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  • · Vergütungsvereinbarung

    So vermeiden Sie eine unangemessene Höhe beim Zeithonorar

    Bild: © Naige - stock.adobe.com

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | In der Praxis ist die Angemessenheit von anwaltlichen Vergütungsvereinbarungen, insbesondere bei Zeithonoraren, eine häufige Streitfrage. Mandanten sehen sich oft mit hohen Rechnungen konfrontiert, deren Höhe sie nicht abschätzen konnten. Demgegenüber verweisen Anwälte auf die freie Vereinbarung von Honoraren und die Komplexität der Mandate. Die rechtliche Herausforderung besteht darin, einen fairen Ausgleich zwischen der Vertragsfreiheit der Anwälte und dem Schutz der Mandanten vor überhöhten Gebühren zu finden. Ein aktuelles Urteil des BGH beleuchtet diese Problematik. Es gibt praktische Leitlinien für die Beurteilung der Angemessenheit solcher Vereinbarungen vor. |

     

    • a) Die Vergütungsvereinbarung bestimmt, auf welche Tätigkeiten und welche Angelegenheiten die Prüfung der unangemessenen Höhe der Vergütung zu beziehen ist. Danach richtet sich, ob von einer einheitlichen Vergütungsvereinbarung erfasste anwaltliche Tätigkeiten, die jeweils den Gegenstand eines selbstständigen Anwaltsdienstvertrags bilden können, für die Prüfung der Angemessenheit der Vergütung getrennt von anderen nach der Vergütungsvereinbarung erfassten Aufträgen zu betrachten sind. Wurde der Rechtsanwalt mit anwaltlichen Tätigkeiten betraut, die üblicherweise den Gegenstand eines selbstständigen Anwaltsdienstvertrags bilden, ist grundsätzlich auf die hierfür ausgeübten Tätigkeiten, den darauf entfallenden Teil der Vergütung nach der Vergütungsvereinbarung sowie die hierfür fiktiv anfallenden gesetzlichen Gebühren abzustellen.
    • b) Die tatsächliche Vermutung, dass ein vereinbartes Honorar unangemessen hoch ist, welches die gesetzlichen Gebühren um mehr als das Fünffache übersteigt, gilt auch bei Vereinbarung eines Zeithonorars für zivilrechtliche Streitigkeiten.
    • c) Bei der Herabsetzung einer unangemessen hohen Vergütung auf den angemessenen Betrag ist dem von den Parteien gewählten Vergütungsmodell Rechnung zu tragen. Ein von den Parteien vereinbartes Zeithonorar kann nicht durch Kappung des Honoraranspruchs auf einen Pauschalbetrag der Sache nach in ein Pauschalhonorar umgestaltet werden.
     

    1. Streit um Honorarhöhe und Auszahlung von Fremdgeld

    Im Streitfall vertrat ein auf Baurecht spezialisierter Anwalt den Beklagten und dessen Ehefrau in mehreren Bauprozessen. Dazu schloss er mit ihnen eine Honorarvereinbarung (250 EUR/h zzgl. MwSt., mindestens aber die gesetzlichen Gebühren). Für verschiedene Mandate stellte er Rechnungen. Im Verfahren gegen den Architekten A gingen 24.506,54 EUR Schadenersatz durch dessen Rechtsschutzversicherer auf das Fremdgeldkonto des Anwalts ein. Er verrechnete offene Honorarforderungen mit diesem Betrag. Später forderte er vom Beklagten und dessen Ehefrau noch 42.415,07 EUR sowie die Feststellung, dass kein Anspruch auf Auszahlung des Fremdgeldes bestehe. Das LG gab der Klage vollständig statt. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Ehefrau entschied das OLG im Berufungsverfahren, dass der Beklagte nur 13.401,26 EUR zahlen muss und keinen Anspruch auf das Fremdgeld hat. Im Übrigen wies es die Klage ab. Der Kläger legte Revision ein, der Beklagte Anschlussrevision. Der BGH wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

    2. Die Entscheidung des BGH

    Die Entscheidung betont, dass die Angemessenheit von Vergütungsvereinbarungen differenziert geprüft werden muss. Ein einmal gewähltes Vergütungsmodell muss respektiert werden. Es stellt darüber hinaus klar, dass die Vergütung nicht pauschal herabgesetzt werden darf, ohne die konkreten Umstände zu berücksichtigen. Die wesentlichen Punkte der Entscheidung sind:

     

    a) Vergütungsvereinbarung und Angemessenheit

    Die Prüfung der Angemessenheit einer Vergütungsvereinbarung richtet sich nach den Tätigkeiten, die Gegenstand eines selbstständigen Anwaltsdienstvertrags sein können. Diese Tätigkeiten sind getrennt zu betrachten, es sei denn, die Parteien haben ausdrücklich eine Gesamtbetrachtung vereinbart.

