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  • 08.07.2011 · IWW-Abrufnummer 112309

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 23.03.2011 – 2 K 1592/10

    Gibt ein Steuerpflichtiger Rentenbezüge in seiner Steuererklärung nicht an, so steht der Umstand, dass aufgrund seines Alters und des Vorhandenseins von Kindererziehungszeiten hinsichtlich einer Rente möglicherweise Anlass zu weiteren Ermittlungen bestanden hat, einer Änderung wegen neuer Tatsachen zuungunsten des Steuerpflichtigen nicht entgegen.



    Auch wenn dem Steuerpflichtigen bei Rentenbeginn die Auskunft erteilt wurde, die Rente sei wegen ihrer geringen Höhe nicht steuerpflichtig, ist von vorsätzlicher Steuerhinterziehung auszugehen, wenn der Steuerpflichtige bei Vorhandensein weiterer Einkünfte nicht erklärt.


    Finanzgericht Rheinland-Pfalz v. 23.03.2011

    2 K 1592/10

    Tatbestand
    Streitig ist, ob bestandskräftig gewordene Steuerbescheide wegen neuer Tatsachen zu Ungunsten der Kläger geändert werden durften.

    Die 1926 bzw. 1928 geborenen Kläger, Eheleute, werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger bezieht als pensionierter Lehrer Versorgungsbezüge von der OFD, die Klägerin seit 1. Juli 1993 eine Regelaltersrente von der Deutschen Rentenversicherung in Höhe von 2.863,00 DM (1993), 5.823,00 DM (1994), 5.935,00 DM (1995), 5. 978,00 DM (1996), 6.056,00 DM (1997), 6.486,00 DM (1998), 6.999,00 DM (1999), 7.329,00 DM (2000), 7.597,00 DM (2001), 3.963,00 € (2002), 4.026,00 € (2003), 4.047,00 € (2004 bis 2006) sowie 4.058,00 € (2007). Mit der Rente wurden auch Zuschüsse zur Kranken- und z.T. auch zur Pflegeversicherung ausgezahlt.

    Darüber hinaus erzielten die Kläger Einkünfte aus der Vermietung einer Garage in Höhe von 400,00 DM (1993 bis 2001, Einnahmen: 600,00 DM, Ausgaben: 200,00 DM) bzw. 200,00 € (2001 ff., Einnahmen: 300,00 €, Ausgaben: 100,00 €).

    In den jeweils im darauffolgenden Jahr abgegebenen Einkommensteuererklärungen 1993 bis 2006 hatten die Kläger keine Angaben zur Rente der Klägerin, als deren Beruf sie „Hausfrau” eingetragen hatten, gemacht. Betreffend die Einkommensteuererklärung für 2007 hatten sie auf Seite 2 des Mantelbogens („Einkünfte im Kalenderjahr 2007”) zwar ein Kreuz bei „Renten lt. Anlage R für Ehefrau” gesetzt, diese Anlage aber (zunächst) nicht eingereicht.

    Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen hatten sie in den Steuererklärungen für 1994 und 2003 angegeben, ihre gesamten Einnahmen aus Kapitalvermögen lägen unter 12.200,00 DM bzw. 3.202,00 €, also unter der Summe aus Sparerfreibetrag und Werbungskosten-Pauschbetrag. Für die dazwischen liegenden Veranlagungszeiträume hatten sie hierzu nichts erklärt.

    Nachdem der für die Veranlagung zuständige Bezirk des Beklagten jedoch Mitteilung davon erhalten hatte, dass der Kläger in 2002 im Rahmen einer Erbengemeinschaft Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 1,937,00 € erzielt hatte, reichten die Kläger auf Nachfrage des Finanzamtes, das darauf hingewiesen hatte, dass alle Bankkonten anzugeben seien, eine Aufstellung über Zinserträge in Höhe von 2.271,25 € nach, die nach Abgleich mit den von den Klägern für das Vorjahr beantragten Freistellungsaufträgen Zweifel an ihrer Vollständigkeit aufkommen ließ. Nach einer daraufhin vom Finanzamt bei einer Bank eingeholten Auskunft hatten die Kläger aus einem bis dahin nicht offengelegten Konto weitere Zinsen erhalten, die das Finanzamt zusammen mit den o.g. Zinserträgen in einem bestandskräftig gewordenen Änderungsbescheid für 2002 erfasste. Dabei unterlief ihm jedoch folgender Fehler: Es rechnete die von der Bank mitgeteilten Erträge in DM-Beträge um und erfasste diese sodann als Euro-Beträge. (Wegen der Ermittlung der Einnahmen aus Kapitalvermögen im Einzelnen wird auf Bl. 18 und 23 ESt-Akten 2002 verwiesen.)

