verbessert haben.

    Die Abgeltungsteuer ist auch nicht zur Standortförderung des deutschen Finanzplatzes geeignet und führt auch nicht zu einer wesentlichen Vereinfachung im Besteuerungsverfahren; insoweit ergeben sich keine Rechtfertigungsgründe für die gleichheitswidrige Besteuerung.


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    RechtsgebieteEStG, BVerfGG, GG, AEUVVorschriften§ 32d Abs. 1 EStG vom 08.10.2009, § 43 Abs. 5 EStG vom 08.12.2010, § 80 Abs. 1 BVerfGG, Art. 100 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 107 Abs. 1 AEUV, § 32d Abs. 1 EStG 2009, § 32d EStG 2009, § 43 Abs. 5 EStG 2009, § 41 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG vom 22.06.2011, § 20 EStG 2009, § 32d Abs. 1 EStG vom 14.08.2007, EStG VZ 2013, EStG VZ 2015, EStG VZ 2016

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