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  • 20.07.2012 · IWW-Abrufnummer 122343

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 16.05.2012 – 10 K 3587/11

    1) Bei der Vermietung mehrerer Objekte ist die Überschusserzielungsabsicht im Rahmen des § 21 EStG für jedes Objekt getrennt zu prüfen.
    2) Mangels Überschusserzielungsabsicht bei § 21 EStG nicht abziehbare Aufwendungen einer vermieteten Halle sind auch nicht als Aufwandseinlage im Rahmen des Gewerbebetriebs einer auf dem Dach der Halle montierten Photovoltaikanlage zu berücksichtigen.


    Im Namen des Volkes
    URTEIL
    In dem Rechtsstreit
    hat der 10. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 16. Mai 2012 für Recht erkannt:
    Tatbestand
    Zwischen den Beteiligten ist in erster Linie streitig, ob es sich bei der Vermietung von Hallen durch den Kläger an die Klägerin um einkommensteuerlich unbeachtliche sogenannte Liebhaberei handelt, sowie ob ggfs. eine Aufwandseinlage in den Gewerbebetrieb des Klägers in Betracht kommt.
    Die Kläger sind Eheleute, die u.a. in den Streitjahren 2005, 2007 und 2008 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.
    Der Kläger ist im Hauptberuf nichtselbständig tätig. Er ist Eigentümer eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, der seit Erwerb an die Klägerin verpachtet ist. Die Einkünfte, die der Kläger hieraus erzielt, wurden daher von Anfang an als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung angesetzt.
    Zum 31. Dezember 2005 wurde eine Reithalle neben der Hofstelle bezugsfertig. Seit Dezember 2007 ist eine Mehrzweckhalle bezugsfertig, in der u.a. Stroh und Futter gelagert und eine Mutterkuhherde beherbergt wird. Beide Hallen werden an die Klägerin zu monatlich je 400 EUR inklusive Betriebskosten vermietet. Die Klägerin betreibt auf den gepachteten Flächen und in gepachteten Ställen eine Pferdepension und Mutterkuhhaltung. Die Pensionspferdehaltung wurde sukzessive erweitert.
    In 2010 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung G eine Betriebsprüfung bei den Klägern durch. In diesem Rahmen erkannte die Betriebsprüfung die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der beiden Hallen nicht an. Der jährliche Pachtzins bei der Reithalle und der Mehrzweckhalle lägen unterhalb der steuerlichen Abschreibung, so dass losgelöst von laufenden Unterhaltungskosten und Erhaltungsaufwendungen kein Überschuss erzielbar sei. Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 18. August 2010 unter Tz. 2.2.1 verwiesen.
    Der Kläger hatte zusätzlich auf der Südseite der Hallen Photovoltaikanlagen errichtet, die 2008 fertiggestellt wurden. Hieraus erzielt er Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Solaranlagen sind auf einer Trägerkonstruktion montiert und auf das Dach aufgesetzt.
    Die Betriebsprüfung lehnte es ab, die Gewinne aus dem Betrieb der Photovoltaikanlagen mit den Verlusten aus der Vermietung der beiden Hallen zu verrechnen, um somit zu einem Gesamtüberschuss zu kommen. Die beiden Bereiche seien zu segmentieren.
    Das früher zuständige Finanzamt folgte der Auffassung der Betriebsprüfung und erließ u.a. geänderte Einkommensteuerbescheide für 2005, 2007 und 2008.