    Im Vorgriff auf die Abgabe der Einkommensteuererklärung für den auf die Streitjahre folgenden Veranlagungszeitraum 2008 kam in einem Telefongespräch zwischen dem Veranlagungsbezirk des Beklagten und dem Enkel der Kläger die o.g. Altersrente der Klägerin zur Sprache. Der Enkel ließ wissen, dass die Kläger bisher der Meinung gewesen seien, dass die Rente zu gering für die Besteuerung sei. Ihrer noch am Tage dieses Gespräches eingereichten Einkommensteuererklärung 2008 hatten die Kläger eine Anlage R beigefügt, aus der sich die Altersrente der Klägerin und der o.g. Rentenbeginn ergab. Auch der Aufforderung des Finanzamtes, für die noch nicht regelverjährten Veranlagungszeiträume 2003 bis 2007 die entsprechenden Anlagen R ebenfalls nachzureichen, kamen die Kläger nach.

    Das Finanzamt änderte daraufhin unter dem 5. bzw. 6. Oktober 2009 - gestützt auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO - die vorausgegangenen bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerbescheide 1998 bis 2007 dahin, dass es die Altersrente der Klägerin nach den jeweils einschlägigen einkommensteuerrechtlichen Regelungen erfasste und die Sonderausgaben um die mit der Rente erhaltenen Zuschüsse zu Versicherungen kürzte.

    Der Enkel der Kläger ließ in der Folgezeit telefonisch wissen, der Kläger habe sich bei der OFD wegen der Rente erkundigt. Ihm sei mitgeteilt worden, dass eine geringe Rente nicht steuerpflichtig sei.

    Mit sodann gegen die o.g. Änderungsbescheide fristgerecht eingelegtem Einspruch wendeten die Kläger weiter ein, der Kläger sei bereits mit Beginn der Rentenzahlungen beim Beklagten vorstellig geworden. Damals habe man ihm die Auskunft erteilt, dass diese Rente, da sehr gering, nicht steuerpflichtig sei. Außerdem hätten sie, die Kläger, auf den Mantelbögen stets angekreuzt, dass die Klägerin eine Rente beziehe. Das Finanzamt habe mithin Kenntnis von dem Rentenbezug gehabt, was der Änderung nach § 173 AO entgegenstehe. Da das Geburtsdatum der Klägerin sowie der Umstand bekannt gewesen seien, dass die Kläger für ihren Sohn jährlich Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben geltend machten, hätte das Finanzamt auf den Erhalt der Rente schließen können, denn Kindererziehungszeiten führten zunächst zu Rentenanwartschaften und sodann zu Rentenbezügen. Bei gehöriger Erfüllung seiner Amtsermittlungspflicht hätte das Finanzamt daher auch aus diesem Grund von der Rente Kenntnis haben können und müssen. Die Kläger hätten dagegen das ihrerseits Erforderliche getan. Aber selbst wenn man ihnen eine Mitverantwortung auferlegen wollte, wiege die Verantwortung des Finanzamtes schwerer.

    Darüber hinaus sei für die Veranlagungszeiträume 1998 bis 2003 Festsetzungsverjährung eingetreten. Eine Ausdehnung der Festsetzungsverjährung wegen Steuerhinterziehung bzw. leichtfertiger Steuerverkürzung komme nicht in Betracht. Den Klägern sei weder Vorsatz noch Leichtfertigkeit vorzuwerfen. Dass dem Finanzamt zunächst mitgeteilt worden sei, der Kläger habe sich bei der OFD nach der Steuerpflicht der Renteneinkünfte erkundigt, sei eine Verwechslung des Enkels gewesen. Auf Grund der Information des Beklagten seien die Kläger unverschuldet irrtümlich davon ausgegangen, dass die Rente der Klägerin nicht der Besteuerung unterliege. Bei diesem Irrtum handele es sich um einen Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum. Auch sonst sei kein vorwerfbares Verhalten der Kläger festzustellen, so dass auch Leichtfertigkeit ausscheide.

    Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 7. April 2010 zurückgewiesen. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, die Tatsache, dass die Klägerin eine Altersrente beziehe, sei dem Finanzamt erst nach Durchführung der betreffenden Einkommensteuerfestsetzungen bekannt geworden. Für eine falsche Auskunft des Finanzamtes fehlten Anhaltspunkte. Daher sei insoweit nach den Regeln der Beweislast zu entscheiden, die die Kläger treffe. Die Kläger seien ihrer Pflicht, die steuererheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen, in den Streitjahren nicht nachgekommen. Sie hätten die in den Steuererklärungsvordrucken ausdrücklich gestellte Frage nach sonstigen Einkünften nicht beantwortet. Die bei den Klägern vorhandenen Unterlagen (Rentenbescheide und Rentenanpassungsmitteilungen) seien ebenfalls nicht vorgelegt worden. Den von den Klägern abgegebenen, insoweit eindeutigen Steuererklärungen habe das Finanzamt nicht mit Misstrauen begegnen müssen. Dass die Klägerin Rente erhalte, habe sich dem Finanzamt auch aus den übrigen Angaben in den Steuererklärungen nicht ohne weiteres aufdrängen müssen. Allein das Alter der Klägerin sowie der Umstand der Unterhaltsleistungen an den Sohn reichten hierzu nicht aus. Selbst wenn man dem Finanzamt insofern eine Amtsermittlungspflichtverletzung vorwerfen wollte, falle dieser Verstoß gegenüber den unvollständigen Steuererklärungen der Kläger nicht ins Gewicht. Dies gelte auch für den Veranlagungszeitraum 2007, weil die Anlage R nicht beigefügt gewesen sei.

