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  • 08.10.2025 · IWW-Abrufnummer 250578

    Oberlandesgericht Brandenburg: Urteil vom 19.12.2024 – 6 W 57/24

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    In dem Beschwerdeverfahren betreffend die Kostenfestsetzung in dem Rechtsstreit
    ...
    - Beklagter und Beschwerdeführer -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte ...
    gegen
    ...
    - Klägerin und Beschwerdegegnerin -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwältin ...
    hat das Brandenburgische Oberlandesgericht - 6. Zivilsenat -
    durch
    den Richter am Oberlandesgericht Dr. Diehr
    als Einzelrichter
    am 19.12.2024 beschlossen:
    Tenor:

    Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 11.04.2024, Az. 11 O 339/22, der durch Beschluss vom 16.04.2024 berichtigt worden ist, wird, soweit ihr nicht mit Beschluss vom 05.07.2024 abgeholfen worden ist, zurückgewiesen.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Beklagte zu 60 % und die Klägerin zu 40 %.

    Die Gerichtsgebühr Nr. 1812 KV GKG wird auf 33,00 € ermäßigt.
    Gründe

    1.

    Die nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, § 569 ZPO. Der Wert des Beschwerdegegenstandes, der der Differenz zwischen dem festgesetzten Erstattungsbetrag und der mit der sofortigen Beschwerde erstrebten Festsetzung entspricht, übersteigt 200 €, § 567 Abs. 2 ZPO.

    2.

    In der Sache hat der Rechtsbehelf keinen über die Teilabhilfeentscheidung hinausgehenden Erfolg. Denn in dieser Fassung ist die Kostenfestsetzung richtig. Der dagegen allein noch angeführte Einwand, wegen der der Klägerin ratenfrei gewährten Prozesskostenhilfe könnten ihr jedenfalls bislang keine Rechtsanwaltskosten entstanden sein, sodass sie insoweit auch keine Erstattung verlangen könne, greift nicht durch.

    Der Beklagte weist zwar dem Grunde nach zutreffend darauf hin, dass in Teilen der älteren Rechtsprechung die Auffassung vertreten wurde, dass für den Kostenfestsetzungsantrag der obsiegenden bedürftigen Partei kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, wenn der Partei Prozesskostenhilfe ohne Zahlungspflicht bewilligt worden ist (so etwa OLG Hamm, Beschluss vom 05.09.2002 - 6 WF 238/02, BeckRS 2002, 12955; Beschluss vom 16.01.1989 - 23 W 511/88, BeckRS 1989, 7846; OLG Koblenz, Beschluss vom 11.10.1995 - 14 W 600/95, Rpfleger 1996, 252 [LG Koblenz 07.11.1995 - 4 HT 2/95]; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 30.05.1986 - 5 W 75/86, JurBüro 1986, 1876; OLG Bremen, Beschluss vom 06.04.1983 - 2 W 28/83, JurBüro 1984, 609). Denn nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO schulde sie ihrem Anwalt keine Kosten. Kosten, die nicht entstanden seien, könnten im Wege der Kostenfestsetzung auch nicht festgesetzt werden.

    Die herrschende Auffassung, die der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspricht (vgl. BGH, Beschluss vom 09.07.2009 - VII ZB 56/08, NJW 2009, 2962) und der auch der Senat folgt, tritt dieser Ansicht aber nicht bei. Die bedürftige Partei hat einen durchsetzbaren Kostenerstattungsanspruch gegen die unterlegene Partei auch dann, wenn ihr zahlungsfreie Prozesskostenhilfe bewilligt wurde (s. etwa Schultzky, in: Zöller, ZPO, 35. Auflage 2024, § 126 ZPO, Rn. 12; Kratz, in: BeckOK ZPO, Stand: 01.09.2024, § 126 ZPO, Rn. 4; Wache, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 126 ZPO, Rn. 3 jeweils m.w.N.). Trotz Bewilligung zahlungsfreier Prozesskostenhilfe hat der beigeordnete Rechtsanwalt gegen die bedürftige Partei aus dem mit ihr geschlossenen Anwaltsvertrag nämlich einen Anspruch auf Zahlung seiner gesetzlichen Gebühren und Auslagen (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 06.02.1987 - 1 WF 3000/85, Rpfleger 1987, 333; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.04.1997 - 10 WF 6/97, NJW-RR 1998, 287). Dies ergibt sich mittelbar auch aus § 59 Abs. 1 RVG, wonach der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts gegen seine Partei mit dessen Befriedigung durch die Staatskasse auf diese übergeht. Gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann der Anwalt die ihm erwachsenen Vergütungsansprüche lediglich nicht geltend machen, solange der Partei Prozesskostenhilfe gewährt wird; sie sind daher wie bei einer Stundung in ihrer Durchsetzbarkeit gehemmt (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 06.02.1987 - 1 WF 3000/85, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.04.1997 - 10 WF 6/97, a.a.O.). Da somit ein Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts gegen sie besteht, kann die bedürftige Partei die dadurch angefallenen Kosten auch im eigenen Namen festsetzen lassen. Das Rechtsschutzbedürfnis für diese Festsetzung kann der Partei im Hinblick auf ihre nach § 120 Abs. 4 ZPO mögliche Inanspruchnahme nicht abgesprochen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 09.07.2009 - VII ZB 56/08, a.a.O., Rn. 7). Zudem ist der Kostenerstattungsanspruch nicht davon abhängig, dass die Partei die entsprechend ihrem Antrag festzusetzenden Kosten bereits bezahlt hat (vgl. BAG, Beschluss vom 18.11.2015 - 10 AZB 43/15, NJW 2016, 1675, Rn. 30).

    3.

    Die Nebenentscheidungen folgen aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, Nr. 1812 Satz 2 KV GKG. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO liegen nicht vor.

    RechtsgebieteKostenerstattung, ratenfreie PKH, AnwaltsvergütungVorschriften§ 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, § 59 Abs. 1 RVG