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  • 20.05.2016 · IWW-Abrufnummer 185995

    Oberlandesgericht Köln: Beschluss vom 21.04.2016 – 2 Ws 218/16


    Oberlandesgericht Köln

    Beschl. v. 21.04.2016

    Az.: 2 Ws 218/16

    In dem Kostenfestsetzungsverfahren
    xxx
    hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Köln
    auf die sofortige Beschwerde des Verteidigers vom 08.03.2016 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Köln vom 02.03.2016 (Az. 111b Ks 1/15),
    unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandgericht, des Richters am Oberlandesgericht und des Richters am Landgericht
    am 21. April 2016
    beschlossen:

    Tenor:

    Die sofortige Beschwerde wird kostenpflichtig als unbegründet verworfen.

    Gründe

    I.

    Der Verteidiger vertrat den früheren Angeklagten in einem Verfahren vor der 11. großen Hilfsstrafkammer des Landgerichts Köln als Schwurgericht, in dem ihm ein Totschlag zur Last lag. Das Verfahren endete mit dem Freispruch des früheren Angeklagten. In dem Urteil vom 24.09.2015 (Az. 111b Ks 1/15), rechtskräftig seit dem 02.10.2015, wurden die notwendigen Auslagen des früheren Angeklagten der Staatskasse auferlegt.

    Der frühere Angeklagte hat seine Ansprüche auf Auslagenerstattung gegen die Staatskasse in Bezug auf den Verteidiger an diesen mit Erklärung vom 24.09.2015 abgetreten. Unter dem 07.10.2015 hat der Verteidiger im eigenen Namen Kostenerstattung aus der Staatskasse beantragt. Für das Beschwerdeverfahren ist dabei von Belang, dass er Terminsgebühren hinsichtlich der Hauptverhandlungstermine am 27.08., 21.09. und 23.09.2015 jeweils in Höhe der Höchstgebühr von 1.162,50 € angesetzt hat.

    Mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 02.03.2016 (Az. 111b Ks 1/15) hat die Rechtspflegerin des Landgerichts die Terminsgebühren für die genannten Hauptverhandlungstermine auf 900 € hinsichtlich des Hauptverhandlungstermins am 27.08.2015 und auf jeweils 800 € hinsichtlich der beiden Termine am 21.09. und 23.09.2015 festgesetzt.

    Gegen diesen ihm am 07.03.2016 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Verteidigers vom 08.03.2016, die rechtzeitig bei Gericht eingegangen ist, und der die Rechtspflegerin nicht abgeholfen hat.

    II.

    1.
    a) Die sofortige Beschwerde ist statthaft gemäß §§ 464b, 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, 21 Nr. 1, 11 Abs. 1 RPflG. Sie ist auch form- und insbesondere fristgemäß eingelegt worden. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. SenE vom 17.03.2000 - 2 Ws 146/00 = Rpfleger 2000, 422; zuletzt SenE v. 23.12.2015 - 2 Ws 823/15) gilt für die Einlegung der Beschwerde die Zweiwochenfrist des § 569 Abs.1 S. 1 ZPO, die vorliegend gewahrt ist. Der Beschwerdewert von 200 €, § 304 Abs. 3 StPO, ist gleichfalls überschritten.
    Zur Entscheidung berufen ist, obwohl die angefochtene Entscheidung von dem Rechtspfleger erlassen worden ist, der Senat und nicht der Einzelrichter, da § 568 S. 1 ZPO im strafprozessualen Beschwerdeverfahren nach ständiger Rechtsprechung des Senats keine Anwendung findet (vgl. nur SenE v. 05.06.2003 - 2 Ws 317/03; SenE v. 11.07.2007 - 2 Ws 332/07; SenE v. 24.04.2008 - 2 Ws 192-193/08).

    b) Der Senat legt die sofortige Beschwerde vor dem Hintergrund des Schriftsatzes des Verteidigers vom 22.01.2016, in dem der Festsetzung einer Gebühr in Höhe von 900 € für den Hauptverhandlungstermin am 27.08.2015 nicht entgegen getreten worden ist, dahingehend aus, dass diese sich lediglich gegen die Gebührenfestsetzung bezüglich der Hauptverhandlungstermine am 21.09. und 23.09.2015 richtet. Im Übrigen wäre sie aus den unter 2. dargelegten Gründen auch hinsichtlich der Gebühr für den 27.08.2015 unbegründet.