    Die Kläger hätten auch zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt. Sie hätten ihre Behauptung, der Kläger habe anlässlich einer Vorsprache an Amtsstelle die Auskunft erhalten, dass die Rente nicht steuerpflichtig sei, nicht nachweisen können. Diese Behauptung erscheine auch nicht glaubhaft, da die Steuererklärungen bis einschließlich des Veranlagungszeitraumes 2006 nicht persönlich im Bezirk abgegeben worden seien. Auch sonst ergäben sich aus den Akten keinerlei Hinweise auf eine Vorsprache. Es sei lediglich eine Gesprächsnotiz vom 11. Januar 2005 zu finden, nach der der Kläger betreffend die Einkünfte aus Kapitalvermögen des Jahres 2003 beim Finanzamt angerufen habe. Zudem erscheine es unglaubhaft, dass ein Mitarbeiter des Finanzamtes tatsächlich die von den Klägern behauptete Auskunft gegeben haben sollte. Jedem mit dem Steuerfall der Kläger betrauten Finanzamtsmitarbeiter wäre die steuerliche Bedeutung des Rentenbezugs bewusst gewesen.

    Zu berücksichtigen sei auch, dass die Kläger für jeden Veranlagungszeitraum in der jeweiligen Anleitung zur Einkommensteuererklärung darauf hingewiesen worden seien, dass Rentner ihre Renteneinkünfte anzugeben hätten. In den Anleitungen sei zudem betont worden, dass sämtliche Einkünfte erklärt werden müssten und letztlich das Finanzamt über deren Steuerpflicht entscheide. Somit hätten es die Kläger nicht von vornherein unterlassen dürfen, die Altersrente anzugeben. Sie hätten vielmehr auch den Bezug dieser vermeintlich steuerfreien Bezüge erklären müssen. Im Übrigen dürfte es hinsichtlich der Veranlagungszeiträume für 2005 ff. auf Grund der öffentlichen Diskussion und Berichterstattung über die Neuregelung der Rentenbesteuerung jedem Rentner klar geworden sein, dass Renten steuerpflichtig und daher in der Steuererklärung anzugeben seien.

    Mit der vorliegenden, sich hiergegen richtenden Klage tragen die Kläger - über ihr bis dahin erfolgtes Vorbringen hinaus - vor, sie seien bei der Erstellung ihrer Einkommensteuererklärungen steuerlich nicht beraten gewesen. Seit 2005 werde in dem Mantelbogen nach Renteneinkünften - getrennt nach Ehemann und Ehefrau - gefragt. Die Kläger hätten daraufhin in dem Mantelbogen der Erklärung für 2007 das entsprechende Kreuz gesetzt. Eine Anlage R sei den Erklärungsvordrucken jedoch nicht beigefügt gewesen. Die Erklärung der Altersrente der Klägerin unter Beifügung der Anlage R sei erfolgt, weil für das Jahr 2008 der Enkel der Kläger bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung geholfen und im Zuge dessen mit dem Finanzamt telefoniert habe.

    Hinsichtlich 2007 liege schon deshalb keine neue Tatsache im Sinne des § 173 AO vor, weil die Kläger auf dem Mantelbogen das entsprechende Kreuz gesetzt hätten. Das Finanzamt hätte dem sich aus dem Fehlen der Anlage R ergebenden Widerspruch hierzu nachgehen müssen. Für die Veranlagungszeiträume bis 2005 sähen die Vordrucke auf dem Mantelbogen die Frage nach einer Rente für die Ehefrau nicht vor, so dass den Klägern aus dem Fehlen des entsprechenden Kreuzes und dem Nichteinreichen der entsprechenden Anlagen kein Vorwurf gemacht werden könne. Für einen Laien sei nicht ohne weiteres erkennbar, dass mit der Anlage SO, die in den Vordrucken Erwähnung gefunden habe, Renteneinkünfte zu erfassen seien.

    Das Finanzamt habe wegen der bereits erwähnten persönlichen Nachfrage durch den Kläger bei Beginn des Rentenbezuges von Anfang an positive Kenntnis hiervon gehabt. Ansprechpartner des Klägers sei immer das zuständige Finanzamt Neustadt gewesen. Den Namen und die genaue Dienstbezeichnung des damaligen Ansprechpartners könnten der Kläger allerdings nicht mehr nennen. Selbst wenn sie sich hierzu Notizen gemacht hätten, seien sie nicht verpflichtet, solche Unterlagen über einen Zeitraum von mehr 10 Jahren aufzubewahren. Dies könne ihnen nunmehr nicht zum Vorwurf gemacht werden. Gegebenenfalls komme hier eine Beweislastumkehr in Frage. Entgegen der Darstellung des Beklagten hätten die Kläger ihre Steuererklärung stets persönlich, nämlich durch Einwurf in den Briefkasten oder beim Pförtner, abgegeben.

