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  • 22.11.2011 · IWW-Abrufnummer 113751

    Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 26.07.2011 – 8 K 81/11

    1.Zum Begriff der Versorgungsbezüge gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1a EStG.



    2.Bei den Bezügen im öffentlichen Dienst folgt das Steuerrecht bei der Frage, ob Versorgungsbezüge vorliegen oder nicht, der öffentlich-rechtlichen Einordnung.



    3.Bei Zahlungen im Rahmen der Altersteilzeit liegt ein Ruhegehalt bereits deswegen nicht vor, weil dieses erst mit Beginn des Ruhestandes gezahlt wird.


    Niedersächsisches Finanzgericht v. 26.07.2011

    8 K 81/11

    Tatbestand
    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob es sich bei Zahlungen im Rahmen der Altersteilzeit um Versorgungsbezüge handelt.

    Der im Jahr 1948 geborene Kläger war im Streitjahr als Beamter nichtselbstständig tätig. Mit Bescheid vom … hatte die zuständige Behörde dem Kläger vom 1.8.2004 bis zum 30.11.2013 Altersteilzeit nach dem Blockmodell gem. § 80 b des Niedersächsischen Beamtengesetzes gewährt. Entsprechend den Regelungen im Bewilligungsbescheid verrichtete der Kläger bis zum 31.3.2009 den Dienst mit der regelmäßigen Arbeitszeit. Ab 1.4.2009 begann die sogenannte Freistellungsphase und der Kläger wurde bis zum Eintritt in den Ruhestand mit Ablauf des 30.11.2013 vollständig von der Dienstleistung freigestellt.

    Mit der Einkommensteuererklärung erklärte der Kläger einen Bruttoarbeitslohn von 30.301 Euro sowie darin enthaltene Versorgungsbezüge von 25.190 Euro, die auf den Zeitraum vom 1.4. bis 31.12.2009 entfielen. Der Beklagte qualifizierte die Einnahmen im Einkommensteuerbescheid vom 22.11.2009 jedoch nicht als Versorgungsbezüge und gewährte dementsprechend keinen Versorgungsfreibetrag.

    Dagegen legte der Kläger Einspruch ein und begehrte die Berücksichtigung eines Versorgungsfreibetrages. Der Beklagte wies den Einspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, der erhaltene Arbeitslohn sei kein Ruhegehalt, da der Kläger die Altersgrenze von 63 Jahren noch nicht erreicht habe. Ferner liege auch kein anderer Bezug aus früheren Dienstleistungen vor. Bei der Altersteilzeitregelung bestehe das Dienstverhältnis grundsätzlich bis zum Eintritt in den Ruhestand fort. Auch in der Freistellungsphase bestehe damit ein Anspruch auf Dienstbezüge und nicht auf Versorgungsbezüge.

    Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Im Klageverfahren vertritt der Kläger die Auffassung, bei den ab 1.4.2009 gezahlten Bezügen handele es sich um dem Ruhegehalt gleichartige Bezüge im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 1a EStG. Entsprechend der Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH) in dem Urteil vom 12.2.2009 - Az. VI R 50/07 - werde aufgrund der Freistellung vom Dienst in der passiven Phase der Altersteilzeit ein begünstigter Versorgungsbezug gezahlt. Daher sei ihm der anteilige (für 9 Monate) Versorgungsfreibetrag zu gewähren. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ferner auf die Lohnsteuerrichtlinien verwiesen, die ebenfalls das Urteil des BFH vom 12.2.2009 zitieren und in denen ausgeführt werde, dass Bezüge nach unwiderruflicher Freistellung vom Dienst bis zu der Versetzung in den Ruhestand zu den Versorgungsbezügen gehörten (Hinweis 19.8).

    Der Kläger beantragt,

    ihm den Versorgungsfreibetrag in Höhe von 1.890 Euro und den Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in Höhe von 567 Euro nach § 19 Abs. 2 EStG zu gewähren,

    hilfsweise,

    die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er beruft sich zur Begründung auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid.



    Gründe
    Die Klage ist nicht begründet.

    1. Der Beklagte hat zu Recht die Berücksichtigung des Versorgungsfreibetrages sowie des Zuschlages zum Versorgungsfreibetrag abgelehnt.

    Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 EStG bleiben von den Versorgungsbezügen ein auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei. Im Streitfall können der Versorgungsfreibetrag sowie der entsprechende Zuschlag jedoch nicht gewährt werden, da der Kläger im Streitjahr keine Versorgungsbezüge erhalten hat.

    Versorgungsbezüge sind nach der hier allein in Betracht kommenden Regelung in § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1a EStG das Ruhegehalt oder ein gleichartiger Bezug auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften.