    Die gegen die Bescheide vom 28. Oktober 2010 eingelegten Einsprüche wies der nunmehr zuständige Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 26. Oktober 2011 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus:
    Die Einbeziehung der Photovoltaikanlagen in die Berechnung eines möglichen Totalüberschusses bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Klägers sei nicht zulässig. Mit der Installation der Photovoltaikanlage zu unternehmerischen Zwecken entstehe für den Kläger ein Gewerbebetrieb. Die für die steuerliche Berücksichtigung von Verlusten erforderliche Gewinnerzielungsabsicht sei bei verschiedenen, wirtschaftlich eigenständigen und nach der Verkehrsauffassung trennbaren Betätigungen nicht einheitlich für die gesamte Tätigkeit, sondern gesondert für die jeweilige Betätigung zu prüfen (sogenannte Segmentierung, vgl. BFH-Urteil vom 15. November 2006 XI R 58/04).
    Die Photovoltaikanlagen seien ertragsteuerlich als Betriebsvorrichtungen zu beurteilen, weil sie auf das Dach aufgesetzt wurden und nicht als eine in das Dach integrierte Anlage betrieben werden sollen.
    Mit der Klage tragen die Kläger vor:
    Der jährliche Verlust für die Reithalle bzw. die Mehrzweckhalle ergebe sich nur aus den steuerlich zulässigen Abschreibungsbeträgen. Setze man für die einzelnen Wirtschaftsgüter jeweils die technisch möglichen längeren Nutzungsdauern an, so ergebe sich schon ein Überschuss.
    Darüberhinaus sei zu beachten, dass beide Objekte die bautechnische Grundlage für die auf den Dächern errichtete Photovoltaikanlagen seien. Die Photovoltaikanlagen würden unstreitig über ihre Gesamtnutzungsdauer einen erheblichen Totalüberschuss erwirtschaften. Dieser Totalüberschuss sei auch den beiden Immobilien zuzurechnen, da diese Grundvoraussetzung für den Betrieb der Photovoltaikanlagen seien. Entgegen der Rechtsauffassung des Finanzamts B in der Einspruchsentscheidung habe der Bundesfinanzhof mit Urteilen vom 19. Juli 2011 XI R 29/10, XI R 21/10 und XI R 29/09 entschieden, dass für Zwecke des umsatzsteuerlichen Vorsteuerabzugs Aufwendungen für die Errichtung von Gebäuden anteilig dem Betriebs einer auf diesem Gebäude installierten Photovoltaikanlage zuzurechnen seien. Nach der Beurteilung des BFH sei für die anteilige Zuordnung der Aufwendungen ein Aufteilungsschlüssel dergestalt zu ermitteln, als dass die fiktiven Vermietungsumsätze, einmal aus der Vermietung des Gebäudeinneren und einmal aus der Vermietung des Daches, zueinander ins Verhältnis gesetzt würden. Tue man dies, ergebe sich auch bei den Einkünften aus Vermietung des Gebäudeinneren ein Totalüberschuss.
    Hilfsweise müssten die Einkünfte des Klägers aus dem Betrieb der Photovoltaikanlagen um fiktive Betriebsausgaben gemindert werden (sog. Aufwandseinlage). Die AfA auf die Hallen sowie die Versicherungsbeiträge müssten anteilig dem Gewerbebetrieb zu gerechnet werden. Wegen der Berechnung wird auf die Anlage zum Protokoll verwiesen.
    Die Kläger beantragen,
    die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Klägers in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden für 2005, 2007 und 2008 mit der Maßgabe zu ändern, dass weitere Verluste in folgender Höhe angesetzt werden:

    200533.214 EUR
    22072.857 EUR
    200814.690 EUR
    hilfsweise, dass die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb 2008 um 1.233 EUR gemindert werden.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen,
    hilfsweise, die Revision zuzulassen.
    Entscheidungsgründe
    Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
    Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger deshalb nicht
    in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–.
    Der Beklagte hat zu Recht die Verluste des Klägers aus der Vermietung der Hallen an die Klägerin nicht steuerlich berücksichtigt (nachfolgend unter 1.). Auch sind die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb nicht um eine sog. Aufwandseinlage zu mindern (nachfolgend unter 2.).
    1. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
    Steuerlich zu berücksichtigende Einkünfte im Sinne von § 2 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes –EStG– sind nur gegeben, wenn der Steuerpflichtige mit der Tätigkeit beabsichtigt, auf Dauer einen Gewinn bzw. Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen, also Gewinnerzielungsabsicht hat. Beim Fehlen einer solchen Absicht handelt es sich um eine steuerlich unbeachtliche private Tätigkeit, sogenannte Liebhaberei (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH –, seit Beschluss des Großen Senats vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 Bundessteuerblatt –BStBl– II 1984, 751; vgl. z. B. Bundesfinanzhof Urteil vom 15. November 2006 XI R 58/04, BFH/NV 2007, 434). Dies gilt für alle Einkunftsarten, das heißt, sowohl die Gewinn- als auch die Überschusseinkunftsarten.
    Gewinnerzielungsabsicht ist das Streben nach einem „Totalgewinn”; angestrebt werden muss ein positives Ergebnis zwischen Aufnahme und Beendigung der Tätigkeit. An dieser Absicht fehlt es, wenn die Prognose des zu erwirtschaftenden Totalgewinns negativ ist und der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 23. Mai 2007 X R 33/04).
    Liegen verschiedene, wirtschaftlich eigenständige Betätigungen vor, ist die Gewinnerzielungsabsicht nicht einheitlich für die gesamte Tätigkeit, sondern gesondert für die jeweilige Betätigung zu prüfen, sogenannte Segmentierung (BFH, Urteile vom 15. November 2006 XI R 58/04 a.a.O.; vgl. auch Urteil vom 18. Mai 1995 IV R 31/94, BStBl II 1995, 718). Um eine solche Segmentierung vorzunehmen, ist nicht erforderlich, dass es sich bei den Tätigkeiten um selbständige Teilbetriebe handelt. Notwendig, aber auch ausreichend, ist, dass die beiden Tätigkeiten voneinander trennbar sind. Bedingen sich die Tätigkeiten allerdings dergestalt, dass die verlustbringende Tätigkeit die andere Tätigkeit maßgeblich fördert, muss eine Segmentierung unterbleiben. Es ist im Geschäftsleben allgemein üblich, gegebenenfalls auch verlustbringende Teile eines Unternehmens zu betreiben, wenn dadurch das Gesamtunternehmen dergestalt gefördert wird, dass es insgesamt ein positives Ergebnis erzielt. Der Förder- und Sachzusammenhang schließt es aus, durch eine weitreichende Segmentierung ebenso eine Vielzahl verlustbringende Tätigkeiten auszuscheiden (BFH, Urteil vom 25.06.1996 VIII R 28/94, BStBl II 1997, 202).
    Unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze scheidet im Streitfall ein Ansatz von Verlusten aus Vermietung der Hallen an die Klägerin aus.
    Bei der Vermietung mehrerer Objekte ist die Gewinnerzielungsabsicht für jedes Objekt getrennt zu prüfen. Im Streitfall erfolgt die Vermietung der Hallen zu einer so niedrigen Miete, dass auf Dauer gesehen kein positiver Überschuss erzielt werden kann. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die zutreffenden Ermittlungen im Betriebsprüfungsbericht. Die Kläger haben dem auch nicht substantiiert widersprochen. Ihre Argumentation einer Gesamtschau der verschiedenen Tätigkeiten ist aus den oben genannten Gründen zurückzuweisen.
    2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb
    Die Einkünfte des Klägers aus dem Betrieb der Photovoltaikanlagen sind nicht um Aufwandseinlagen zu mindern.
    Zwar trifft es zu, dass die auf das jeweilige Dach aufgesetzte Photovoltaikanlage ohne die Halle nicht hätte errichtet und betrieben werden können. Damit sind die Hallen notwendige Voraussetzung für den Betrieb der Anlagen. Der Senat sieht aber keine Möglichkeit, die Aufwendungen für die Errichtung und Unterhaltung der Hallen aufzuteilen in der Vermietung der Hallen (die im Streitfall steuerlich unbeachtlich ist) und dem Betrieb der Photovoltaikanlagen zuordenbare Aufwendungen. Hierfür fehlt es an einem Aufteilungsmaßstab. Alle Aufwendungen für die Errichtung und die Unterhaltung der Hallen fallen in genau derselben Höhe auch ohne die Photovoltaikanlagen an.
    Die zum Vorsteuerabzug ergangenen Urteile des Bundesfinanzhofs vom 19.7.2011 können für ertragsteuerliche Zwecke nicht herangezogen werden, da sie auf spezifischen umsatzsteuerlichen Gründen beruhen.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
    Der Senat lässt nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zu, inwieweit einkommensteuerlich unbeachtliche Aufwendungen im Wege einer Aufwandseinlage gleichwohl steuerlich berücksichtigt werden können.

    VorschriftenEStG § 15, EStG § 21, EStG § 2

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