    Auch läge keine Steuerhinterziehung vor. In diesem Zusammenhang müsse man sich die Frage stellen, ob der Enkel der Kläger bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung für 2008 tatsächlich bei dem beklagten Finanzamt angerufen hätte, wenn man klägerischerseits die Hinterziehung von Steuern billigend in Kauf genommen hätte. Im Übrigen habe die Abgabe der unvollständigen Steuererklärungen auf einem Rechtsirrtum beruht, der den Klägern nicht als grobes Verschulden anzulasten sei.

    Die Kläger beantragen,

    die Einkommensteueränderungsbescheide für 1998 bis 2007 vom 5. bzw. 6. Oktober 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. April 2010 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er erklärt, seine Einspruchsentscheidung ergänzend, dass zwar die Unterlagen für den Veranlagungszeitraum des Rentenbeginns, 1993, nicht mehr vorlägen. Die Kläger hätten jedoch selbst eingeräumt, nie beim zuständigen Veranlagungsbezirk vorstellig geworden zu sein, indem sie vorgetragen hätten, ihre Steuererklärungen durch Einwurf in den Briefkasten oder beim Pförtner abgegeben zu haben. Somit habe auch nicht überzeugend dargelegt werden können, dass ein fehlerhaftes Verhalten des Finanzamtes Einfluss auf das Verhalten der Kläger gehabt habe. Im Übrigen ergebe sich auch aus den Angaben „Hausfrau” sowie zum Alter und der Unterstützung eines Kindes nicht zwingend ein Hinweis auf den Bezug einer - darüber hinaus - antragsgebundenen Rente, da viele Frauen im Alter der Klägerin die Mindestzeiten eines Rentenanspruches gar nicht erfüllt oder keine entsprechenden Anträge gestellt hätten. Betreffend das Streitjahr 2007 wiege die Verletzung der Mitwirkungspflicht durch die Kläger mindestens genauso schwer wie die Verletzung der Ermittlungspflicht des Finanzamtes, so dass eine Änderung nach § 173 AO habe vorgenommen werden dürfen.

    Hinsichtlich der Annahme von Steuerhinterziehung dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass im vorliegenden Fall über sehr viele Jahre hinweg keine Angaben zu Renteneinkünften gemacht worden seien. Außerdem habe in die Gesamtbetrachtung auch das Verhalten der Kläger hinsichtlich der Kapitaleinkünfte des Jahres 2002 einzufließen.

    Dem halten die Kläger entgegen, wenn der Beklagte vortrage, dass der zuständige Bearbeiter bei Kenntnis der Aktenlage eine Aussage, die Rente sei steuerfrei, niemals erteilt hätte, liege darin die Geltendmachung eines hypothetischen Geschehensablaufes, der, weil die Veranlagungsakten 1993 nicht mehr vorlägen, weder nachgewiesen noch sonst feststellbar sei. Außerdem dränge sich die Frage auf, wer denn überhaupt der zuständige Beamte sei. Es sei wohl nicht ernstlich zweifelhaft, dass sich ein Steuerbürger Auskünfte auch ohne vorherige intensive Informationseinholung über interne Zuständigkeiten geben lassen dürfe. Selbst wenn die Kläger den Pförtner gefragt hätten, müsse sich das Finanzamt dessen Auskünfte anrechnen lassen.

    Auch sei nicht dargetan, inwiefern die Angaben in der Einkommensteuererklärung 2007 unvollständig gewesen sein sollten. Es sei auch nicht nachvollziehbar, worauf angespielt werde, wenn das Finanzamt die Vorgänge zu den Kapitaleinkünften des Jahres 2002 ins Spiel bringe.

    Dem Senat lagen außer den die Streitjahre betreffenden Einkommensteuerakten auch die noch für Vorjahre vorhandenen Verwaltungsakten (ab 1994) vor.



    Gründe
    Die Klage ist unbegründet.

    Die Voraussetzungen für eine Korrektur der Einkommensteuerbescheide 1998 bis 2007 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO lagen vor. Das Finanzamt war damit befugt und gleichzeitig auch verpflichtet, die Einkommensteuerfestsetzungen zu Lasten der Kläger zu ändern.

    Steuerbescheide sind nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern, soweit Tatsachen nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Dies gilt allerdings nur unter den weiteren Voraussetzungen, dass die frühere Kenntnis der später bekannt gewordenen Tatsachen für die ursprüngliche Veranlagung rechtserheblich gewesen wäre und der Änderung zum Nachteil des Steuerpflichtigen Treu und Glauben nicht entgegenstehen.