    Die während der Freistellungsphase an den Kläger gezahlten Bezüge stellen weder ein Ruhegehalt noch einen gleichartigen Bezug im Sinne des § 19 Abs. 2 EStG dar.

    a) Bei den hier vorliegenden Bezügen im öffentlichen Dienst folgt das Steuerrecht bei der Frage, ob Versorgungsbezüge vorliegen oder nicht, der öffentlich-rechtlichen Einordnung (Vorgreiflichkeit), so dass die Zahlung vom Arbeitgeber als Ruhegehalt oder sonstiger Bezug erbracht werden muss. Bei den Zahlungen im Rahmen der Altersteilzeit liegt ein Ruhegehalt daher bereits deswegen nicht vor, weil dieses nach den beamtenrechtlichen Regelungen erst mit Beginn des Ruhestandes, d.h. mit Ablauf des 30.11.2013 gezahlt wird (§§ 35, 38 Nieders. Beamtengesetz, § 1 Nieders. Besoldungsgesetz, § 4 Beamten-versorgungsgesetz).

    b) Die Bezüge sind zudem nicht als ein gleichartiger Bezug zu qualifizieren. Ein dem Ruhegehalt gleichartiger Bezug kann aufgrund der Vorgreiflichkeit nur dann vorliegen, wenn der öffentlich-rechtliche Zuwendungsgrund - wie für das Ruhegehalt - einen Versorgungszweck verfolgt und die Zuwendung für eine frühere Dienstleistung gezahlt wird (vgl. Breinersdorfer in Kirchhof / Söhn / Mellinghoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 19 Rdnr. C 30). Im Streitfall beruht die Zahlung auf den Regelungen des im Streitjahr noch geltenden § 80 b NBG. Danach kann Beamten unter bestimmten Voraussetzungen eine altersabhängige Teilzeitbeschäftigung bewilligt werden (§ 80 b Abs. 1 NBG). Nach Abs. 2 der Vorschrift ist die während der Gesamtdauer der Altersteilzeit zu erbringende Dienstleistung so zu verteilen, dass sie in der ersten Hälfte vollständig vorab geleistet wird und die Beamten anschließend vom Dienst freigestellt werden (Blockmodell). Ferner kann auf Antrag eine durchgehende Teilzeitbeschäftigung bewilligt werden (Teilzeitmodell). Bereits aus der gesetzlichen Formulierung ergibt sich, dass mit der Regelung kein Versorgungszweck verfolgt wird, denn die Zahlung ist Gegenleistung für die nach § 80 b Abs. 2 NBG „Während der Gesamtdauer der Altersteilzeit zu erbringenden Dienstleistung”. Sie soll daher die aktive Tätigkeit des Beamten entlohnen und ihn nicht - ohne Gegenleistung - versorgen. Da die gesetzlich festgelegte Verpflichtung des Beamten zur Erbringung der Arbeitsleistung grundsätzlich für die Gesamtdauer der Altersteilzeit besteht, kann es für die Qualifizierung der Bezüge keinen Unterschied machen, ob sich der Beamte in der aktiven oder in der Freistellungsphase im Blockmodell befindet oder ob für die Gesamtdauer der Altersteilzeit eine Teilzeitbeschäftigung vorliegt. Der öffentlich-rechtliche Zuwendungsgrund ist bei allen Alternativen die Entlohnung einer aktiven Tätigkeit, denn auch während der Freistellungsphase bleibt der Gegenleistungszusammenhang hinsichtlich der erbrachten Zahlungen unberührt und hat daher keinen Einfluss auf die Rechtsqualität der Zuwendung als Ertrag aus einem aktiven Arbeitsverhältnis (vgl. Breinersdorfer in Kirchhof / Söhn / Mellinghoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 19 Rdnr. C 22). Der seitens des Klägers zitierten Entscheidung des BFH vom 12.2.2009 (VI R 50/07) liegt insoweit ein anderer Sachverhalt zugrunde, denn dort stand den Zahlungen an den Beamten gerade keine aktive Tätigkeit gegenüber, vielmehr wurde dort durch die Gewährung von Sonderurlaub ab dem 58. Lebensjahr auf die Tätigkeit des Beamten verzichtet (zur Frage der Vergleichbarkeit der „58er-Regelung” mit der Altersteilzeit siehe auch Urteil des Nieders. Finanzgerichts vom 31.3.2004 7 K 393/99, EFG 2005, 299 - dort unter Rz 33). Auch der Hinweis (H 19.8) in den Lohnsteuerrichtlinien stellt erkennbar auf die Entscheidung des BFH zur „58er-Regelung” ab, so dass dieser für die Entscheidung unerheblich ist.

    Zudem geht auch der BFH in seiner Entscheidung vom 17.5.2006 (X R 19/05, BFH/NV 2006, 2049) davon aus, dass die Zahlungen im Rahmen der Altersteilzeit keine Versorgungsbezüge sind, da er diese Bezüge in die Bemessungsgrundlage für die Kürzung des Vorwegabzuges nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe a EStG einbezieht. Zwar sind diese Bezüge - möglicherweise - für die aktive Phase gezahlt worden, dies ändert jedoch nichts an der grundsätzlichen Qualifizierung der Bezüge für die Dauer einer als Gesamtheit zu betrachtenden Altersteilzeit.

    2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Revision war nicht zuzulassen, da die Gründe hierfür nicht vorliegen (§ 115 Abs. 2 FGO).

    RechtsgebieteEStG, BeamtenG, Nds. BesoldGVorschriftenEStG § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1a Nds. BeamtenG § 35 Nds. BeamtenG § 38 Nds. BesoldG § 1

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