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  • 22.11.2011 · IWW-Abrufnummer 113755

    Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 06.06.2011 – 1 K 2222/10

    Ist ein Pkw zur Ausführung der dienstlichen Tätigkeit nicht nötig, sind die Kosten für die Miete eines PKW-Stellplatzes nicht im Rahmen der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten abzugsfähig.


    Tatbestand
    Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Pkw-Stellplatzmiete im Rahmen der doppelten Haushaltsführung streitig.
    Der Kläger erzielte im Streitjahr unter anderem Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. In seiner Einkommensteuererklärung machte er im Rahmen der doppelten Haushaltsführung Kosten für seine Unterkunft sowie für einen Pkw-Stellplatz am Arbeitsort geltend. Für die Wohnung und den Pkw-Stellplatz lagen zwei Mietverträge vor. In § 2 (5) des Mietvertrages über den Garagenstellplatz hieß es: „Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass weder ein wirtschaftlicher noch ein rechtlicher Zusammenhang zwischen diesem Stellplatzmietvertrag und einem Wohnraummietverhältnis besteht.”
    Weiterhin machte der Kläger in seiner Steuererklärung Fahrtkosten für Heimfahrten geltend. Er gab an, die Heimfahrten teilweise mit dem eigenen Pkw und teilweise mit der Bahn durchgeführt zu haben. Insgesamt bezifferte er die Kosten der doppelten Haushaltsführung auf …,-- €.
    Im Einkommensteuerbescheid vom ...01.2010 wurden insgesamt Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung in Höhe von …,-- € anerkannt. Im Zuge dieser Veranlagung berücksichtigte das beklagte Finanzamt (-FA-) zwar die Miet- und Mietnebenkosten für die gemietete Wohnung, nicht jedoch die Kosten für den Pkw-Stellplatz in Höhe von …,-- € (12 x … €) sowie
    …,-- € Reinigungskosten (im weiteren Verfahren hielt der Kläger daran nicht mehr fest). Dagegen wandte sich der Kläger mit einem Antrag auf Änderung des Bescheides mit der Begründung, die Kosten des Pkw-Stellplatzes seien in voller Höhe notwendige Unterkunftskosten am Beschäftigungsort und somit als Werbungskosten abzugsfähig.
    Mit Schreiben vom 17.02.2010 lehnte das FA den Antrag auf Änderung bzgl. der Kosten für den Stellplatz ab.
    Am 19.03.2010 legte der Kläger Einspruch gegen die Ablehnung seines Änderungsantrags vom 06.02.2010 zur Änderung des Einkommensteuerbescheides 2008 ein. Er führte aus, dass, selbst wenn die Stellplatzkosten für sich genommen nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden könnten, sie doch zumindest im Rahmen der Kostenobergrenze für die notwendigen Wohnkosten am Beschäftigungsort Berücksichtigung finden müssten.
    Der Kläger ist der Ansicht, der BFH hätte in seinem Urteil vom 14.06.2007 (BFH VI R 60/05, BFHE 218, 229, BStBl II 2007, 890) zum Ausdruck gebracht, dass die Kosten nicht durch die Entfernungspauschale abgegolten seien. Anderenfalls hätte der BFH dem vorbefassten Finanzgericht nicht den Auftrag erteilt, die Notwendigkeit der Kosten für den Stellplatz zu überprüfen. Darüber hinaus bildeten Wohnung und Stellplatz eine Einheit, daher seien die Stellplatzkosten häufig auch in den Kosten für die Wohnung enthalten.
    Am ...06.2010 erließ das FA einen „Bescheid über die Ablehnung des Antrags des Klägers auf Änderung des Einkommensteuerbescheides 2008”. Das FA vertrat dabei die Auffassung, die Kosten für den Stellplatz seien keine notwendigen Kosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung gem. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG), sondern seien eindeutig abgrenzbare Aufwendungen, die bereits mit der Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG abgegolten seien. Formal führte das FA aus, bislang sei kein ablehnender (formaler) Bescheid ergangen.