    Für die Kenntnis im Sinne dieser Vorschrift kommt es auf die Personen an, die innerhalb des Finanzamtes dazu berufen sind, den Steuerfall zu bearbeiten, nicht etwa auf andere Stellen des Finanzamtes oder gar andere Behörden. Wenn ein Steuerpflichtiger sichergehen will, dass Einkünfte steuerfrei sind bzw. dass eine Änderung wegen neuer Tatsachen - bei Offenlegung dieser Einkünfte - nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ausscheidet, so muss er sich - entgegen der Auffassung der Kläger - mit den bzw. mit einem nach dem Geschäftsverteilungsplan des Finanzamtes zuständigen Bearbeiter, ggfs. mit dessen Vertreter, in Verbindung setzen. Hierzu genügt ein Blick auf die Steuernummer und die Bitte beim Pförtner bzw. der Telefonannahmestelle des Finanzamtes, den Steuerpflichtigen mit dem für diese Steuernummer zuständigen Bearbeiter in Verbindung zu setzen.

    Es ist auch irrelevant, ob dem zuständigen Bearbeiter die Tatsache, dass die Klägerin in den Streitjahren eine Altersrente bezog, ggfs. hätte bekannt sein können oder müssen. Im Rahmen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ist gerade nicht auf das Kennenkönnen bzw. Kennenmüssen abzustellen, sondern auf die tatsächliche Kenntnis (vgl. Rüsken in Klein, AO, 9. Aufl. 2006, § 173, Rz. 49, m.w.N.; BFH, Urteil vom 26. November 1996, IX R 77/95, BStBl II 1997, 422).

    Die Frage des Kennenmüssens bzw. Kennenkönnens stellt sich erst bei der Prüfung, ob eine grundsätzlich statthafte Änderung nach Treu und Glauben ausgeschlossen ist. Erst in diesem Zusammenhang findet die Berücksichtigung tatsächlich unbekannter Tatsachen eine Einschränkung.

    Zur aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Senates steht fest, dass den zur Bearbeitung des Steuerfalles der Kläger berufenen Mitarbeitern des Finanzamtes die Tatsache, dass die Klägerin eine Rente bezog, erst durch die telefonische Information durch den Enkel der Kläger bzw. auf Grund der Einkommensteuererklärung 2008, mithin nach abschließender Zeichnung der streitbefangenen Einkommensteuerfestsetzungen und damit nachträglich im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, bekannt wurde.

    Dafür, dass mit der Veranlagung befasste Personen eine solche Kenntnis früher gehabt haben könnten, bestehen keine objektiven Anhaltspunkte. Aus den noch vorliegenden Verwaltungsakten ergeben sich keine Hinweise auf den Rentenbezug oder eine diesbezügliche Nachfrage des Klägers bzw. der Klägerin. Eine Rente der Klägerin wird an keiner Stelle erwähnt, insbesondere auch nicht in den jeweiligen Einkommensteuererklärungen - etwa mit der Berufsbezeichnung (dort wurde nur „Hausfrau”, nicht jedoch „Rentnerin” angegeben) oder mit dem Hinweis, dass auf die genaue Deklaration wegen der Auskunft, die Rente sei steuerfrei, verzichtet worden sei.

    Darüber hinaus lassen sich weder für die Streitjahre noch für die Vorjahre Vermerke über dahingehende Angaben der Kläger finden. Diese vermögen auch nicht (mehr) zu sagen, wer die von ihnen behauptete Auskunft wann gegeben haben soll.

    Gemäß den Eingangsstempeln wurden die Einkommensteuererklärungen jedenfalls seit 1994 zwar u.U. persönlich abgegeben, dies jedoch an der Pforte, nicht aber beim Bearbeiter. Eine Abgabe im Bezirk wäre mit Namenszeichen und handschriftlicher Angabe des Eingangsdatums bzw. mit Namenskürzel und einem (anderen) Datumsstempel vermerkt worden.

    Einer Änderung steht auch der Grundsatz von Treu und Glauben nicht entgegen. Insbesondere ist dem Finanzamt kein Sachverhalts-Ermittlungsfehler vorzuwerfen, der zu einer Versagung der Änderungsmöglichkeit führen könnte.

    Eine tatsächlich unbekannt gebliebene Tatsache darf im Rahmen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO dann keine Berücksichtigung finden, wenn sie das Finanzamt bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner sich aus § 88 AO ergebenden Amtsermittlungspflichten erkannt hätte. Das gilt jedoch nur, wenn andererseits der Steuerpflichtige seine ihm nach § 90 AO obliegende Mitwirkungspflicht erfüllt hat.

    Umfang und Grenzen der Ermittlungspflicht des Finanzamtes werden durch die im Einzelfall gemachten Angaben des Steuerpflichtigen bestimmt. Dabei kommt es - gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Änderungsvorschrift des § 173 AO der Verwirklichung materieller Steuergerechtigkeit dient - wesentlich darauf an, ob dieser den steuerlich relevanten Sachverhalt dem Finanzamt richtig, vollständig und deutlich zur Prüfung unterbreitet hat. Dabei sind insbesondere die in den Erklärungsvordrucken gestellten Fragen richtig und vollständig zu beantworten und die lt. den Anleitungen zur Einkommensteuererklärung ersichtlichen Angaben richtig und vollständig zu machen. Ist sich ein Steuerpflichtiger nicht sicher, ob einem bestimmten Sachverhalt steuerliche Relevanz zukommt, so hat er diesen dem Finanzamt zur Prüfung zu offenbaren. Nur wenn sich Unklarheiten oder Zweifelsfragen aufdrängen, ist die Finanzbehörde zu weiteren Ermittlungen verpflichtet (BFH, Urteil vom 28. Juni 2006, XI R 58/05, BStBl II 2006, 835).

