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  • 21.02.2013 · IWW-Abrufnummer 130589

    Kammergericht Berlin: Beschluss vom 16.07.2009 – 22 W 76/08

    Der Gebührenstreitwert für den Klageantrag des Vermieters auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung eines zukünftig erhöhten Mietzinses ist nicht nach § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG mit dem 12-fachen Erhöhungsbetrag, sondern nach §§ 3 und 9 ZPO mit dem 42-fachen monatlichen Mieterhöhungsbetrag abzüglich eines für positive Feststellungsklagen regelmäßig vorzunehmenden Abschlages von 20% zu bemessen.


    KG Berlin, 16.07.2009

    22 W 76/08

    In dem Rechtsstreit

    1. des Herrn B### P####,

    2. der Frau N#### P####,

    beide K################,

    Beklagte,

    - Beschwerdeführer:

    Rechtsanwalt J##########,

    W#################### -

    g e g e n

    die S################################

    ############################################

    #######################

    ################,

    Klägerin,

    - Prozessbevollmächtigter:

    Rechtsanwalt W######,

    I################ -

    hat der 22. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Ubaczek, den Richter am Kammergericht C. Kuhnke und die Richterin am Kammergericht Stecher am 16. Juli 2009

    b e s c h l o s s e n :
    Tenor:

    Auf die weitere Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 29. Oktober 2008 wird der Beschluss des Landgerichts vom 23. September 2008 - 65 T 105/08 - in der Fassung des teilweisen Nichtabhilfebeschlusses vom 22. Dezember 2008 wie folgt geändert:

    Der Gebührenstreit- und Vergleichswert wird auf insgesamt 5.069,95 Euro festgesetzt, wobei auf den Feststellungsantrag zu 3. ein Betrag von 2.979,31 Euro entfällt.

    Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
    Gründe

    I. Die Klägerin hat vor dem Amtsgericht Charlottenburg Klage auf Zahlung rückständigen Mietzinses für Wohnraum erhoben und im Wege der Klageerweiterung u.a. die Feststellung begehrt, dass die Beklagten der Klägerin künftig eine Nettokaltmiete in Höhe von monatlich 670,33 Euro schulden (Klageantrag zu 3. gemäß Schriftsatz vom 17. Januar 2008, Bl. 112). Zur Begründung ihrer Klage hat sich die Klägerin auf mehrere Mieterhöhungserklärungen nach § 10 WoBindG in Verbindung mit einer im Mietvertrag enthaltenen Gleitklausel gestützt und geltend gemacht, dass die Beklagten, die die Wirksamkeit der Mieterhöhungserklärungen in Abrede gestellt haben, lediglich die seit Beginn des Wohnraummietverhältnisses vereinbarte Miete zahlen, nicht jedoch die jeweiligen Erhöhungsbeträge. Dem Feststellungsantrag zu 3. lag eine Mieterhöhungserklärung nach § 10 WoBindG um monatlich 88,67 Euro zugrunde.

    Der Rechtsstreit endete mit einem Vergleich, dessen Zustandekommen das Amtsgericht Charlottenburg durch Beschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt hat.

    Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 21. Mai 2008 (Bl. 156) den Gebührenstreit- und Vergleichswert festgesetzt und dabei den Feststellungsantrag zu 3. mit dem Jahresbetrag der in Aussicht genommenen Mieterhöhung abzüglich eines Abschlages von 20 % bewertet (12 x 88,67 Euro abzüglich 20% = 851,23 Euro). Der hiergegen aus eigenem Recht erhobenen Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten hat das Amtsgericht nicht abgeholfen und das Rechtsmittel dem Landgericht Berlin vorgelegt.

    Das Landgericht hat durch Beschluss vom 23. September 2008 (Bl. 176 ff.) unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde im Übrigen die Streit- und Vergleichswertfestsetzung zwar abgeändert, es jedoch hinsichtlich des Feststellungsantrages zu 3. gemäß § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG bei der amtsgerichtlichen Bemessung belassen. Insoweit wurde die weitere Beschwerde zum Kammergericht zugelassen.

    Gegen die Zurückweisung der Beschwerde richtet sich die weitere Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, mit der er eine Wertfestsetzung des Feststellungsantrages zu 3. nach dem 42-fachen Wert "der Mietbeträge" nach §§ 3 und 9 ZPO anstrebt.

    Das Landgericht hat der weiteren Beschwerde durch Beschluss vom 22. Dezember 2008 (Bl.

    208 f.) teilweise abgeholfen, soweit bei der Bewertung des Feststellungsantrags ein Abschlag von 20 % vorgenommen wurde, und das Rechtsmittel dem Kammergericht vorgelegt.