    Der Kläger vertrat indessen in seinem Antwortschreiben vom 06.07.2010 die Auffassung, es sei bereits das Schreiben des FA vom 17.02.2010 ein ablehnender Verwaltungsakt gewesen, der lediglich keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten habe, gegen den der Einspruch unabhängig davon jedoch zulässig gewesen sei. Der Kläger ist der Ansicht, Stellplatzkosten gehörten nach heutiger Lebensweise allgemein zu Wohnkosten. Im Übrigen liege ein Vollzugsdefizit vor, wenn die Anerkennung von Stellplatzkosten davon abhinge, ob das FA die Kosten getrennt ausgewiesen erkennen könnte oder sie in einem Gesamtmietpreis zunächst nicht zu erkennen wären.
    Mit Einspruchsentscheidung vom ...08.2010 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück. Es vertrat die Ansicht, dass die geltend gemachten Kosten für den Pkw-Stellplatz keine notwendigen Kosten im Rahmen der doppelten Haushaltführung darstellten, sondern pauschal -wie alle Unterhaltskosten für den Pkw- mit der Entfernungspauschale abgegolten seien.
    Gleichzeitig erließ das FA einen geänderten Bescheid über Einkommensteuer 2008 wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 129 Abgabenordnung. Darin änderte das FA die abzugsfähigen Kosten der doppelten Haushaltsführung auf …,-- €. In den Erläuterungen zum Bescheid hieß es: „Hiermit wurden Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass des Einkommensteuerbescheides vom ...01.2010 unterlaufen sind, berichtigt.” Gegen diesen Bescheid legte der Kläger zunächst mit Schreiben vom 26.08.2010 Einspruch ein mit der Begründung, die Voraussetzungen für den Erlass eines Änderungsbescheides nach § 129 AO lägen nicht vor. Dagegen vertrat das FA die Auffassung, dass sich aus der Werbungskostenaufstellung des Klägers eindeutig erkennen lasse, dass die Kosten der doppelten Haushaltsführung um …,-- € gekürzt werden sollten. Bei Übernahme der Daten in die Erfassungsmaske habe sich dann ein Flüchtigkeitsfehler ergeben, indem die Kürzung statt von dem geltend gemachten Betrag in Höhe von …,-- € von einem Betrag in Höhe von …,-- € vorgenommen wurde. Der Kläger stimmte im weiteren Verfahren dieser Auffassung zu.
    Der Kläger beantragt,
    unter Änderung des Bescheides vom ...08.2010 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom ...08.2010 die Einkommensteuer unter Anerkennung zusätzlicher Stellplatzkosten in Höhe von …,-- € herabzusetzen.
    Das Finanzamt beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung.
    Dem Gericht lag die Einkommensteuerakte 2008 vor.
    Gründe
    Die Klage ist unbegründet. Der angegriffene Einkommensteuerbescheid in der Fassung vom ...08.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Finanzgerichtsordnung -FGO-).
    1. Gemäß § 68 S. 4 Nr. 1 FGO wird der am ...08.2010 nach § 129 Abgabenordnung (-AO-) berichtigte Bescheid Gegenstand des Verfahrens. Zwar handelte es sich beim vom Kläger bisher geltend gemachten Klagebegehren um ein Verpflichtungsbegehren, doch ist § 68 FGO auch auf Verpflichtungsklagen anwendbar (Urteil des BFH vom 27.04.2004, Az. X R 28/02, BFH/NV 2004, 1287; Beschluss des BFH vom 18.12.2003, Az. II B 31/2000, BStBl II 2004, 237).
    Das FA war berechtigt, den ursprünglichen Bescheid gemäß § 129 AO zu berichtigen. Bei der Bearbeitung im FA wurde durch einen Zahlendreher der Betrag von …,-- € von einem falschen Wert von …,-- € abgezogen. Richtigerweise hätten die …,-- € von …,-- € abgezogen werden müssen. So hat auch der Kläger seinen bisher mit dem Einspruch verfolgten Anspruch auf Aufhebung des Bescheids nicht mehr aufrecht erhalten und in der mündlichen Verhandlung einen dementsprechenden Klageantrag gestellt.