    Haben sowohl der Steuerpflichtige als auch das Finanzamt es versäumt, den Sachverhalt aufzuklären, kann der betreffende Steuerbescheid nur dann nicht geändert werden, wenn die Pflichtverletzung des Finanzamtes die des Steuerpflichtigen deutlich überwiegt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. den Beschluss des BFH vom 24. März 2004, X B 110/03, BFH/NV 2004, 1070, m.w.N.).

    Im Streitfall haben die Kläger in ihren Einkommensteuererklärungen - was allerdings selbstverständlich ist - zwar stets das Geburtsdatum der Klägerin und den Familienstand angegeben sowie durchgängig Unterhaltsaufwendungen für einen in 1961 geborenen Sohn geltend gemacht. Eine den Steuerfall bearbeitende Person hätte bei Kenntnis dessen, dass unter bestimmten weiteren Umständen Kindererziehungszeiten rentenbegründend sind, jedoch allenfalls vermuten können, dass die Klägerin eine Altersrente beziehen könnte. Ganz abgesehen davon, dass die Kenntnis der rentenrechtlichen Vorschriften von einer mit dem Steuerrecht befassten Person nicht ohne weiteres erwartet werden kann, ist damit die Tatsache des Bezugs einer Rente, die im übrigen auch beantragt werden muss, keinesfalls klar und deutlich offengelegt. Die Kläger haben daher unvollständige Angaben gemacht, obwohl auf Seite 1 der Anleitungen zu den Einkommensteuererklärungen alle Rentner mit dem Hinweis angesprochen werden, dass die Anlage KSO bzw. SO bzw. R abzugeben ist.

    Die Kläger können in diesem Zusammenhang auch nicht damit gehört werden, dass sie insoweit schuldlos, weil auf Grund einer Auskunft in anderer Rechtsansicht, handelten. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, änderte dies nichts daran, dass dann auch das Finanzamt nicht gegen seine Ermittlungspflicht verstoßen hätte und daher zu einer Änderung befugt gewesen wäre.

    Die Änderung wegen neuer Tatsachen ist auch was den Veranlagungszeitraum 2007 betrifft rechtmäßig. Die Kläger haben in ihrer Einkommensteuererklärung für dieses Jahr zwar im Mantelbogen die Zeile „Renten lt. Anlage R für Ehefrau” angekreuzt, jedoch keine entsprechende Anlage R beigefügt. Damit haben sie hinsichtlich der Rente entgegen der o.g. Aufforderung zur Abgabe der entsprechenden Anlage in der Anleitung zur Einkommensteuererklärung lediglich unvollständige Angaben gemacht und insoweit ihren Mitwirkungspflichten nicht genügt.

    Für das Finanzamt hätte zwar seinerseits nunmehr Veranlassung bestanden, bezüglich der Anlage R nachzufragen. Bei Abwägung der beiderseitigen Pflichtverstöße überwiegt nach Dafürhalten des Senates jedoch der der Kläger. Jedenfalls überwiegt der des Finanzamtes nicht deutlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein einzelnes Kreuz auf dem Mantelbogen leicht zu übersehen ist und die Kläger in keinem der Vorjahre eine Rente erklärt hatten.

    Der danach für alle Streitjahre grundsätzlich zulässigen Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO stand, auch soweit für die Jahre bis einschließlich 2003 die Regelverjährung bereits eingetreten war, die Festsetzungsverjährung nicht entgegen, denn insoweit liegen die Voraussetzungen für eine nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO wegen Steuerhinterziehung auf 10 Jahre verlängerte Festsetzungsfrist vor.

    Eine Steuerhinterziehung begeht, wer den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder sie pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, § 379 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 AO. Steuern sind dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden. Unvollständige Angaben im Sinne dieser Vorschrift werden gemacht, wenn im Rahmen der Darstellung eines Sachverhaltes bestimmte Elemente nicht offenbart werden, deren rechtliche Relevanz objektiv zweifelhaft ist ( BFH, Urteil vom 16. Dezember 2008, I R 23/07 , abgedruckt in Juris).

