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  • · Fachbeitrag · Umgang mit dem Finanzamt

    Neues zu den Säumniszuschlägen: VII. BFH-Senat hält ihre Höhe nicht für verfassungswidrig

    von Dipl.-Volkswirt Günter Göbel, Würzburg

    | „Gegen die Höhe des Säumniszuschlags nach § 240 Abs. 1 .S. 1 AO bestehen auch bei einem strukturellen Niedrigzinsniveau keine verfassungsrechtlichen Bedenken“. Mit dieser Aussage hat der VII. Senat des BFH aufhorchen lassen. Ganz beerdigt sind die Hoffnungen auf niedrigere Säumniszuschläge damit aber nicht. Denn der VI. und der VIII. BFH-Senat sehen das anscheinend anders. |

    Das steckt hinter den Säumniszuschlägen

    Setzt das Finanzamt Ihnen gegenüber Steuern durch Steuerbescheid fest, oder haben Sie eine Steueranmeldung beim Finanzamt abgegeben, ergibt sich dadurch auch die gesetzlich festgelegte Zahlungsfrist. Innerhalb dieser Frist müssen Sie die Steuer begleichen ‒ spätestens am letzten Tag.

     

    Lassen Sie die Frist verstreichen, wird für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von einem Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags fällig (§ 240 Abs. 1 S. 1 AO). Abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Der Säumniszuschlag bezieht sich dabei auf jede Steuerart und jeden Besteuerungszeitraum gesondert.

    Warum in das Thema Musik gekommen war

    In das Thema „Säumniszuschläge“ war zuletzt viel Musik gekommen. Anlass waren die Beschlüsse des BVerfG zur Verzinsung nach §§ 233a238 AO mit 0,5 Prozent pro vollem Zinsmonat, die das BVerfG als verfassungswidrig erachtet hatte (BVerfG, Beschlüsse 08.07.2021, Az. 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17, Abruf-Nr. 224140).

     

    Der Gesetzgeber reagierte darauf mit dem „Zweiten Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“, das seit dem 13.07.2022 gilt. Dort ist geregelt, dass der Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen gemäß § 233a AO rückwirkend ab dem 01.01.2019 nur noch 0,15 Prozent pro Monat beträgt. In der Praxis stellt sich daraufhin die Frage, ob eine Zinssatzsenkung auch für Säumniszuschläge durchsetzbar wäre.

    VII. Senat hält Säumniszuschläge für verfassungsgemäß

    Der BFH hat jetzt in einem „Hauptsacheverfahren“ entschieden, dass gegen die Höhe des Säumniszuschlags nach § 240 Abs. 1 .S. 1 AO auch bei einem strukturellen Niedrigzinsniveau keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Er begründet das u. a. wie folgt (BFH, Urteil vom 15.11.2022, Az. VII R 55/20, Abruf-Nr. 234469).

     

    § 233a AO und § 240 AO regeln unterschiedliche Sachverhalte

    Für den VII. Senat regeln § 233a AO und § 240 AO unterschiedliche Sachverhalte. Die Vollverzinsung soll stark typisierend objektive Zins- und Liquiditätsvorteile erfassen, die dadurch entstehen, dass zwischen Entstehung des Steueranspruchs und seiner Fälligkeit nach Festsetzung ein Zeitraum von mehreren Jahren liegen kann. Nachzahlungszinsen sind dementsprechend ‒ anders als etwa ein Verspätungszuschlag ‒ weder Sanktion noch Druckmittel, sondern ein Ausgleich für die Kapitalnutzung.

     

    Säumniszuschläge sind demgegenüber ein Druckmittel eigener Art, das den Steuerschuldner zur rechtzeitigen Zahlung anhalten soll. Darüber hinaus verfolgt § 240 AO den Zweck, vom Steuerpflichtigen eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern zu erhalten. Durch Säumniszuschläge werden schließlich auch die Verwaltungsaufwendungen abgegolten, die bei den verwaltenden Körperschaften dadurch entstehen, dass Steuerpflichtige eine fällige Steuer nicht oder nicht fristgerecht zahlen

     

    BVerfG-Entscheidung auf Säumniszuschläge nicht übertragba

    Aufgrund der wesentlichen Unterschiede von Nachzahlungszinsen und Säumniszuschlägen kann die Entscheidung des BVerfG zur Vollverzinsung auf § 240 AO auch nicht allein wegen eines gedachten Zinsanteils der Säumniszuschläge übertragen werden. Ebenso wenig werden unter Berücksichtigung dieser Entscheidung ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge begründet (BFH, Urteil vom 15.11.2022, Az. VII R 55/20, Abruf-Nr. 234469).

    Andere BFH-Senate sehen das womöglich anders

    Der VII. Senat geht in Rz. 33 seiner Entscheidung selber darauf ein, dass er die Sache womöglich anders beurteilt als der V. und der VIII. Senat des BFH: „Angesichts dessen teilt der Senat die Zweifel

    • des VIII. Senats des BFH (Beschluss vom 11.11.2022, Az. VIII B 64/22 [AdV], Abruf-Nr. 232574, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt) und
    • des V. Senats des BFH (Beschluss vom 23.05.2022, Az. V B 4/22, Abruf-Nr. 230347)

    an der gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge nicht“.

     

    PRAXISTIPP | Die Frage ist somit nach wie vor ungeklärt. SSP hält Sie auf dem Laufenden.

     

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    Quelle: ID 49310954

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