    2. Die Voraussetzungen für den Abzug der Stellplatzkosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG liegen nicht vor. Das FA erkannte die doppelte Haushaltsführung zwar dem Grunde nach an. Gleichwohl handelt es sich bei den vom Kläger geltend gemachten Stellplatzkosten nicht um notwendige Mehraufwendungen im Sinne der Vorschrift. Wenn der Abzug von Kosten durch das Gesetz auf das Notwendige begrenzt ist, bestimmt sich dieser nicht nach subjektiven Vorstellungen des Steuerpflichtigen, sondern nach objektiven Maßstäben (Urteil des BFH vom 09.08.2007, VI R 23/05, BFHE 218, 376, BStBl II 2009, 722).
    Unabhängig von der Frage, ob im konkreten Fall wegen der tatsächlichen Verhältnisse in … die Anmietung eines Stellplatzes zum Schutz des Pkw angezeigt ist, ist nach dem eigenen Vortrag des Klägers bereits das Vorhalten eines Pkws am Arbeitsort nicht notwendig. Er fährt nach seinen eigenen Angaben in seiner Steuererklärung mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit. Lediglich an vier Arbeitstagen im Jahr legte er den Weg mit dem Auto zurück. Dienstreisen werden mit dem Fahrzeug ebenfalls nicht unternommen. Teilweise wird das Fahrzeug für Wochenendheimfahrten genutzt. Teilweise führt er diese nach seiner Angabe jedoch auch mit der Bahn durch. Für diese Fahrten hat er die entsprechenden Pauschalen für Wochenendheimfahrten geltend gemacht. Mit diesen Pauschalen sind sämtliche Kosten, die mit den entsprechenden Transportmitteln zusammenhängen, abgegolten.
    Darüber hinaus kann der Kläger die Stellplatzkosten auch nicht als Wohnungskosten geltend machen. Entgegen der Auffassung des Klägers gehört ein Pkw-Stellplatz nicht zwingend zu einer Wohnung. Zwar mag es in einzelnen Fällen, die auch bereits Gegenstand richterlicher Entscheidung gewesen sind, so gewesen sein, dass Wohnung und Pkw-Stellplatz von einem einheitlichen Mietvertrag umfasst waren und möglicherweise nicht getrennt anmietbar gewesen sind. Entscheidend sind jedoch die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall. Hier zahlt der Kläger für seinen Pkw-Stellplatz separat …,-- € monatlich. Auch befindet sich der Stellplatz zwar in der Nähe, gehört aber nicht unmittelbar zur Wohnung. Der Kläger hat für die Wohnung und den Stellplatz zwei getrennte Mietverträge abgeschlossen, die auch unabhängig voneinander kündbar sind. Dies ergibt sich insbesondere aus § 2 (5) des Mietvertrags über den Stellplatz, in dem es heißt: „Die Parteien sind sich darüber einig, dass weder ein wirtschaftlicher noch ein rechtlicher Zusammenhang zwischen diesem Stellplatzmietvertrag und einem Wohnraummietverhältnis besteht.” Insofern vermag auch das Argument des Klägers, es handele sich um ein Vollzugsdefizit, wenn die Verwaltung nur zufällig erkennen könne, ob Stellplatzkosten mit angegeben worden seien, nicht zu überzeugen. Im vorliegenden Fall lagen gerade zwei voneinander getrennte Verträge vor.
    Das Argument des Klägers, in der heutigen Zeit gehöre ein Pkw zur allgemeinen Lebensführung und daher gehörten auch die Kosten für den Stellplatz zu Wohnungskosten, vermag ebenfalls nicht zu überzeugen. Denn es obliegt der individuellen Entscheidung einzelner, ob sie einen Pkw vorhalten und wie sie ihn unterstellen. Im Falle des Klägers war der Pkw, wie bereits ausgeführt, jedenfalls nicht notwendig, um der dienstlichen Tätigkeit nachzugehen. Somit kommt es auf die Argumente des Klägers hinsichtlich der vom BFH vorgegeben Höchstbeträge bei Wohnraum im Rahmen der doppelten Haushaltsführung nicht an. Darüber hinaus hat der BFH in einer Entscheidung zu einem häuslichen Arbeitszimmer am Beschäftigungsort deutlich gemacht, dass zwischen den verschiedenen Aufwendungen zu differenzieren ist (Urteil des BFH vom 09.08.2007, VI R 23/05, BFHE 218, 376, BStBl II 2009, 722).
    3. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 135 Abs. 1 FGO.

    VorschriftenEStG § 9 Abs. 1 Nr. 5

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