    Die Steuerhinterziehung muss vorsätzlich, d.h. mit Wissen und Wollen desjenigen, der die unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben gemacht hat, begangen werden, § 15 StGB. Dies setzt - bezogen auf den objektiven Tatbestand - voraus, dass der Steuerpflichtige weiß oder zumindest damit rechnet, durch unrichtige oder unvollständige Angaben Steuern zu verkürzen. Dazu muss er den angegriffenen Steueranspruch nach Grund und Höhe für möglich halten. Dafür reicht es aus, dass er anhand einer u.U. laienhaften Bewertung der Tatsachen erkennt, dass ein Steueranspruch existiert, auf den er einwirken kann. Andernfalls kämen nur die Strafbarkeit von Steuerfachleuten in Betracht. Mit anderen Worten: es genügt, wenn der Steuerpflichtige im Sinne einer „Parallelwertung in der Laienssphäre” erkennt, dass er durch die unrichtigen oder unvollständigen Angaben eine Steuerverkürzung bestimmten Umfanges bewirken kann ( BFH, Urteil vom 16. Dezember 2008, I R 23/07 , a.a.O., m.w.N.). In diesem Rahmen ist auf die konkreten Fähigkeiten des Betroffenen zur möglichen steuerrechtlichen Wertung von Tatbeständen abzustellen.

    Für das Vorliegen der objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung trägt das Finanzamt die objektive Beweislast. Das Vorliegen dieser Tatbestandsmerkmale ist im Besteuerungsverfahren jedoch nicht nach der Strafprozessordnung, sondern nach den Vorschriften der AO und der FGO zu prüfen. Für die Feststellung der Steuerhinterziehung, die nach § 76 Abs. 1 Sätze 1 und 5 FGO von Amtswegen zu treffen ist, ist kein höherer Grad von Wahrscheinlichkeit notwendig als für die Feststellung anderer Tatsachen, für die das Finanzamt die Feststellungslast trägt.

    Ein den Vorsatz ausschließender Tatbestandsirrtum nach § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB liegt nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht erkennt, dass seine Angaben unrichtig oder unvollständig sind bzw. dass ein Verkürzungserfolg eintreten kann.

    Vorliegend ist von einer gemeinschaftlichen, zumindest bedingt vorsätzlichen Steuerhinterziehung der Kläger auszugehen.

    Indem die Kläger in ihren Einkommensteuererklärungen keine Angaben zur Altersrente der Klägerin machten, so dass deren steuerpflichtiger Teil bei der Einkommensteuerfestsetzung außen vor blieb, erfüllten sie den objektiven Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alternative AO.

    Dies geschah nach Überzeugung des Senates - jedenfalls betreffend die regelverjährten Streitjahre - auch in der Absicht, die entsprechenden Einkünfte zu verschleiern. Das ergibt sich in Gesamtschau folgender Einzelumstände:

    ■Die Kläger haben es von 1993 an unterlassen, die Rente der Klägerin zu erklären oder auch nur das Finanzamt ganz allgemein von dem Erhalt der Rente zu Überprüfung deren Steuerpflicht zu informieren, obwohl in den Anleitungen zur Einkommensteuererklärung aller Streitjahre - dort gleich auf der jeweils ersten Seite - alle Rentner angesprochen und aufgefordert werden, die Anlage KSO bzw. SO bzw. R abzugeben. Insbesondere war nach der bei Beginn der Rente in 1993 noch gültigen Anlage KSO (Rückseite), die die Kläger ausgehend von dem Einkommensteuerbescheid 1993 ausgefüllt und die sie auch tatsächlich noch in 1994 eingereicht hatten, ausdrücklich Angaben zu sämtlichen Altersruhegeldern, getrennt nach Ehemann und Ehefrau, gefordert, ohne dass sich hieraus ein Hinweis auf irgendeine Mindestgrenze oder einen „Rentenfreibetrag” o.ä. herauslesen ließe.

    ■Die Kläger haben als Beruf der Klägerin „Hausfrau” angegeben, obwohl - ausgehend von der Berufsbezeichnung „Pensionär” beim Kläger - die Angabe „Rentnerin” näher gelegen hätte. Allerdings wäre dann auch eine Nachfrage des Finanzamtes nach entsprechenden Renteneinkünften zu erwarten gewesen.

    ■Die Kläger hatten betreffend das Jahr 2002 erklärt, ihre gesamten Einnahmen aus Kapitalvermögen lägen unter 3.202,00 €, obwohl der Kläger, was sie wussten, im Rahmen einer Erbengemeinschaft als Miterbe zu 1/2 Kapitalerträge von knapp 2.000,00 € erzielt hatte, zu denen nach der auf Aufforderung nachgereichten Zusammenstellung der Kläger 2.271,25 € hinzukamen, wodurch bereits die o.g. Grenze überschritten wurde. Darüber hinaus war auch in der nachgereichten Aufstellung eines der bei der VR Bank bestehenden ertragbringenden Konten immer noch nicht enthalten und konnte erst aufgrund weiterer Nachforschungen des Finanzamtes festgestellt wurden. Dies legt den Schluss nahe, dass die Kläger Einkünfte dort, wo sie nicht mit einer Entdeckung rechneten, verschwiegen.

