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  • 13.07.2018 · IWW-Abrufnummer 202329

    Senatsverwaltung für Finanzen Berlin: Verfügung vom 04.06.2018 – III A-s 1311-6/1997


    Erlass betr. steuerliche Behandlung der Bezüge der Bediensteten des Europäischen Patentamtes


    Vom 4. Juni 2018 (EStG-Kartei BE Internationale Organisationen und zwischenstaatliche Vereinbarungen Fach 2 Nr. 1002)
    (FSen Berlin III A-S 1311-6/1997)

    Gemäß Art. 16 des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Patentorganisation vom 5. Oktober 1973 – Immunitätenprotokoll – (BGBl. 1976 II S. 649) sind Bezüge aus aktivem Dienst beim Europäischen Patentamt (EPA) von der nationalen Besteuerung befreit (Hinweis auf EStG-Kartei Berlin, Internationale Organisationen Fach 1 Nr. 1001). Diese Einkünfte unterliegen aber gemäß § 32 b Abs. 1Nr. 4 EStG dem Progressionsvorbehalt. Die Höhe der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte ist grundsätzlich nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln, dabei sind die vom EPA erstellten Kontrollmitteilungen wie folgt auszuwerten:

    Zunächst ist zu beachten, dass die von der EPA gezahlten Gehälter und Bezüge einer Steuer zugunsten der Europäischen Patentorganisation unterliegen, die den dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfenden Betrag nicht mindern darf. Diese interne Steuer ist weder auf die ESt-Schuld i. S. d. § 36 Abs. 2 EStG noch im Rahmen des § 34 cAbs. 1 und 2 EStG anzurechnen bzw. abzuziehen.

    In den Jahresgehaltmitteilungen der EPA bis einschließlich 2008 ist diese interne Steuer weder im Grundgehalt noch im Gesamtbrutto enthalten, sondern der Betrag ist lediglich im Anschluss an die Aufzählung der Versorgungs- und Versicherungsbeiträge der EPA ausgewiesen. In diesen Fällen ist die interne Steuer dem Grundgehalt hinzuzurechnen da für die Anwendung des Progressionsvorbehalts das gesamte Brutto einschließlich der internen Steuer maßgeblich ist. In den Jahresgehaltsmitteilungen ab 2009 wird die interne Steuer bei den Abzügen aufgeführt, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass sie im Bruttogehalt enthalten ist. Ein Abzug ist für die Ermittlung der Progressionseinkünfte nicht zulässig.

    Die sog. Unterhaltsberechtigtenzulage („dependants allowance” bzw. „alloc. Personne a'charge”) ist als vergleichbare Leistung gem. § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. Satz 2 EStG anzusehen und deshalb in die Günstigerprüfung gem. § 31 Satz 1 und Satz 4 EStG einzubeziehen. Soweit die Zulage das inländische Kindergeld übersteigt, beschränkt sich die Einbeziehung nach § 31 Satz 6 EStG auf die Höhe des inländischen Kindergeldes. Gleiches gilt für Fälle der Hinzurechnung nach § 2 Abs. 6 Satz 3 EStG i. V. m. R 2 Abs. 2Nr. 18 EStR.

    Aufgrund eine Beschlusses der Abteilungsleiter (Steuer) der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder sind vergleichbare Leistungen i. S. d. § 65 Abs. 1 Satz 1 EStG, wozu auch die vom EPA gezahlte Unterhaltsberechtigtenzulage gehört, als insgesamt nicht steuerpflichtig (bei Pensionären) bzw. nicht dem Progressionsvorbehalt (bei aktiv Beschäftigten) unterliegend zu behandeln. Die zwischenzeitliche Auffassung, dass der das inländische Kindergeld übersteigende Betrag im Rahmen der Steuerpflicht (bei Pensionären) oder des Progressionsvorbehalts (bei aktiv Beschäftigten) berücksichtigt werden kann, ist damit überholt.

    Bei den in den Jahresmitteilungen ausgewiesenen Beiträgen zum Versorgungssystem, zu dem die Bediensteten 8 % des monatlichen Grundgehalts entrichten, handelt es sich um echte Gehaltskürzungen, die die Progressionseinkünfte mindern (BdF-Schreiben vom 27. 2. 1979, BStBl. I S. 139[1] ).

    Dagegen handelt es sich bei den Beiträgen zur sozialen Sicherung bei Krankheit, Tod oder Invalidität in Höhe von insgesamt 3 % des Grundgehalts um Pflichtbeiträge, die (ab dem VZ 1996) die bei der Ermittlung der Progressionseinkünfte nicht abzugsfähig sind. Auch ein Abzug als Sonderausgaben ist ausgeschlossen. Die Rechtsprechung des EuGH in der Rs. Bechtel (EuGH-Urteil vom 22. 6. 2017 C-20/16) und das BMF-Schreiben vom 11. 12. 2017 (BStBl. I S. 1624)[2] finden bei EPA-Bediensteten keine Anwendung. Eine Anwendung des EuGH-Urteils scheidet bereits aus, weil im Gegensatz zum Urteilssachverhalt bei den EPA-Bediensteten kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt. Darüber hinaus ist eine Voraussetzung für die Anwendung des genannten BMF-Schreibens, dass die Steuerfreistellung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Deutschland aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens erfolgt sein muss. Grundlage für die Steuerfreistellung der Bezüge der EPA-Bediensteten ist jedoch das Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Patentorganisation und kein Doppelbesteuerungsabkommen.

    Zahlungen aus der internen Pflegeversicherung sind als steuerfreie Leistungen i. S. v. § 3 Nr. 1 a EStG einzustufen, die nicht dem Progressionsvorbehalt unterliegen (zu weiteren Zahlungen siehe EStG-Kartei BE § 32 b Fach 2 Nr. 1001[3] ).

    Angesichts dessen ergibt sich das folgende Berechnungsschema:

          Auszahlungsbetrag/Gesamtbetrag      
    –    Unterhaltsberechtigtenzulage (höchstens der Betrag des deutschen Kindergeldes)      
    +    Interne Steuer (sofern noch nicht im Auszahlungsbetrag enthalten)      
    +    Arbeitnehmeranteile des Bediensteten zur Krankenversicherung, Invaliditätsversicherung, Pflegeversicherung und Todesfallversicherung      
    =    Einnahmen für Zwecke des Progressionsvorbehalts (Kz 47.139)     

    Werbungskosten, die den Progressionsvorbehalt mindern, sind in der Kz 87.57 einzutragen.

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