     

    Beachten Sie | Bei der Prüfung der Angemessenheit sind die Besonderheiten des Einzelfalls, wie Schwierigkeit und Umfang der Sache sowie die Vermögensverhältnisse des Mandanten zu berücksichtigen.

     

    b) Folgen einer unangemessenen Vergütung

    Eine unangemessen hohe Vergütung kann auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden. Dabei ist das gewählte Vergütungsmodell (z. B. Zeithonorar) zu berücksichtigen. Eine Umwandlung ‒ hier das Zeithonorar ‒ in ein Pauschalhonorar ist unzulässig.

     

    Beachten Sie | Grundsätzlich trägt der Mandant die Beweislast für die Unangemessenheit der Vergütung. Eine tatsächliche Vermutung für die Unangemessenheit besteht, wenn das vereinbarte Honorar die gesetzlichen Gebühren um mehr als das Fünffache übersteigt. In diesem Fall trägt der Rechtsanwalt die Beweislast, dass das Honorar dennoch angemessen ist.

     

    c) AGB-rechtliche Prüfung

    Eine Vergütungsvereinbarung unterliegt einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle. Hierbei gilt es zu beachten, dass eine Klausel intransparent ist, wenn sie dem Mandanten keine ausreichende Orientierung über die zu erwartenden Gesamtkosten bietet. Allerdings führt eine Intransparenz nicht automatisch zur Unwirksamkeit, wenn keine unangemessene Benachteiligung vorliegt.

     

    d) Rückverweisung an das Berufungsgericht

    Das Berufungsgericht wurde angewiesen, die Angemessenheit der Vergütung unter Berücksichtigung der einzelnen Mandate und des gewählten Vergütungsmodells erneut zu prüfen. Dabei muss es den angemessenen Zeitaufwand überschlägig schätzen.

     

    3. Handlungsempfehlungen

    Die Checkliste zeigt, wie Sie am geschicktesten vorgehen.

     

    Checkliste / Vorgehen bei einer Vergütungsvereinbarung

    1. Klarheit und Transparenz der Vereinbarung

    • Stellen Sie sicher, dass die Vergütungsvereinbarung verständlich und nachvollziehbar ist.
    • Informieren Sie Mandanten frühzeitig über die Struktur der Vergütung. Dies schafft Vertrauen und reduziert spätere Streitigkeiten.
    • Geben Sie dem Mandanten vor Vertragsschluss eine grobe Einschätzung der Gesamtkosten.
    • Erstellen Sie in regelmäßigen Abständen Zwischenrechnungen, um den Mandanten über den aktuellen Stand der Kosten zu informieren.

     

    2. Angemessenheit der Vergütung

    • Prüfen Sie, ob das vereinbarte Honorar die gesetzlichen Gebühren um mehr als das Fünffache übersteigt, da dies eine tatsächliche Vermutung für die Unangemessenheit begründet.
    • Berücksichtigen Sie Schwierigkeit, Umfang und Bedeutung der Sache sowie die Vermögensverhältnisse des Mandanten.
    • Passen Sie die Vergütungsvereinbarung an die spezifischen Anforderungen des Mandats an, insbesondere bei komplexen oder langfristigen Mandaten.

     

    3. Dokumentation und Nachvollziehbarkeit

    • Dokumentieren Sie die aufgewendete Zeit und die erbrachten Leistungen detailliert und nachvollziehbar.
    • Vermeiden Sie pauschale Angaben und legen Sie konkrete Maßnahmen dar.
    • Gewährleisten Sie eine transparente und überprüfbare Abrechnung (Stichwort: Beweislast).

     

    4. Das richtige Vergütungsmodell

    • Wählen Sie ein Vergütungsmodell (z. B. Zeithonorar oder Pauschalhonorar), das den Besonderheiten des Mandats gerecht wird.
    • Achten Sie darauf, dass das Modell nicht durch gerichtliche Entscheidungen in ein anderes umgewandelt wird (z. B. Zeithonorar in Pauschalhonorar).

     

    5. AGB-rechtliche Prüfung

    • Überprüfen Sie die Vereinbarung auf Transparenz und mögliche unangemessene Benachteiligung des Mandanten gemäß § 307 BGB.
    • Beachten Sie, dass in diesem Fall (wegen der gesetzlichen Gebühren des RVG) auch Preishauptabreden einer Inhaltskontrolle unterliegen können.

     

    6. Kommunikation mit dem Mandanten

    • Klären Sie den Mandanten über die Möglichkeit auf, dass die gesetzlichen Gebühren überschritten werden können.
    • Vermeiden Sie Missverständnisse durch klare und eindeutige Formulierungen.
     

    Weiterführender Hinweis

    • Dann ist eine formularmäßige anwaltliche Zeithonorarabrede für Verbraucher wirksam: Schneider, RVGprof. 25, 7
    Quelle: Ausgabe 10 / 2025 | Seite 175 | ID 50526292