    ■Trotz der im Vorfeld der ab 2005 gültigen Rechtsänderung in sämtlichen Medien heftig diskutierten Rentenbesteuerung und der ab 2005 auf Seite 2 des Mantelbogens explizit und getrennt nach Ehepartnern gestellten Frage nach Renten haben die Kläger, obwohl hierzu spätestens jetzt Anlass bestanden hätte, an ihrem Erklärungsverhalten nichts geändert.

    ■Im Gegensatz zur Rente der Klägerin und den o.g. Kapitaleinkünften 2002 erklärten die Kläger stets Einkünfte sehr viel geringeren Umfanges aus der Vermietung einer Garage. Dies bliebe unverständlich, wenn man der Darlegung der Kläger zur Rente (steuerfrei, weil zu gering) folgen wollte, ergibt aber vor dem Hintergrund einen Sinn, dass es sich dabei um einen Vorgang handelt, in den ein Dritter involviert ist und daher das Risiko der Entdeckung größer ist.

    ■Der Kläger ist als pensionierter Lehrer auch in verwaltungstechnischen Dingen versiert und - wie die von ihm gefertigten Steuererklärungen und dort insbesondere die bis 2006 geltend gemachten Unterhaltsaufwendungen für den erwachsenen Sohn belegen - durchaus in der Lage, steuerrechtliche Interessen wahrzunehmen.

    ■Die von den Klägern ins Feld geführte Auskunft, die Rente sei steuerfrei, ist völlig unsubstantiiert geblieben. Die Kläger vermochten weder darzulegen (noch ergibt sich dies aus den Verwaltungsakten), wer diese Auskunft wann, wo und bei welcher Gelegenheit gegeben haben soll.

    Selbst wenn man jedoch die Erteilung der Auskunft als wahr unterstellt, hätten die Kläger jedenfalls bedingt vorsätzlich gehandelt. Nach den oben dargestellten Grundsätzen genügt es hierzu, dass sich der Steuerpflichtige vor der zutreffenden Rechtsansicht verschließt. Davon wäre hier - auf Basis der behaupteten Auskunft - auszugehen. Deren fehlende rechtliche Verbindlichkeit lag auf der Hand. Damit und vor dem Hintergrund der oben aufgeführten Einzelumstände war klar, dass die behauptete Auskunft keinen tragfähigen Grund für das Verschweigen der Rente bilden konnte. Die o.g. Auskunftserteilung als wahr unterstellt, lässt sich das Verhalten der Kläger nur nachvollziehen, wenn man davon ausgeht, dass sie sich nur zu gern auf die darin geäußerte Auffassung zurückzogen und die Möglichkeit der Steuerpflicht nicht in Betracht ziehen wollten.

    Damit haben sie es aber gerade darauf ankommen lassen, dass die Renteneinkünfte möglicherweise zu Unrecht nicht erfasst werden und hierdurch eine Steuerverkürzung eintritt. Dies haben die Kläger, wenn nicht gar gebilligt, so doch jedenfalls in Kauf genommen.

    Das Finanzamt hat betreffend das Streitjahr 2002 gem. § 177 Abs. 1 AO den o.g. Fehler bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu korrigieren.

    In dem angegriffenen Änderungsbescheid für 2002 ist es von Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 6.692,00 € ausgegangen (= 1.937,00 € lt. Mitteilung, Bl. 13 ESt-Akten 2002, zzgl. 2.271,00 € lt. Aufstellung des Klägers, Bl. 15 ESt-Akten 2002, zzgl. 1.978,00 € sowie 2 x 253,00 € lt. Nachforschungen des Finanzamtes bei der VR-Bank, Bl. 18 ESt-Akten 2002). Dabei hat das Finanzamt die Beträge von 1.978,00 sowie 2 x 253,00, bei denen es sich um DM-Beträge handelt, als Euro-Beträge in die Berechnung einbezogen. Die Einnahmen aus Kapitalvermögen hätten also wie folgt berechnet werden müssen: 1.937,00 € zzgl. 2.271,00 € zzgl. 1.011,00 € sowie 2 x 129,00 € = 5.477,00 €, was zu Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 2.275,00 € führt.

    Soweit die Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO reicht, hier mithin in vollem Umfang, ist dieser Fehler rückgängig zu machen.

    Dem steht auch nicht etwa das in § 370 Abs. 4 Satz 3 AO enthaltene sog. Kompensationsverbot entgegen. Dieses beschränkt sich darauf, eine solche Kompensation hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang eine Steuerhinterziehung vorliegt, zu untersagen (vgl. hierzu: BFH, Urteil vom 26. Februar 2008, VIII R 1/07, BStBl II 2008, 659). Es ist im Bereich der „normalen” Steuerfestsetzung jedoch nicht einschlägig.

    Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger trotz der Fehlerkompensation in vollem Umfang zu tragen, da sie insoweit lediglich zu einem geringen Teil obsiegen, § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.

    RechtsgebietAOVorschriftenAO § 88 ; AO § 90 ; AO § 169 Abs. 2 Satz 2 ; AO § 173 Abs. 1 Nr. 1 ; AO § 370 Abs. 1 Nr. 1

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