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  • 21.08.2014 · IWW-Abrufnummer 142476

    Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht: Beschluss vom 06.05.2014 – 1 W 21/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    OLG Schleswig, 06.05.2014 - 1 W 21/14

    In Rechtsstreit
    gegen
    wegen: Streitwertfestsetzung
    hat der 1. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die Beschwerde der Kläger vom 28. März 2014 gegen den Beschluss des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 27. August 2013 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter am 6. Mai 2014
    beschlossen:
    Tenor:

    Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

    Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
    Gründe

    I.

    Zwischen den Parteien bestand ein Werkvertrag über die Errichtung eines Einfamilienhauses. Auf Verlangen der Beklagten veranlassten die Kläger ihre Bank zur Übernahme einer Bürgschaft über einen Höchstbetrag von 114.950,00 € zur Sicherung des restlichen Werklohnanspruches der Beklagten. Nachdem die Parteien den Werkvertrag wechselseitig gekündigt hatten, verlangten die Kläger die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde. Die Beklagte verlangte widerklagend die Zahlung restlichen Werklohns, den sie zunächst mit 50.361,66 €, später mit 43.974,63 € bezifferte.

    Das Landgericht hat den Streitwert mit dem angefochtenen Beschluss auf 50.361,66 € bis zum 31. Januar 2013 und auf 43.974,63 € für die Zeit danach festgesetzt. Dagegen richtet sich die nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens erhobene Beschwerde der Kläger, mit der sie eine Festsetzung des Streitwerts auf den Höchstbetrag der Bürgschaft begehren.

    II.

    Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist der §§ 68 Abs. 1, 63 Abs. 3 S. 2 GKG erhoben worden. Sie bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat den Streitwert zu Recht in der Höhe der von der Beklagten geltend gemachten restlichen Werklohnforderung festgesetzt.

    Werden die Herausgabe der Bürgschaftsforderung einerseits und die gesicherte Forderung andererseits in einem Prozess geltend gemacht, so ist wegen wirtschaftlicher Gleichwertigkeit nach § 45 Abs. 1 S. 3 GKG ein einheitlicher Streitwert festzusetzen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 25. Juni 1998, 12 W 36/98 (zit. nach [...]); Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., Rn. 16 "Bürgschaft"). Der Wert der Herausgabeklage ist dabei nach § 3 ZPO nach dem Interesse des Klägers an der Herausgabe der Bürgschaftsurkunde zu schätzen (BGH WuM 2006, 215 [BGH 15.02.2006 - VIII ZB 93/04]; BGH NJW-RR 1994, 758, 759 [BGH 14.10.1993 - IX ZR 104/93]; KG, Beschluss vom 7. Juni 2001, 8 W 164/01 (zit. nach [...]); OLG Stuttgart, a. a. O.; OLG Bamberg, JurBüro 1990, 1512 f.; Schneider/Herget, Streitwert-Kommentar, 13. Aufl., Rn. 1749). Über die Grundlage der Schätzung gehen die Meinungen indes auseinander.

    Z. T. wird der Streitwert anhand der Bewertung des Missbrauchsrisikos festgesetzt, jedenfalls dann, wenn die Hauptforderung erloschen ist (OLG Köln, MDR 1994, 101 [OLG Köln 22.09.1993 - 2 W 161/93]). Nach anderer Auffassung ist der Streitwert auf 30 % der Hauptforderung zu schätzen, jedenfalls wenn der Streit nicht um die Hauptforderung geht, sondern die Bürgschaftsurkunde aus anderen Gründen zurückbehalten wird (OLG Bamberg, a. a. O.). Mit einem ähnlichen Ansatz soll der Streitwert die Höhe der geltend gemachten Hauptforderung zuzüglich eines Zuschlages von 30 % der Differenz zwischen Hauptforderung und Bürgschaftsforderung wegen des weitergehenden Interesses des Klägers ausmachen (OLG Stuttgart, a. a. O. und MDR 1980, 678 [OLG Stuttgart 12.03.1980 - 13 W 7/80]). Nach wieder anderer Auffassung ist das Interesse des Klägers ausgehend von der Hauptforderung zu schätzen (Schneider/ Herget, a. a. O.). Schließlich wird die Auffassung vertreten, der Streitwert sei in voller Höhe der Bürgschaftsforderung festzusetzen, wenn es dem Kläger darum gehe, die Inanspruchnahme des Bürgen zu vermeiden (BGH WuM 2006, 215 [BGH 15.02.2006 - VIII ZB 93/04]; KG, a. a. O.), jedenfalls wenn die Hauptforderung die Bürgschaftsforderung übersteigt (BGH NJW-RR 1994, 758, 759 [BGH 14.10.1993 - IX ZR 104/93]; OLG Dresden BauR 2003, 931).

    Der Senat ist der Auffassung, dass das Interesse des Klägers an der Herausgabe der Bürgschaftsurkunde nur in der Höhe der Hauptforderung besteht, wenn diese hinter der Bürgschaftsforderung zurückbleibt. Denn nur in dieser Höhe droht ihm der Regress des Bürgen, wenn dieser aus der Bürgschaft in Anspruch genommen wird. Es gibt es keinen Grund, das Interesse des Klägers an der Herausgabe der Urkunde in der Höhe der vollen Bürgschaftsforderung anzunehmen, wenn die Inanspruchnahme des Bürgen in dieser Höhe nicht ernsthaft droht. Eine Begründung dafür lässt sich auch nicht den Entscheidungen entnehmen, in denen der Streitwert in Höhe der Bürgschaftsforderung festgesetzt worden ist, denn in den zu entscheidenden Fällen überstieg entweder die Hauptforderung die Bürgschaftsforderung oder es kam, soweit dies den veröffentlichten Entscheidungen entnommen werden kann, die Inanspruchnahme des Bürgen in voller Höhe in Betracht.

    Ein Aufschlag wegen weitergehender Interessen des Klägers, wie etwa der laufenden Kosten für die Stellung der Bürgschaft, kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn es ihm in erster Linie darum geht, die Inanspruchnahme des Bürgen zu verhindern.

    Im vorliegenden Fall ging es den Klägern in erster Linie darum, die Inanspruchnahme der Bürgin zu verhindern. Dies ergibt sich aus ihrem Vorbringen in der Beschwerdeschrift, aber auch daraus, dass sie die Kosten der Bürgschaft nur hilfsweise geltend gemacht haben. Das Interesse an der Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an die Bürgin, um die Bürgschaft zum Erlöschen zu bringen, bestand in der Höhe der restlichen Werklohnforderung, die die Beklagte geltend gemacht hat. Nachdem der Werkvertrag zwischen den Parteien beendet worden war, konnten weitere Werklohnansprüche nicht entstehen, sodass eine höhere Inanspruchnahme der Bürgin nicht ernsthaft drohte. Weitergehende Ansprüche hat die Beklagte nicht beziffert und insbesondere die Herausgabe der Bürgschaftsurkunden nicht von deren Erfüllung abhängig gemacht. Ob ihr noch Schadensersatzansprüche gegen die Kläger hätten zustehen können, kann offen bleiben, weil die Bürgschaft ausdrücklich nur für Vergütungsansprüche gegeben worden war.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.