    II. Die weitere Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten aus eigenem Recht, mit der er eine Erhöhung des Streit- und Vergleichswertes begehrt, ist über § 32 Abs. 2 RVG gemäß § 68 Abs. 1 GKG i.V.m. § 66 Abs. 4 und Abs. 5 Satz 4 GKG statthaft, nachdem sie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zugelassen hat. Sie ist auch sonst zulässig, insbesondere fristgerecht und bei dem richtigen Empfangsgericht eingelegt worden.

    Auch in der Sache hat sie Erfolg.

    Entgegen der Auffassung des Landgerichts und des Amtsgerichts bemisst sich der Gebührenstreitwert für den Klageantrag des Vermieters auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung eines zukünftig erhöhten Mietzinses nicht nach § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG auf den 12-fachen Erhöhungsbetrag, sondern nach §§ 3 und 9 ZPO nach dem 42-fachen monatlichen Mieterhöhungsbetrag abzüglich eines für positive Feststellungsklagen regelmäßig vorzunehmenden Abschlages von 20 %.

    § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG stellt für Mieterhöhungsklagen eine gebührenrechtliche Spezialvorschrift dar. Danach bemisst sich der Gebührenstreitwert "bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete für Wohnraum" (nur) nach dem Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete. Diese gebührenrechtliche Privilegierung beruht - wie bereits die in ihrem Kern inhaltsgleiche Vorgängervorschrift des

    § 16 Abs. 5 GKG a.F. - auf sozialen Erwägungen, um die Parteien bei Streitigkeiten über eine Mieterhöhung nicht übermäßig finanziell zu belasten. Mietvertragsparteien sollen nicht aus Kostengründen von einer Klage oder Rechtsverteidigung abgehalten werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Januar 1996 - 1 BvR 2388/95, zitiert nach juris.de).

    Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um eine Mieterhöhungsstreitigkeit in diesem Sinne.

    Die Klägerin hat mit ihrem Feststellungsantrag ihr Interesse an der Zahlung eines künftig erhöhten Mietzinses verfolgt.

    Bei solchen Streitigkeiten über Zahlungsverpflichtungen aus einem Wohnraummietverhältnis ist der für die Wertfestsetzung maßgebliche Streitgegenstand nicht die Mieterhöhung selbst, sondern die künftige Geldforderung des Vermieters, mögen die Parteien hier letztlich auch über die Wirksamkeit einer einseitig rechtsgestaltend wirkenden Mieterhöhungserklärung nach § 10 WoBindG gestritten haben. Einen solchen Streit tragen - wie hier - auch Parteien anlässlich einer Zahlungsklage des Vermieters auf rückständige Mieterhöhungsbeträge aus, ohne dass die Mieterhöhung selbst zum Streitgegenstand wird, so dass sich der Gebührenstreitwert einer solchen Zahlungsklage ohne eine gebührenrechtliche Privilegierung nach dem bezifferten Klageantrag richtet.

    Anders und von der Interessenlage weder wirtschaftlich noch sozial vergleichbar liegt der Fall einer typischen Mieterhöhungsklage im Sinne von § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG, bei der der Vermieter den Mieter auf Zustimmung zur Mieterhöhung in Anspruch nimmt (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 41 Rn. 35). Hierbei handelt es sich um eine Streitigkeit allein um die Mieterhöhung und nicht auch über die sich daraus ergebenden wiederkehrenden Verpflichtungen. Der Anspruch "auf" Erhöhung der Miete und der Anspruch "aus" der Mieterhöhung sind zweierlei (vgl. Schneider/Herget, Streitwertkommentar für den Zivilprozess, 12. Aufl. 2007, "Mietstreitigkeiten" Rn. 3574).

    Die in den angefochtenen Beschlüssen zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Beschlüsse vom 21. September 2005 - XII ZR 256/03, vom 20. April 2005 - XII ZR 248/04 - sowie vom 17. März 2004 - XII ZR 162/00- jeweils zitiert nach juris.de) betreffen keine der vorliegenden Fallgestaltung vergleichbare Konstellation, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat.

    Schließlich hat der Umstand, dass im vorliegenden Fall die Klage nicht auf eine künftige Leistung (§ 259 ZPO), sondern auf die Feststellung einer solchen Verpflichtung gerichtet ist, lediglich zur Folge, dass von dem rechnerischen Betrag des nach § 9 ZPO zu bemessenen Streitwerts - wie auch sonst regelmäßig bei positiven Feststellungsklagen - ein Abzug in Höhe von 20 % vorzunehmen ist.

    Danach bemisst sich der Gebührenstreitwert für den Feststellungsantrag zu 3. auf 2.979,31 Euro (42 x 88,67 Euro minus 20 %), so dass der Streitwert insgesamt auf 5.069,95 Euro festzusetzen war.

    Die Entscheidung ergeht nach § 68 Abs. 3 GKG (bzw. § 33 Abs. 9 RVG) gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

    Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil nach § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht stattfindet.

    RechtsgebieteGKG, ZPOVorschriften§ 41 Abs. 5 S. 1 GKG § 3 ZPO § 9 ZPO