    2. Die sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der von dem Verteidiger in Ansatz gebrachte Höchstsatz der Terminsgebühr (Nr. 4120, 4121 VV RVG) erscheint unter Berücksichtigung aller Umstände unbillig. Demgegenüber stellt der von der Rechtspflegerin jeweils festgesetzte Betrag von 800 € sich als angemessene Gebührenhöhe dar.

    a) Die Gebühr wird ihrer Höhe nach gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 RVG vom Verteidiger unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach billigem Ermessen bestimmt. Eine Abweichung von der Bestimmung des Verteidigers kommt im Festsetzungsverfahren nur in Betracht, wenn sich diese als unbillig hoch erweist (SenE v. 13.07.2011 - 2 Ws 281/11; v. 24.04.2008 - 2 Ws 192 - 193/08). Nach der Rechtsprechung des Senats können Abweichungen bis zu 20% im Verhältnis zu den angemessenen Gebühren noch als verbindlich angesehen werden (SenE v. 13.07.2011 - 2 Ws 281/11; SenE v. 16.09.2009 - 2 Ws 437/09; SenE v. 24.04.2008 - 2 Ws 192 - 193/08).

    b) Auszugehen ist bei der Bestimmung der Gebührenhöhe zunächst von der MitteIgebühr (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 46. Auflage 2016, § 14 RVG, Rn. 14; Mayer/Kroiß, RVG, 6. Auflage 2013, Rn. 39), die hier 646,25 € beträgt.

    Bei der Bestimmung der Höhe der Gebühren sind im Einzelnen insbesondere die in § 14 Abs. 1 S. 1 RVG genannten Umstände zu berücksichtigen, dazu zählen Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber sowie seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Im Hinblick auf die geltend gemachten Terminsgebühren spielt auch die Dauer des jeweiligen Hauptverhandlungstermins eine bestimmende Rolle (KG JurBüro 2012, 482; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 22. Auflage 2015, 4108-4111 VV, Rn. 18; Hartmann a.a.O., Nr. 4108, 4109 VV RVG, Rn. 16). Bei der Bemessung der Gebühr kann der Verteidiger sich an den Grenzen der Längenzuschläge VV 4110, 4111 orientieren (KG a.a.O., Gerold/Schmidt/Burhoff a.a.O.). Eine Verhandlungsdauer von bis zu fünf Stunden ist dabei als durchschnittlich zu bewerten (KG a.a.O.).

    Gemessen daran spricht vorliegend letztlich bereits die deutlich unter fünf Stunden liegende Dauer der Anwesenheit des Verteidigers bei den Hauptverhandlungsterminen am 21.09., drei Stunden und fünf Minuten, bzw. 23.09.2015, zweieinhalb Stunden, entscheidend gegen den Ansatz der Höchstgebühr. Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Bedeutung der Angelegenheit für den früheren Angeklagten als Auftraggeber unzweifelhaft hoch war, dem insbesondere die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus drohte. Allerdings haben die allermeisten Schwurgerichtsverfahren, für die die Gebühr Nr. 4120, 4121 VV RVG vorgesehen ist, ganz erhebliche Bedeutung für den jeweiligen Angeklagten. Des Weiteren war die Beweislage, wie die Kammer in ihrem Urteil vom 24.09.2015 ausgeführt hat, äußerst schwierig und hatte das Verfahren einen nicht unerheblichen, wenngleich auch wiederum nicht aus dem üblichen Rahmen fallenden Umfang: Das Urteil befindet sich auf Bl. 996 d. Hauptakte, die Hauptverhandlung fand an sieben Terminen statt. Dagegen stellt aus Sicht des Senats die - schwierige - Vorbereitung auf ein psychiatrisches Gutachten und auf das Plädoyer keinen Umstand dar, der eine Überschreitung der Mittelgebühr in Bezug auf die Terminsgebühr rechtfertigen könnte, da dies in Schwurgerichtsverfahren regelmäßig der Fall ist. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des früheren Angeklagten, der nach den Urteilsfeststellungen Frührentner ist, sind ferner als bescheiden einzustufen.
    Insgesamt stellt sich die Sache damit als zwar überdurchschnittlich dar, sie weicht jedoch nicht so stark vom Normalfall ab, dass die Festsetzung der höchstmöglichen Gebühr als billig und angemessen erschiene. Als derart angemessen und billig stellt sich aus den dargelegten Gründen vielmehr die von der Rechtspflegerin vorgenommene Festsetzung auf jeweils 800 € dar, die die Mittelgebühr mithin deutlich übersteigt. Da die für den einzelnen Hauptverhandlungstermin angemeldete Terminsgebühr damit mehr als 20% über der angemessenen Gebührenhöhe liegt, ist die Bemessung durch den Verteidiger nicht bindend. Die Berechnung der Gebühren durch die Rechtspflegerin erweist sich auch rechnerisch als richtig, so dass die sofortige Beschwerde insgesamt zu verwerfen ist.

    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 S. 1 StPO.

    RechtsgebietRahmengebührVorschriften§ 14 RVG